DREHSCHEIBE-Online 

Anzeige

HIER KLICKEN!
angemeldet: -
Seiten:
Auswahl (1):   
 
Galerie: Suche » Mortola Inferiore, nach Einstelldatum sortiert » zur erweiterten Suche
 
Zeitenwende(n)
geschrieben von: Julian en voyage (501) am: 08.03.23, 17:36
Seit jeher erfreut sich die Côte d'Azur auch bei der russischen Upper class großer Beliebtheit. Waren es im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert noch überwiegend Aristokraten - so begegnet einem u.a. der Name Romanow, wenn man im milden Südfrankreich auf Spurensuche ist -, traten in den letzten Jahrzehnten die reichen Oligarchen des "neuen" Russlands an ihre Stelle. Entsprechend wurde auch bereits vor dem Ersten Weltkrieg eine Bahnverbindung zwischen Russland und der Côte d’Azur eingerichtet: Von 1898 bis 1914 ging es per Luxuszug von St. Petersburg über Wien und Nizza nach Cannes, wobei die Fahrgäste damals in Warschau zwischen dem breitspurigen russischen Zug und seinem von der Compagnie Internationale des Wagons-Lits (CIWL) betriebenen mitteleuropäischen Pendant umsteigen mussten. Aufgrund seiner großen Beliebtheit im Hochadel der russischen und Habsburger Monarchie führte er inoffiziell auch den Namen „Train des Grand-Ducs“.

Fast 100 Jahre später nahm die RŽD im Jahre 2010 die traditionsreiche Verbindung wieder auf, wenn auch in abgewandelter Form. Als besonderes Aushängeschild sollte von nun an ein durchgehender Zug vom Weißrussischen Bahnhof in Moskau bis unter die geschwungenen Bögen der Bahnsteighalle von Nizza rollen. Die Bestellung moderner Weitstreckenwagen, die auch auf der mitteleuropäischen Regelspur freizügig eingesetzt werden konnten, machte es möglich. Es war sicher einer der spannendsten - und längsten - Zugläufe in der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts.

Das Ende des Prestigeprojekts kam dann unerwartet von einem Tag auf den anderen - Wie so vieles, was im Frühjahr 2020 geschah. Die Corona-Pandemie, die sich von Norditalien aus ihren Weg durch Europa bahnte, sollte nicht nur unseren Alltag in zuvor kaum vorstellbarem Maße über den Haufen werfen, sondern führte auch dazu, dass der "Moskau-Nizza-Express" am 5. März 2020 eingestellt wurde - "Vorübergehend", wie es zunächst hieß...

Doch seitdem aus Moskau nicht mehr nur Liebesgrüße nach Westen versendet werden, scheint auch das Schicksal des Nachtzugs an die Côte d'Azur besiegelt. Spätestens mit dem Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 dürfte wohl jedem klar geworden sein, dass es so bald keine Zugverbindung mehr von Russland ins französische Urlaubsparadies geben wird.

Am 20. Februar 2016 standen russische Truppen zwar auch längst auf der Krim und im Donbas, aber zumindest der "Moskau-Nizza-Express" rollte dessen ungeachtet durch Europa, ebenso wie sein Pendant nach Paris. Die viel zitierte Zeitenwende, die heute in aller Munde ist, war eben noch nicht vollzogen. So glitt im goldenen Morgenlicht des Wintertages EN 17 (Moskva Belorusskaya - Nice Ville) bei Mortola Inferiore unweit der italienisch-französischen Grenze in gemächlichem Tempo um die Kurve. Die ersten Sonnenstrahlen umspielten dabei die charakteristische "Nase" der führenden BB 22331, die den Zug erst kurz zuvor im Grenzbahnhof Ventimiglia von einem "Caimano" der Trenitalia übernommen hatte.

Datum: 20.02.2016 Ort: Mortola Inferiore [info] Land: Europa: Italien
BR: FR-BB 22200 Fahrzeugeinsteller: SNCF
Kategorie: Bahn und Landschaft
Top 3 der Woche: 22 Punkte

10 Kommentare [»]
Optionen:

Auswahl (1):   
 

Größere Ansicht und weitere Informationen durch Anklicken der Vorschaubilder, Filterung der Auswahl über die Suchfunktionen. Bei Fragen zu unserer Galerie hilft die » Galerie-Moderation

(c) 2024 - Arbeitsgemeinschaft DREHSCHEIBE e.V.