DREHSCHEIBE-Online 

Anzeige

HIER KLICKEN!

 04 - Historisches Forum 

  Neu bei Drehscheibe Online? Hier registrieren! Zum Ausprobieren und Üben bitte das Testforum aufsuchen!
Bilder, Dokumente, Berichte und Fragen zur Vergangenheit der Eisenbahn und des öffentlichen Nahverkehrs - Bilder vom aktuellen Betriebsgeschehen bitte nur im Zusammenhang mit historischen Entwicklungen veröffentlichen. Das Einstellen von Fotos ist jederzeit willkommen. Die Qualität der Bilder sollte jedoch in einem vernünftigen Verhältnis zur gezeigten Situation stehen.
Dies ist KEIN Museumsbahnforum! Bilder, Meldungen und Fragen zu aktuellen Sonderfahrten bitte in die entsprechenden Foren stellen.
Seiten: 1 2 All Angemeldet: -

17 1119 Misch und Speisevorwärmer

geschrieben von: kteleven

Datum: 04.01.10 02:17

Hallo

Eine Sache beschäftigt mich doch noch: was ist dran an der Aussage 17 1119 hätte - parallel zur Kondensanlage -
erst einen Versuchmischvorwärmer und dann wieder einen (Knorr?)-Oberflächenvorwämer besessen?

Mal abgesehen vom Sinn oder Unsinn einer zusätzlichen Speisewasservorwärmung auf Kondensmaschinen kenne ich nur
Aufnahmen von 17 1119 die folgende Anordnung zeigen:


Lokführerseite: 

Umlauf unmittelbar am Führerhaus: Doppelverbund-Luftpumpe
Umlauf kurz hinter Zylinderblock: Verbundluftpumpe
Vor dem Zylinderblock:            Speisewasserkolbenpumpe, Bauart ? (schlecht zu erkennen)

Heizerseite:

Umlauf Füherhaus bis Zylinder:    Abdampfleitung zum Kondenstender
Vor dem Zylinderblock        :    Speisewasserkolbenpumpe,  Knorr KP4-250

Rauchkammer linke Seite      :    Turbogebläse Kondensanalage

Um das Kondensat in den Kessel zu fördern, waren bei 17 1119 die Kolbenspeisepumpen notwendig.
Da die Kesselspeiseanlage vermutlich analog zur 52 KON aufgebaut war, sind es derer sogar 2 +
2 Strahlpumpen.

In der Rauchkammer dürfte neben der Turbine nicht mehr allzuviel Platz sein?

Wenn es irgendeinen anderen Vorwärmer gegeben hätte, müssten doch auf entsprechenden Bildern mindestens
noch eine Abdampfrohrleitung zu finden sein. Und wenn man sich die ersten MV-Klopperkästen IFS anschaut,
waren die ja so klein nicht, dass man sie irgendwo hätte verstecken können.

Es sei denn, die Dinger waren irgendwo im Kondenstender eingebaut und der Abdampf wurde dort abgezweigt.
Aber warum bitte, sollte man so etwas bauen?

Ich halte die Sache ja eher für eine Ente bzw. für ein nicht bestätigtes Gerücht.

Beste Grüße

Kteleven



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2010:01:04:02:20:21.

17 1119 Misch und Speisevorwärmer ???

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 04.01.10 10:05

Ich schlage dazu folgendes vor.
Bitte um Rückantwort bei Einwänden.

-Unter dem in Fahrtrichung Vorwärts linkem Umlauf hing die 1.Kolbenspeisepumpe (rechtes Speiseventil)
-Unter dem in Fahrtrichung Vorwärts rechten Umlauf hing der 2.Kolbenspeisepumpe (rechtes Speiseventil)
-2 Strahlpumpen , also 4 voneinander unabhängige Speisevorrichtungen (linkes Speiseventil)
-Die Doppelverbund-Luftpumpe wie von Matthias beschrieben vorm Führerhaus auf der rechten Lokseite
-Der Ölabscheider auf dem linken Umlauf vorm Führerhaus

Die ""Mischvorwärmeranlage""...(Kon)... als Tender....

