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A flanc de falaise geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 05.10.25, 19:18 |
Hoch über dem Tal der Dordogne schmiegt sich die Strecke des "Truffadou" an die steilen Felsklippen, besonders imposante Exemplare der vielerorts im Quercy und Périgord hervortretenden Gesteinsformationen. Dieser Abschnitt der Strecke von Souillac nach Viescamp-sous-Jallès, im Großen betrachtet Teil einer längst vergangenen West-Ost-Verbindung von Bordeaux nach Aurillac, blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. 1889 nach mehrjähriger Bauzeit in Betrieb genommen, wurde er 1917 zunächst Opfer des Eisen und Stahl in Unmengen verschlingenden Ersten Weltkriegs. Schon zwei Jahre später baute man die Verbindung aber mit amerikanischen Gleisen wieder auf.
Nachdem am 31. Mai 1980 der letzte Personenzug zwischen Souillac und Saint-Denis-près-Martel unterwegs war, folgte die offizielle Stilllegung neun Jahre später im Mai 1989. Nach dem kriegsbedingten Gleisabbau der 1910er Jahre das zweite vermeintliche Ende... Doch schon bald darauf gründete sich ein Verein mit dem Ziel, den landschaftlich herausragenden Abschnitt zu erhalten und wenigstens zu touristischen Zwecken wiederzubeleben - Die Chemin de fer touristique du Haut Quercy (CFTHQ) war geboren! Seit 1997 erfreuen sich die Abfahrten vom Mittelalter-Städtchen Martel aus entlang der Falaise de Mirandol bis kurz vor die Einfahrt in den SNCF-Abzweigbahnhof Saint-Denis-près-Martel großer Beliebtheit. Neben verschiedenen Dampflokomotiven französischen und polnischen Ursprungs, die für das breite Publikum natürlich die Attraktion sind, aber nur bedingt zur Strecke passen, hat der Verein auch die beiden ehemaligen SNCF-Dieselloks BB 63816 und 63924 in seinem Bestand, die insbesondere in der Nebensaison oder an schwächer besuchten Wochentagen zum Einsatz gelangen und - die richtige Perspektivwahl vorausgesetzt - die fast perfekte Illusion eines Nebenbahn-Güterzugs der 80er Jahre ermöglichen. So auch am 15. September 2023, als ich den Nachmittagszug aus exponierter Position abpasste, während er zwischen zwei kurzen Tunnels hervorschaute. PS: Eine in beiden Fahrtrichtungen am rechten Spitzengsignal befestigte rote Blende habe ich nachträglich temporär abgehängt. ;) Datum: 15.09.2023 Ort: Saint-Denis-près-Martel [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 63500 Fahrzeugeinsteller: Chemin de Fer Touristique du Haut-Quercy (CFTHQ) Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 6 Punkte 5 Kommentare [»] |
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Un essai concluant geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 21.09.25, 18:37 ![]() ![]() Top 3 der Woche vom 05.10.25 |
Immer wieder hatte und hat der Nachtzug von Paris nach Briançon, dem für die tief in den französischen Alpen gelegenen Städte und Gemeinden entlang seines Laufwegs eine wichtige Erschließungsfunktion zukommt, mit Bauarbeiten zu kämpfen, die verschiedene Anpassungen des Fahrplans zur Folge hatten - In den meisten Fällen einen totalen Ausfall mit Busersatz schon ab Paris. Der Tausch eines Liegewagenabteils gegen einen herkömmlichen Reisebus ist im Nachtsprung naturgemäß ein zweifelhaftes Vergnügen...
Nicht zuletzt da auch in den kommenden Monaten und Jahren zahlreiche weitere Arbeiten an der Strecke, insbesondere entlang der Col de Cabre-Linie Livron - Veynes, geplant sind, wuchs entsprechend der Unmut bei Fahrgastverbänden und Lokalpolitik. Unter dem Druck, alternative Lösungen zur simplen Verlagerung auf die Straße zu finden, besann sich die SNCF schließlich auf eine Alternative, die bereits in der Vergangenheit - zuletzt in der ersten Dekade des neuen Jahrtausends - sporadisch bei Bauarbeiten an der Stammstrecke gewählt wurde: Die Fahrt über Grenoble und die spektakuläre, von starken Steigungen und zahllosen Kunstbauten geprägte Ligne des Alpes! Um die technische Machbarkeit einer solchen Umleitung auch unter den Rahmenbedingungen des Jahres 2025 (u.a. mit neuer Traktion) auszuloten, setzte man für das Wochenende 6./7. September 2025 zunächst eine Testfahrt an. Deren Fahrzeiten ließen die fotografierende Zunft aufhorchen und nicht nur bei mir wurde das Datum mit roter Schrift im Kalender markiert...Schließlich riefen Motive, die auch im Erfolgsfall des Tests sicher nicht wiederholbar wären, denn eine Abfahrt des Nachtzugs ab Briançon am frühen Nachmittag und ebensolche Ankunft dort sind - anders als bei der Testfahrt - sinnvollerweise nicht geplant. Als wir dann ein paar Wochen nach der Ankündigung bei bestem Spätsommerwetter vor Ort waren, lief alles etwas anders als der Fahrplan das wollte... Große Verspätungen der Planzüge hatten das Taktgerüst gehörig durcheinander gewirbelt, sodass der "Train d'essai" Frankreichs höchstgelegene Stadt ohne eigene Schuld schon mit etwas Verspätung verließ. Nachdem die Disposition ihn dann - wohl aus Sorge, einen weiteren TER zu verspäten - in Embrun zur Überholung auf die Seite nahm und er diesen Bahnhof auch danach erstmal nicht verließ, stieg der Puls der entlang der Strecke wartenden Fangemeinde langsam an. Denn ewig würde die Sonne im Spätsommer zwischen den Gipfeln von Dévoluy, Diois und Vercors sicher nicht mehr halten. Zwischenzeitlich diskutierte das örtliche Fahrdienstpersonal sogar, den Zug wegen der anwachsenden Verspätung vorzeitig zu wenden und die eigentliche Umleitungsstrecke überhaupt nicht mehr zu befahren... Einige Schweißperlen (nicht nur des hastigen Aufstiegs wegen...) und Aufs und Abs der Gefühle bei jedem Blick aufs Handy für die neuesten Wasserstandsmeldungen später stand die versammelte Runde dann aber am Viaduc des Fauries nördlich von Lus-la-Croix-Haute, einem DER Klassiker der Ligne des Alpes, bereit. Auch das erstmal ein Versuch - Rund anderthalb Stunden nach der ursprünglich vorgesehenen Zeit könnte es zwar gerade noch klappen mit dem letzten Abendlicht. Doch der Zug schlich nur so heran über die mit maximal 60 km/h befahrbare Strecke... Entsprechend riesig war die Freude, als es um kurz vor sieben, nur rund fünf Minuten vor errechnetem "Licht aus", endlich aus der Düsternis brummte und sich BB 75333 mit ihrer Corail-Garnitur als W 791792 (Briançon - Grenoble) über die geschwungenen Bögen schob. Das Strahlen der Gesichter, in die man nach dem Auslösen schaute, war mindestens so intensiv wie das theatralische Licht der schwindenden Abendsonne, die tatsächlich im genau richtigen Augenblick noch einmal zwischen einer stationären Schleierwolke und der Bergkante hervorgelugt hatte. :) Da der technische Erfolg der Testfahrt dem fotografischen offenbar in nichts nachstand, geht es in den kommenden zwei Wochen dann tatsächlich los mit den Umleitungen des Intercités de nuit über den 1167 Meter hohen Col de la Croix-Haute! An zunächst insgesamt sechs Tagen (pro Richtung) wird er die alternative Route nehmen. Für weitere Bautermine im Spätjahr steht dann leider wieder der Bus auf der Agenda, aber das Bekenntnis bleibt, auch in den kommenden Jahren - soweit möglich - auf die Ligne des Alpes zurückzugreifen. On verra...! Datum: 06.09.2025 Ort: Lus-la-Croix-Haute [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 75300 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 31 Punkte 11 Kommentare [»] |
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Altbekanntes im neuen Gewand geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 10.08.25, 14:34 |
Eine Konstante des Bahnverkehrs im südlichen Burgund ist seit Jahrzehnten die Bedienung des Bahnhofs Digoin mit Stahlcoils, die in der dortigen Kranhalle für die "letzte Meile" zum Aperam-Kaltwalzwerk in Gueugnon auf LKW umgeschlagen werden. Während die Coils bis in die 90er Jahre den topografisch anspruchsvollen Weg über die "Ligne de l'Azergues" nahmen - ein zeitgenössischer Kurzbeitrag im Fernsehen ist schon allein der Krawatte des Sprechers wegen sehenswert ;) : [www.ina.fr] -, gelangen sie im neuen Jahrtausend via Gevrey, Montchanin und Paray-le-Monial ans Ziel. Da sie mittlerweile auch nicht mehr aus Fos-sur-Mer kommen, sondern aus dem belgischen Châtelet (bei Charleroi), ist das nur folgerichtig.
Erstmals dokumentiert habe ich die Leistung vor gut zehn Jahren. Damals, im März 2015, froren Basti und ich uns unweit des Weilers La Gravoine für die letzten Einsätze der BB 69400 bei SNCF Fret die Finger ab: [www.drehscheibe-online.de] Eine Dekade später zeigt sich die Szene - auch wenn die Parameter Zug und Aufnahmeort unverändert sind - in ganz neuem Gewand. Nicht nur hat sich die geschwungene Weidelandschaft mit ihren Solitärbäumen am 20. Juni 2025 in ein sommerliches Kleid gehüllt, sondern auch Traktion und Bahnunternehmen sind mittlerweile andere. Seit Frühjahr 2019 hat Lineas - hervorgegangen aus der Gütertochter der belgischen Staatsbahn - den Verkehr von SNCF Fret (seit Anfang 2025 unter diesem Namen ebenfalls Geschichte...) übernommen und setzt für die Bespannung des Coilzugs auf die Diesel-Primas aus dem Hause Akiem. Unverändert früh ist die Fahrplanlage, sodass die Hinfahrt vor sieben Uhr morgens häufig noch durch die Frühnebelfelder grummelt, die sich in der von Flüssen und Kanälen durchzogenen Hügellandschaft ausbilden. So am Aufnahmetag die BB 75106 im silbergrauen Akiem-Outfit (gegenüber den anderen farblichen Verirrungen im Lineas-Pool aus meiner Sicht das geringste Übel...), die einen ungewöhnlich kurzen 70484 (Tergnier - Digoin) am Haken hatte. Bei höherer Tonnage fährt der Zug oft auch in Doppeltraktion. Für die Tele-Perspektive in die Innenkurve war die Solo-Lok nicht von Nachteil, ebenso wie - ausnahmsweise einmal - der Umstand, dass die Telegrafenmasten samt Leitungen schon wenige Wochen/Monate nach dem Besuch im März 2015, als mit die letzten an der Strecke Montchanin - Paray-le-Monial, abgerissen wurden, was das freie Sichtfeld erst möglich machte... Zuletzt bearbeitet am 10.08.25, 16:27 Datum: 20.06.2025 Ort: La Gravoine [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 75000 Fahrzeugeinsteller: Akiem Kategorie: Stimmungen mit Zug Top 3 der Woche: 23 Punkte 7 Kommentare [»] |
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Ça sent la fin inéluctable... geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 03.08.25, 19:06 ![]() ![]() Top 3 der Woche vom 17.08.25 |
Keine leichten Zeiten hat die Eisenbahn im Massif Central in den letzten Jahrzehnten durchlebt. Wie in vielen anderen ländlichen Gegenden Frankreichs kennt die Netzentwicklung bereits seit den 1930er Jahren im Grunde nur noch eine Richtung: Rückzug aus der Fläche! Während zunächst primär Klein- und Nebenbahnen betroffen waren, bei denen aus heutiger Sicht angesichts des äußerst überschaubaren Verkehrspotentials bei gleichzeitig immensen Aufwendungen für das Bezwingen der bergigen Landstriche bereits ihre Entstehung verwundert, rückten später zunehmend auch Verbindungen in den Fokus, die nicht nur das hinterletzte Kleinkleckersdorf (oder dessen französische Entsprechung: Perpète-les-Oies) erschlossen...
Dabei rollten immer wieder Stilllegungswellen durch das Land, welche sich mit ruhigeren Phasen der (trügerischen) Stabilität abwechselten - Ganz nach aktuellem politischen Klima, verfügbaren Mitteln und unternehmerischer Strategie der SNCF. So traf es beispielsweise in den 90er Jahren "nur" drei Nebenbahnen (Firminy - Dunières sowie zwei der drei Schenkel der "Triangle du Cantal" - Von Bort-les-Orgues nach Neussargues einerseits und Miècaze/Aurillac andererseits), während in der Dekade von 2007 bis 2017 zahllose, teils regionenübergreifende Strecken ihren Personen- und damit in der Regel auch ihren Gesamtverkehr verloren: Volvic - Lapeyrouse (2007), Montluçon - Eygurande-Merlines (2008), Alès - Bessèges (2012), Laqueuille - Eygurande - Ussel (2014), Volvic - Laqueuille - Le Mont-Dore (2015), Thiers - Boën (2016) und zuletzt Rodez - Sévérac-le-Château (2017). Wie ein Anachronismus mutet es da an, dass ausgerechnet im Département Creuse - im Ranking nach Bevölkerungsdichte mit rund 20 Einwohnern pro Quadratkilometer auf Platz 100 von 101 stehend - bis heute eine Nebenstrecke überlebt hat, die an längst vergangene Zeiten erinnert, als auch kleine Landstädtchen wie selbstverständlich noch ihren Bahnanschluss an die große weite Welt hatten, wenn auch vielleicht nur mit 1 - 2 Zugpaaren am Tag, einer Taktung, die sicher nicht ganz unschuldig am Sterben der Bahn in der Fläche ist... Die Rede ist, aufmerksame Betrachter werden es sich schon anhand des im Bild gezeigten Stationsschilds erschlossen haben, vom 35 Kilometer langen Stummel Busseau-sur-Creuse - Aubusson - Felletin, Reststück einer einstmals weiter bis Ussel weiterführenden Querverbindung. Doch mittlerweile herrscht Gewissheit, dass wir es auch hier nicht mit einem Wunder von Dauer zu tun haben, sondern der jahrzehntelange Investitionsrückstau bei gleichzeitig minimalem Zugverkehr unweigerlich seinen Tribut zollt. Ende August 2025 wird der letzte Zug über die Double-Champignon-Gleise von Busseau nach Felletin rollen, 45 Jahre nach dem Ende des Personenverkehrs auf dem Südabschnitt Felletin - Ussel! Und das unausweichliche Ende wirft seine Schatten bereits voraus, wenn man sich entlang des Schienenstrangs umsieht. Im ehemaligen Bahnhof und heutigen Haltepunkt von Aubusson rostet die filigrane Bahnsteigüberdachung vor sich hin, während das einzig verbliebene Gleis, mehr oder minder gut befestigt auf maroden, in einer abenteuerlichen Schotter- und Kiesmischung ruhenden Schwellen, bis zur Unkenntlichkeit überwuchert ist. Am späten Nachmittag des 16. Juni 2025 schickt sich der "Baleine" X 73763 als TER 868714 (Felletin - Limoges), seines Zeichens zweiter und zugleich letzter Zug des Tages in das Limousiner Oberzentrum, an, einen kurzen Stopp in diesem Biotop einzulegen. Was bei all der Endzeitstimmung positiv überrascht: Das Warten vor dem verrammelten Empfangsgebäude gestaltet sich auch in den letzten Wochen des Betriebs noch vergleichsweise angenehm. Keinerlei Müll auf dem Bahnsteig und auch sonst kein sichtbarer Vandalismus, statt großflächigen Graffiti nur die Kreidezeichnungen spielender Kinder auf dem Bahnsteig und zwei einladende, gepflegte Holzbänke. Einzig nutzen will die kaum jemand mehr. Die Bilanz der Einsteigenden am größten Zwischenhalt an diesem Nachmittag: Eine junge Frau und eine Katze, hier beide nicht im Bild... Datum: 16.06.2025 Ort: Aubusson [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 73500 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Infrastruktur Top 3 der Woche: 22 Punkte 6 Kommentare [»] |
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Un petit coin de paradis geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 19.07.25, 20:44 |
Wenn ich über Orte nachdenke, die das mitunter inflationär verwendete Attribut "paradiesisch" wirklich verdienen, fallen mir spontan gleich mehrere auf Korsika ein, die unter all den auf meinen Reisen der vergangenen Jahre besuchten herausstechen. Nicht umsonst ist die viertgrößte Mittelmeerinsel weithin für ihre landschaftliche Schönheit bekannt und trägt den im Französischen verbreiteten Beinamen "Île de Beauté".
Zu diesen entrückend schönen Orten gehören die kleinen Felsbuchten, die Criques, der Balagne-Küste im Nordwesten der Insel. Teils lassen sie sich nur zu Fuß oder mit der die Küste begleitenden Schmalspurbahn, der "Tramway de Balagne", erreichen, wie hier in der Galerie zuletzt auch Sebastian mit seiner sehenswerten Foto-Serie gezeigt hat. Eine von ihnen wird durch den winzigen, inmitten der Macchia gelegenen Bedarfshaltepunkt Giorgio/Ghjorghju erschlossen. Den hat am französischen Nationalfeiertag 2023 gerade die Soulé-Garnitur aus X 97054 und zugehöriger Remorque verlassen und dieselt nun als Zug 333 (L'Île-Rousse - Calvi) dem nächsten Stopp Lumio-L‘Arinella entgegen. Derweil haben sich die ersten Badegäste schon am kleinen, an die Felsen der Umgebung geschmiegten Strand eingerichtet und genießen mit Blick auf das in allen erdenklichen Türkis- und Blautönen schimmernde Meer den wärmer werdenden Sommertag. Wer braucht da schon die Karibik...? :) Datum: 14.07.2023 Ort: Giorgio/Ghjorghju [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 97050 Fahrzeugeinsteller: CFC Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 6 Punkte 4 Kommentare [»] |
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Wenn die Sterne günstig stehen geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 06.07.25, 18:45 |
Mit jedem Besuch an der Vogesenquerung Molsheim - Saales - Saint-Dié sinkt die Zahl der noch offenen Motive. Zunehmend geht es nur noch darum, bei einem Wochenendausflug einzelne Lücken im Archiv zu schließen, ehe es vielleicht irgendwann (tja, haha...) doch einmal vorbei sein wird mit den letzten Einsätzen der 67400 im französischen Personenverkehr. Danach ruft dann häufig schnell eine Wanderung im gerade in den Sommermonaten herrlich erfrischenden Wald, ein zweites Frühstück im Café oder einfach eine frühzeitige Heimkehr...
