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Moderatoren: Klaus Habermann - JensMerte - TCB
Seiten: 1 2 All Angemeldet: -
Ich hoffe, dass das hier das richtige Unterforum für meine Frage ist.

Seit einigen Wochen müssen - zumindest in Österreich - der Reihe nach Nostalgiefahrten auf verschiedensten Strecken, die eigentlich schon fix waren, kurzfristigst wieder abgesagt werden, weil die Behörden sie (plötzlich?) nicht mehr genehmigen.

Nun würde es mich natürlich sehr interessieren, was da los ist:
1. Insbesondere, ob das nur Österreich betrifft, oder womöglich auch Deutschland und andere Länder?
2. Ob das nur eine Häufung von mehreren Fällen ist, oder aber im Extremfall womöglich alle Museumsbahnen irgendwann in Gefahr sein könnten? (Was ich mir einerseits kaum vorstellen kann, aber andererseits - siehe oben)
3. Wer da "dahinter steckt" und was Veranstalter von Nostalgiefahrten und Betreiber von Museumsbahnen tun können, um dagegen anzukämpfen?
Bahnwalter schrieb:
Seit einigen Wochen müssen - zumindest in Österreich - der Reihe nach Nostalgiefahrten auf verschiedensten Strecken, die eigentlich schon fix waren, kurzfristigst wieder abgesagt werden, weil die Behörden sie (plötzlich?) nicht mehr genehmigen.
... vielleicht wegen Waldbrandgefahr?

(Ansonsten müßte man schon die jeweiligen Begründungen wissen, um da etwas dazu sagen / schreiben zu können.)



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2022:06:22:19:03:59.
Es sind auch Dieselfahrten und sogar elektrisch betriebene Fahrten betroffen - Waldbrandgefahr scheidet also vermutlich aus.

Was die konkreten Begründungen betrifft, geben die betroffenen Veranstalter und Betreiber leider nichts öffentlich bekannt - sondern nur, dass eben die Behörden es nicht mehr erlauben. Da die Absagen äußerst kurzfristig - zum Teil 3 Tage(!) vorher - erfolgen, muss es eigentlich sogar so sein, dass Behörden bereits erteilte Genehmigungen wieder zurückgezogen haben, oder kurzfristigst die Bedingungen (Auflagen) so geändert haben, dass sie für (manche?) Nostalgiefahrten nicht erfüllbar sind.
Servus,

das "Problem" liegt im 4. Eisenbahnpaket und der Tatsache, dass die nationale Verwaltung sprich das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie als für Verkehrspolitik, Umweltschutz, Energie, angewandte Forschung und Technologieentwicklung zuständige Bundesministerium der Republik z.B. die Definition von historischen Fahrzeugen durchzuführen hat, für die im Wesentlichen die Regelungen des 4. Eisenbahnpakets dann nicht gelten.

Die Museumsfahrvereine haben "Museums-business as usual" angenommen, weil seitens des Ministeriums keine Definition erschien, seit 1.1.2022 wurden allerdings die Regelungen für die Streckenkompatibilitätsprüfung für die EVUs und die durchführenden Museumsvereine deutlich verschärft. Mittlerweile sind mehr als 50 Seiten für eine jede Fahrt auf "öffentlichen" Gleisen auszufüllen, teilweise mit Daten, die bei der Fahrzeugzulassung nie erhoben wurden.

Der Dachverband der heimischen Eisenbahnmuseen/vereine ist derzeit mit dem Ministerium im Gespräch, um eine wasserdichte, für Vereine machbare Lösung für Nostalgiefahrten auf öffentlichen Gleisen zu erreichen. Bis dahin steht wohl das Ausfahrtssignal auf "Halt", weil die EVUs kein Risiko gegenüber dem Ministerium eingehen. Denkt nur mal an Fotohalts auf freier Strecke samt Scheinanfahrten. Ohne kommisioniertem Bahnsteig praktisch undenkbar.

Soweit das Problem in Kürze erklärt.