Der Rest dürfte, wie User kteleven schon sagte, eine ENTE sein.

----------------------
Kleiner Spaß am Rande:

Wenn die Kohlenstaublokomotiven (nach Wendler) ihren Staub hätten eingeblasen bekommen,
dann hätte das Personal sicher einen besseren Spitznamen wie "Staubsauger" gefunden. :-)))
Meine Rücksicht auf weibliche Mitleser verbietet mir weitere Ausführungen...

- Ölloks --------> Einspritzer
- Staubloks ---> Sauger , übers Blasrohr oder bei 17 1119 über Turbinenschaufelrad

Spaß Ende.
---------------------

Beste Grüße Micha.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2010:01:04:10:08:20.

Re: 17 1119 Misch und Speisevorwärmer ???

geschrieben von: kteleven

Datum: 04.01.10 12:36

Hallo Micha

Kolbenspeisepumpe und eine (Wasser-)Strahlpumpe (Injektor) arbeiten bei der Kondenslok quasi im Verbund:
der Injektor fördert das Kondensat zur Kolbenpumpe und diese speist einerseits über das Kesselventil das
Kondensat in den Kessel und liefert über eine abgezweigte Druckleitung gleichzeitig den Druck für den Injektor.

Eine "normale" Strahlpumpe funkioniert auf der Kondenslok nicht, da das Kondensat eine Temperatur zwischen
80-90° hat. Eine "normale" saugende Strahlpumpe erzeugt den Unterdruck zum Ansaugen (oder Vaakuum :))und den
Speiseedruck hauptsächlich durch Kondesation des injizierten Dampfes (Volumenreduktion) im angesaugten Wasser.

Also:


Kolbenpumpe 1 + Strahlpumpe 1 -> erstes Ventil
Kolbenpumpe 2 + Strahlpumpe 2 -> zweites Ventil

Und genau: die angebliche Versuchsmischanlage des LKM war einfach der Kondenstender :)

Beste Grüße

Kteleven



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2010:01:04:12:37:48.

Ergänzender Hinweis zum Googlebuch (m.L.)

geschrieben von: Mikado-Freund

Datum: 04.01.10 17:58

Gestern schrieb ich „Anscheinend spart man in der Vorschau, immer mal wieder wechselnd, ein paar Seiten aus.”


Diese Vermutung, daß irgendwelche Seiten nach einer Art Zufallsprinzip gerade nicht angezeigt werden und demnach aktuell nicht zur Verfügung stehen, hat sich als richtig herausgestellt.

Die gestern nicht zur Ansicht zur Verfügung stehenden Seiten 98 - 99 sind heute (04.01.10) sichtbar: [books.google.de]



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2010:01:05:22:02:29.

Re: 17 1119 Misch und Speisevorwärmer ???

geschrieben von: 52 2006

Datum: 04.01.10 19:23

Die Reihenschaltung von Kolbenkreispumpe und Strahlpumpe ist sogar noch was mehr, und zwar ein aus der Regelungstechnik bekannter P-Regler. Das heißt, diese Verschaltung der beiden Pumpen ist in der Lage, einen eingestellten Kesseldruck automatisch zu halten, (fast*) egal wie groß der Wasserverbrauch der Lok gerade auch ist. Bei der 25 (und einer 52KON des BW Minden als Versuchslok) hat Henschel übrigens die Kolbenkreispumpen durch Henschel-Turbopumpen ersetzt.

*solange die Pumpen genug Leistung haben

kondensierte Grüße, Stefan

https://www.drehscheibe-online.de/foren/file.php?099,file=190387
Kondenslok.de (temporär offline) + Industrial Railways of Indonesia SIG (fc)
Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. Wer sich über Signaturen aufregt, hat sonst nix zu sagen.