Und gelegentlich, im gemeinsamen Brainstorming mit dem mittlerweile fest etablierten Kreis der Elsass-affinen Hobbykollegen gar nicht mal so selten, kommen dann auch noch neue Ideen hinzu. Hier müsste doch vielleicht die Sonne rund um Tag x doch noch hinkommen...? Hat man dort nicht im letzten Herbst einen Baum gefällt...? Wieso haben wir hieran eigentlich noch nie gedacht...? Ein Ergebnis dieser im stetigen Austausch erarbeiteten Motivideen war ein frühmorgendlicher Blick auf den Viadukt von Colroy-la-Grande, der mit seinen sechs gemauerten Bögen aus Vogesensandstein - oder ist das Mauerwerk, wie es zur Entstehungszeit in den 1920er Jahren passen würde, vielleicht nur die Verkleidung einer frühen Betonkonstruktion? * - eine Ausnahmeerscheinung an einer Strecke darstellt, die sich ansonsten, abgesehen vom Viaduc de Fouday und dem 1600 Meter langen (Kehr-)Tunnel von Lubine, eher nicht durch beeindruckende Kunstbauten auszeichnet. Angefixt durch eine fragende WhatsApp von Jens, ob das nicht vielleicht etwas für den lokbespannten Zug um 6:11 Uhr aus Saint-Dié wäre, schaute ich mir die Stelle wenige Tage später erstmals persönlich an. Fazit: Ein schöner Blick zwischen zwei Bäumen hindurch auf Viadukt und Kirche war durchaus möglich, aber selbst rund um die Sommersonnenwende völlig utopisch für ein Sonnenfoto des frühen Zuges. Der müsste schon mindestens eine Stunde, eher mehr Verspätung haben... Und mit den planmäßigen Triebwagen würde es auch eng: Einen vierteiligen AGC oder Régiolis kann man getrost vergessen, mit einem Dreiteiler muss man schon sehr zirkeln. Im Grunde also wirklich prädestiniert für einen lokbespannten Zug! Nur leider gibt es (vermeintlich) nie einen zur passenden Zeit, wenn die Sonne es endlich über den Berg und die umgebenden Bäume geschafft hat. Am gestrigen 5. Juli 2025 schien sich dann aber eine ganz besondere Sternenkonstellation eingestellt zu haben. Zwar begann der Tag, Claus hat es unter seinem tollen Panoramablick aus Saint-Blaise bereits geschildert [www.drehscheibe-online.de] , zunächst mit allgemeiner Enttäuschung: Wegen Problemen mit der Stromversorgung für die Wagengarnitur wurde der Zug, nachdem sich die Abfahrt in Saint-Dié immer weiter verzögerte, schließlich komplett gecancelt und die zahlreich angereisten Fotografen schauten ebenso wie die Fahrgäste in die Röhre. Doch da gefühlt halb Südwestdeutschland im Bruchetal weilte und mehr als ein Hobbykollege auf die schlaue Idee kam, im Bahnhof Saint-Dié einmal nach dem Stand der Dinge zu schauen, sickerte recht schnell die Info durch, dass der Schaden nur einer Fahrgastfahrt, nicht aber einer Leerüberführung im Wege stehen würde. Im Tagesverlauf sollte die Garnitur also als W (= vide voyageur) nach Straßburg ins Dépôt gebracht werden. Einzig über das Wann wusste selbst der Lokführer zunächst nicht Bescheid. Tja, und viel schneller als erwartet flatterte dann um 7:39 Uhr die knappe, aber unmissverständliche Nachricht rein "Startet!". Glücklicherweise war ich noch in der Nähe des besagten Viadukt-Motivs, rannte anschließend wie von der Tarantel gestochen den Hang hinauf und konnte feststellen: Das passt gerade so mit den Schatten! Wunderbar! Kurz darauf wummerte der Pielstick-Klang aus dem Gebüsch und 67511 rauschte vorbei. "Klick", ein Moment der Hobby-Zufriedenheit und ziemlich schnell die Gewissheit, dass da gerade ein Foto geglückt war, wie es so schnell nicht wiederholbar sein dürfte... Merci vielmals an Andi und die anderen Vormelder, ohne die der Überraschungserfolg nicht möglich gewesen wäre! So macht das Spaß. :) PS: Einen toten Ast des linken Baums habe ich nachträglich ein kleines Stück eingekürzt. *PPS: Da ich das natürlich nicht unrecherchiert lassen konnte ;) - Ja, dem ist so, [inventaire.grandest.fr] Datum: 05.07.2025 Ort: Colroy-la-Grande [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 67400 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 12 Punkte 4 Kommentare [»] |
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Ceci n'est pas un RTG geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 27.06.25, 18:56 |
Als man von Lyon nach Bordeaux auch per Bahn noch quer durch das Massif Central fuhr, war die mittlerweile zur Nebenstrecke mit rein regionaler Bedeutung degradierte Querverbindung von Gannat über Montluçon nach Saint-Sulpice-Laurière (wo sie auf die POLT aus Paris trifft) ein Hauptbetätigungsfeld für die Gasturbinentriebzüge der Bauart RTG, die legendären Turbotrains. Auf ihrem Laufweg Lyon - Saint-Germain-des-Fossés - Gannat - Montluçon - Guéret - Limoges - Bordeaux heulten die Züge noch bis Dezember 2004 über die filigranen Eisenviadukte des aus Schwaben stammenden Paris-Orléans-Chefingenieurs Wilhelm Nördling und durch die verträumten, mit Formsignalen gesicherten Landbahnhöfe - Eine nachmittägliche Zugkreuzung zweier RTG in Bellenaves inklusive!
Zusammen mit den anderen um die Jahrtausendwende dort anzutreffenden Diesel-Klassikern war die Strecke dementsprechend ein gern besuchtes Ziel von Fans aus dem In- und Ausland, wie Jochen unter anderem an dieser Stelle schon eindrücklich dokumentiert hat: [www.drehscheibe-online.de] Tja, all das ist jetzt seit zwei Dekaden Geschichte und den Personenverkehr, soweit es ihn noch gibt, prägen längst die üblichen TER-Triebwagen. Umso schöner ist es, dass daneben zumindest im Ostabschnitt auch noch ein zwar nicht übermäßig intensiver, aber doch recht regelmäßiger Güterverkehr bis heute überlebt hat, der Feldspatgrube in Lavaufranche und dem Adisseo-Chemiewerk in Commentry - der Konzern produziert dort insbesondere Ergänzungsstoffe für Tiernahrung - sei Dank. Denn gerade auf den großen Viadukten macht so ein Zug doch erheblich mehr her als die kurzen Baleines... Im Jahr 2016, als das Foto entstand, fuhr die Übergabe nach Commentry noch mehr oder weniger zuverlässig zwei mal in der Woche (Di + Fr). Mittlerweile zollte die Einstellung der Methionin-Produktion, die laut Unternehmensangaben am Standort nicht mehr wirtschaftlich möglich ist, allerdings ihren Tribut. Nicht nur verloren gut 40 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz, sondern auch die Häufigkeit der Bedienung hat sich merklich verringert. Jetzt steht sie nur noch donnerstags auf dem Programm - Und trotzdem sind kurzfristige Ausfälle nicht ausgeschlossen. Am 19. Juli 2016 brummte das Geschäft noch und die Rückfahrt als FRET 435574 (Commentry - Saint-Germain-des-Fossés) war hervorragend ausgelastet, als Urs und ich sie bei der Fahrt über den Viaduc de Rouzat abpassten, der bei Saint-Bonnet-de-Rochefort das tief eingeschnittene Tal der Sioule überspannt. Das insgesamt 181 Meter lange und maximal 58,9 Meter hohe Bauwerk wird von zwei auf mächtigen Steinsockeln ruhenden eisernen Pfeilern gestützt, wovon einer direkt neben der Straßenbrücke der D37 im Flussbett steht. Zuletzt bearbeitet am 27.06.25, 22:05 Datum: 19.07.2016 Ort: Saint-Bonnet-de-Rochefort [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 75000 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 14 Punkte 4 Kommentare [»] |
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La beauté de l'inox geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 26.06.25, 22:48 ![]() ![]() Top 3 der Woche vom 06.07.25 |
Bei aller Begeisterung über die aller letzten Planeinsätze der 67400er, die uns auch im Jahr 2025 noch vergönnt sind, neigt man - der in unserem Hobby gewissermaßen "naturgegebenen" Fokussierung auf die Loks nicht entfliehend - schnell dazu, das weitgehend zu ignorieren, was dahinter hängt: Die RRR-Garnituren mit ihrer charakteristischen Außenhaut aus gesicktem, rostfreien Stahl.
Doch längst sind die RRR - die Rames réversibles régionales, ihres Zeichens letzte Entwicklungsstufe einer langen Serie von seit den ersten Nachkriegsjahrzehnten an die SNCF gelieferten Inox-Reisezugwagen - ebenso auf dem Weg aufs Abstellgleis wie die betagten Brissonneau et Lotz-Diesel, auch wenn sie mit ihrer Inbetriebnahme zwischen 1985 und 1994 bis zu zwei Jahrzehnte jünger als die sie ziehenden Lokomotiven sind. Höchste Eisenbahn also, auch sie einmal verstärkt in den Fokus der fotografischen Aktivität zu rücken! Mit diesem Vorsatz im Gepäck war klar, dass es am 18. Mai 2024 nach dem obligatorischen Bild der BB 67591 bei Lubine, dort wo die Wälder der Vogesen am tiefsten sind, auch noch einen Nachschuss geben sollte. Dass dieser dann aber das "klassische" Bild - jedenfalls für mich - in den Schatten stellen sollte, war erst nach dem Auslösen erkennbar... Die faszinierende Melange aus den im Streiflicht glitzernden Inox-Hüllen der Wagenkästen und den sich langsam lichtenden Nebelschleiern währte nur einen kurzen Augenblick, aber lang genug, um für das mal wieder viel zu frühe Aufstehen zu nachtschlafender Zeit zu entschädigen :) Für die Statistik: TER 831853 (Saint-Dié - Strasbourg), "der Frühe" am Samstag... Datum: 18.05.2024 Ort: Lubine [info] Land: Europa: Frankreich BR: Personenwagen Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Stimmungen mit Zug Top 3 der Woche: 18 Punkte 8 Kommentare [»] |
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Est 1903 geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 15.06.25, 18:37 |
Äußerst vielschichtig zeigt sich die Bahnhofsarchitektur im Elsass und in Lothringen. Bis in die erste Dekade des 20. Jahrhunderts dominierten vielerorts Bahnhofsbauten aus lokalem Buntsandstein, vor allem in den zum damaligen "Reichsland" gehörenden Gebieten ergänzt um teils opulente Türme und sonstigen Prunk. In späterer Zeit wurde die Architektur schlichter. Für eine Übergangsperiode stehen die entlang der erst 1928 durchgehend in Betrieb genommenen Vogesenquerung Saint-Dié - Saales - Rothau (- Straßburg) errichteten Empfangsgebäude aus verputztem Mauerwerk, inspiriert vom ostfranzösischen Standardtyp "Est 1903". Der rote Sandstein tritt bei ihnen nur noch an den Ecken und Trennleisten in Erscheinung.
In diesem Look zeigen sich Sainte-Marguerite-Rémomeix, Raves-Ban-de-Laveline, Provenchères-sur-Fave, Colroy-Lubine, Saales, Bourg-Bruche, Saulxures, Saint-Blaise-la-Roche und Fouday. Weiter entlang der Bruche talabwärts stehen, der deutlich früheren Aufnahme des Bahnbetriebs geschuldet, ältere Gebäude. Morgens besonders schön einfangen lässt sich von den Vertretern der Linie "Est 1903" das kaum modernisierte Ensemble in Provenchères, erst recht durch einen im vergangenen Herbst ausgeführten Freischnitt links des Gleises. Mehr zum Gebäude gibt's für Interessierte hier: [inventaire.grandest.fr] Am 16. Mai 2025 erwartete ich dort die BB 67511 mit dem TER 831811 (Saint-Dié - Strasbourg), jenem lokbespannten Zug im Berufsverkehr, der seit einigen Jahren die Fotografen regelmäßig auch über die Passhöhe in Saales hinweg lockt. Die gerade erst über die Berggipfel gekrochene Morgensonne zauberte die passenden Spots auf das Empfangsgebäude, den in Blüte stehenden Ginster und die betagte Lok, der man ihre mittlerweile 53 Einsatzjahre ansieht. Um die Veteranin (weitgehend) freizustellen, entschied ich mich an diesem Morgen für einen spitzen Blickwinkel aus etwas tieferer Warte, den man so selbstverständlich erst nach Stillstand des Zuges und in Abstimmung mit dem Lokführer einnehmen sollte. Also liebe Kinder, bitte nicht mit einem durchrauschenden Triebwagen nachmachen...;) PS: Den letzten Zipfel einer Tannenspitze, der auch bei dieser Perspektive noch knapp über das Lokdach hinausragte, habe ich nachträglich weggepixelt. Datum: 16.05.2025 Ort: Provenchères-sur-Fave [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 67400 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Infrastruktur Top 3 der Woche: 5 Punkte 2 Kommentare [»] |
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La chasse aux MGOeufs geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 13.04.25, 14:41 |
Dank des rührigen ehrenamtlichen Engagements der Association "L'autorail X2800 du Haut-Doubs" ist er seit 2019 wieder gelegentlich über dem Jura zu hören, der typische Sound des X 2800 mit seinem 825 PS starken MGO (MAREP-Grosshans-et-Ollier)-Motor. Besonders im Fokus steht dabei immer wieder die "Ligne des Horlogers", jene Strecke von Besançon nach Morteau und weiter nach La Chaux-de-Fonds in der Schweiz, auf der im Jahr 2009 die letzten Vertreter dieses Triebwagentyps ihren Plandienst bei der SNCF quittierten.
Über das Osterwochenende 2022 ging es gleich mehrfach auf die "Linie der Uhrmacher", einen Stopp zur Ostereiersuche für die Kleinsten im regulär nicht mehr bedienten Bahnhof Longemaison inklusive. Am Ostersonntag, den 17. April 2022, war X 2816 samt Beiwagen allerdings schon wieder auf der Rückfahrt als Train spécial 801012 (Morteau - L'Hôpital-du-Grosbois), als er lautstark Morteau mit seiner Kirche Notre-Dame de l'Assomption hinter sich ließ, während am Ufer des Doubs der Frühling zaghaft erwachte. Den Turm des Gotteshauses zieren rund um das für die Franche-Comté so typische Dach gleich mehrere Uhren. Wie könnte es auch anders sein in dem Ort, der lange Zeit Hort der prosperierenden Uhrenindustrie war, deren Anfänge in der Gegend schon Mitte des 17. Jahrhunderts begründet wurden? Mittlerweile befindet sich die einstmals das Tal des oberen Doubs prägende Branche zwar tendenziell auf dem absteigenden Ast, aber ein paar wenige Firmen, insbesondere mit einem hochpreisigen Sortiment, konnten sich bis heute erfolgreich halten, u. a. Pequignet in Morteau. Für deren Produkte muss man dann aber auch mindestens einen mittleren vierstelligen Betrag in die Hand nehmen. Zuletzt bearbeitet am 27.04.25, 14:04 Datum: 17.04.2022 Ort: Morteau [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 2800 Fahrzeugeinsteller: L’Autorail x2800 du Haut-Doubs Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 14 Punkte 5 Kommentare [»] |
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Sous les sommets enneigés geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 25.02.25, 18:43 ![]() ![]() Top 3 der Woche vom 09.03.25 |
Ein ambitioniertes Vorhaben ist es, die Straßburger BB 67400 auf der Strecke durch das Breuschtal/Vallée de la Bruche in winterlichem Ambiente zu fotografieren. Über viele Jahre hinweg war es, jedenfalls was klassische Streckenaufnahmen mit den Loks "in action" angeht, sogar praktisch unmöglich. Zu sehr lagen die beiden Umläufe, welche die mittlerweile über 50 Jahre alten Brissonneau & Lotz-Klassiker tief in die Vogesen führen, in den lichtarmen Randstunden des Tages...
Etwas geändert hat sich das mit den Modifizierungen des Umlaufplans in den letzten Jahren. Allerdings nur an Samstagen. War es zunächst ein (lichttechnisch ebenfalls nicht ganz einfacher) Leerreisezug um die Mittagszeit, liegt seit 2023 das besondere Augenmerk auf dem zweiten lokbespannten Zug am Morgen, der die Passhöhe in Saales an diesem Tag "erst" um 7:25 Uhr verlässt. Jetzt kann sich jeder mit etwas Fantasie ausmalen, dass in einem engen Mittelgebirgstal selbst dieser kein Selbstläufer ist. Für die Koinzidenz aus Sonnenschein (an den richtigen Stellen!) und einem der auch in den Vogesen tendenziell immer rarer werdenden Schneetage muss also schon einiges zusammenkommen. Zum greifen nah war eine derart günstige Konstellation der Sterne am 15. Februar 2025. Jedenfalls für mich als Fotografen, weniger für die Fahrgäste. Denn wegen technischer Probleme verzögerte sich die Abfahrt in Saales immer weiter: Zunächst +5 Minuten, dann +15, +30... Der wird doch wohl nicht komplett ausfallen...? Andererseits, WENN er noch kommen sollte, dann gäbe es einmalige Motivmöglichkeiten mit den schneebedeckten Gipfeln an Stellen, die zur Planzeit noch hoffnungslos im Bergschatten versunken daliegen. Als die SNCF-App schließlich eine Abfahrt mit +50 vermeldete, wich die Skepsis zunehmend dem Optimismus. Auch wenn natürlich noch nicht völlig ausgeschlossen war, dass der betagte Pielstick-Motor an einem der Zwischenbahnhöfe final kapitulieren würde... Dementsprechend hielt das Wechselbad der Gefühle an, bis um kurz vor neun endlich das vertraute Aufschalten des Diesels aus dem hinter der Kurve gelegenen Bahnhof von Urmatt ertönte und kurz darauf BB 67591 den eine Dreiviertelstunde verspäteten TER 831845 (Saales - Strasbourg) in die Morgensonne zog. Majestätisch erheben sich im Hintergrund die vom leichten Schneefall der vergangenen Tage in einen zarten weißen Mantel gehüllten Gipfel der Vogesen. Ganz links der 831 Meter hohe Langenberg/La Grande Côte, weiter rechts der Rocher de Mutzig, der mit seinen 1008 Metern exakt gleich hoch wie der bekanntere Donon und damit eine der höchsten Erhebungen der nördlichen Vogesen ist. Ganz rechts der ihm vorgelagerte Katzenberg (903 Meter). Beseelt von diesem ebenso raren wie unverhofften Foto konnte der Bahn guten Gewissens der Rücken gekehrt und eine nicht minder schöne Wanderung durch den verschneiten Winterwald angetreten werden. Am späten Nachmittag wärmte ich mich dann schon wieder in der heimischen Küche auf. Was für ein Privileg, die letzte Bastion des ungeschönten Planverkehrs mit SNCF-Dieseln so nah vor der Türe zu haben...! :) Datum: 15.02.2025 Ort: Urmatt [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 67400 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 20 Punkte 10 Kommentare [»] |
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Grenzgeschichte(n) geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 09.02.25, 16:56 |
Eine äußerst wechselvolle Geschichte durchlebt hat die heutige Doppelstadt Gorizia/Nova Gorica beiderseits des Isonzo/Soča, der hier aus den engen Karstschluchten in die Norditalienische Tiefebene eintritt. Zu Zeiten, als Österreich noch am Meer lag, war das damalige Görz eine wichtige Garnisonsstand, zugleich aber auch multikulturelles Tor der Doppelmonarchie zum Mittelmeerraum mit einer seit jeher dreisprachigen Bevölkerung (italienisch, slowenisch, deutsch). Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Fall der Habsburger wurde die Stadt mit dem Vertrag von Saint-Germain-en-Laye - wie auch die Halbinsel Istrien - italienisch, ehe die Geschichte 1947 abermals eine Wendung nahm. Infolge der Niederlage des faschistischen Italiens wurde die Grenze neu gezogen. Fortan war die Stadt geteilt, in das weiterhin italienische Gorizia und das nunmehr jugoslawische (und später slowenische) Nova Gorica.