Aus meiner persönlichen Sicht:

Infra ist an einem Nostalgieverkehr nicht sehr interessiert, weil die Trassen ohnehin ausgereizt sind und langsame Nostalgiezüge das Zeitgefüge durcheinander bringen. Kommt es dann noch zusätzlich durch Fahrzeuggebrechen zu Störungen, ist mehr oder weniger Feuer am Dach. Da zockelt ein Dampfzug aus einer Nebenbahnstrecke auf eine Hauptstrecke (auf vielleicht) Tempo 200 ertüchtigt ...


Es müsste seitens des Kulturministeriums (in Österreich Vizekanzler Werner Kogler als Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport beziehungsweise die ihm zugeordnete Staatssekretärin) der eindeutige Wille bestehen, Nostalgieverkehr als Tourismusattraktion bzw. Bewahrung historischer Kulturgüter mit dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie als zuständiges "Bahnministerium" (bzw. der Sektion E wie Eisenbahn) auszuhandeln (was mal wegen gleicher Parteizugehörigkeit nicht so kompliziert sein dürfte).
Solange aber dieser eindeutige Wille auf die lange Bank geschoben wird und die Lobby der Museumsbahner zumindest gefühlt seitens der Behörde eher als ferrophile Minderheit abgetan wird, wird es wohl so schnell nichts werden - zumal momentan ganz andere Sorgen bei der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Eleonore Gewessler bestehen. Ihr Credo des Klimawandels widerspricht letztlich fossil (Kohle oder Erdöl) betriebenen Fahrzeugen, die noch dazu in der momentanen Krisensituation reinem Vergnügen dienen.

---
Grüße aus Wien
Klaus

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(© Sofern nicht explizit angegeben stammen hier publizierte Fotos von mir.)




2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2022:06:23:10:47:12.
Bahnwalter schrieb (inhaltlich):
Was die konkreten Begründungen betrifft, geben die betroffenen Veranstalter und Betreiber … nur (bekannt), dass eben die Behörden es nicht mehr erlauben. Da die Absagen äußerst kurzfristig – zum Teil drei(!) Tage vorher – erfolgen, muss es eigentlich sogar so sein, dass Behörden bereits erteilte Genehmigungen wieder zurückgezogen haben, oder kurzfristigst die Bedingungen (Auflagen) so geändert haben, dass sie für (manche?) Nostalgiefahrten nicht erfüllbar sind.

Ich weiß es zwar auch nicht, aber <Spekulationsmodus> taugen vielleicht [www.msn.com] und [www.heute.at] und die möglicherweise damit verbundene Zusatzauflagen (wie von Dir bereits in Ewägung gezogen) als mögliche Begründung? </Spekulationsmodus>



Walter



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2022:06:22:20:08:03.
Hallo Zusammen,

Edit: Beitrag wegen des gleichzeitig erstellten Beitrags (Thema 4.EP) zurückgezogen.

Martin



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2022:06:22:20:11:51.

Nostalgiefahrten in [A] aktuell schwierig

geschrieben von: MF Esslingen

Datum: 23.06.22 07:39

Nachdem nun klar ist, dass sich das Thema auf österreichische Hauptstrecken eingrenzen lässt - wäre es vielleicht möglich, den Betreff entsprechend zu ergänzen?



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2022:06:23:07:40:56.

Re: Nostalgiefahrten in [A] aktuell schwierig

geschrieben von: Sven1066

Datum: 23.06.22 08:01

Naja, in Deutschland meinen viele Museumsverein ebenfalls das sie nicht der Zertifizierung für das Instandhaltungsmanagement zu unterliegen und der VDV hat hierzu auch Märchen erzählt.
MF Esslingen schrieb:
Nachdem nun klar ist, dass sich das Thema auf österreichische Hauptstrecken eingrenzen lässt - wäre es vielleicht möglich, den Betreff entsprechend zu ergänzen?



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2022:06:23:11:10:07.

Re: Nostalgiefahrten in [A] aktuell schwierig

geschrieben von: schroed2

Datum: 23.06.22 09:49

Sven1066 schrieb:
Naja, in Deutschland meinen viele Museumsverein ebenfalls das sie nicht dem 4. Eisenbahnpaket und der Zertifizierung für das Instandhaltungsmanagement zu unterliegen und der VDV hat hierzu auch Märchen erzählt. Noch prüft die DB Netz so etwas bei der Trassen Bestellung nicht ab aber....

da dürfte sich spätestens jetzt ändern, wenn das Thema bei DSO aufpoppt...