1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2010:01:04:22:39:12.
Guten Abend,

... schrieb im März-Heft 1960 der Deutschen Eisenbahntechnik auf den Seiten 112 bis 117 zu seiner Technik:

... Bei der Gelegenheit wurde von dem in der Kohlenstaubtechnik grundsätzlich angewandten Überdruckverfahren erstmalig zum Saugzugverfahren übergegangen, so daß der normale Saugzug der Lokomotive ausreicht, um die der jeweiligen Belastung entsprechende Verbrennungsluft über die Wirbelbrenner anzusaugen. Dadurch fiel der Ventilator mit der Turbine fort, außerdem wurde das bisher bekannte mechanische Staubaustragungsverfahren mit besonderem Antrieb durch eine pneumatische Austragungsform ersetzt; es blieb kein mechanisch bewegtes Teil für die Kohlenstaubförderung mehr auf der Lokomotive. Nur aus Sicherheitsgründen wurde eine zweite, vielfach nur einstufige Luftpumpe zusätzlich angebaut, damit die Lokomotive beim Versagen der Luftpumpe einsatzbereit bleibt. In dieser Bauform sind insgesamt 115 Lokomotiven gebaut und im Betriebe; 10 Lokomotiven der BR 58.10-21 wurden zwar wieder in Rostlokomotiven umgebaut, aber nicht etwa wegen Lokomotivmangel, sondern der kupfernen Feuerbüchsen wegen, ... Absatz ... Die Kosten für die Lokomotive selbst sind gering, weil praktisch nur ein geschlossener Aschkasten mit Ausmauerung, die zweite Luftpumpe und Düsen für den Hilfsbläser erforderlich sind. ...

Sonst noch Fragen? Text wurde mehrfach kontrolliert, weist keine Deutungen, Abschreibfehler und Märchen irgendwelcher Fuzzies auf.

Beste Grüße

Klaus
HalloKlaus, danke für diese kurze, prägnante und aussagekräftige Aussage des Urhebers der Technik. Jetzt könnte nur noch passieren, dass jemand das für eine Fälschung hält. ;-P

kondensierte Grüße, Stefan

https://www.drehscheibe-online.de/foren/file.php?099,file=190387
Kondenslok.de (temporär offline) + Industrial Railways of Indonesia SIG (fc)
Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. Wer sich über Signaturen aufregt, hat sonst nix zu sagen.
Hallo Klaus

Klarer gehts nun wirklich nicht. Aber im anderen Thread hat der <SPASS> GEHAZ (Groesster Eisenbahnhistoriker Aller Zeiten) </SPASS>
auch schon behauptet, Wendler würde sich nur umständlich ausdrücken ... und selbstverständlich etwas anderes meinen :)

Ich denke, wir haben nun so viele Quellen und Aussagen von Wendler selbst, Kurt Pierson, Autoren des Klassikers "Die
Dampflokomotive", ehemaligen Staubpraktikern der DR und natürlich auch von uns "sogenannten" Eisenbahnfans, dass die Sache
klar und eindeutig ist

Beste Grüße und Dank

Kteleven

Und nebenbei ...

geschrieben von: 01 1066

Datum: 05.01.10 12:34

... klärt Wendler auch das Mysterium der zusätzlichen Luftpumpe: eine Rückfallebene (oder altmodisch "Angstaggregat") - lieber eine solche Pumpe zusätzlich als totes Gewicht mitschleppen als ein Liegenbleiber mit allen unangenehmen Folgen...

PS. GEHAZ finde ich gelungen... http://www.smileygarden.de/smilie/Verkleidung/286.gif

Re: Und nebenbei ...

geschrieben von: 52 2006

Datum: 05.01.10 13:20

Zu meiner Schande muss ich sagen, dass ich noch zwei Bücher von dem im Schrank stehen habe. Muss mann deren Korrektheit jetzt auch nachprüfen, oder sollte man die Bücher besser verbrennen? In dem einen Buch ist sogar ein Kapitel über die Kohlenstaubversuche drin, aber ohne näher auf die Technik einzugehen. Aus Protest auf eBay für 1 Euro Festpreis verhökern wäre da falsch, denn man könnte ja fehlerhafte Infos weitergeben, oder?

kondensierte Grüße, Stefan

https://www.drehscheibe-online.de/foren/file.php?099,file=190387
Kondenslok.de (temporär offline) + Industrial Railways of Indonesia SIG (fc)
Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. Wer sich über Signaturen aufregt, hat sonst nix zu sagen.