Eng verknüpft mit den politischen Umwälzungen war auch das Schicksal der Eisenbahn(en) in der Doppelstadt. Am ehemaligen k. u. k.-Südbahnhof Görz (Gorizia Centrale) fuhren die Ferrovie dello Stato Italiane, in "Görz Staatsbahn" (neu: Nova Gorica) die Jugoslovenske Železnice. Erstaunlicherweise überlebte die Verbindung beider Teilstädte untereinander selbst die kältesten Zeiten des Konflikts zwischen Ost und West, als quer über den Bahnhofsvorplatz von Nova Gorica ein hoher, mit Stacheldraht besetzter Zaun führte. Über die 1902 als Teil der Wippachtalbahn Görz Südbahn - Haidenschaft (Ajdovščina) von der Localbahngesellschaft Görz-Haidenschaft eröffneten Gleise rollten ab 1960 wieder gemischte Personen- und Güterzüge von Gorizia Centrale nach Nova Gorica und zurück, wenn auch ohne Halt im einzigen Zwischenbahnhof Vrtojba (ehemals Gorizia San Marco). Erst nach dem Fall des eisernen Vorhangs und der Unabhängigkeitserklärung Sloweniens kam paradoxerweise der Personenverkehr zum Erliegen. Güterzüge, insbesondere solche des Schrott- und Stahltransports, verbanden allerdings weiterhin Slowenien und Italien, wofür bis in jüngste Vergangenheit ein D345er-Pärchen der FS/Mercitalia zum Einsatz kam. Mit einem solchen Zug, dem EUC 45757 (Nova Gorica - Osoppo), verließen am 29. November 2023 D 345 1090 und eine Schwesterlok parallel zum einstigen Grenzzaun den Bahnhof "Görz Staatsbahn", der mit seinen niedrigen Bahnsteigen, der filigranen Perronüberdachung und dem (hier überwiegend verdeckten) Empfangsgebäude noch eine gehörige Portion k. u. k.-Atmosphäre verströmte. In den kommenden Monaten sollte er sein Erscheinungsbild in Vorbereitung der »GO! 2025« jedoch grundlegend ändern: Gorizia und Nova Gorica sind nämlich (neben Chemnitz) europäische Kulturhauptstadt 2025! Dafür hat sich auch der Bahnhof Nova Gorica herausgeputzt und wartet jetzt mit Hochbahnsteigen und einem modifizierten Gleisplan auf. An Wochenenden und Feiertagen wird es bis zum Jahresende auch wieder Personenverkehr zwischen den beiden Teilstädten geben, dank der trimodalen "Blues"-Triebzüge der Region FVG durchgebunden aus Venedig. Ob es nun besonders förderlich ist, dass auch in diesem Jahr, das doch ganz im Zeichen der Aussöhnung und Überwindung von Grenzen stehen sollte, in gigantischen Lettern ein TITO-Schriftzug von Gorizias Hausberg, dem Monte Sabotino/Sabotin, grüßt...? Angelegt wurde die Hommage an den Partisanenführer und späteren Staatspräsidenten Jugoslawiens nach dem Krieg als Reaktion auf eine riesige Tricolore, die die Italiener seinerzeit weithin sichtbar auf dem Görzer Burgberg aufgestellt hatten. Beides unnötige Nationalismen, insbesondere, da der Schriftzug vor allem bei älteren Bewohnern Gorizias nach wie vor Erinnerungen an eine grausame Vergeltungsaktion der jugoslawischen Partisanenkämpfer in der Stadt hervorrufen wird: [www.spiegel.de] Gut, dass die nach ihrer fast vollständigen Zerstörung in den Isonzoschlachten wieder aufgebaute Basilika Sveta Gora als Mahnmal für den Frieden vom gegenüberliegenden Hang wacht! PS: Graffiti auf der Lokfront digital wegpoliert, ebenso ein vor Ort nicht ausblendbares Stromkabel am unteren Bildrand Datum: 29.11.2023 Ort: Nova Gorica [info] Land: Europa: Slowenien BR: IT-D345 Fahrzeugeinsteller: Mercitalia Rail Kategorie: Zug schräg von vorn Top 3 der Woche: 12 Punkte 1 Kommentar [»] |
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Giganti di ferro geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 26.01.25, 19:26 |
Der Verlauf des Po von West nach Ost quer durch die dicht besiedelte Ebene, der er seinen Namen gab, bedingt es, dass er eine Vielzahl wichtiger Verkehrswege schneidet. Entsprechend sahen sich bereits viele Generationen damit konfrontiert, Italiens längsten Strom mit Brücken überspannen zu müssen, um dem Handel über die natürliche Barriere zu helfen. Dabei machten sie sich jeweils die neuesten technischen Errungenschaften ihrer Zeit zu Nutzen, sodass sich heute von der historischen Steinbogenkonstruktion bis zur modernen Schrägseilbrücke eine immense brückenarchitektonische Bandbreite entlang der 650 Flusskilometer aufreiht.
Zu den in ihrer Dimension eindrucksvollsten Kunstbauten zählt die Eisenbahnbrücke von Piacenza, die auf gut 750 Metern Länge das lombardische mit dem emilianischen Ufer verbindet. Ihr heutiges Erscheinungsbild mit stählernen Halbparabelträgern erhielt sie bei ihrem (letzten) Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg. Einen Flussübergang für die Strecke Mailand - Bologna gab es an der Stelle jedoch schon seit 1861: Zunächst als provisorische Holzbrücke, später als eingleisige schmiedeeiserne Gitterträgerbrücke und in den letzten Jahren vor der kriegsbedingten Zerstörung auch bereits als zweigleisige Stahlkonstruktion. Um den rostroten Giganten komprimiert ins Bild zu setzen, bietet sich am südlichen Brückenkopf mit etwas Zirkelei eine schöne Tele-Perspektive. Nach einigen Steuer- und Triebwagenbildern, die nicht wirklich begeistern konnten, klappte deren Umsetzung am 28. November 2023 kurz vor "Licht aus" doch noch mit einem echten Lokklassiker. Das zufriedene Lächeln eines vollauf gelungenen Fototags aufs Gesicht zauberte uns der "Tigre" E 652 082, der mit MRI 48025 ([Mulhouse Nord -] Domo II - Fossacesia-Torino di Sangro) südwärts unterwegs war. Datum: 28.11.2023 Ort: Piacenza [info] Land: Europa: Italien BR: IT-E652 Fahrzeugeinsteller: Mercitalia Rail Kategorie: Bahn und Infrastruktur Top 3 der Woche: 10 Punkte 2 Kommentare [»] |
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Doppia simmetrica sull'Adriatico geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 24.01.25, 18:44 |
Man sollte meinen, entlang einer Bahnstrecke, die von Rimini im Norden bis Brindisi im Süden über 600 Kilometer lang praktisch immer parallel zur namensgebenden Adria verläuft, gäbe es im Überfluss Stellen, an denen sich Eisenbahn und Mittelmeer gemeinsam in Szene setzen lassen. Doch weit gefehlt! Eine zu großen Teilen flache Topografie, zahllose Bausünden aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts - im Sommer Heimstatt sonnenhungriger Touristen, im Winter gähnend leere Betonmonstren - und nicht selten auf engstem Raum gebündelte Verkehrswege machen es dem geneigten Fotografen nicht leicht...
Eine rühmliche Ausnahme gibt es im Bereich rund um Pedaso und Marina di Altidona in den südlichen Marken, wo die zweigleisige Magistrale auf ihrem Weg in den Mezzogiorno einem Laufsteg gleich an der Spiaggia "Lu Piu" vorbei führt. Am 4. September 2019 hatten Yannick und ich es uns zum Sonnenaufgang auf einem der Wellenbrecher gemütlich gemacht und harrten der Dinge, die da kommen sollten. Was kam, waren vor allem... Wellen. Denn der Wind wehte für Adria-Verhältnisse erstaunlich frisch. Was ausblieb, waren die avisierten Güterzüge, die ich am Vorabend auf dem Hotelzimmer mit Soundkulisse (da rollte, schepperte und vibrierte es nämlich ohne Unterlass auf den Gleisen in Steinwurfweite des Balkons) extra noch aus den Fahrplantabellen raus gesucht hatte. Na ja, die Sonne tat nach vielen instabilen Tagen trotzdem einfach gut! Und aus heutiger Sicht freut man sich auch, den "damals" noch als eher schnöde empfundenen Regionale 12043 mit dem interessanten Laufweg Ancona - Sulmona im Archiv zu haben. Denn nicht nur die lokbespannten Regionalzüge sind merklich auf dem Rückzug (entsprechend werden auch die ersten E464 bereits in San Giuseppe di Cairo verschrottet), sondern vor allem zeigt einem der erste Wagen im - mittlerweile auch schon wieder überholten - DTR-Farbschema, was man eigentlich an dem freundlichen weiß/grün aus dem Hause XMPR hatte... Tempora mutantur. Datum: 04.09.2019 Ort: Marina di Altidona [info] Land: Europa: Italien BR: IT-E464 Fahrzeugeinsteller: Trenitalia Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 10 Punkte 4 Kommentare [»] |
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Addio, sei-sei-otto... geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 20.01.25, 19:28 |
Das Jahr 2024 markierte, soweit die letzten Infos aus dem Südosten des Stiefels nicht trügen, das Ende der planmäßigen Einsätze der ALn 668 in Diensten von Trenitalia. Schon in den Vorjahren war die Zahl der verbliebenen Strecken, auf denen sich der italienische Triebwagen-Klassiker schlechthin noch verdingen durften, sukzessive zurückgegangen, nochmals akzentuiert ab dem Jahr 2023. Eine Bastion nach der anderen fiel: Die Lombardei, Sardinien, Sizilien... Beinahe monatlich flatterten in den letzten zwei Jahren Meldungen über die nächste Strecke herein, die vollständig auf Neubautriebwagen umgestellt wurde. Colleoni, Blues und Co machten es möglich.
Auch auf der wunderschönen Nebenbahn von Avezzano nach Roccasecca brachte 2024 tiefgreifende Veränderungen mit sich. Während bis zur Sommerpause (während der italienischen Ferien ruhte der Verkehr) noch überraschend oft auf die Klassiker zurückgegriffen werden musste und die neu aus anderen Regionen zum Deposito Sulmona abgeordneten Swing und Minuetti erst zögerlich ins Rollen kamen, hatten sie im Herbst bereits die ganz überwiegende Zahl der Züge übernommen und spätestens seit dem Dezemberfahrplanwechsel fungieren die wenigen noch betriebsfähig gehaltenen ALn 668 ausschließlich als eiserne Reserve. In Foggia, dem zweiten Depot, das die "sei-sei-otto" zuletzt noch planmäßig einsetzte, dürfte das Bild nicht anders sein. Dort hat die baubedingte Sperrung der Strecke nach Potenza ihren Teil dazu beigetragen... Als letzte Refugien mit begrenzter Halbwertszeit für die Ableger der einstigen "Ferrovie concesse" bleiben die FSE-Strecke(n) von Lecce nach Gagliano Leuca und die Trenord-"668" (die baulich eher an den 663 erinnern) entlang des Iseo-Sees, ehe es dann auch dort endgültig heißt: Addio, sei-sei-otto...! Im November 2022 indes war das baldige Einsatzende erst eine vage Ahnung, von der Wann und Wo des Eintritts noch nicht klar abzusehen waren. Trotzdem machte ich das Foto des bestens gepflegten 668er-Doppels, das am 24. November 2022 als Regionale 20189 (Avezzano - Cassino) die Stahlfachwerkbrücke von Arpino überquerte, bereits in der Gewissheit, dass es mit den liebgewonnenen "Fiats" nicht mehr ewig weitergehen würde. Datum: 24.11.2022 Ort: Arpino [info] Land: Europa: Italien BR: IT-ALn668 Fahrzeugeinsteller: Trenitalia Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 14 Punkte 4 Kommentare [»] |
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Im Karussell der Staatsbahnen geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 18.01.25, 19:38 |
Nach ihrem Einsatzende bei der Deutschen (Bundes-)Bahn hat es eine Vielzahl von Dieselloks ins mal mehr, mal weniger weit entfernte Ausland verschlagen. Seit den späten 1980er Jahren zu einem besonderen Exportschlager mutierte dabei die V100. Für gut ein Fünftel aller gebauten Loks rief nach dem Ausscheiden bei der heimischen Staatsbahn eine zweite Karriere jenseits der Landesgrenzen. Von Frankreich und Italien über Österreich und Bosnien bis in ganz ferne Destinationen wie Saudi-Arabien und Bangladesch reichte ihr Aktionsradius zeitweise, häufig in Diensten international tätiger Gleisbaukonzerne. Einen detaillierten Überblick verschafft v100.de: [www.v100.de]
Die bewegten und teils schwer zu durchschauenden "Lebensläufe" manch einer Lok treiben mitunter skurrile Blüten. So hätte sich im Jahr 1962, als die damalige V100 1265 (so jedenfalls die Zuordnung in der lesenswerten Spurensuche von Wim Roost in der aktuellen Print-DREHSCHEIBE) die Werkshallen von Krupp verließ und an die Deutsche Bundesbahn übergeben wurde, wohl kaum jemand träumen lassen, dass dieselbe Lok noch 62 Jahre später in Staatsbahndiensten unterwegs sein würde, allerdings in italienischen! Und das Ganze nicht ohne Zwischenstation bei den direkten Nachbarn in Österreich! Nach ihrer Ausmusterung im Dezember 1987 gelangte die Lok - wie so viele ihrer Schwestern über den bayerischen Lokhändler Layritz - zunächst zu den Österreichischen Bundesbahnen, wo sie als 2048 027 half, den mit der Einführung des sog. Neuen Austrotakts entstandenen Mangel an Streckendieselloks zu lindern. Auch in der Alpenrepublik arbeitslos geworden, ging es 2002 über den Brenner weiter nach Süden, wo die SerFer (Servizi Ferroviari SrL), die italienweit die Betriebsführung von immer mehr Anschluss-, Hafen- und Industriebahnen übernahm, auf der Suche nach weiteren leistungsstarken Loks war. Als K (1)211 wurde sie in den bunten Fuhrpark des Unternehmens eingereiht. Mit dessen Übernahme durch die FS-Gruppe und die Neugründung der Tochtergesellschaft Mercitalia Shunting & Terminal (MIST) steht die ehemalige 211 265 nun aber in der siebten Dekade ihres Loklebens unter der NVR-Nummer 98 83 2484 002-0 I-MIST tatsächlich wieder in Staatsbahndiensten, das dritte Mal in ihrer Karriere. Wo sie wohl im Laufe dieser Odyssee ihren originalen Kühler gegen den einer 212 eintauschen musste...? Am 29. November 2023 war die altgediente Lok auf dem Anschlussgleis zwischen dem Staatsbahnhof Osoppo und der Übergabegruppe des örtlichen Stahlwerks im Einsatz. Nachdem die Crew eine Wagengarnitur zur Übergabe an eine E-Lok in ersteren gebracht hatte, machte sie sich auf den Rückweg durch die klare, aber kalte Novemberluft. Der Rangierer hatte sich mit Mütze und Schal gut eingemummelt... Im Hintergrund erheben sich die teils schon vom ersten Schnee bedeckten Gipfel der Karnischen Alpen. PS: Ein durch den Himmel verlaufendes Stromkabel habe ich nachträglich entfernt. Datum: 29.11.2023 Ort: Osoppo [info] Land: Europa: Italien BR: 211,212,214 (alle V100-West-Baureihen) Fahrzeugeinsteller: Mercitalia Shunting & Terminal (MIST) Kategorie: Zug schräg von vorn Top 3 der Woche: 8 Punkte 1 Kommentar [»] |
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Soulé rayons du soleil geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 31.12.24, 17:36 |
Nachdem mich die entrückende Schönheit Korsikas, die von den schroffen Gipfeln des Hochgebirges im Inselinneren über karge, menschenleere Hochebenen bis zu den pittoresken, in den aberwitzigsten Farben leuchtenden Felsen und Stränden der Balagne-Küste reicht, schon bei meinem Besuch im letzten Jahr in ihren Bann gezogen hatte, musste ich nicht lange überlegen, als sich mir Anfang September 2024 die Gelegenheit für einen weiteren Besuch der "Île de Beauté" bot.
Neben reichlich Entspannung in einem der typischen, oberhalb des Meeres an die Bergflanke geschmiegten Balagne-Orte stand in den beiden Tagen nach der Anreise, die mich dieses Mal über die interessante Fährroute von Piombino via Elbas Inselhauptstadt Portoferraio nach Bastia führte, auch das ein oder andere Bahn-Motiv entlang der "Tramway de Balagne" zwischen Calvi und L'Île-Rousse auf dem Zettel. Durch den Nachsaison-Fahrplan und den im September doch wieder merklich anderen Sonnenstand ergaben sich ggü. dem Juli 2023 einige interessante Varianten. Krönender Abschluss des 6. September 2024 war für mich die als Zug 310 (Calvi - L'Île-Rousse) durch die Kurven und Gegenkurven bei Lumio knatternde Soulé-Garnitur. Die letzten Sonnenstrahlen des heißen Spätsommertages zauberten einen Glint auf die Außenhaut des Gespanns aus Autorail und zugehöriger Remorque, das beim Aufschalten eine beachtliche Rauchwolke hinter sich herzog. Während die im Vorjahr auf den selben Gleismetern, jedoch deutlich tiefer entstandene Aufnahme [www.drehscheibe-online.de] recht bequem von einem Strandparkplatz aus erreichbar war, bedeutete die Aussicht aus erhöhte Warte einen längeren Kampf abseits der Wege durch die Macchia. Zwar kam die Nase dabei in den Genuss der unvergleichlichen Duft-Melange aus Myrte, wildem Rosmarin, Wacholder und Lavendel, die das mitunter mannshohe Dickicht verströmt, aber mehr als einmal ließen mich die ineinander verschlungenen Ranken und Dornen fluchen, ehe sich die geschundenen Waden auf dem Felsen hoch oberhalb von Bahn und Golfe de Calvi erholen durften... Bis nach dem Foto der unvermeidliche Rückweg rief ;) Datum: 06.09.2024 Ort: Lumio [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 97050 Fahrzeugeinsteller: CFC Kategorie: Stimmungen mit Zug Top 3 der Woche: 18 Punkte 7 Kommentare [»] |
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Weihnachtsstern geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 25.12.24, 00:42 |
Ende November 2024, der Herbst war noch gar nicht richtig vorbei, hüllte ein früher Wintereinbruch die Vogesen in ein weißes Kleid. Nach zwei eher ungemütlichen Tagen des Schneefalls sollte passend zum Wochenende die Sonne rauskommen. Vielleicht nur ein paar schüchterne Strahlen für wenige Stunden, aber Motivation genug, am Samstag zu nachtschlafender Zeit das Bett zu verlassen und Kurs auf den Col de Saales zu nehmen.
Angekommen am höchsten Punkt der Strecke Straßburg - Molsheim - Saint-Dié empfing uns tatsächlich eine wunderschöne Atmosphäre: Schnee auf den Bahnsteigen und Bänken, ein sich langsam von Blau ins Violette verfärbender Himmel und eine heimelige Beleuchtung, allen voran der alles überstrahlende "Weihnachtsstern" am Stellwerksanbau des Empfangsgebäudes - Ein Vorgeschmack auf den Lichterglanz der Adventszeit! Schon vor sieben Uhr mischte sich das Grummeln des Pielstick-Motors darunter, als der Lokführer die BB 67515 im Retro-Look aufrüstete, die gemeinsam mit ihrer RRR-Doppelgarnitur hier oben auf der Passhöhe übernachtet hatte. Erst wenige Minuten vor der Abfahrtszeit als TER 831855 (Saales - Strasbourg) rollte die Garnitur allerdings an den Bahnsteig. Darauf hatten wir gewartet! Schnell klickten die Kameras und die Stative wurden hektisch in verschiedenste Positionen verschoben - Dann ertönte auch schon der Abfahrtspfiff, die aufschaltende Diesellok verschwand talwärts in der Morgendämmerung und ließ wieder Ruhe einkehren im Bahnhof Saales... In diesem Sinne wünsche ich Euch und euren Liebsten ein besinnliches und friedvolles Fest. Frohe Weihnachten! - Joyeux Noël! :) PS: Ein halbhohes Schild, das vor den Gefahren beim Überschreiten der Gleise warnt, habe ich weggepixelt. Datum: 23.11.2024 Ort: Saales [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 67400 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Stimmungen mit Zug Top 3 der Woche: 14 Punkte 2 Kommentare [»] |
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L'artère vitale de l'Ariège geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 24.12.24, 13:34 ![]() ![]() Top 3 der Woche vom 05.01.25 |
Südlich der großen Verkehrsachsen in einer zur Grenze nach Spanien und Andorra hin zunehmend rauen Berglandschaft gelegen, hängt das Département Ariège in besonderem Maße an einigen wenigen Lebensadern. Neben der Route Nationale 20 ist das bis heute auch die eingleisige Bahnstrecke von Portet-Saint-Simon nach Latour-de-Carol, wo auf Breitspur Anschluss in Richtung Puigcerda und Barcelona besteht. Während es bis in die Départementhauptstadt Foix noch recht flott und vergleichsweise geradlinig vorangeht, schraubt sich der "Transpyrénéen Oriental" von dort aus mit engen Gleisradien - einschließlich eines Kehrtunnels - bis auf eine Höhe von über 1500 Metern hinauf. Der Kulminationspunkt wird mit 1567 Metern über dem Meer im Scheiteltunnel von Puymorens erreicht.