Re: Nostalgiefahrten in [A] aktuell schwierig

geschrieben von: Loreley-Express

Datum: 23.06.22 12:10

Nun, der geneigte Leser fragt sich an dieser Stelle, welche "Märchen" der VDV erzählt hat und vor allen Dingen, warum "Museumsvereine .. der Zertifizierung für das Instandhaltungsmanagement ... unterliegen" sollten.

Fakten helfen, Behauptungen ohne Begründung schaffen keine Klarheit, sondern verwirren bestenfalls!

Euer Loreley-Express

Re: Nostalgiefahrten in [A] aktuell schwierig

geschrieben von: deruerdingerbus

Datum: 23.06.22 19:12

Zum ECM Instandhaltungsmanagement hier in Deutschland und Vermutung liegt nah im gesamten Europa so gültig.
Zu einen müssen diesem im kommerziellen Einsatz befindlichen Fahrzeug dem Regelwerk unterwerfen.
Das heißt, fährt dieses Fahrzeug zu wirtschaftlichen Zwecken, muss denen so auch dem NVR bzw dem EBA gemeldet werden.
Alles genaueres kann auf der Seite vom EBA nachgelesen werden.
Für die historischen und museal eingesetzten Fahrzeuge gilt eine Ausnahmeregelung,diese müssen ihr eigenes Instandhaltungsmanagement aufbauen und so auch als Nachweis, unterliegen der Landeseisenbahnaufsicht.
Der Spagat beginnt jetzt mit dem Hinweis darauf,dass die letztgenannten keinen wirtschaftlichen Gewinn mit ihren Fahrzeugen erwirtschaften dürfen.
Nur bitte wie kann ich ein Fahrzeug aus lediglich Fahreinnahmen und dem Verkauf Getränke etc. aufrechterhalten?
Und sicher wird und wenn auch nur gelegentlich das Fahrzeug an einer Gleisbaufirmen vermietet.
Dann ist ECM Instandhaltungsmanagement gemäß EBA mit viel zusätzlicher Arbeit und Kosten verbunden.

Re: Nostalgiefahrten in [A] aktuell schwierig

geschrieben von: Michael G.

Datum: 23.06.22 21:13

>Zum ECM Instandhaltungsmanagement hier in Deutschland und Vermutung liegt nah im gesamten Europa so gültig.
>Zu einen müssen diesem im kommerziellen Einsatz befindlichen Fahrzeug dem Regelwerk unterwerfen.
>Das heißt, fährt dieses Fahrzeug zu wirtschaftlichen Zwecken, muss denen so auch dem NVR bzw dem EBA gemeldet werden.
>Alles genaueres kann auf der Seite vom EBA nachgelesen werden.
>Für die historischen und museal eingesetzten Fahrzeuge gilt eine Ausnahmeregelung,diese müssen ihr eigenes Instandhaltungsmanagement aufbauen und so auch als Nachweis, unterliegen der >Landeseisenbahnaufsicht.
>Der Spagat beginnt jetzt mit dem Hinweis darauf,dass die letztgenannten keinen wirtschaftlichen Gewinn mit ihren Fahrzeugen erwirtschaften dürfen.
>Nur bitte wie kann ich ein Fahrzeug aus lediglich Fahreinnahmen und dem Verkauf Getränke etc. aufrechterhalten?
>Und sicher wird und wenn auch nur gelegentlich das Fahrzeug an einer Gleisbaufirmen vermietet.
>Dann ist ECM Instandhaltungsmanagement gemäß EBA mit viel zusätzlicher Arbeit und Kosten verbunden.

Du meine Güte... Kann man nicht so schreiben das man auch versteht was gemeint und das nicht erraten muss?

Ausserdem ging es doch um Österreich [A] wie in der Betreffzeile zu lesen ist...

Re: Nostalgiefahrten in [A] aktuell schwierig

geschrieben von: Loreley-Express

Datum: 23.06.22 22:15

Gut, wo der VDV "Märchen" erzählt haben soll, wissen die geneigten Leser immer noch nicht, aber vielleicht hilft uns Sven1066 ja noch. Mit dem vorherigen Beitrag nähern wir uns aber jetzt dem Kern der Frage. Ich will versuchen, es noch ein wenig konkreter zu beschreiben.