Das System Wendler - erfolg oder gescheitert

geschrieben von: Fdlmich

Datum: 05.01.10 21:25

Hallo

hier mal ein Link zum System Wendler

[books.google.de]

Übrigens nicht schon wieder die Feldhaubitzen rausholen!

MfG Micha !!!

Re: Das System Wendler - erfolg oder gescheitert

geschrieben von: 01 1066

Datum: 05.01.10 22:11

Das hatte Mikado-Freund aber in seinem separaten Beitrag auch schon verlinkt... http://www.smileygarden.de/smilie/Schlafen/163.gif

Re: Das System Wendler - erfolg oder gescheitert

geschrieben von: Fdlmich

Datum: 05.01.10 22:37

Sorry, stand zuweit unten rechts.

Ich find den Artikel trotzdem recht interessant, denn er legt meiner Meinung dar, dass das System nicht der ganz große Bringer war. Wie ich schon mal beim Thema 17 11.. (Nummer entfallen) geschrieben habe, liest man nach lesen diesen Artikels manche Schriften von Hans Wendler mit anderen Augen. Denn durch Wendlers Leistung (die ich Ihm gar nicht absprechen will) konnte die DDR wunderbare Propaganda machen.

Ist meine Meinung!

MfG Micha !!!

Erfolg oder nicht - das ist hier die Frage!

geschrieben von: 01 1066

Datum: 06.01.10 08:51

Ohne jetzt noch einmal in die technischen Details zu gehen: der ganz große Erfolg war die Braunkohlenstaubfeuerung natürlich nicht, obwohl sich die Technik prinzipiell bewährt zu haben scheint. Neben den Problemen mit dem Ausbrennweg des Staubes war es eben nicht so einfach, den Brennstoff bereitzustellen - und die Reichsbahn hatte dann ja irgendwann auch die Feuerung von Dampflokomotiven mit Braunkohlenbriketts im Griff ("Totes Feuerbett"), so daß eine Gewährleistung des Betriebes auch ohne Sonderbauformen gewährleistet war. Ab 1953 standen dann allmählich auch wieder Steinkohlen zur Verfügung, zudem wollte man in der DDR den Traktionswandel vorantreiben. Interessant ist dazu die Äußerung von Alfred Grevesmühl, Leiter der Maschinentechnischen Abteilung des TZA aus dem Jahre 1960, auszugsweise abgedruckt bei Winkler, Kohlenstaublokomotiven, Seite 155, vom Autor auch als "Schlußwort vom Technischen Zentralamt" übertitelt.

Anfang der 50er Jahre hatte die Deutsche Reichsbahn vermutlich keine andere Möglichkeit, als Wendler gewähren zu lassen (die politische Unterstützung hatte er gewiß), auch wenn man vermutlich bald erkannte, daß der vollständige Umbau auf Staubfeuerung, den Wendler propagierte, letzten Endes keine Lösung der Probleme war. So blieb es bei vergleichsweise kleinen Serien (13 Stück pr. S 10.1, 18 Stück pr. G 12, 22 Stück 44, 25 Stück 52; die Einzelstücke der BR 03.10, 07, 08, 25, 36 und 45 lasse ich außer Betracht, weil sie erklärtermaßen wohl eher als Versuchslokomotiven einzuordnen waren). Am Ende erwies sich die Ölfeuerung auch bei der DR als Lösung der Probleme zumindest für hochbelastete Lokomotiven (da war die DB ohne den Umweg über die Staubfeuerung ja auch angekommen).