Dieser Lage fernab jeglichen Hochgeschwindigkeitsverkehrs war es auch geschuldet, dass der Nachtzug von Latour-de-Carol nach Paris und vice versa als einer der ganz wenigen in Frankreich sämtlichen Einstellungswellen trotzte und als politisches Kontinuum die umsteigefreie Anbindung der Städte und Gemeinden im Tal der Ariège an die Hauptstadt gewährleistet(e). Und tatsächlich wartete bei vielen meiner Besuche eine, gemessen an der Größe der bedienten Orte, beachtliche Zahl von Fahrgästen auf dem Bahnsteig auf die Reise in die Nacht. Nicht unbedingt schon im oberen Abschnitt, aber spätestens ab Foix kehrte Leben in die Abteile ein. Umso bedauerlicher ist es, dass die Verkehrstage des Zuges im Jahresfahrplan 2025 massiv zusammengestrichen wurden und sich von nun an auf das Wochenende und die Ferienzeit beschränken. Ob das ein Dauerzustand bleibt oder sich nur als baubedingte Notlösung erweist, gilt es abzuwarten... Entsprechend stand mein Foto-Jahr 2024 maßgeblich im Zeichen des Nachtzugs, der unter der alten Midi-Fahrleitung eine sichere Bank für die Gleichstrom-Nez cassés der Reihe BB 7200 ist. Die - noch - täglichen Foto-Gelegenheiten wollten genutzt werden und je nach Jahreszeit ermöglichte die ggü. den meisten Vorjahren etwa eine Stunde nach hinten verschobene Fahrzeit am Morgen unterschiedlichste Motive. Für einige von ihnen war eine besondere Zirkelei erforderlich: Wann steht die Sonne im passenden Winkel? Wann kommt sie überhaupt nicht mehr rechtzeitig über den Berg? Für den Ortsblick von Albiès war klar, dass es ein Besuch kurz nach der Zeitumstellung im Herbst sein sollte. So kraxelte ich am 3. November 2024, der mit einem der wenigen Sonnentage ohne negativen Einfluss einer hartnäckigen Störung über Katalonien aufwarten konnte, den Einschnitt hoch, von dem sich - eine punktgenaue Auslösung vorausgesetzt - eines der m. E. schönsten Motive der Strecke ergibt. Während ich im Sommer noch geradezu unverschämtes Glück mit Loks im originalen Béton-Design hatte, war an jenem Tag die Fantôme-farbene BB 7309 für die Traktion des Intercités de nuit 3971 (Paris Austerlitz - Latour-de-Carol) eingeteilt. Dank der im Novembersonnenschein silbrig glänzenden "Nase" war ich aber mit ihr hoch zufrieden. :) Datum: 03.11.2024 Ort: Albiès [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 7200 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 20 Punkte 5 Kommentare [»] |
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L'Estaque et ses monuments geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 20.10.24, 14:28 Bild des Tages vom 16.07.25 |
Im äußersten Nordwesten des heutigen Marseiller Stadtgebiets liegt der Bahnhof von L'Estaque, der ebenso wie der namensgebende Ort 1946 als Teil des 16. Arrondissements in die Mittelmeermetropole eingemeindet wurde. Hier trifft die alte PLM-Magistrale Paris - Marseille auf die ursprünglich bis in den Hafenbahnhof Marseille-Joliette (dort bestand Schiffsanschluss in Richtung Nordafrika und in den nahen Osten) führende Nebenlinie, die heute neben den wenigen verbliebenen Güterzügen von und nach Marseille-Maritime-Arenc vornehmlich dem Nahverkehr dient. Die Schließung des innenstadtnahen Güterbahnhofs Canet zugunsten der stadtplanerischen Entwicklung im April 2024 hat die Zugzahl nochmals zurückgehen lassen. Auf der anderen Bahnhofsseite fädelt die malerische Küstenstrecke in Richtung Côte Bleue aus, [fr.wikipedia.org] .
Am 10. Juli 2012, als ein Teil der TER-Leistungen entlang der Côte Bleue noch lokbespannt war, erreichte am bereits fortgeschrittenen Abend BB 67541 mit TER 879756 (Marseille-St-Charles - Miramas) den Hausbahnsteig. Lok und wartende Fahrgäste sonnen sich für einen kurzen Augenblick im mediterranen Licht, das in der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine beachtliche Reihe von Künstlern in das beschauliche, bis dahin vom Fischfang und der Ziegelproduktion lebende L'Estaque lockte. Der wohl Größte unter ihnen machte den Anfang: Über mehrere Jahre hinweg brachte Paul Cézanne das Quartier und seine Umgebung vielfach mit impressionistischem Pinsel auf Leinwand. Ihm folgten unter anderem der Fauvist Derain und Georges Braque, der in L'Estaque den Kubismus für sich entdeckte. Teils machten die Künstler dabei auch die Bahnanlagen, allen voran der Viaduc des Riaux hoch über den Dächern des Ortes, zum Sujet ihrer Malerei, [www.museumtv.art] . Viel verändert hat sich im Bahnhof in den letzten 100 Jahren, abgesehen von der Elektrifizierung Anfang der 60er, nicht. Für eine kleinen Knotenbahnhof an einer wichtigen Hauptstrecke durchaus bemerkenswert, weshalb das Ensemble seit November 2012 auch tatsächlich als "Monument Historique" unter Denkmalschutz steht. Besonders hervorgehoben werden dabei das schlichte, pastellfarbene Empfangsgebäude aus der Anfangszeit der Bahn von 1851, die gusseisernen Bahnsteigüberdachungen sowie die Unterführung mit ihren Fliesen und Treppenabgängen im Art Déco-Stil. An letzterem, rechts im Bild, lehnt gerade die Reisende im schwarzen Kleid. Zwischenzeitlich erhielt der Kubus eine kleine Frischekur. Zuletzt bearbeitet am 21.10.24, 18:02 Datum: 10.07.2012 Ort: L'Estaque [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 67400 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Infrastruktur Top 3 der Woche: 7 Punkte 1 Kommentar [»] |
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Ohé du bateau ! geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 14.10.24, 21:15 Bild des Tages vom 11.06.25 |
Mit der Bahn bis an die Kaikante! Schaut man sich ältere Fotografien aus den Binnen- und Seehäfen dieser Welt an, wird man ganz zwangsläufig eines dichten Geflechts an Gleisen gewahr, das nicht nur zu einer schier endlosen Zahl von Lagerhallen für Stückgut, sondern in vielen Fällen bis direkt ans Wasser führt, darauf eine nicht weniger beindruckende Armada an Güterwagen, die auf die Beladung wartet - Kohlen und Getreide, Kaffee, Mehl oder Zement sackweise.
Seit dem Aufkommen der Container und der zunehmenden Mechanisierung hat sich das Bild der Häfen grundlegend gewandelt. Wie aus einer fremden Welt wirken heute die Bilder des Gewusels der Schauerleute, die die Waren aus den Bäuchen der Schiffe holten, und der Kaiarbeiter, die sie in den Lagern verteilten oder direkt in die bereit stehenden Güterwagen umschlugen. Massengüter wandern oft über weitläufige Förderbänder, Container mit riesigen Kränen von Bord und die Verladung auf die Landverkehrsträger hat sich überwiegend in die "zweite Reihe" verlagert. Hinzu kommt die geschwächte Position der Bahn gegenüber dem LKW, sodass der Anblick eines Güterzuges direkt an der Kaikante immer rarer wird... In potenzierter Form gilt das für Frankreich, wo der Bahnanteil im Hinterlandverkehr weitaus geringer ist als z. B. in den deutschen Nordseehäfen. Umso spannender war die Erkenntnis, die sich eines Abends als Ergebnis eines langen WhatsApp-Dialogs zwischen Hobbykollegen Basti und mir herauskristallisierte: Im Hafen von Marseille müsste es noch die Möglichkeit geben, die Verladung vom Schiff auf die direkt davor verlaufende Bahn zu dokumentieren! Und dabei nicht etwa im neuen Industriehafen Fos, sondern an den "Bassins Est", dem traditionellen, dem "echten" Hafen von Frankreichs Tor zum Mittelmeer! Am Anfang stand eine dort gedrehte Szene aus dem Actionfilm „Le Transporteur"/"The Transporter“, in der sich die Protagonisten eine waghalsige Verfolgungsjagd mit der Polizei leisten und dabei mit Ach und Krach (davon gibt's in dem Streifen von 2002 eh viel...) einem orangefarbenen Locotracteur entkommen, Millimeter vor dessen Puffern, den Gesetzeshütern ein Schnippchen schlagend... "Guck mal, damals wurde der Hafen noch per Bahn bedient" // "Da müsste es eigentlich immer noch was geben" // "Echt?" // "Ja, da wird doch Aluminium für Saint-Jean-de-Maurienne umgeschlagen" // "Wie sieht das da wohl vor Ort aus?" // "Eigentlich sehr cool, direkt am Wasser!" // "Und mit was fahren die? Wann?!" // "Puh, wann, keine Ahnung. Aber es müsste eigentlich noch ein Y8000 sein. Sonst gibt's da nichts." => Uns war klar: Da müssen wir hin, auch wenn die Infolage dünn war! Im Juni 2024 wurde das Projekt nach über einem Jahr gegenseitigen Bestärkens und Zweifelns dann endlich in die Tat umgesetzt. Am ersten Tag fuhr aber schon mal nichts zur passenden Zeit in den Hafen. Allerdings lag der unter panamaischer Flagge fahrende Frachter SABAHAT SONAY der türkischen Reederei Sonay Shipping am Kai, beladen mit Aluminiumgranulat, das aufs Löschen wartete. Also bloß nicht entmutigen lassen! Einige Tage später hatte Basti schon Freundschaft mit dem Stellwerkspersonal des "Poste 1" im Güterbahnhof Marseille-Maritime-Arenc geschlossen, das meistens sehr auskunftsfreudig war. Und am 13. Juni sollte es schließlich auch für mich passen: Gleich morgens um sieben stand die Bedienung des Gleisanschluss von Trimet an der Kaikante auf dem Programm! Da das alles bei schönstem Sonnenschein in einer vom kräftigen Wind glasklar gewaschenen Luft geschehen sollte, stürzte ich mich also in den Großstadtdschungel, parkte das Auto am Rande einer langen Karawane voll bepackter Kombis, die unter der Last dessen ächzten, was man ihrem Dachgepäckträger abverlangte, während sie auf eine der Fähren in den Maghreb warteten, und kämpfte mich durch das Dickicht des Damms zwischen Hafenzaun und Stadtautobahn zum ausgeguckten Fotostandpunkt. Dort angekommen musste ich nicht mehr lange warten, ehe sich die Crew des Locotracteurs Y 8239 anschickte, vier beladene Staubgutwagen von der Verladeanlage am Kai abzuziehen. Zufriedenheit pur ! :) Dahinter erhebt sich der Bug des Schiffes, dessen Name in großen Lettern über dem rostigen Anker prangt. Die feuerroten Ladekräne an Bord recken sich synchron gen Himmel. Im Hintergrund leuchtet derweil die helle Fassade des kürzlich sanierten "Hangar 16", einer alten Passagierwartehalle aus den 1930er Jahren, die in das neue Fährterminal Cap Janet integriert wurde, von wo aus mittlerweile der gesamte Nordafrika-Verkehr abgewickelt wird. Ziele wie Tanger, Algier und Tunis wecken das Fernweh. Längst nicht so weit weg, im Bild gleichwohl dezent im Hintergrund, kontrastieren die Felsen der pittoresken Côte Bleue mit dem industriell geprägten Vordergrund... Datum: 13.06.2024 Ort: Marseille [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-Y 8000 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Infrastruktur Top 3 der Woche: 16 Punkte 7 Kommentare [»] |
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Der Herbst ist angebrochen geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 06.10.24, 22:51 ![]() ![]() Top 3 der Woche vom 20.10.24 Bild des Tages vom 03.10.25 |
Wenn die Bäume sich langsam verfärben, die Temperaturen in den Frühstunden wieder in Richtung Gefrierpunkt tendieren und sich in den Flussniederungen teils zähe Nebelfelder breit machen, ist unweigerlich klar: Der Herbst ist angebrochen. Für die Einen ist es der Abschied vom Sommer, der Wärme, der Fröhlichkeit im Urlaub - Für die Anderen eine besonders bunte, ja, vielleicht die schönste Zeit des Jahres. Ich sehe es immer mit einem weinenden und einem lachenden - dem fotografischen - Auge.
Jedenfalls bedeutet der Herbst Veränderung, im Wort- wie im übertragenen Sinne. So lässt sich aktuell auch für die Luxemburger Z2-Ableger, die letzten Vertreter ihrer Fahrzeuggeneration im Großherzogtum, formulieren: Der Herbst ist angebrochen. Denn die Ablösung der mittlerweile über 30 Jahre Triebwagen in Form von Coradia Stream kommt langsam ins Rollen. Die ersten Fahrten im Fahrgastbetrieb führten den brandneuen Triebwagen Nr. 2410 am 29. September 2024 von Luxemburg Stadt über die Nordstrecke nach Ettelbruck, am Montag darauf scherte mit Nr. 2409 ein weiterer Coradia Stream in den Laufplan ein. Bis Jahresende 2024 sollen fünf weitere Exemplare folgen, der Rest der Serie (und der längeren Schwesterbauart 2450) bis Ende 2026. Ganz vorbei wird es für die Z2 also - entgegen älterer Prognosen - 2024 noch nicht sein, aber die Luft wird dünner werden. Eine Zeit der Veränderungen eben. Am gestrigen 5. Oktober wollte ich den Klassikern noch einmal die fotografische Aufwartung machen, solange sie stabil in den angestammten Einsatzgebieten unterwegs sind. Also in der Frühe mit Wintermantel und Mütze aus dem Pfaffenthal auf die Kasematten des Forts Thüngen hinaufgestiefelt, wo sich von einer breiten Festungsmauer hinab eine schöne Aussicht auf den 257 Meter langen Viaduc de Pfaffenthal eröffnet. Spannend gestaltete sich nicht nur der Blick in die Tiefe, sondern vor allem auch die minütlich wechselnde Nebelsituation, doch als Triebwagen 2019 und ein weiterer Z2 als RB 3533 (Diekirch - Luxembourg) vorbei surrten, passte alles für einen gelungenen Start in den Tag. Datum: 05.10.2024 Ort: Luxembourg [info] Land: Europa: Luxemburg BR: LU-2000 Fahrzeugeinsteller: CFL Kategorie: Stimmungen mit Zug Top 3 der Woche: 41 Punkte 11 Kommentare [»] |
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Quinze ans en arrière geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 28.09.24, 22:46 |
Quinze ans en arrière - Fünfzehn Jahre zurück, ab ins Jahr 2009. Europa und die Welt erholen sich nur schleppend von den Folgen der globalen Finanzkrise, zahllose Fans trauern um den "King of Pop" Michael Jackson und im Élysée-Palast residiert - noch unverurteilt - Nicolas Sarkozy, dessen Quinquennat seine Halbzeit erreicht. Auf der Tendabahn in den Seealpen erleben derweil die X 2200 ihre letzten Monate im Planeinsatz, ehe sie vollständig von den neu gelieferten AGC ersetzt werden.
Bis Ende 2009 erreichte täglich eine aus Nizza kommende Komposition aus zwei X 2200 samt ein oder zwei Beiwagen nach knapp dreistündiger Reise sogar das piemontesische Cuneo, genauso wie Trenitalia im Gegenzug ihre ALn 663 nach Nizza schickte. Hinzu kamen Leistungen auf dem rein französischen Streckenabschnitt Nizza - Breil-sur-Roya (- Tende), sei es mit dem Ausflugszug „Train des Merveilles“ oder im Vorortverkehr der Metropole an der Côte d'Azur. Da ich vor 15 Jahren - nach kleinen Knipsereien am Rande von Familienurlaub oder Schüleraustausch - gerade meine ersten ernsthaften Schritte in Sachen Bahnfotografie in unserem Nachbarland machte und dabei ganz bescheiden im Elsass anfing (und auch noch nicht so wirklich wusste, wo die spannenden Fahrzeuge der langsam zu Ende gehenden Epoche der "klassischen" SNCF im Einzelnen zu suchen waren), entging mir dieses Kapitel der "Boîte à chaussure" (deutsch: Schuhkarton) genannten Triebwagen aus den 80ern leider knapp. Bei meinem ersten Besuch an der Tendabahn 2010 traf ich sie schon nicht mehr an und musste mich - abgesehen von den Neubautriebwagen, die in der wunderschönen Landschaft auch eine gute Figur machen - mit dem letzten lokbespannten Zug mit D445 begnügen: [www.drehscheibe-online.de] Insofern freute ich mich besonders, als die Association du Train Touristique du Center Var (ATTCV) für das Wochenende 31.08/01.09.24 gleich zwei Sonderfahrten mit ihrem X 2204 ankündigte. Sie standen ganz im Zeichen eines zum Glück nur vorübergehenden Abschieds vom Zugverkehr auf dem Streckenast von Nizza nach Breil-sur-Roya. Für insgesamt 78 Millionen Euro werden in den kommenden 16 Monaten umfangreiche Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten ausgeführt, die eine Vollsperrung bedingen. Während die ersten neun Kilometer zwischen Nizza und Drap-Cantaron für einen teilweisen TER-Betrieb rasch wiedereröffnet werden, sieht der Abschnitt Drap-Cantaron - Breil-sur-Roya bis Dezember 2025 keine Züge mehr. Der Streckenabschnitt nördlich von Breil-sur-Roya hingegen wird weiterhin von den (spärlichen) Hin- und Rückfahrten der Trenitalia zwischen Cuneo und Ventimiglia befahren. Am letzten Tag vor der Sperrung befand sich X 2204, der bis zum Schluss der Planeinsätze zu den beiden letzten roten "Schuhkartons" der Région PACA gehörte, als Train spécial 95996 (Tende - Carnoules) auf der Rückfahrt, als ich ihn an der Ausfahrt des 5939 Meter langen Tunnel du Col de Braus bei Touët-de-l'Escarène erwartete. Auf diesen längsten Eisenbahntunnel Frankreichs außerhalb der TGV-Strecken wird sich ein Großteil der anstehenden Arbeiten konzentrieren. Während hier in der zunehmend mediterraner wirkenden Landschaft die Sonne ein Einsehen hatte, tobte weiter oben in den Bergen ein großflächiges Gewitter, dessen Ausläufer den Himmel im Hintergrund verdunkelten. Datum: 01.09.2024 Ort: Touët-de-l'Escarène [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 2200 Fahrzeugeinsteller: Train Touristique du Centre Var (ATTCV) Kategorie: Zug schräg von vorn Top 3 der Woche: 2 Punkte |
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Le ronronnement du MGO au-dessus du village geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 22.09.24, 19:05 |
Am Sonntag, den 11. August 2024, wurde mit einer kleinen, aber liebenswerten Feierlichkeit das 140-jährige Jubiläum der Strecke Marvejols - Mende begangen. Für die Ehrenamtlichen der in Langogne ansässigen Association des passionnés de l'X2800 [www.ap2800.fr] war das eine willkommene Gelegenheit, der nach einer aufwändigen Motorinstandsetzung an einem der beiden Triebwagen in den vergangenen Jahren nun wieder komplettierten Garnitur aus X 2819, dem Beiwagen XR 6091 und X 2914 eine Ausfahrt zu gönnen und den "Translozérien" auf gesamter Länge zu bereisen, zuzüglich einer mittäglichen Pendelfahrt von Marvejols nach Mende und zurück.
Bei bestem Sommerwetter, das Fahrgäste und die zahlreich angereisten Fotografen gleichermaßen begeisterte, ging es mit dem typischen Sound der 825 PS starken MGO-Motoren über das "Dach Frankreichs". Eine perfekt inszenierte Reise zurück in die 80er und 90er Jahre, als die Triebwagen im blau-weißen « Massif Central »-Look das typische Fahrzeug schlechthin auf Frankreichs höchster nicht elektrifizierter Bahnstrecke waren. Als sich der Tag schon langsam dem Ende entgegen neigte, führte der Rückweg das Gespann als Train spécial 22459 (Marvejols - Langogne) nochmals über den größten Kunstbau der Strecke, den rund 230 Meter langen Steinbogenviadukt von Mirandol, der nicht nur den Chassezac - einen etwa 85 Kilometer langen Nebenfluss der Ardèche - überquert, sondern die Bahnlinie auch in luftiger Höhe über die Dächer des Ortes hinweg trägt. Er ist Teil der bemerkenswerten ingenieurtechnischen Leistung, die hier Ende des 19. Jahrunderts vollbracht wurde. Welche aufwändigen Planungen der Ausführung vorangegangen sind, belegt auch eine literarische Schilderung von Robert Louis Stevenson, der auf seiner "Reise mit dem Esel durch die Cevennen" (im Original "Travels with a Donkey in the Cévennes") im Herbst 1878 in einer einfachen Auberge im nahegelegenen Chasseradès auf Arbeiter des Vermessungstrupps der Bahngesellschaft stieß. Heute führt der "Chemin de Stevenson" (GR70) direkt am Viadukt vorbei... Zwar hat der Zug den Kulminationspunkt der Strecke hier bereits hinter sich gelassen, doch ein vorangegangenes Abbremsen auf annähernd Schrittgeschwindigkeit - sicher der schönen Aussicht wegen - und die bevorstehende kurze, aber intensive Zwischensteigung bis zum Bahnhof von Chasseradès ließen den Lokführer noch einmal hochschalten. Entsprechend kräftig heulten die Motoren auf und verbreiteten die kernigen MGO-Klänge im Tal. Erst ab Chasseradès wird es dann bis zum Streckenendpunkt in La Bastide, wo die Cevennenbahn erreicht wird, stetig bergab gehen. Datum: 11.08.2024 Ort: Mirandol [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 2800 Fahrzeugeinsteller: Association des passionnés de l'X2800 (AP2800) Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 17 Punkte 7 Kommentare [»] |
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Interim geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 23.08.24, 20:28 Bild des Tages vom 03.09.25 |
Viel geschrieben wurde über ihn in den letzten Jahren. Noch öfter wurde er fotografiert. Er war eine der "attractions incontournables" im Massif Central: Der Coil-Zug von Clermont-Ferrand nach Saint-Chély-d'Apcher zur Anbindung des dortigen Elektroblech-Werks des Stahlgiganten ArcelorMittal, das - einem industriellen Fremdkörper in den menschenleeren Weiten des Gévaudan gleich - auf den Hochflächen der Margeride thront.