Die EU hat den Mitgliedsstaaten aufgegeben, gewisse Regeln im Eisenbahnrecht einzuführen. Gleichzeitig hat sie aber für die Mitgliedsstaaten auch die Möglichkeit geschaffen, einiges davon auszunehmen. Ziel der EU ist ein einheitlichen Eisenbahnmarkt in Europa und Wettbewerb nicht nur unter den Eisenbahnverkehrsunternehmen, sondern auch unter Vorlieferanten zu schaffen. Man hat also die Wertschöpfungskette aufgebrochen und sie in viele einzelne Glieder zerlegt, die je nach Bedarf neu zusammengepuzzelt werden. Dem einen gehört die Lok, dem anderen die Waggons, von der nächsten kommt der Lokführer, ein weiterer übernimmt die Wartung usw. Man verspricht sich davon neben der Mobilisierung privaten Kapitals bessere Qualität und günstigere Preise. Bahnfahrer können sich tagtäglich von der aktuellen Zielerreichung überzeugen, aber das soll hier kein Thema sein.

Damit dieser Wettbewerb effizient funktioniert, müssen Schnittstellen definiert werden. Diesem Zweck dienen die EU-Regelungen zur Instandhaltung, die landläufig als ECM bezeichnet werden. Durch diese hoch formalisierten und standardisierte Regeln einschließlich vorgelagerter Prüfungen des Systems und nachgelagerter Kontrollen über die Einhaltung soll sichergestellt werden, dass sich das Fahrzeug stets im nach dem Prozess vorgesehenen Zustand befindet. Damit können kostenträchtigen Einzelfallkontrollen weitestgehend vermieden werden.

Für die EU ist der relevante Eisenbahnmarkt nur die Beförderung von Personen oder Gütern zum Zwecke der Ortsveränderung. Nur hier sollen die EU-Regelungen grundsätzlich angewandt werden, wenngleich es für Nischengeschäfte oder faktisch dem Wettbewerb nicht zugängliche Systeme wie Inselbetriebe Ausnahmen geben darf, sofern sie nicht schon per se ausgenommen sind. Alles, was nicht zu diesem Markt gehört, kann der nationale Gesetzgeber selbst regeln, wenn er die EU-Regelungen nicht übernehmen möchte. Deutschland hat von dieser Ausnahmemöglichkeit zu Nutz und Frommen der Museums- und Touristikbahnen dankenswerterweise umfassend Gerbrauch gemacht.

Was in Sachen Instandhaltung genau zu tun ist, regelt § 4a AEG:

- Eisenbahnen bzw. Halter sind für die Instandhaltung ihrer Fahrzeuge zuständig.
- Sie müssen ein Instandhaltungssystem einführen und darüber Aufzeichnungen führen. Die Ausgestaltung des Systems liegt in der Verantwortung der Eisenbahn. Schließlich ist sie für die Sicherheit verantwortlich. Ganz frei ist die Eisenbahn natürlich nicht. Die einschlägigen Regelungen z. B. der EBO sind natürlich zu beachten.
- Verkehren die Eisenbahnfahrzeuge auf dem übergeordneten Netz, muss das Instandhaltungssystem weitergehend sein und den Anforderungen des Artikels 14 Absatz 3 Satz 1 bis 3 der Richtlinie (EU) 2016/798 entsprechen. Das wird umgangssprachlich, aber fachlich nicht ganz richtig als ECM bezeichnet.
- Aber keine Regel ohne Ausnahme: die Anforderung eines Instandhaltungssystems nach Art. 14 gilt nicht für die Instandhaltung von Eisenbahnfahrzeugen, die ausschließlich für historische oder touristische Zwecke genutzt werden und zwar auch dann nicht, wenn sie auf dem übergeordneten Netz verkehren. Hier bleibt es beim "einfachen" Instandhaltungssystem nach § 4a Abs. 2 AEG.

Also eigentlich alles ganz einfach! Kommen wir nun zur entscheidenden Fragen: wann wird ein Fahrzeug ausschließlich für historische oder touristische Zwecke genutzt?