Letztlich ist die Frage des Erfolges aber nicht abschließend zu beantworten. Waren Wittes Neubaudampflokomotiven ein Erfolg? Oder der in der Rückschau fast schon ein wenig bizarr anmutende Versuch mit der Franco-Crosti-Technologie der BR 42.90 und 50.40? Woran überhaupt soll Erfolg bemessen werden? Etwa an der Stückzahl (problematisch angesichts der Kriegslok, die sicher ohne Umbauten kein Erfolg war), an der Langlebigkeit (da fängt es angesichts der harschen Kritik an mancher Baureihe, die gleichwohl ein langes Leben hatte, schon an, kritisch zu werden, siehe etwa die Baureihe 01, die zum Teil mehr als 50 Jahre im Betriebsdienst stand, obwohl sie, um ein bekanntes Nordhoff-Zitat zu bemühen, "mehr Fehler hatte als ein Hund Flöhe"), an den Laufleistungen, an der Zugkraft, an der Erfüllung des Pflichtenheftes (das meist nicht lange eingehalten werden konnte, weil die Entwicklung des Verkehrs über die vorhandene Maschinentechnik hinwegging - siehe etwa pr. P 8, von Garbe als Schnellzuglok propagiert) oder vielleicht noch anderen Kriterien? Daß Wendler sein System als "erfolgreich" propagierte, ist nicht verwunderlich: jeder Metzger lobt seine eigene Wurst. Daß ihm unter den gegebenen Möglichkeiten eine Verbesserung der komplizierten Staubfeuerung á la AEG und STUG gelang, kann man ihm nicht absprechen, und die letzten Loks liefen ja auch noch bis 1979, so schlecht kann die Technik also auch nicht gewesen sein.

Re: Das System Wendler - erfolg oder gescheitert

geschrieben von: Klaus Habermann

Datum: 06.01.10 12:01

Guten Tag,

ich werde mal in den nächsten Tagen eine alte Ausarbeitung von mir wieder vorkramen und dann können wir mal eine Betrachtung zu Sinn und Unsinn, Erfolg oder Mißerfolg dieser und anderer Techniken anfangen. Generell war es auch im Sozialismus so, daß Erfindungen nur dann in technische Anwendung umgesetzt wurden, wenn diese Anwendung erforderlich war. Daß es da drumherum dann noch mehr oder weniger große Propagandeaschlachten gab, ist eine etwas andere Geschichte.

Zurückblickend ist man immer schlauer. Und die Siuation in den ersten zehn Jahren nach dem Krieg war sicherlich eine andere als Ende der 1950er Jahre, als die Öl-Loks langsam ins Laufen kamen. Da war erstens wieder mehr Steinkohle da, die Neubau-Dampfloks waren komplett geliefert, die Reko- und St47K-Ersatzkessel-Loks kamen ans Laufen, die ersten höchstbelasteten Strecken waren wieder unter Draht. Es war also eine gewisse Entspannung im Lokdienst da, und außerdem war eine neue Sorte energetisch verwertbarer Abfall da. So mußte nun bei Umbau der Feuerungsart entschieden werden, ob man diese (Kohlenstaub) oder jene (Bunkeröl) in den Feuerkisten verbrennt. Und die Parallelen sind durchaus da: Wenn man den Abfall irgendwie günstiger weiterverwerten kann, dann ist er plötzlich zu schade zum Verbrennen. Daher weigere ich mich, wenn hier argumentiert wird, daß die Öl-Feuerung erfolgreicher gewesen sei. Technisch machten beide Verfahren Sinn und funktionierten, wirtschaftlich galten zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Rahmenbedingungen.

Einen weiteren Einwurf möchte ich noch zum Nachdenken bringen. Wendler hat ggf. nie behauptet, daß seine Umbauten wärmewirtschaftlich, vor allem von der Ausbeute des Brennstoffes, der große Bringer seien (wohl ließ er Meßwerte sprechen, jedoch liegen die von ggf. ungünstigen Messungen nicht veröffentlicht vor). Allerdings standen mit seiner Technik wieder hochleistungsfähige Loks zur Verfügung. Und dies war das Gebot der Stunde. Denn die Kessel wiesen recht kurze Flammenwege auf oder eben noch kupferne Feuerkisten - beides Sachverhalte, die übrigens auch bei Ölfeuerung zu größerem Unterhaltungsaufwand führen würden! Die für Wendler wünschenswerte Alternative eines für Kohlenstaubfeuerung optimierten (Neubau-)Kessels wurde nicht angegangen (außer bei 25 1001). Dies ist auch nachvollziehbar, da man einen neuen Kessel eben auch auf die normale Braunkohle-Rostfeuerung auslegen konnte und sich damit das ganze Brimborium der Kohlenstaubherstellung und -lagerung sparte.