Denn bis in den Spätsommer 2023 hinein war der schwere Güterzug die letzte Domäne der BB 67400 des Geschäftsbereichs Fret. Eigentlich eine völlig aberwitzige, aus der Not geborene, letztlich aber knapp zehn Jahre andauernde Episode des Eisenbahnbetriebs im Herzen Frankreichs... Ursprünglich verabschiedeten sich die Brissonneau et Lotz-Klassiker nämlich schon im Winter 2011/12 aus dem Güterverkehr in der Auvergne. Doch die Einsätze der zur Ablösung vorgesehenen BB 75400 sollten sich auf der "Ligne des Causses" als zunächst nur kurzes Intermezzo herausstellen, das in einem Einsatzverbot dieser Baureihe auf den maroden "Double Champignon"-Gleisen gipfelte... Ab dem Sommer 2014 mussten die betagten, aber leichteren 67400er in Doppeltraktion wieder ran: [www.drehscheibe-online.de] Zuletzt allerdings häuften sich die Ausfälle und technischen Defekte der am Ende ihrer Nutzungszeit angelangten Maschinen. Teils über ein halbes Jahrhundert intensiver Einsätze geht eben auch an robuster Technik nicht spurlos vorbei. Dementsprechend wurde fieberhaft nach einer geeigneten Lösung gesucht, die Zeit bis zur immer wieder verschleppten Sanierung der nördlichen "Ligne des Causses", die Voraussetzung für eine Rückkehr der BB 75400 ist, zu überbrückenden. Die Wahl fiel - mangels Alternativen wenig überraschend - auf die BB 60000, auch wenn die nur 1000kW starken Mittelführerstandsloks selbst im Doppel sicher nicht die Idealbesetzung für steigungsreiche Gebirgsbahnen sind... Ab September 2023 scherten die Loks in den Umlauf ein und verdrängten die 67400er rasch in die Reserverolle. Am 18. Dezember 2023 schließlich wurden diese mit einer kleinen Abschiedszeremonie engagierter Lokführer endgültig in den Ruhestand verabschiedet. Von Anfang an war jedoch klar, dass das nur ein Interim sein kann. Und tatsächlich wird seit diesem Frühjahr die "Ligne des Causses" in ihrem Nordabschnitt nunmehr umfassend saniert, u.a. die hoch betagten "Double-Champignon"-Schienen zwischen Neussargues und Loubaresse ersetzt - Finalement! Nach Abschluss der Erneuerung werden aller Voraussicht nach die Einsatzbeschränkungen für die BB 75400 fallen, sodass die leistungsstärksten Diesel-Primas - wenn alles gut geht - zehn Jahre nach ihrem unfreiwilligen Rückzug das Zepter wieder übernehmen werden. Auch wenn die BB 60000 natürlich nicht die Strahlkraft einer BB 67400 haben, sollte der zeitlich eng umgrenzte Zwischenzustand nicht gänzlich undokumentiert bleiben. So kam es also, dass Lauritz und ich am Morgen des 25. September 2023 nach dem obligatorischen Stop in der örtlichen Boulangerie am Haltepunkt Parent-Coudes-Champeix bereitstanden, um den Zug unterhalb des mittelalterlichen Örtchens Montpeyroux mit seinem Donjon aus dem 13. Jahrhundert abzupassen. Etwas warten ließen sie uns zwar, doch um kurz vor halb zehn schoben sich BB 60019 und BB 60003 schließlich mit FRET 405503 (Clermont-les-Gravanches - Saint-Chély-d'Apcher) aus dem Schatten des nördlich von Issoire noch einmal tief eingeschnittenen Allier-Tals in die wärmende Sonne. Datum: 25.09.2023 Ort: Parent-Coudes-Champeix [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 60000 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Zug schräg von vorn Top 3 der Woche: 12 Punkte 6 Kommentare [»] |
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Sur les rails de la foi geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 18.08.24, 17:52 Bild des Tages vom 19.06.25 |
Der Glaube kann bekanntlich Berge versetzen, manchmal auch ganze Bahnlinien... So geschehen im Falle der Transversale pyrénéenne, der Hauptstrecke, die Toulouse mit Bayonne verbindet. Doch ganz der Reihe nach!
Kehren wir also in die 1850er Jahre zurück, als der Bau einer Alternative zum Transport mit Fuhrwerken oder auf dem Wasserweg beschlossen wurde, um die Produkte des "Piémont pyrénéen" - vor allem Holz und Marmor, aber zunehmend auch Metallwaren - zu den Märkten und Häfen zu bringen und zugleich den Sommerfrischlern eine komfortable Reisemöglichkeit in die aufstrebenden Kurorte am Pyrenäenrand zu bieten. Dass die wichtigsten Städte wie Tarbes und Pau erschlossen werden sollten, stand außer Frage, doch der genaue Verlauf des zentralen Streckenabschnitts blieb zunächst noch unklar. Das änderte sich schlagartig, als das Hirtenmädchen Bernadette Soubirou 1858 von gleich mehreren Marienerscheinungen berichtete, die ihr in der Grotte von Massabielle widerfahren seien. Insbesondere der örtliche Pfarrer wusste die Berichte öffentlichkeitswirksam zu nutzen und rasch strömten immer größere Menschenmengen ins bis dahin beschauliche Lourdes... Der Rest ist Geschichte, zu der sich jeder seinen Teil denken mag. Klar war von nun an, dass natürlich auch die Eisenbahn einen Bogen über die "cité mariale" schlagen musste. Entsprechend ging 1866 die Verbindung von Tarbes nach Lourdes in Betrieb, ein Jahr später von Lourdes nach Pau sowie über die bis zu 33 Promille steile Rampe de Capvern von Montréjeau nach Tarbes. Die Transversale pyrénéenne war vervollständigt! Die Pilgerströme aus ganz Europa entschieden nicht nur über den Streckenverlauf, sondern prägten seit jeher das Bild des Bahnbetriebs auf der Strecke entscheidend mit. Schon 1897 brachte die Bahn 250.000 Pilger, darunter viel Alte und Kranke, mit 325 Sonderzügen nach Lourdes. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Marke von 500 jährlichen Zügen geknackt und 1958 schließlich, anlässlich des hundertsten Jahrestags der Marienerscheinungen, erreichten rekordverdächtige 1022 Pilgerzüge die Stadt am Pyrenäenrand (Quelle: "Les Transversales Sud", Le Train, Spécial 74, 2/2013). Seitdem sind die Zahlen der per Bahn anreisenden Pilger merklich gesunken. Bus und Flugzeug haben der Bahn den Rang abgelaufen. Die verbliebenen innerfranzösischen Pilgersonderzüge werden seit gut zehn Jahren vollständig mit TGV-Garnituren erbracht, sodass sie fotografisch keine Besonderheit mehr darstellen. Und internationale Langläufer machen sich mittlerweile äußerst rar. Mit einer Ausnahme: Aus dem tief katholischen Italien rollen auch 2024 noch zahlreiche lokbespannte Sonderzüge nach Lourdes und befördern die Pilger dabei über beachtliche Distanzen. Trenitalia unterhält dafür eigens eine Flotte an Sonderfahrzeugen - Die "Treni bianchi" führen neben Liege- auch Gepäck und Lazarettwagen für die gebrechlichsten Reisenden mit. Am 19. Juni 2017 rollte ein solcher Zug, damals noch im XMPR-Farbschma, hinter einer betongrauen BB 7200 die "Rampe de Capvern" hinab und passierte im Morgenlicht den Steinbogenviadukt von Lanespède. Der weitaus größte Teil der rund 2000 Kilometer langen Bahnfahrt liegt bereits hinter den Reisenden des Pilgerzugs 29003 (Reggio di Calabria - Lourdes). Nur noch gut 40 Kilometer sind es, bis sich die Türen unter der Bahnhofshalle von Lourdes öffnen, die Reisenden von zahlreichen Freiwilligen empfangen und in ihre Unterkünfte geleitet werden - Oder vielleicht auch direkt in den Heiligen Bezirk, wo neben der Grotte eine Vielzahl an Kirchenbauten auf die Gläubigen wartet. Allein die unterirdische, Papst Pius X. geweihte Basilika fasst 25.000 Menschen. Datum: 19.06.2017 Ort: Lanespède [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 7200 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 7 Punkte 1 Kommentar [»] |
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Derrière les nuages, le soleil brille toujours geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 17.08.24, 14:34 ![]() ![]() Top 3 der Woche vom 25.08.24 Bild des Tages vom 03.06.25 |
Mal mehr, mal weniger nah an den Bergen, aber immer in Sichtweite der namensgebenden Pyrenäen verläuft die Hauptstrecke Toulouse - Bayonne, die Transversale pyrénéenne, durch Frankreichs Südwesten. Zwischen Tarbes und Pau kommt sie dem Gebirge am nächsten und folgt dabei ab Lourdes dem Verlauf des Gave de Pau, der im berühmten Cirque de Gavarnie im Nationalpark Pyrenäen entspringt und die in den Bergen niedergehenden Wassermassen gen Atlantik transportiert.
Während sich die Infrastruktur vielerorts noch klassisch - teils auch einfach überaltert - zeigt, ist der Zugverkehr seit der Umstellung der Tages-Intercités Toulouse - Bayonne auf Coradia Liner im Jahr 2019 fest in der Hand moderner Elektrotriebwagen. Güterverkehr ist im zentralen Abschnitt quasi inexistent und die Pilgerzüge nach Lourdes (dazu vielleicht demnächst mehr) nähern sich dem Wallfahrtsort praktisch ausnahmslos aus Richtung Toulouse, sodass das von Stromschnellen gesäumte Flusstal westlich der katholischen Pilgerstätte über die letzten Jahre hinweg kaum mehr eine "Nez cassé" der Reihe BB 7200 gesehen haben wird. Umso erfreulicher war aus fotografischer Sicht eine Umstrukturierung des Nachtzugverkehrs im vergangenen Dezember. Die erst vor wenigen Jahren reaktivierte Verbindung von Paris nach Tarbes und Lourdes sollte von nun an nicht mehr den Weg als Kurswagen-Verbindung über Toulouse nehmen, sondern eigenständig via Bordeaux, Bayonne und Pau geführt werden. Damit kehrte nach knapp fünf Jahren Pause nicht nur der lokbespannte Fernverkehr, sondern mit ihm auch die BB 7200 wieder auf das zentralen Teilstück der Transversale pyrénéenne zurück! Am 4. Juni 2024 stand entsprechend der abendliche Intercités de nuit 3741 (Tarbes - Paris Austerlitz) auf dem Wunschzettel. Doch die Rechnung hatte ich ohne das mal wieder äußerst launische Wetter der Pyrenäen gemacht. In den Bergen hingen dichte Wolken, aus deren schwerer grauer Decke es bedrohlich grummelte. Zwar waren vom Atlantik her Auflockerungen angekündigt, doch die ließen sich leider sehr viel Zeit... Entsprechend tastete ich mich, die immer näher kommende Abfahrtszeit des Nachtzuges im Nacken, Kilometer um Kilometer in Richtung Westen vor. Als ich schließlich auf der Straßenbrücke in Coarraze landete - einer der letzten Gelegenheiten, ehe die Strecke endgültig ein flacheres Landschaftsprofil annimmt -, waren die Chancen auf Sonne immer noch eher gering. Vielleicht 1:4... Doch mit jeder Minute kämpfte sich die Abendsonne stärker durch die Wolken und als um kurz nach halb acht mit leichter Verspätung die BB 7277 vorbei rauschte, gab es tatsächlich eine passende Lücke! Wie knapp es war, zeigen die schattigen Bäume am Hang im Hintergrund. So lässt man sich das gefallen! Datum: 04.06.2024 Ort: Coarraze [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 7200 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 32 Punkte 7 Kommentare [»] |
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Les Landes et ses cigognes geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 05.08.24, 20:08 ![]() ![]() Top 3 der Woche vom 18.08.24 Bild des Tages vom 27.06.25 |
Südlich von Bordeaux erstrecken sich die endlosen Kiefernwälder der Landes, mit ihren insgesamt rund 1.300.000 Hektar das größte zusammenhängende Waldgebiet Westeuropas. Entstanden ist es in weiten Teilen erst im Laufe des 19. Jahrhunderts, als unter Napoléon III. die sumpfigen Flächen des Atlantik-Hinterlands trockengelegt und zugleich ein wirksamer Riegel gegen die küstennahen Wanderdünen geschaffen werden sollte.
Mitten hindurch verläuft die internationale Magistrale Bordeaux - Hendaye (- Irún). Vom Abzweigbahnhof Facture-Biganos, an dem die Strecke nach Arcachon westwärts ausschert, verläuft der Schienenstrang zunächst schnurgerade nach Süden. Hinter Dax wird es dann zunehmend kurvig. Über weite Abschnitte säumen bis heute die markanten "Ogives" ihren Verlauf, jene Portalfahrleitungsmasten, mit denen die Compagnie du Midi schon in den 1920er Jahren die Elektrifizierung ihrer Hauptstrecken vorantrieb. Ebenso ungewöhnlich wie die Bauform auf den Betrachter wirkt, so anziehend scheint sie für den Weißstorch auf der Suche nach geeigneten Nistplätzen zu sein. Allein zwischen Dax und Bayonne krönen 69 Nester die Spitzen der "Ogives". In unmittelbarer Nähe des Feuchtgebietes der Barthes de l'Adour finden die langbeinigen Zugvögel hier ein reichhaltiges Futterangebot. Insbesondere Flusskrebse stehen hoch im Kurs. Der eine Etage tiefer vorbei rumpelnde Bahnbetrieb ist da offenbar ein hinnehmbares Übel... Und tatsächlich lassen sich die Störche nur selten vom Zuglärm stören. Seit rund 15 Jahren werden sie sogar immer zahlreicher - Aus Sicht der SNCF ein Zustand, der so auf Dauer nicht beibehalten werden kann. Denn die Masten sind nach knapp 100 Jahren am Ende ihrer Nutzungszeit angekommen und sollen ersetzt werden. Die Last der Storchennester, die bis zu eine Tonne auf die Waage bringen, kommt zur allgemeinen Altersschwäche hinzu. Entsprechend ist ein ambitionierter Umsiedlungsplan, der unter Beachtung der jeweiligen Naturschutzstandars die Errichtung von Ersatz-Nistplätzen für jedes von einem Fahrleitungsmast entfernte Nest (nur außerhalb der Brutperiode überhaupt möglich) umfasst, erarbeitet worden. Dessen Umsetzung verläuft bislang schleppend, doch in einigen Jahren dürften sie tatsächlich Vergangenheit sein, die mystischen "Ogives" und ihre Nester. Am frühen Morgen des 5. Juni 2024 lag die neue Welt aus H-Profilmasten und künstlichen Plattformen für Kollege Adebar aber - jedenfalls gefühlt - noch in weiter Ferne. Der Duft der Seekiefern in der von einem leichten Nebelschleier feuchten Luft war wunderbar. Nur gelegentlich unterbrach ein Klappern aus dem Oberstock der Bahnstrecke die friedliche Stille des heranbrechenden Tages, bis schließlich um viertel nach Sechs ein langsam anschwellendes Rauschen aus den Wäldern drang und der Bahnübergang zu schrillen begann. Wenig später tauchten die beiden Spitzenlichter der BB 7344 aus dem Dunkel auf und brachten die Schienen zum glänzen. Am Haken hatte sie FRET 489711 (Bordeaux-Hourcade - Hendaye), eine jener Güterzugleistungen, die hier noch täglich mit den Gleichstrom-Klassikern unterwegs sind. Datum: 05.06.2024 Ort: Rivière-Saas-et-Gourby [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 7200 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Stimmungen mit Zug Top 3 der Woche: 38 Punkte 12 Kommentare [»] |
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Wagon isolé geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 19.05.24, 17:56 |
In Savoyen gibt es noch verhältnismäßig viele Gleisanschlüsse, die von SNCF Fret im Einzelwagennetzwerk MLMC (Multi-lots - Multi-clients) bedient werden. Ein paar davon liegen an der Ligne de la Maurienne, der Hauptbahn, die (in normalen Zeiten - den Felssturz von La Praz einmal großzügig ausgeklammert) Frankreich mit Italien verbindet.
Mit einem besonderen Schmankerl konnten bis zur weitgehenden Schließung des Güterbahnhofs Saint-Jean-de-Maurienne die Anschlüsse von Arkema in Saint-Avre-La Chambre und Lanxess in Épierre aufwarten. Zu deren Bedienung machte sich nämlich fünfmal pro Woche der in Saint-Jean stationierte Locotracteur, in der französischen Fanszene wegen des unablässigen Hin und Hers in seinem typischen Einsatzgebiet - dem Rangierdienst - liebevoll "Yoyo" genannt, auf den Weg. Es waren mit die letzten Streckeneinsätze der leistungsmäßig irgendwo zwischen Köf III und V 60 anzusiedelnden Kleinlok Y 8000 im kommerziellen Güterverkehr. Mittwochs ging es nach Épierre, an den übrigen Werktagen (außer samstags) nach Saint-Avre. Im Mai 2023 fand dieser Anachronismus in der beschriebenen Form sein Ende, denn seitdem gehört der Güterbahnhof Saint-Jean-de-Maurienne - abgesehen von einigen Gleisen, die für die Versorgung des örtlichen Aluminiumwerks Trimet unverzichtbar sind - der Vergangenheit an. Er war den Arbeiten für die Anbindung des Basistunnels der künftigen Neubaustrecke Lyon - Turin im Weg, die auf dem Gelände realisiert werden sollen. Seitdem sind die Zugbildungsaufgaben zum kleineren Güterbahnhof Saint-Avre verlagert werden, sodass der Ausflug auf die freie Strecke nunmehr obsolet ist. Triage und Kunde liegen dort nur noch wenige hundert Meter auseinander. Am 23. Juni 2020 war noch alles beim Alten, als Y 8131 im grünen Fret-Lack Dienst im wortwörtlichen Einzelwagenverkehr tat. Einen einzelnen Kesselwagen aus dem Arkema-Werk hatte sie als FRET 419727 (Saint-Avre-la-Chambre - Saint-Jean-de-Maurienne) zu befördern. Seit 1929 ist die chemische Fabrik inmitten des Alpentals ansässig. Heute produziert die aus der Chemiesparte von Total hervorgegangene Arkema dort sauerstoffhaltige Lösungsmittel für Farben und Lacke, Schmiermittelzusätze, Kosmetika, Pharmazeutika und Amine, die hauptsächlich für die Pharma-, Agrochemie- und Automobilmärkte bestimmt sind. Wenige Kilometer vom Werk entfernt ist davon nicht viel zu erahnen. Saftige Wiesen und pittoreske Berggipfel prägen das Bild. Datum: 23.06.2020 Ort: Pontamafrey [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-Y 8000 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 14 Punkte 3 Kommentare [»] |
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Ici commence l'Auvergne geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 09.05.24, 19:35 Bild des Tages vom 16.09.24 |
"Ici commence l'Auvergne, ici finit la France" - So steht es auf einem - nicht allzu ernst zu nehmenden - Schild am Col Saint Thomas im Massif Central geschrieben, welches es seit seiner Installation durch wahnwitzige Studenten im Jahr 1944 zu einiger Berühmtheit gebracht hat. Denn natürlich gehört auch die Auvergne zu Frankreich und tatsächlich treffen dort nur die Départements Loire ("la France") und Puy-de-Dôme ("l'Auvergne") aufeinander. Über ernsthafte Spannungen zwischen den Menschen beiderseits des Passes ist auch nichts bekannt, aber ein Stückchen auvergnatische Folklore war entstanden.