Diese Frage beantwortet sich nach dem Sinn und Zweck der Regelung. Die EU will nur den Bahnverkehr regeln, der die Ortsveränderung von Menschen und Gütern zum Geschäftsgegenstand hat. Er soll hier als kommerzieller Bahnverkehr bezeichnet werden. Museums- und Touristikbahnen befördern Menschen jedoch zum Vergnügen oder aus kulturellem bzw. historischem Interesse, also um alte Technik im Betrieb zu veranschaulichen. In beiden Fällen ist die Reise ist also Selbstzweck und dient nicht der Ortsveränderung. Auch die 01 1066 kehrt üblicherweise abends an ihren Ausgangspunkt zurück. Dass auch für diese Fahrten Fahrpreis erhoben wird, ist rechtlich irrelevant. Selbst Geld darf damit verdient werden. Schließlich repariert sich die Lok nicht von alleine. Um die Ausnahmevorschrift nutzen zu können, darf das Geld aber nur im Segment touristischer oder historischer Verkehr verdient werden. Hätte der Gesetzgeber und unentgeltliche Fahrten Ausnehmen wollen, hätte er das auch so formulieren müssen. Das ist aber aus gutem Grund nicht geschehen.

Wird ein Fahrzeug neben dem musealen Betrieb auch mehr oder weniger regelmäßig im kommerziellen Bahnbetrieb auf dem übergeordneten Netz eingesetzt und wird damit in Wettbewerb zu anderen kommerziellen Bahnunternehmen getreten, greift die Ausnahmevorschrift für das Instandhaltungssystem nicht mehr. Dann wird es nicht mehr "ausschließlich" zu historischen oder touristischen Zwecken eingesetzt. Auch wenn sich die Rechtsprechung damit noch nicht auseinandergesetzt hat, dürften gelegentliche Einsätze z. B. beim Plandampf oder beim Ausrangieren havarierter Güterwagen unschädlich sein, soweit die Einsätze selten sind und das Fahrzeug nicht aktiv angeboten wird, m.a.W. der Kuchen für die kommerziellen Bahnen nicht geschmälert wird.

Die Museums- und Touristikbahnen müssen sich also entscheiden: kommerzielles Geschäft auf dem übergeordneten Netz bedeutet ein komplizierte und teure Instandhaltungssystem oder nur touristischer/historischer Einsatz, dann bleibts einfach und günstig.

Um Missverständnisse zu vermeiden: egal, ob das Instandhaltungssystem "einfach" ist oder dem EU-Recht entsprechen muss, der materielle Sicherheitsmaßstab ist stets derselbe und folgt dem AEG bzw. der EBO und den weiteren einschlägige Rechtsverordnungen. Es gibt also keine Sicherheit "light" für Museumsbahnen oder andere Eisenbahnen, die nicht auf dem überregionalen Netz verkehren.

Zu guter (?) Letzt:

Es leben mittlerweile viele nicht nur bei den kommerziellen Bahnen, sondern auch im Umfeld von Museums- und Touristikbahnen sehr gut von der Komplexität der Regelungen und haben nicht immer ein Interesse daran, die Sachen einfach und handhabbar zu machen. Wären die Sachen einfach, bräuchte es ja keine Berater... Auch wenn diese Themen schwere Kost für jeden nicht fachlich vorbelasteten Aktivisten sind, kann ich nur alle Museumsbahner ermuntern, sich auch mit diesem Fragen auseinanderzusetzen. Es spart am langen Ende viel Geld und Nerven!

Euer Loreley-Express
Zunächst:
Es wäre dem Thema sicher dienlich, wenn aus der Überschrift hervorginge, daß es sich um eine Problematik in Österreich und nicht in Deutschland
oder anderswo handelt.

Ansonsten:
Das 4. Eisenbahnpaket gilt ja EU-weit und nicht nur in Ö.
Da darf schon die Frage erlaubt sein, weshalb es in anderen Ländern der EU bisher keine derartigen Probleme gab.
War man sich dieser Problematik rechtzeitig bewußt, hat entsprechend gehandelt und für eine entsprechende Gestaltung des Regelwerks gesorgt?
Auch hier gilt, daß wo ein Wille ist, auch ein Weg zu finden ist.