Vergleichbar ist die Ausrüstung mit Kohlenstaubfeuerung mit der "Gesundung" der BR 65.10 durch die Ausrüstung mit Giesl-Flachejektor: Die Lok funktionierte danach, brachte ihre geforderten Leistungen, aber von Wärme"wirtschaft" würde ich dann nicht mehr reden wollen.

Soviel zum Nachdenken von mir.

Beste Grüße

Klaus

Re: Das System Wendler - erfolg oder gescheitert

geschrieben von: Klaus Habermann

Datum: 06.01.10 17:24

Guten Abend Micha,

schön, daß das Deine Meinung ist.

Ich hab mal etwas tiefer in dem verlinkten Werk gelesen, besonders die Einleitung des Reinhold Bauer. Da kann ich herauslesen, daß er keineswegs den Erfindern irgendwie am Zeug flicken will, sondern daß eine Innovation auch ihre Rahmenbedingungen braucht, um sich wirtschaftlich entfalten zu können. Reinhold Bauer hat mit diesem Werk seine wirtschaftswissenschaftlichen Thesen, die durchaus bedenkenswert sind, unterfüttert. Doch ist daraus zunächst nichts über technische Erfolge eines Systems zu sagen. Und eine Innovation ist für Reinhold Bauer nur die Erstanwendung, deshalb gilt die DRG-Version als gescheiterte Innovation. Jedoch verzichtet er m.E. auf ein Urteil der Wendlerschen Weiterentwicklung, die eben gemäß des Vorwortes unter anderen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zum Zuge kommen konnte - und bei ihm nicht mehr als Innovation zählt und deshalb nicht eigentlicher Darstellungsgegenstand seiner Habilitationsschrift ist.

In dem Sinne halte ich weiterhin mit der Erkenntnis, daß herausgerissene Zitate eben nicht allzuviel oder gerade eben falsche Inhalte rüberbringen können.

Mein gutgemeinter Ratschlag: Wenn Du Dir eine Meinung bilden möchtest (ein sehr löblicher Grundsatz!), dann werte die herangezogenen Quellen gewissenhafter aus.

Beste Grüße

Klaus

Re: Das System Wendler - erfolg oder gescheitert

geschrieben von: 19 0 22

Datum: 06.01.10 19:07

Hallo Micha,
meiner Meinung nach ist es eigentlich unstrittig, daß die Kohlenstaubfeuerung nach Wendler im historischen Kontext letztlich als technischer Erfolg zu werten ist.
Das aus dem "Abfall" Kohlenstaub später ein gefragter Brennstoff für verbrennungstechnisch effektivere Großfeuerungsanlagen wurde darf man m.E. nicht dem technischen System "Kohlenstaublokomotive" ankreiden. Das hat übrigens Ähnlichkeit mit dem Ende der Ölfeuerung auf Lokomotiven. Auch hier konnte das vorher so günstige Öl auf einmal effektiver genutzt werden.
Insbesondere die Güterzuglokomotiven der BR 58, 44 und 52 haben ja über mehrere Erhaltungsabschnitte als Kohlenstaubloks beachtenswerte Leistungen erbracht. Die Stauber der BR 44 schleppten z.B. noch Züge über den Thüringer Wald, als die rostgefeuerten 44 größtenteils abgestellt waren. Und eigentlich haben die Loks der BR 52.90 bis zum (geplanten) Ende der Dampfära bei der DR durchgehalten. Was wir (zum Glück) in den 1980-er Jahren noch an Dampfleistungen erleben durften, war ja oft auch nicht gerade effektiv, aber eben den Bedingungen geschuldet.
Nur der Propaganda willen, wäre auch in der damaligen Zeit eine Verschwendung der extrem knappen Ressourcen unvorstellbar gewesen.
Michael
Seiten: 1 2 All Angemeldet: -