Irgendwie muss ich immer an diese Geschichte denken, wenn ich den X 72541/542 seine Runden durch die noch einmal etliche Kilometer weiter südöstliche gelegene Region PACA und die angrenzenden Départements drehen sehe. Denn auch viele Jahre nachdem sich die damalige Region Auvergne von ihren drei "Aspirateurs" getrennt hat, trägt das Fahrzeug noch das alte Regionaldesign mit den charakteristischen grünen Farbakzenten zur Schau. Wohl weniger ein stiller Akt des Trotzes wie das Schild am Col St Thomas, sondern eher einer etwas laxen Umgestaltungspolitik der neuen Einsatzregion geschuldet... Am 12. September 2020 war der Triebwagen auf der "Col de Cabre"-Strecke unterwegs und fuhr mir als TER 17366 (Briançon - Romans-Bourg-de-Péage) bei Baumont-en-Diois vor die Linse. Auf der felsigen Anhöhe erheben sich die beiden Türme des einstigen Château de Rochebrianne, die letzten Reste des gleichnamigen Ortes unterhalb, der 1442 durch den nach einem Felssturz ("Claps de Luc", noch heute sehr eindrucksvoll!) schlagartig ansteigenden Wasserspiegel der hier eigentlich so harmlos aussehenden Drôme verwüstet wurde. Datum: 12.09.2020 Ort: Beaumont-en-Diois [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 72500 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 13 Punkte 1 Kommentar [»] |
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Le fer à cheval geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 06.05.24, 19:21 Bild des Tages vom 04.04.25 |
Nachdem zum Tagesauftakt als völlig unerwarteter Glücksgriff der Intercités de nuit nach Briançon ins Netz gegangen war, der auf der "Col de Cabre"-Linie Livron - Veynes normalerweise kein Sonnenlicht abbekommt, [www.drehscheibe-online.de] , konnte ich mich bester Laune dem eigentlich anvisierten Motiv zuwenden.
Den Blick von einem steilen Wiesenhang über das von baulichen Verunstaltungen neuerer Zeit praktisch völlig unberührt gebliebene Örtchen Beaurières mit seiner Kirche Saint-Anne hinweg hatte ich schon anderthalb Jahre zuvor entdeckt und für grundsätzlich gut befunden. Doch wie so oft an Frankreichs dünn befahrenen Nebenbahnen steckte der Teufel im Detail: Idealerweise sollte man zur laubfreien Jahreszeit hier aufschlagen, ehe der Bewuchs am Bahndamm allzu raumgreifend wird. Andererseits muss die Sonne aber schon um zwanzig nach acht über die hohen Berge kommen, denn danach herrscht erstmal eine rund dreistündige Zuglücke, nach der das Licht so gar nicht mehr passen will... Der 26. April 2022 erwies sich auch insoweit als Treffer. Die paar Verspätungsminuten, die der aus dem Takt geratene Nachtzug dem als TER 17364 (Briançon - Romans-Bourg-de-Péage) entgegenkommenden "Aspirateur" mit auf den Weg gab, sorgten für ein weiteres Zurückweichen der Schatten, die sich somit nur noch im Vordergrund erstreckten, als der Triebwagen unter dem typischen Brummen, das ihm seinen Spitznamen (auf deutsch: Staubsauger) eingebracht hat, durch die untere Ebene des Hufeisens von Beaurières rollte. Hufeisen? Richtig, denn hier beschreibt die Bahnlinie auf ihrem Weg vom Rhônetal in die Alpen eine weite, das Tal ausfahrende Kurve, um binnen weniger Kilometer die rund 140 Meter Höhendifferenz zwischen dem Bahnhof Beaurières und dem Scheiteltunnel unter dem Col de Cabre zu überwinden. Und diese Kurve, in deren Verlauf acht kürzere Tunnel liegen, hat eben die Form eines "fer à cheval", eines Hufeisens. Ganz nebenbei ja auch ein Glückssymbol - Also war eigentlich von Anfang an klar, dass an dem Morgen nichts hatte schiefgehen können. Datum: 26.04.2022 Ort: Beaurières [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 72500 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 15 Punkte 1 Kommentar [»] |
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Aux contreforts du Luberon geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 04.05.24, 16:19 Bild des Tages vom 19.04.25 |
Praktisch auf ihrer gesamten Länge verläuft die heute nur noch im Güterverkehr befahrene Bahnstrecke von Cavaillon (bzw. dem südlich der Stadt gelegenen Abzweigbahnhof Cheval-Blanc) nach Pertuis zwischen der Durance und den ersten Erhebungen des sechzig Kilometer langen, aber nur fünf Kilometer breiten Luberon-Massivs, das mit einer provençalischen Bilderbuchlandschaft aufwartet. Nirgends kommen sich Fluss, Bahn und Berge dabei so nahe, wie südöstlich des kleinen Örtchens Mérindol, wo sich nach einem kurzen Spaziergang durch den herrlich duftenden Pinienwald von den Felsklippen ein Ausblick aus erhöhter Warte ergibt.
Die Durance wird hier von einem breiten Wehr aufgestaut, wobei eine Verknüpfung zum Canal de l’EDF besteht, über den ein beträchtlicher Teil des aus den Alpen kommenden Wassers zur Stromproduktion, Bewässerung und Trinkwassergewinnung gen Süden geleitet wird. Hinter der Staustufe erhebt sich der in Ockertönen gehaltene Ortskern von Mallemort mit seiner Église Saint-Michel. Will man die Szene mit Zug einfangen, bietet sich dazu dreimal in der Woche Gelegenheit. In aller Regel montags, mittwochs und freitags kommt nämlich der einzige verbliebene Planzug vorbei, die Bedienung des KEM ONE-Chemiewerks in Saint-Auban, seines Zeichens letzter Güterkunde der Bahn im gesamten Département Alpes-de-Haute-Provence. Alle anderen Transporte - insbesondere der Versand von Obst und Gemüse spielte einst eine große Rolle - sind längst auf die Straße abgewandert, der Personenverkehr zwischen Cavaillon und Pertuis nach einer ersten Einstellung während des zweiten Weltkriegs endgültig im Juli 1971. Hauptsächlich erhält das Werk heute Vinylchloridmonomer vom KEM ONE-Standort Lavéra in Martigues per Bahn. Einmal im Tal der Durance angelangt, wird die Grundsubstanz zu PVC weiterverarbeitet. Hinzu kommen gelegentlich weitere im Produktionsprozess benötigte Chemikalien. Am 29. April 2022 dominierten allerdings die typischen Gaskesselwagen den Zugverband, den die BB 75074 als FRET 489115 (Avignon-Champfleury - Château-Arnoux-Saint-Auban) seinem Ziel entgegenbrachte, während ich mit der Kamera in den "Herbes de Provence" an der Abbruchkante lag...;) Zuletzt bearbeitet am 05.05.24, 11:50 Datum: 29.04.2022 Ort: Mérindol [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 75000 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 16 Punkte 3 Kommentare [»] |
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L'homme au travail geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 01.05.24, 19:14 Bild des Tages vom 06.02.25 |
Bleiben wir der Industrieromantik rund um den Golfe de Fos in Frankreichs Süden noch ein bisschen treu und genießen den Sonnenuntergang über der Gemarkung Lavéra direkt an der Mittelmeerküste, wo die petrochemische Industrie ein schier unendlich scheinendes Areal für sich in Anspruch nimmt. Die heutige Plateforme de Lavéra geht auf die hier 1933 durch die Société générale des Huiles de Pétrole (SGHP) errichtete und später von BP übernommene Erdölraffinerie zurück, welche die in unmittelbarer Nähe am Étang de Berre gelegenen Schwestern von Berre (erbaut 1931) und La Mède (1935) ergänzte.
Auch heute ist die mittlerweile von Petroineos, einem Joint-Venture zwischen der INEOS-Gruppe und PetroChina, betriebene Raffinerie noch ein wesentlicher Bestandteil, hat aber viele weitere Firmen aus dem chemischen Bereich angezogen, die sich rund herum angesiedelt haben. Die Grenzen zu ziehen, welcher der zahllos sichtbaren Tanks nun zur Raffinerie gehört, welcher Schornstein und welche Pipeline zu Appryl, KEM ONE, Naphtachimie und vielen anderen mehr, ist mit ungeübtem Auge kaum möglich. Hinzu kommen umfangreiche Lagerkapazitäten für Rohöl, Erdgas und Fertigprodukte sowie die zugehörigen Transportwege - Neben den Öl- und Gasterminals für Hochseeschiffe vor allem auch ein weit verzweigtes Werkbahnnetz. Und vereinzelt trifft man selbst in Zeiten zunehmender Automatisierung inmitten dieses technisch dominierten Umfelds auch noch Menschen bei der Arbeit an. So an jenem Februarabend 2012 im kleinen Sammelbahnhof, der den Gleisanschlüssen von Géogaz/Primagaz und Alkion Terminal vorgelagert ist. Fokussiert steht der Rangierer auf dem Tritt seines stangengetriebenen Dreikupplers und setzt diesen behutsam an eine im letzten Glint leuchtende Schlange Druckgas-Kesselwagen, um diese wenig später beim Kunden zuzustellen. PS: Einen hinter dem Führerhaus hervor lugenden Lampenmast habe ich digital entfernt. Datum: 21.02.2012 Ort: Martigues - Lavéra [info] Land: Europa: Frankreich BR: Werkloks Fahrzeugeinsteller: Socorail Kategorie: Menschen bei der Bahn Top 3 der Woche: 9 Punkte 2 Kommentare [»] |
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Caronte Blues geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 28.04.24, 14:23 Bild des Tages vom 11.04.25 |
Die flachen Wellen klatschen in regelmäßigem Takt gegen die Uferbefestigung, manchmal verliert sich ein leichter Ölfilm im halb aus dem Wasser ragenden Autoreifen. Der böige Wind rauscht in den Gräsern, deren Rascheln sich mit den Stimmen der Angler vermischt, die hier ungeachtet der Wasserqualität auf einen guten Fang hoffen. Oder man will an diesem lauen Apriltag einfach nur den Feierabend gemeinsam ausklingen lassen. Die umherliegenden Kronkorken lassen erahnen, dass wir alle nicht die ersten sind, die sich zum Sonnenuntergang unter der 45 Meter hohen Autobahnbrücke versammelt haben, den Blick auf den Canal de Caronte und die nicht minder monumentale Eisenbahn-Drehbrücke gerichtet.
Ab und zu mischt sich ein Möwenschrei in das unablässige Rauschen der Autos über uns. Und ganz sporadisch kommt ein leichtes, kaum merkliches Poltern aus der Ferne hinzu, wenn ein Zug über die 942 Meter genieteten Stahl rollt, die Paul Séjourné in sieben Jahren bis 1915 erbauen ließ, um Hochseeschiffen eine Durchfahrt in den Étang de Berre zu ermöglichen. Als die Sonne schon längst hinter dem Horizont versunken war und der Himmel pastellviolett - das Rot wich immer mehr dem Blau der Nacht - glomm, war es ein "Aspirateur" als TER 879760 auf dem Weg von Marseille in die Eisenbahnerstadt Miramas. Unter dem Brückenträger zeichnet sich die Silhouette des Hafens Lavéra mit seinen Öl- und Gasterminals ab, deren Positionslichter in der Dunkelheit leuchten. Alles keine ungetrübte Idylle, aber doch irgendwie schön... Industrieromantik, der Caronte Blues. Datum: 26.04.2022 Ort: Martigues [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 72500 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Stimmungen mit Zug Top 3 der Woche: 19 Punkte 6 Kommentare [»] |
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Sous un ciel bas et lourd geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 20.04.24, 18:06 ![]() ![]() Top 3 der Woche vom 28.04.24 Bild des Tages vom 21.08.24 |
Eine drückende Schwüle lag über dem Marnetal, als ich am 21. August 2014 auf dem Rückweg aus der Normandie einen kurzen Zwischenstopp am klassischen Motiv in Dormans einlegte. Das diffuse Gewittergrollen in der Luft und die ersten sich im Hintergrund aus den dunklen Wolken ergießenden Regentropfen ließen an die Eingangszeile von Baudelaires "Spleen" denken... Doch der Ortskern rund um die Église Saint-Hippolyte, deren Bausubstanz trotz schwerer Schäden im ersten Weltkrieg bis ins 12. Jahrhundert zurückreicht, trotzte dem Wetterunbill und wurde erstaunlich konstant von der heißen Augustsonne beschienen.
Die hielt dann auch tatsächlich durch, bis um kurz vor sechs schließlich die BB 15024 mit ihrem nur aus fünf Corail-Wagen bestehenden (und damit für die "Ligne 1" relativ kurzen) TER 839128 (Châlons-en-Champagne - Paris Est) in Richtung Hauptstadt vorbei rauschte. Als glückliche Wahl sollte sich mein Standpunkt auf der nordwestlichen Seite der Strecke erweisen, denn die gegenüberliegende Lokflanke war nach einem Brandschaden großflächig ausgebessert worden, sodass dort ein überdimensionaler Flicken in "Fantôme"-Grau den Gesamteindruck trübte, [www.flickr.com] . Auf "meiner" Seite zeigte sich die schon 2017 ausgemusterte Lok aber noch im zeitlos eleganten Arzens/Grand Confort-Look der 70er Jahre. Der Blick auf den Parkplatz rechterhand offenbart indes ein interessantes Sammelsurium aus 90er-Jahre-Kleinwagen, die heute teilweise auch schon an der Schwelle zum H-Kennzeichen stünden. Besonders ins Auge fällt sicher der Twingo I mit seiner bereits etwas verblichenen Werbe(?)-Lackierung in hellblau/gelb. Vor der Hauswand dahinter parkt als Methusalem ein silberner Clio aus der ersten Generation (1990 bis '98). Ob wohl eines der Autos bis heute überdauert hat...? Datum: 21.08.2014 Ort: Dormans [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 15000 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Zug schräg von vorn Top 3 der Woche: 22 Punkte 6 Kommentare [»] |
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« Buckarest – Hambourg – La Haye ... » geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 10.04.24, 19:32 Bild des Tages vom 11.08.24 |
Runde Jubiläen begießt man gerne mit einem Gläschen Champagner. Was liegt also näher, als für mein fünfhundertstes Bild in der Galerie einmal kein Stimmungsfoto zum morgendlichen Sonnenaufgang oder einen besonders eindrücklichen französischen Viadukt vorzuschlagen, sondern einen Bogen zur Entstehungsstätte des renommierten Schaumweins zu schlagen...? ;)
Auf geht es also nach Épernay, mitten hinein in die Champagne! Neben Reims ist die an der Marne gelegene Stadt das Hauptzentrum für die Produktion der perlenden Erfrischung, die im 19. Jahrhundert die Herzen der Haute Bourgeoisie zunehmend höher schlagen ließ und dem bis in die Römerzeit zurückreichenden Weinanbaugebiet Champagne schlagartig zu Weltruhm verhalf. Ob diese hervorgehobene Stellung gegenüber anderen Lagen nun ihre Berechtigung hat, darüber scheiden sich beinahe ebenso lang schon die Geister... Den Hype maßgeblich mitgeprägt hat die geschickte Markenbildung der großen Champagnerhäuser, die mit kunstvoll gestalteten Etiketten begann und sich nahtlos in den herrschaftlichen Bauten der Kellereien fortsetzt. Ein besonders plakatives Beispiel ist die Tour de Castellane am Stammsitz des gleichnamigen Champagnerproduzenten. Mit seiner beinahe grotesken Opulenz hinterlässt der nach oben hin reichlich voluminös geratene Turm den Eindruck, man habe der Strahlkraft des ebenfalls in Épernay ansässigen Hauses Moët & Chandon, das am anderen Ende der Avenue de Champagne residiert, wenigstens optisch etwas entgegenzusetzen versucht. « Buckarest – Hambourg – La Haye – Naples – Alger – Tunis » prangt es in kunstvollen Lettern an der Fassade unterhalb des 63 Meter hohen Wahrzeichens. Zeugnisse des schon früh aufgebauten Handelsimperiums für Champagner mit Zweigniederlassungen in aller Herren Länder. Direkt daran vorbei führt die "Ligne 1", die altehrwürdige Hauptstrecke von Paris nach Straßburg. Im Jahr 2017 bürgten die als "TER Vallée de la Marne" vermarkteten TER-Züge von der Pariser Gare de l'Est nach Châlons-en-Champagne, Bar-le-Duc und Saint-Dizier noch für den Einsatz der Wechselstrom-"Nez cassés" der Reihe BB 15000, die seit ihrer Ablieferung Anfang der 1970er Jahre auf der "L1" heimisch waren. Am Morgen des 23. August 2017 beschleunigte BB 15021 mit TER 839115 (Paris Est - Saint-Dizier) aus dem Bahnhof Épernay und nahm Fahrt auf, um auch ihren nächsten Halt Châlons-en-Champagne pünktlich zu erreichen. Nicht einmal eine Woche später erlebten die „Nez cassé“-Lokomotiven im Marnetal nach dem zehn Jahre zuvor besiegelten Abschied aus dem hochwertigen Fernverkehr die ersten Leistungseinbußen im TER-Dienst, denen im Dezember schließlich weitere empfindliche folgten. Mittlerweile sind die Loks - nach einem kurzen Revival vor dem Intercités Éco nach Straßburg – völlig von ihrer einstigen Stammstrecke verschwunden und durchleben im Wendezugverkehr westlich von Paris ihre aller letzten Einsatzjahre bzw. -monate. Die nie mit einer Wendezugsteuerung nachgerüstete 15021 gehört allerdings nicht dazu. Sie wurde am 17. März 2021 nach über zehn Millionen zurückgelegten Kilometern ausgemustert. An jenem Augustmorgen 2017 kam es aber noch mal zu einem Flashback in die 90er, also in selige EuroCity-Zeiten im Marnetal. Dazu trugen nicht nur die beiden glücklicherweise hinter der Lok eingereihten "Corail Plus"-Wagen bei, sondern vor allem das Stelldichein mit dem längst historischen Peugeot 205, der aufgrund eines entgegenkommenden LKWs (und der am Straßenrand an den Zaun gelehnten Fotografen-Leiter...) in der passenden Sonnenlücke warten musste. Der Fahrer des von Anfang 1983 bis Ende 1998 produzierten Kleinwagens nahm's mit Humor. ;) PS: Den Schatten einer Lampe auf der Lokflanke habe ich digital entfernt. Datum: 23.08.2017 Ort: Épernay [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 15000 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Zug schräg von vorn Top 3 der Woche: 15 Punkte 15 Kommentare [»] |
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Eau de source geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 28.03.24, 20:03 |
Im Mai 2019 steckte ich gerade mitten in der Vorbereitung auf das Erste Staatsexamen, doch irgendwann begann die (Bibliotheks-)Decke mir derart auf den Kopf zu fallen, dass kurzerhand eine zweitägige Tour in Richtung Massif Central anberaumt wurde. Ein Motiv hoch oben auf den Vulkanplateaus der Auvergne, wo das klare Wasser (nicht nur) in Mineralwasserflaschen sprudelt, brannte mir da nämlich schon seit einem Besuch mit Yannick etliche Jahre zuvor unter den Nägeln. Damals hatte die Fotowolke uns zum einzigen TER des Tages einen Strich durch die Rechnung gemacht, wenig später wurde der Personenverkehr eingestellt und der zweimal wöchentliche Güterzug - natürlich beladen mit Wasser - kam stets im besten Gegenlicht vorbei… Im Frühjahr 2019 allerdings stellte man zunächst an einem der beiden Verkehrstage, mittwochs, von einer morgendlichen auf eine nachmittägliche Bedienung um.