Allgemein sind Nostalgiefahrten von den Bahnverwaltungen nicht immer wohlgelitten, müssen aber wegen der Gleichbehandlung aller EVU´s
dann doch zugelassen werden, um in in einem ggf. folgenden Rechtsstreit zu unterliegen.
Letztendlich ist eigentlich der Urgedanke zum Betreiben einer Eisenbahn, daß Personen und Güter von A nach B zu befördern sind.
Eine Museumseisenbahn dient dagegen in erster Linie dazu, dem Reisenden ein besonderes Reiseerlebnis zu vermitteln.

Gleichzeitig ist es durchaus so, daß es immer schwieriger wird, Nostalgiefahrten durchzuführen.
Man denke nur an die immer weiter eingeschränkten Möglichkeiten für den Einsatz von Dampflokomotiven aufgrund von Brandschutzvorschriften in neuen oder gleichwertig zu bewertenden Bahnhöfen, Tunneln oder sonstigen Anlagen.
Eine der nächsten Hürden wird sicherlich mit der netzabdeckenden Einführung von ETCS zu erwarten sein.
Auch hier wird seitens der Betreiber historischer Fahrzeuge und ihrer Interessensvertreter eine intelligente Lösung des Problems erforderlich sein.

Ich persönlich sehe den Einsatz von historischen Fahrzeugen langfristig bestenfalls nur noch auf Infrastrukturen machbar, die in Form eines Inselbetriebs betrieben werden. Also nicht als rechnergesteuerte Plastikbahn, sondern einer echten, handgemachten Eisenbahn, die von Menschen betrieben wird, die noch in der Lage sind, selbständig zu denken und zu handeln. Aber auch das kann sehr kompliziert sein, weil man sich dem Trend unserer Zeit mit ihrer Vollkaskomentalität fast nicht entziehen kann.

Gleichzeitig kann ein Inselbetrieb für den Urgedanken der Museumsbahn gute Chancen bieten, die nicht nur den Betrieb historischer Loks und Wagen zum Thema hat, sondern die historische Eisenbahn in ihrer Gesamtheit. Also historische Stellwerkstechnik, Fahrkartenschalter, Wartesäle, Güterschuppen uvm.
Ansätze dazu gibt es glücklicherweise landauflandab schon.
Es wäre schön, wenn sich dieser Trend fortsetzen würde.

rf



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2022:06:23:23:03:29.

Re: Nostalgiefahrten in [A] aktuell schwierig

geschrieben von: Michael G.

Datum: 23.06.22 22:26

>Auch wenn diese Themen schwere Kost für jeden nicht fachlich vorbelasteten Aktivisten sind, kann ich nur alle Museumsbahner ermuntern, sich auch mit diesem Fragen auseinanderzusetzen. Es spart am langen Ende >viel Geld und Nerven!

Hallo,

vielen Dank für die etwas ausfühlicheren Erläuterungen, das macht es für den Laien schon verständlicher.
Unterm Strich bleibt ja garkeine andere Wahl als sich mit dem Thema auseinaderzusetzen.
Die Frage ist in wieweit ein kleiner oder mittlerer Verein mit begrenzten Möglichkeiten (sowohl technisch als auch finanziell)
dazu in der lage ist.

Gruss
Michael

Re: Nostalgiefahrten in [A] aktuell schwierig

geschrieben von: deruerdingerbus

Datum: 23.06.22 23:44

Solltest dich ja auf der EBA Seite schlau machen...
Auch ich habe schon in mehreren Beiträgen ähnliches geäußert.
Zukünftig sollte versucht werden Eisenbahnstrecken mit historischer Infrastruktur zu erhalten und das bevor es endgültig zu spät ist.

MfG

Horst

Re: Nostalgiefahrten in [A] aktuell schwierig

geschrieben von: Michael Staiger

Datum: 24.06.22 08:41

Michael G. schrieb:
...
Die Frage ist in wieweit ein kleiner oder mittlerer Verein mit begrenzten Möglichkeiten (sowohl technisch als auch finanziell)
dazu in der lage ist.

Gruss
Michael
Hallo Michael,

dafür gibts ja einen Museumsbahnverband der seine Mitglieder in diesen Fragen unterstützt und sich für seine Mitglieder um tragbare Regelungen kümmert.