Also am besten nicht lange fackeln! Damals war noch nicht absehbar, dass diese Fahrplanlage in den darauffolgenden Jahren wieder zur Regel werden sollte. Es geht also grundsätzlich noch heute, mein eingangs erwähntes Wunschmotiv beim kleinen Weiler Puy Lavèze, für das ich seit 2015 auf den passenden Zug gewartet hatte. Allerdings nur, wenn dieser nicht mal wieder - mitunter recht spontan - ausfällt, und seit dem Jahr 2023 jedenfalls nicht mehr mit BB 67400. Denn im vergangenen Dezember wurden die aller letzten "Pielsticks" von SNCF Fret endgültig in den wohlverdienten Ruhestand befördert. Am 15. Mai 2019 bespannten aber noch ganz klassisch BB 67494 und BB 67460, beide in Fret-Livrée, den Mineralwasserzug vom Gleisanschluss der Sources du Mont-Dore en Auvergne (SMDA) in La Bourboule nach Clermont-Ferrand, von wo aus es für Wagen und Wasserflaschen mit E-Traktion weiter in den Großraum Paris gehen wird. Der Feierabend lockte wohl, denn schon eine knappe Stunde vor Plan machten sich die Loks mit FRET 435514 (La Bourboule SMDA - Clermont-les-Gravanches) auf den Rückweg. Hier oben auf rund 900 Höhenmetern war auch Mitte Mai der Frühling noch nicht so richtig in Fahrt gekommen und es wehte ein frischer Wind. Das klare Licht und der weite Fernblick in die vulkanische Landschaft entschädigten aber für das Frösteln und die noch erstaunlich kahle Vegetation. Der markante Berg rechts im Bild ist die exponiert gelegene 1512 Meter hohe Banne d’Ordanche, ein erkalteter Vulkankegel. Datum: 15.05.2019 Ort: Puy Lavèze [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 67400 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 7 Punkte |
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Terres rouges geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 10.03.24, 16:48 |
Noch fahren sie, die luxemburgischen Ableger der Z2-Familie, bei den CFL als Reihe 2000 bezeichnet. Doch die Ablösung in Form fabrikneuer Coradia Stream steht schon in den Startlöchern! Sofern sich deren bereits wegen der Corona-Pandemie nach hinten verschobene Betriebsaufnahme nicht nochmals verzögert, dürften in den nächsten Wochen und Monaten die ersten Exemplare in den Fahrgasteinsatz gelangen... Es wird also auch im Großherzogtum zunehmend eng für die mittlerweile über 30 Jahre alten Z2.
Aktuell gehören neben Einsätzen als Doppeltraktion von Luxemburg Stadt über Ettelbrück nach Diekirch sowie dem Pendel auf der Nebenstrecke Kautenbach - Wiltz im Ösling vor allem die drei kurzen Stichbahnen im Süden des Landes zum Refugium der Klassiker: Bettembourg - Volmerange-les-Mines (F), Noertzange - Rumelange und Esch-sur-Alzette - Audun-le-Tiche (F). Hier sind wir im Land der Roten Erde, von den Luxemburgern Minett oder Terres Rouges genannt. Der Name rührt vom kräftigen Rot des Erzes her, das maßgeblich zum wirtschaftlichen Aufschwung der Eisen- und Stahlindustrie ab dem 19. Jahrhundert und bis in die 1960er Jahre beitrug. Vieles davon ist heute passé, aber die verbliebenen Zeugen des außergewöhnlichen Industrieerbes der Region erlauben eine Reise in die Vergangenheit. Eine hervorgehobene Stellung nimmt dabei sicher der Komplex des ehemaligen Hochofens von Belval ein, dem nach dem endgültigen Erkalten des Feuers als Ort für Kulturveranstaltungen und Außenstelle der Universität (Cité des Sciences, de la Recherche et de l’Innovation) neues Leben eingehaucht wurde. Doch auch abseits der großen Attraktionen wartet das Grenzgebiet zu Lothringen mit zahlreichen interessanten Landmarken auf, die untrennbar mit der örtlichen Industriegeschichte verbunden sind. In Audun-le-Tiche, bereits auf Lothringer Seite der Grenze gelegen, ist es ein unübersehbarer Koloss aus Eisen und Stahl, der das Tal der Alzette überspannt: 375 Meter lang, 30 Meter hoch, 12 Segmente stark. Über den Viadukt führt die seit den 1990er Jahren stillgelegte Bahnlinie nach Fontoy an der Artère Nord-Est, die Verlängerung der bis heute betriebenen, darunter verlaufenden Strecke Esch - Audun-le-Tiche. Grenzüberschreitende Züge mussten einstmals eine lange Schleife beschreiben, um auf die höhere Ebene zu gelangen. Vor der Deelektrifizierung krochen unter anderem schwere Montanzüge mit den nur 60 km/h schnellen "fers à repasser" der SNCF-Reihe CC 14100 über das Bauwerk. Am frostigen 3. März 2023 stand ich exakt auf der Staatsgrenze, als ich mit bibbernden Fingern den Auslöser für die RB 6461 (Audun-le-Tiche - Esch-sur-Alzette) drückte. Der Z2 mit der Nummer 2010 befand sich gerade noch auf französischem Boden, während die sich in meinem Rücken erstreckende Industriebrache, an der beinahe die komplette Fahrt bis zum nur wenige Kilometer entfernten Endbahnhof entlang führt, schon zum luxemburgischen Esch gehört. Datum: 03.03.2023 Ort: Audun-le-Tiche [info] Land: Europa: Frankreich BR: LU-2000 Fahrzeugeinsteller: CFL Kategorie: Zug schräg von vorn Top 3 der Woche: 8 Punkte 1 Kommentar [»] |
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Au canal des houillères geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 02.03.24, 17:40 |
Mit seinen 65 Kilometern Länge schafft der Saar-Kohlen-Kanal/Canal des Houillères de la Sarre seit den 1860er Jahren eine Verbindung zwischen dem saarländischen Montanrevier und dem Rhein-Marne-Kanal bei Gondrexange. Die auf ein Dekret von Kaiser Napoleon I. zurückgehende Wasserstraße stellte im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert einen wichtigen Transportweg für - der Name lässt es bereits erahnen - saarländische Kohle in Richtung der französischen Industriezentren dar und erleichterte in Gegenrichtung zugleich die Versorgung der Hüttenwerke an der Saar mit Eisenerz. Im Zusammenhang mit dem Kanalbau wurde nämlich auch die Saar von Saargemünd/Sarreguemines bis Luisenthal und Ensdorf kanalisiert, ein Jahrhundert bevor die Großschifffahrt von deutscher Seite aus das Saarland erreichte!
Längst hat der Kohlenkanal seine Bedeutung für den Gütertransport eingebüßt, eine Entwicklung, die wie auf vielen anderen französischen Kanälen schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann. Denn zu dieser Zeit wurden die meisten Bahnlinien eröffnet, die den Lauf der heute nur noch freizeitmäßig genutzten Wasserstraße begleiten. Bei Wittring überquert die Strecke Sarreguemines - Straßburg den Kanal gleich mehrfach, unter anderem mittels einer fotogenen Stahlfachwerkbrücke. Bis in den Herbst 2022 hinein polterten mehrmals pro Woche auch Güterzüge von und nach Sarralbe über das Bauwerk. Am 24. März 2021 war es die DE18 309 der CFL Cargo mit einer Leine leerer Propen/Propylen-Kesselwagen, welche die Lok früher am Morgen aus dem Gleisanschluss des Solvay/Ineos-Chemiewerks abgeholt hat: [www.drehscheibe-online.de] Zunächst wird sie die unter der Zugnummer 63752 (Sarralbe - Hausbergen) laufende Fuhre nach Sarreguemines bringen, wo der Zug umfahren werden kann, um gut eine Stunde später in Gegenrichtung nochmal vorbei zu kommen und schließlich über die "Ligne 9" quer durch die Nordvogesen Kurs auf den Straßburger Rangierbahnhof zu nehmen. Seit Inbetriebnahme einer neuen Pipeline von Carling nach Sarralbe ist dieser Zug - wie der gesamte Bahnbetrieb im einstigen Nebenbahnknoten - Geschichte. Verkehrswege überholen sich, wie uns schon der Saar-Kohlen-Kanal gelehrt hat... Zuletzt bearbeitet am 09.03.24, 11:38 Datum: 24.03.2021 Ort: Wittring [info] Land: Europa: Frankreich BR: LU-DE18 Fahrzeugeinsteller: CFL Kategorie: Bahn und Infrastruktur Top 3 der Woche: 16 Punkte 3 Kommentare [»] |
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Link(s) Natursteine, rechts Mühlauhafen geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 25.02.24, 18:15 |
Mit jährlich rund acht Millionen Tonnen umgeschlagener Güter ist der Mannheimer Hafen einer der bedeutendsten Binnenhäfen Europas. Neben Rheinau-, Industrie- und Altrheinhafen zählt dazu auch der innenstadtnahe (und deshalb immer wieder zur Diskussion gestellte) Handelshafen, dessen älteste Teile in die 1870er Jahre zurückreichen.
Im Jahr 1880 wusste "Die Gartenlaube", ein "illustriertes Familienblatt" (heute würde man wohl von einer Boulevardzeitung sprechen), zu berichten: "Am 15. August 1875 feierte die Stadt Mannheim ein Fest, großartig in seinen Dimensionen, glänzend in seinem Verlaufe, hervorragend durch seine Bedeutung. Es galt der Eröffnung der neuen Hafenanstalten. Und Mannheim hatte in der That alle Ursache, diesen Eröffnungsact festlich zu begehen, denn mit der [...] Fertigstellung des großen Hafencanals und einiger anderen Abtheilungen des Gesammthafens hatte eine lange Periode ständiger Verlegenheiten für Handel und Verkehr ihren Abschluß gefunden, und da gleichzeitig auch der inmitten des Hafengebiets gelegene Centralgüterbahnhof vollendet worden war, so waren damit diejenigen Voraussetzungen erfüllt, welche unbedingt zutreffen mußten, sollte Mannheim das Emporium Süddeutschlands für den Großhandel in Colonialwaaren, Droguen, Getreide, Tabak etc. sowie für den Speditionshandel bleiben können." (Die Gartenlaube, 1880, Heft 8, S. 134/135) Zentraler Bestandteil dieser Idee "des genialen badischen Handelsministeris Mathy [...], dessen Scharfblick es nicht entgehen konnte, daß eine Verbesserung der Mannheimer Hafen- und Verkehrsanstalten gleichbedeutend war mit der Förderung der Interessen der badischen Staatsbahnen" war der "große Hafencanal", der mittlerweile auf den Namen Mühlauhafen hört. Daran, dass sich "auf dem rechten Ufer der Centralgüterbahnhof, auf dem linken der Fruchtbahnhof" anschließt, hat sich bis heute wenig geändert. Einzig die bahnseitigen Verkehre haben sich äußerst unterschiedlich entwickelt. Während der Hauptgüterbahnhof u.a. dank des angegliederten Containerterminals rege bedient wird, werden die Gleise des (ehemaligen) Fruchtbahnhofs in aller Regel nur einmal in der Woche befahren. Dann nämlich bekommt die dort angesiedelte Firma Link Natursteine, die mit Baustoffen, Erden und eben Natursteinen im großen Stil handelt, Quarzsand per Bahn zugestellt. Am eiskalten 1. März 2021 war 294 658 für die Bedienung eingeteilt. Der erste Corona-Winter, der Grenzübertritte nur unter erschwerten Bedingungen zuließ, führte dazu, dass ich die schon lange geplante Dokumentation dieses Zuges endlich einmal in die Tat umsetzte. Seit meiner Schulzeit im nahen Elisabeth-Gymnasium stand das auf dem Zettel... Neun Jahre nach dem Abi konnte schließlich ein Haken dran gesetzt werden. ;) Während die Lok, die für das Rangieren der Tads mehrere Stunden vor Ort bleiben muss, Wagen für Wagen über den Entladebunker zog und dabei jeweils nur wenige Meter vorankam, pflügten die beiden Nilgänse rechterhand in wesentlich sportlicherem Tempo durch das Wasser des Mühlauhafens. Die dampfenden Fabrikanlagen im Hintergrund (jenseits des Rheins) gehören bereits zur BASF auf Ludwigshafener Gemarkung. Datum: 01.03.2021 Ort: Mannheim, Handelshafen [info] Land: Baden-Württemberg BR: 294 (alle V90-Baureihen) Fahrzeugeinsteller: DB Kategorie: Zug schräg von vorn Top 3 der Woche: 13 Punkte 5 Kommentare [»] |
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O lu trenu di Balagna geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 23.02.24, 19:12 |
- Fortsetzung und Schluss zu [www.drehscheibe-online.de] -
Mit dem letzten Teil meiner bildlichen Reise durch Korsika möchte ich zu einen kleinen Ausflug in die musikalische Tradition der Insel einladen. Denn wie - völlig zu Recht - unter anderem der Internetauftritt der Stadt Bonifacio verrät: "Es ist unmöglich die korsische Kultur zu erkunden, ohne ein Polyphoniekonzert angehört zu haben! Tauchen Sie in die Tiefen der korsischen Seele ein, ein Genuss für die Ohren, dem man sich nicht widersetzen kann!" Es geht dabei um das ureigenste Stück korsischen Liedguts: Die Paghjella, den polyphonen Männergesang der korsischen Volksmusik. Sie entwickelte sich wohl aus dem gregorianischen Choral der Kirchenmusik, fand schnell aber auch ihren Weg über die Kirchen hinaus (obwohl sie immer noch bevorzugt dort gesungen wird) in das weltliche, traditionelle Korsika. Generationen von Hirten und Handwerkern, Fuhrleuten und Dorfbewohnern entwickelten über Jahrhunderte eine ganz eigene Kunst: Die tiefste von insgesamt drei Stimmen (u bassu) begleitet die mittlere Stimme (a segonda), welche die Melodie trägt. Die dritte und höchste Stimme (a terza) komplettiert mit ihren verzierenden Einsätzen das stimmliche Bild. Die Liedtexte sind Zeugen ihrer jeweiligen Entstehungszeit und besingen vergangene Epochen, die Liebe, die korsische Natur oder die Jungfrau Maria. Der Clou: Indem die Texte leicht versetzt gesungen werden, entsteht der faszinierende Effekt eines Widerhalls. Herausgesucht habe ich mit „Versu balaninu“ eine Ode an die Balagne, den Landstrich im äußersten Nordwesten Korsikas, durch den auch die gleichnamige „Tramway“ verläuft: [www.youtube.com] Auch beim Auslösen des Fotos, das den als Zug 341 (L’Île-Rousse – Calvi) in den Sonnenuntergang fahrenden X 97054 samt Remorque zeigt, hatte ich die zugleich schöne und traurige, wehmütig stimmende Melodik der Paghjella noch in den Ohren, wie ich sie am Vorabend in der Dorfkirche des kleinen Bergnests Speloncato genießen durfte. Eine unvergleichliche Atmosphäre und ein ausgesprochen schönes Alternativprogramm zu Feuerwerk und militärischem Défilé am 14. Juli! Natürlich beschränkt sich die korsische Musik nicht auf die 2009 von der UNESCO in die Liste des dringend erhaltungsbedürftigen immateriellen Kulturerbes aufgenommene Paghjella. Aber auch vielen anderen Liedern von der Insel sind die korsische Sprache und die Tendenz zu getragenen, melancholischen Melodien gemein. (Mindestens) eines über „U trinighellu“ – die Schmalspurbahn – gibt es selbstverständlich auch. „A canzona di u trenu“ [www.youtube.com] ist in seiner originalen Fassung allerdings alles andere als ein Plädoyer für die Bahn… Sie habe den Kutschern und Gastwirten in den kleinen Bergdörfern die Arbeit geraubt und man möge doch am besten auf sie und ihre Fahrgäste schießen. Heute alles keine Gefahren mehr, die einen von einer Reise auf die Île de Beauté abhalten sollten. In diesem Sinne: Au revoir! – Oder auch: Avvèdeci! Datum: 15.07.2023 Ort: Lumio [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 97050 Fahrzeugeinsteller: CFC Kategorie: Stimmungen mit Zug Top 3 der Woche: 15 Punkte 4 Kommentare [»] |
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Promenade au bord de la mer geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 10.02.24, 17:55 ![]() ![]() Top 3 der Woche vom 18.02.24 |
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Zurück in den äußersten Nordwesten Korsikas, wo die Balagne-Küste nicht nur zum Zugfahren und Baden einlädt, sondern auch ein ergiebiges Revier für Spaziergänge und kleinere Wanderungen mit Meerblick bietet! Besonders gut kombinieren lassen sich alle drei Aktivitäten, wenn man vom Haltepunkt Bodri - zwischen Strand und gleichnamigem Campingplatz gelegen - dem schmalen Fußpfad in Richtung L'Île-Rousse folgt. Er bahnt sich immer entlang des Küstensaums seinen Weg durch die bunt blühende, duftende Flora und über mitunter bizarr geformte Steinformationen. An seinem Ende lockt nicht nur der Ausblick auf die L'Île-Rousse vorgelagerten Pietra-Inseln samt kleinem Fährhafen [www.drehscheibe-online.de] , sondern auch eine wunderschöne, seichte (Kies-)Badebucht, wo es gleich viel entspannter zugeht als an der rummeligen Plage de Bodri selbst, die mit ihrem feinen Sandstrand und der angegliederten Bar nicht nur Campingplatzbesucher in ihren Bann zieht und entsprechend gut gefüllt ist. Jeder findet hier also auf wenigen Kilometern das, was ihm gefällt. Egal, wie man sich entscheidet: Badesachen einpacken nicht vergessen! Nach einem ausgiebigen Bad und Chill Out in besagter Bucht trieb am schon fortgeschrittenen Abend ein böig auffrischender Nordwestwind dichte Schleierwolken vor die Sonne. Das Signal, einzupacken und den Rückweg in Angriff zu nehmen... Die See zeigte sich jetzt - für Mittelmeerverhältnisse im Hochsommer - bemerkenswert aufgewühlt und die salzige Gischt spritzte teilweise bis zum Pfad hinauf. Als passend zum Train 341 (L'Île-Rousse - Calvi), dem letzten Zug des Tages, die Sonne nochmals zwischen Wolkendecke und Horizont zum Vorschein kam und die komplette Szenerie in ein goldgelbes Licht tauchte, musste aber natürlich ein kurzer Zwischenstop eingelegt werden. :) PS: Die Rückstände eines eher liederlich entfernten Graffitis am Beiwagen habe ich virtuell vollständig wegpoliert. Zuletzt bearbeitet am 10.02.24, 17:58 Datum: 13.07.2023 Ort: Bodri [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 97050 Fahrzeugeinsteller: CFC Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 30 Punkte 8 Kommentare [»] |
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Dans la vallée des vaches geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 04.02.24, 15:44 |
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In Ponte-Leccia zweigt von der transkorsischen Hauptstrecke die 73 Kilometer lange "Ligne de la Balagne" ab, die den gleichnamigen Landstrich im Nordwesten der Insel erschließt, allen voran die Hafenstädte L'Île-Rousse und Calvi. 1879 wurde sie in das "réseau complémentaire" des Plan Freycinet, der allen Franzosen einen Zugang zur Eisenbahn gewähren sollte und gesetzliche Grundlage zahlloser Nebenbahnen war, aufgenommen, ein Jahrzehnt später in zwei Abschnitten eröffnet: Am 10. Januar 1889 von Ponte-Leccia bis Palasca, am 15. November 1890 von Palasca zum Streckenendpunkt Calvi. Bereits kurz hinter Ponte-Leccia taucht die Bahn dabei in eine weitgehend unbesiedelte Gegend ein. Noch einmal stärker zeigt sich dieser Charakter der völligen Abgeschiedenheit nach Passieren des ehemaligen Bahnhofs von Pietralba - viele Kilometer und einige Höhenmeter vom zugehörigen Bergdorf entfernt -, von wo aus die Gleise sich in einer Aneinanderreihung von Kurven und Gegenkurven dem Scheitelpunkt der Strecke entgegen winden. Die parallel durch das Flusstal führende Straße hat seit Eröffnung der gut ausgebauten Route territoriale 30 "La Balanina" im Jahr 1998 ihre verkehrliche Bedeutung weitgehend eingebüßt, sodass die allerorts weidenden Kühe, Schaf- und Ziegenherden das Asphaltband zunehmend für sich erobert haben. Am Morgen des 16. Juli 2023 war ich im "Tal der Kühe" unterwegs, um den Pont de Volparone - einen der wenigen Kunstbauten der kostengünstig errichteten Nebenlinie - aus erhöhter Warte zu fotografieren. Um halb neun durchbrach das Brummen des AMG 800 als Zug 100 (Calvi - Ponte-Leccia) kurzzeitig die sonst nur äußerst selten von Motorengeräuschen gestörte Stille. Es ist einer von zwei täglichen Zügen pro Richtung - einer am Morgen, einer am Nachmittag. Das Angebot ist damit zahlenmäßig und auch von der Fahrplanlage her seit Eröffnung der Strecke vor 130 Jahren praktisch identisch, wie ein Blick in alte Kursbuchtabellen belegt... Nur das Rollmaterial hat sich natürlich verändert. Über viele Jahre hinweg konnten wegen des mäßigen Oberbaus nur leichte Fahrzeuge wie die kurzen Billard-Triebwagen oder das kuriose "Sous-marin de Calvi", ein selbst konstruierter Locotracteur, die "Ligne de la Balagne" befahren. In jüngerer Vergangenheit wurde sie allerdings mehrfach ertüchtigt und seit Mitte 2013 sind auch hier die omnipräsenten AMG 800 für die beiden "Fernzüge" zuständig. Einzig die "Soulés" haben zwischen Calvi und L'Île-Rousse auf der "Tramway de Balagne" noch ihre Nische gefunden, wohin uns der nächste Teil der Reise wieder zurückführen wird. In der Galerie ist die Brücke übrigens keine Unbekannte. Carsten und Olli waren auch schon hier und haben sie in unterschiedlichen Varianten interpretiert: [www.drehscheibe-online.de] , [www.drehscheibe-online.de] Zuletzt bearbeitet am 04.02.24, 17:21 Datum: 16.07.2023 Ort: Pietralba [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-AMG 800 Fahrzeugeinsteller: CFC Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 12 Punkte 3 Kommentare [»] |
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Les caprices du ciel corse geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 27.01.24, 15:09 |
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Wie angekündigt kehren wir der korsischen Küste vorübergehend den Rücken und machen uns auf ins bergige Landesinnere der Insel. Diese nicht minder beeindruckende Landschaft wird von Nordosten nach Südwesten von der 157 Kilometer langen transkorsischen Hauptstrecke Bastia - Ponte-Leccia - Corte - Ajaccio durchquert, die sich mit Steigungen von bis zu 30 Promille ihren Weg durch anspruchsvolles Terrain bahnt. Wenig überraschend sind es somit die Kunstbauten, die auch nach der vollständigen Übernahme des Regelbetriebs durch die modernen AMG 800 im Jahr 2012 noch genug Faszination ausstrahlen, um der Strecke die fotografische Aufwartung zu machen. Mehr als 50 Tunnel, darunter der 3916 Meter lange Scheiteltunnel von Vizzavona, sowie unzählige Brücken und Viadukte mussten von 1878 bis 1894 errichtet werden, um der Strecke - mal entlang wilder Gebirgsflüsse, mal quer durch schroffe Felslandschaften - den Auf- und Abstieg von den Küsten ins Gebirge und wieder zurück zu ermöglichen. Neben dem berühmten, von Gustave Eiffel errichteten Viaduc du Vecchio im Zentralabschnitt zählt der Steinbogenviadukt unmittelbar am Stadtrand von Corte zu den besonders markanten Bauwerken. Bekannt ist er unter verschiedenen Namen: Der offiziellere davon ist wohl "Viaduc d'Aghili", der plakativere mit Sicherheit "Le Centu Chiave", was auf korsisch soviel wie "Hundert Bögen" bedeutet. In der Realität sind es zwar nur vierzehn, was der optischen Wirkung allerdings keinen Abbruch tut. Am Abend des 14. Juli 2023 erklomm ich den zugewucherten Hang hinauf zu einer alten, steinernen Cabane, aus deren Schatten sich ein schöner Blick auf die "Centu Chiave" bot. Ob das Bruchsteingebäude wohl bald einer Erweiterung des benachbarten Neubaugebiets zum Opfer fallen wird...? Denn auch wenn auf dem Bild alles nach wilder Bergeinsamkeit aussieht, steht das Grundstück als Bauland zum Verkauf. Das kleine, aber lebendige Corte, das im 18. Jahrhundert während der korsischen Unabhängigkeit unter Pasquale Paoli kurzzeitig Inselhauptstadt war, dehnt sich aus. Die Università di Corsica, die - natürlich - den Namen des verehrten Inselhelden trägt, ist dabei sicher ein maßgeblicher Faktor. Spannend machte es mal wieder das Wetter, das sich im korsischen Hochgebirge mitunter auch dann kapriziös zeigt, wenn an den Küsten bei 38 Grad die Sonne vom makellos blauen Himmel brennt. Gewittergrollen und sich empor türmende Quellwolken sorgen nicht nur bei Wanderern auf dem berüchtigten GR20 regelmäßig für bange Blicke nach oben - Auch die Nerven des Bahnfotografen werden strapaziert, wenn die Sonne immer wieder an den sich minütlich verändernden Konturen der Wolken kratzt oder für längere Zeit hinter einer von ihnen verschwindet. Planbar ist das alles kaum. Letztlich näherten sich im Vorder- und Hintergrund schon wieder dunkle Schatten eines herumwabernden, mehr oder weniger ortsfesten Cumulus, als Zug 9 (Bastia - Ajaccio) sich in gemächlichem Tempo über den Viadukt schob. Aber die Brücke selbst bekam noch Sonne ab, Glück gehabt! Zuletzt bearbeitet am 27.01.24, 18:10 Datum: 14.07.2023 Ort: Corte [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-AMG 800 Fahrzeugeinsteller: CFC Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 16 Punkte 3 Kommentare [»] |
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Aïe, ça pique ! geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 20.01.24, 16:10 |
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Am nächsten Tag - dem französischen Nationalfeiertag, von dem in der korsischen Balagne allerdings nicht viel zu spüren war - hatte man die am Vortag auf der "Tramway de Balagne" zwischen Calvi und L'Île-Rousse eingesetzte Traktion X 97055 + XR 9702 gegen die zweite für die Sommersaison in Calvi vorgehaltene Einheit aus X 97054 samt zugehöriger Remorque getauscht. Damit war mir auch schon der Gesamtbestand der zu diesem Zeitpunkt im Planbetrieb fahrenden Soulés begegnet. Denn der Rest der mittlerweile ältesten Triebwagen-Serie der Chemins de Fer de la Corse, die von Soulé ab 1989 in Bagnères-de-Bigorre produziert wurde und bis zur vollständigen Inbetriebnahme der neuen AMG 800 im Jahr 2012 das Rückgrat des Zugverkehrs auf der Insel-Hauptstrecke Bastia - Ajaccio bildete, steht heute in der Zentralwerkstatt Casamozza auf Reserve oder rottet im kleinen Bahnhof von Francardo neben den Gleisen vor sich hin...: [www.flickr.com] Die erste "Tramway" des Tages - Zug 330 (Calvi - L'Île-Rousse) - kurvte gegen drei viertel acht vor dem Hintergrund der Baie de Calvi und der Halbinsel La Revellata mit ihrem Leuchtturm durch die typische Macchia-Landschaft. Das Strauchwerk, das sich wie ein grün-brauner Teppich über weite Teile der Insel legt, hat zwei (wenn nicht viel mehr...) Gesichter, die sich wortwörtlich mit allen Sinnen erspüren lassen. Einerseits duftet die Macchia mit ihrer Mischung aus Kräutern wie Myrte, wildem Rosmarin, Wacholder oder Lavendel in den angenehmsten Geruchsnoten, gerade wenn diese sich mit der salzigen Seeluft verbinden. Andererseits zeigt sie sich auch als schier undurchdringliches Dickicht aus ineinander verschlungenen Ranken und Dornen, das jeden noch so kurzen Fußweg abseits der Pfade zur Tortur werden lassen. So fluchte auch ich leise, als ich mich langsam - mehr als einmal zur Umkehr und dem Einschlagen eines neuen Weges gezwungen - zu meinem anvisierten Aussichtspunkt kämpfte. Der Blick sprach dann aber für sich und ließ sich auf einem in der Morgensonne langsam wärmer werdenden Stein auch ausgiebig genießen. Nur nach der Zugdurchfahrt ging es wohl oder übel noch mal in umgekehrter Richtung durch Ginster und Co zurück zum Weg... ;) Im nächsten Teil unserer fotografischen Reise machen wir dann einen Abstecher ins Inselinnere! Zuletzt bearbeitet am 20.01.24, 18:16 Datum: 14.07.2023 Ort: Lumio [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 97050 Fahrzeugeinsteller: CFC Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 17 Punkte 3 Kommentare [»] |
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Korsika ist weithin berühmt für seine landschaftliche Schönheit, seien es die schroffen Felsformationen des korsischen Hochgebirges entlang des berüchtigten GR20, die menschenleeren Weiten des kargen Binnenlandes oder die pittoresken, in den aberwitzigsten Farben leuchtenden Küsten. Dementsprechend hat sich im Laufe der Zeit eine erkleckliche Zahl von Beinamen für die viertgrößte Insel im Mittelmeer herausgebildet. Im Französischen ist sie landläufig als "Île de Beauté" bekannt und eine Legende besagt, dass bereits die antiken Griechen sie Καλλίστη / Kallístê nannten, was sich in etwa mit "die Schönste" übersetzen lässt. Heute gilt diese etymologische Herleitung in weiten Kreisen der Wissenschaft zwar als widerlegt, doch wer mag es angesichts der offensichtlichen landschaftlichen Reize im Überdruss verübeln, dass sie sich hartnäckig hält...?
So steht der Name Kalliste auch Pate für ein 1992/93 im finnischen Rauma gebautes Fährschiff der Reederei La Méridionale aus Marseille. Fast ausnahmslos kam sie in der letzten Dekade auf der traditionellen Route zwischen der Hafenstadt am Golfe du Lion und Propriano im Südwesten Korsikas zum Einsatz, doch das Jahr 2023 brachte Bewegung in die Liniendienste der "Kalliste". Zunächst im Winter auf die eigene Verbindung nach Porto-Vecchio versetzt, war für den weiteren Jahresverlauf eigentlich eine Beschäftigung im Verkehr mit den Maghreb-Staaten geplant. Doch es kam anders und für die Sommersaison wurde sie als Ersatz für die verunfallte "Monte d'Oro" an Corsica Linea vermietet und vom roten Konkurrenten mit Fahrten von Marseille nach L'Île-Rousse betraut. Eine schöne Gelegenheit, das Schiff, das seit 2010 in verschiedenen Blautönen lackiert ist, gemeinsam mit den farblich passenden Zügen der "Tramway de Balagne" ins Bild zu setzen! Das gezielt anzugehen, hätte ein vorheriges Studium der Fährfahrpläne erfordert, doch manchmal hat man ja auch einfach Glück. :) So am späten Nachmittag des 13. Juli 2023, als es zur Begegnung mit X 97055 und Steuerwagen XR 9702 als Zug 339 (L'Île-Rousse - Calvi) kam. Das Erreichen dieser Stelle setzt neben einem kurzen Kampf durch die stachlige Macchia auch einen längeren, aber absolut wunderschönen Fußweg vom Haltepunkt oder Strandparkplatz Bodri voraus, denn aus Richtung L'Île-Rousse ist der Weg heute offiziell gesperrt und man steht vor mannshohen Absperrungen, wenn man nicht komplett am Gleis entlang wandern möchte. Mit diesem Bild lade ich euch ein auf eine kleine fotografische Reise mit der korsischen Schmalspurbahn, die ich als Serie in den nächsten Wochen fortsetzen werde. Und vielleicht hat der ein oder andere ja auch selbst noch was beizutragen. Ich würde mich freuen! :) PS: Rückstände eines eher liederlich entfernten Graffitis an der Remorque habe ich virtuell vollständig wegpoliert. Zuletzt bearbeitet am 16.01.24, 20:56 Datum: 13.07.2023 Ort: L'Île-Rousse [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 97050 Fahrzeugeinsteller: CFC Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 30 Punkte 9 Kommentare [»] |
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Alerte orange geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 10.01.24, 19:33 Bild des Tages vom 20.01.25 |
Eher seltene Gäste im Elsass sind die Sybics der SNCF-Gütersparte Fret. Denn das Gros der Frachtenzüge in Frankreichs äußerstem Nordosten ist im Sibelit-Korridor unterwegs. Das Akronym steht für die Société pour l’itinéraire Belgique, Lorraine-Luxembourg, Italie SA, in der sich SNCF Fret, Lineas, CFL und SBB Cargo zusammengeschlossen haben, um gegenüber dem Weg durchs deutsche Rheintal nicht völlig ins Hintertreffen zu geraten, wenn es um Transporte aus dem Benelux-Raum, vor allem von den belgischen und niederländischen Seehäfen, in Richtung Schweiz und Italien geht. Für die rund 300 wöchentlichen Züge steht ein Pool von allesamt mehrsystemfähigen Loks (BB 37000 der SNCF, Serien 13 und 3000 von Lineas bzw. der CFL) zur Verfügung, sodass auf die Sybics entlang dieser internationalen Achse nicht mehr zurückgegriffen werden muss.
Will man sie erwischen, kommen also nur die rein nationalen Züge in Frage, die ihren Ausgangs- oder Endpunkt im Straßburger Rangierbahnhof Hausbergen haben, allen voran die Kronenbourg-Bierzüge sowie die häufigen Getreidetransporte für Roquette in Beinheim. Zwar werden auch diese Großkundenverkehre überwiegend mit Primas (hier meist BB 27000) bespannt, aber sporadisch verirrt sich mit ihnen eben doch mal eine Fret-Sybic an den Rhein. Am 29. Januar 2016 war das entsprechende Glück schon früh am Tag mit von der Partie, als am Rhein-Marne-Kanal unweit von Steinbourg bei dramatischen Lichtverhältnissen - die Sonne hatte erst vor Sekunden die Schienenoberkante preisgegeben - die BB 26222 auf der Bühne erschien. Am Haken hatte sie eine Schlange älterer "Transcéreales"-Getreidewagen als FRET 53913 (Blainville-Damelevières - Hausbergen). Heute, acht Jahre später, schaue ich noch einmal ganz anders auf das Foto, denn die leuchtend orangefarbene Front ist mittlerweile zur absoluten Rarität geworden und die letzten sechs verbliebenen "Tri-feux" (die mit Dreilicht-Spitzensignal ausgestattete letzte Serie der Sybics) in der Originallackierung sind (nicht nur) in der französischen Szene zu begehrten Jagdobjekten geworden... Grund genug für einen Griff ins Archiv! Datum: 29.01.2016 Ort: Steinbourg [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 26000 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Zug schräg von vorn Top 3 der Woche: 10 Punkte 2 Kommentare [»] |
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Pause-café geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 09.01.24, 14:25 |
Beinahe museal zeigt sich bis heute der Abzweigbahnhof Saint-Denis-près-Martel, wo sich am südwestlichen Rand des Zentralmassivs die Strecke aus Brive-la-Gaillarde in Richtung Aurillac, Capdenac und - nur noch auf einem Teilstück im Tourismusverkehr befahren - Souillac verzweigt. Entsprechend ist er gern besuchtes Fotomotiv, wobei der Fokus häufig auf den noch reichlich vorhandenen Formsignalen liegt.
Doch auch das schmucke Empfangsgebäude selbst, in dem der Agent de circulation - der Fahrdienstleiter - in einem Umfeld völlig frei von grünen Absperrzäunen, blauen Bahnsteiglaternen oder anderen neuzeitlichen Segnungen residiert, lohnt einen Blick. Bemerkenswert etwa die üppig bemessene Zahl an Kaminen, an denen man sich perfekt in den Schlaf zählen kann...;) Im Dezember 2021 legte die ehemalige Straßburger BB 67510 als Infra 814745 (Bretenoux-Biars - Brive-Estavel) einen ausgedehnten Halt vor dem pastellfarbenen Bau ein, nachdem sie am Morgen einen Zug ins Etablissement Industriel des Voies (EIV) nach Bretenoux gebracht hatte, [www.drehscheibe-online.de] . Da es auf der Rückfahrt keine Wagen zu befördern gab, war die Crew mit deutlicher Verfrühung unterwegs und konnte sich bis zur planmäßigen Abfahrtszeit erstmal zur wohlverdienten Kaffeepause in die Stube des Agent de circulation verabschieden. Datum: 17.12.2021 Ort: Saint-Denis-près-Martel [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 67400 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Infrastruktur Top 3 der Woche: 5 Punkte |
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Le nain et le géant geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 08.01.24, 17:43 |
Das französische Massif Central und seine Viadukte - zeitlos schöne Giganten aus Eisen, Stahl oder Stein und doch zugleich stille Zeugen einer längst vergangenen Epoche - gehören untrennbar zusammen. Viele von ihnen assoziiert man mit dem klangvollen Namen Gustave Eiffel, bei den Bauwerken von Rouzat und Neuvial, dem kühnen Garabit oder dem seit Jahren stillgelegten Viaduc de la Tardes auch völlig zurecht. Im Falle des Viadukts von Busseau-sur-Creuse im gleichnamigen Département indes entbehrt die immer wieder aufkommende Zuschreibung jeglicher Grundlage, denn der eiserne Koloss wurde bereits 1864 fertiggestellt, zwei Jahre bevor Eiffel in Levallois-Perret bei Paris seine eigene Firma gründete und mit ihr seinen Siegeszug im Brückenbau begann.
Das tut der Faszination, die von der rund 338 Meter langen und 56 Meter hohen Brücke ausgeht, allerdings keinen Abbruch, denn auch das Ingenieurteam der Compagnie du Chemin de fer de Paris à Orléans (PO) rund um Wilhelm Nördling war zu technischen Ausnahmeleistungen imstande. Seit nunmehr fast 160 Jahren führt der Viadukt die Bahnstrecke von Montluçon nach Saint-Sulpice-Laurière, wo sie auf die aus Paris kommende POLT trifft, sicher über den Talgrund. Doch wie auf so vielen Strecken im Zentralmassiv ist ihre verkehrliche Bedeutung immer weiter geschrumpft. So sind die legendären Turbotrains, wie sie Jochen noch 2002 als durchgehende Verbindung von Lyon nach Bordeaux festhalten konnte [www.drehscheibe-online.de] , längst Geschichte und auch die Kooperative Railcoop, die die von der SNCF aufgegebene überregionale Verbindung wiederbeleben wollte, steht mittlerweile vor einem finanziellen Scherbenhaufen. So muss sich der Fotograf mit einem kurzen TER-Triebwagen abfinden, der im Vergleich zu den Dimensionen des Riesen aus Gusseisen regelrecht zwergenhaft wirkt. Dennoch stand eine Umsetzung im tiefen Streiflicht schon länger auf meinem Wunschzettel. Das ist allerdings gar nicht so einfach, denn das kümmerliche Angebot zwischen Montluçon und Guéret beschränkte sich in den letzten Jahren stets auf ein bis zwei tägliche Zugpaare, wovon der morgendliche Westfahrer nur wenige Wochen im Jahr im passenden Winkel von der aufgehenden Sonne beschienen wurde, während er über den Viadukt rumpelte. Auf einer im Übrigen etwas verkorksten Tour zum SMDA-Wasserzug, der spontan ausfiel, gelang das ersehnte Foto endlich und polierte die Bilanz des Abstechers nach Zentralfrankreich merklich auf. Fürs Notizbuch: 10. Februar 2023, 8:26 Uhr, TER 868701 (Montluçon - Limoges). Datum: 10.02.2023 Ort: Busseau-sur-Creuse [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 73500 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Stimmungen mit Zug Top 3 der Woche: 16 Punkte 2 Kommentare [»] |
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A plat ventre dans la neige geschrieben von: Julian en voyage (535) am: 04.01.24, 16:17 Bild des Tages vom 28.01.25 |
Bäuchlings im Schnee lag ich für diese Aufnahme, um den weiten Blick über die Jura-Landschaft mit glitzernder Schneeauflage und dem Licht-und-Schatten-Spiel, das der nahe Waldrand auf die Weide in ihrem winterlichen Kleid warf, einfangen zu können. Aber es war - so die einhellige Einschätzung von Fotokumpel Matthias und mir - die einzige Möglichkeit, eine unattraktive landwirtschaftliche Halle auszublenden und zugleich einen sauberen Bildabschluss zu setzen. Da mussten wir jetzt also durch, ganz nach dem Motto "Nur die Harten kommen in den Garten". Hosen und Anorak sollten in der Sonne, die an diesem wunderschönen Wintertag vom Himmel strahlte, schnell wieder getrocknet sein...
Dankenswerterweise weitaus pünktlicher als der "Picasso"-Triebwagen, wegen dem wir alle eigentlich an die "Ligne des Horlogers" - die "Uhrmacherlinie" - gekommen waren, erlöste uns hier der AGC im Design der alten Région Franche-Comté als TER 18109 (Besançon - Morteau), der sich oberhalb der kleinen Kirche von Les Combes im Weiler La Colombière gemächlich seinem Zielbahnhof näherte. Der Scheitelpunkt im Wald bei Gilley war bereits passiert, als die Zeiger des lokaltypischen "Clocher comtois" langsam der Elf entgegen tickten. Hinweis für etwaige "Nachahmungstäter": Die unterhalb des Gleises stehenden Nadelbäume, die schon vor knapp zwei Jahren dem VT gefährlich nahe kamen, dürften eine Wiederholung dieses Blickwinkels aktuell unmöglich machen. Datum: 15.01.2022 Ort: Colombière [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 76500 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 7 Punkte 4 Kommentare [»] |
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