Gruß aus https://i.ibb.co/0Gcj6V0/Lichtenstein-Kurbelstellwerk-4.jpg
Michael
Loreley-Express schrieb:
Zitat:
Gut, wo der VDV "Märchen" erzählt haben soll, wissen die geneigten Leser immer noch nicht, aber vielleicht hilft uns Sven1066 ja noch. Mit dem vorherigen Beitrag nähern wir uns aber jetzt dem Kern der Frage. Ich will versuchen, es noch ein wenig konkreter zu beschreiben.
...
Danke für die Info!


rf schrieb:
...
Gleichzeitig kann ein Inselbetrieb für den Urgedanken der Museumsbahn gute Chancen bieten, die nicht nur den Betrieb historischer Loks und Wagen zum Thema hat, sondern die historische Eisenbahn in ihrer Gesamtheit. Also historische Stellwerkstechnik, Fahrkartenschalter, Wartesäle, Güterschuppen uvm.
Ja, das macht es aber nicht wirklich einfacher und auch nicht kostengünstiger und ertragreicher.

Nostalgiefahrten schwieriger geworden

geschrieben von: maybreeze

Datum: 24.06.22 10:27

Servus!

Vorerst einmal Danke für die sachdienlichen Hinweise und Beiträge. Sie zeigen das Dilemma der Museums- und Touristikbahner auf. Die einstigen Helden des Verkehrs in Betrieb auf öffentlichen Strecken zu sehen wird wohl ein immer rarer werdendes Spektakel. Was werden wir 2037 in 15 Jahren bei 200 Jahre Dampfeisenbahn in Österreich präsentieren können. Nostalgiefahrten wie 1987? Wer wird die Restaurierung von Fahrzeugen überhaupt bezahlen - abgesehen von den dann noch vorhandenen Werkstätten.

Wird das Jubiläum vor "kalten" Dampfloks gefeiert? Die Wahrscheinlichkeit ist groß, denn mit der abnehmenden Möglichkeit, die Stahlrösser präsentieren zu können nimmt wohl auch die Bereitschaft ab, für einige, wenige Fahrten sechsstellige Beträge zu investieren.

Es muss also öffentliches Interesse und Empathie erzeugt werden, den verantwortlichen Stellen vorgerechnet werden, dass (über Umwegrentabilität) eine Fahrt mit einem Museumszug Wertschöpfung bedeutet und die fahrbereite Erhaltung historische Techniken bewahren hilft.

Die Dachverbände sind meist (sehr) technisch orientiert, das für die Entscheider über Geld jedoch oft mehr notwendige Narrativ samt fehlender Empathie geht dann eher unter. Die politisch notwendige Kombination aus (technischen) Verkehrsagenden, Kultur (ein Eisenbahnmuseum ist hierzulande im Vergleich zu Schönbrunn, Kunsthistorischem Museum, Stephansdom und Landesausstellung kein "Renner") und Touristik (für die ein Nostalgiezug mehr ein "Beipack" ist denn eine eigenständige Attraktion - wie's anders gehen kann zeigt z.B. der Jacobite Express) ist schwierig an einen Tisch zu bringen. Eisenbahn wird einfach als typisch männlich definiert - und schon das ist in Genderzeiten eher kontraproduktiv.

Solange es eben kein eindeutiges öffentliches Bekenntnis samt tragbaren Bestimmungen zu Museums- und Touristikbahnen auch auf öffentlicher Infrastruktur gibt werden die historischen Helden der Schiene immer mehr in's Eck gestellt. Die nationalen Bahnen/ihre Vorstände und Aufsichtsräte stellen ihre eigene Geschichte und Identität mit der Ausrede Aktienrecht ins Ausgedinge. Die heute strahlenden Vectrons sind in 30 Jahren dann wohl übrigens auch schon Geschichte ...

Letztlich hat die öffentliche Hand derzeit deutlich größere Sorgen als sich um Eisenbahn-Nostalgieverkehr zu kümmern.

Istgesamt also derzeit keine rosigen Aussichten.

---
Grüße aus Wien
Klaus

Aktuell: KLEINBAHN - ein (wesentliches) Stück österreichischer Modellbahngeschichte in Fortsetzungen
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