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C'era una volta... geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 27.03.23, 18:48 |
Oder auch: A shot everyman and his dog has done!
Es war einmal eine Bahnstrecke, die verlief von Genua aus westwärts zur französischen Grenze, das einzige Gleis immer eng an die Küste geschmiegt. So schön, so unpraktisch für eine internationale Magistrale, oder eine Strecke, die dies sein will. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts keimten daher Pläne auf, sie um ein zweites Gleis zu ergänzen. Bedingt durch die topografischen Gegebenheiten ging es mit der Umsetzung nur schleppend voran, 1936 zunächst auf dem kurzen Stück zwischen Albenga und Loano, dreißig Jahre später im Stadtgebiet von Genua und direkt an der Grenze im Westen. Während diese ersten Ausbauten den Charakter als Küstenstrecke nicht grundlegend veränderten, wich man bei den späteren Abschnitten auf Tunnel durch das Landesinnere aus. Am 11. Dezember 2016 war der besonders reizvolle Part rund um Imperia (von San Lorenzo al Mare bis Andora) an der Reihe, ein herber Schlag für die fotografierende Zunft - Und wohl auch für manch Reisenden auf dem Weg nach und von Imperia, wo der neue Bahnhof denkbar ungünstig zu den beiden Stadtkernen liegt. Es war einmal eine Fotostelle, die in diesem Abschnitt lag. Natürlich nicht die einzige, aber eben DIE Fotostelle. Einen Innovationspreis wird man für den morgendlichen Blick auf Cervo mit seiner barocken Kirche San Giovanni Battista nicht mehr gewinnen können, denn so ziemlich jeder Freund von Italiens Bahnen stand dort wohl schon einmal. Ein schöneres Idiom als es die Briten dafür gefunden haben, fällt mir auch nicht ein. ;) Dennoch bleibt sie unvergessen, zu einzigartig war die beinahe kitschige Mischung aus Bahn und Meer. Dementsprechend traf man dort vor allem in den letzten Betriebsjahren und -monaten oft Gleichgesinnte aus aller Herren Länder und konnte zwischen den Zügen in geselliger Runde fachsimpeln. Irgendeine gemeinsame Sprache fand sich eigentlich immer: Italienisch, Deutsch, Französisch, Englisch... Es war einmal ein Güterzug, der einmal pro Woche in fotogener Zeitlage an jener Fotostelle vorbei schaute. Und nicht irgendein Güterzug, sondern eine meist reinrassige Schlange aus FS-Teleskophaubenwagen. Immer samstags war er unterwegs, der MRI 48363 (Ventimiglia Parco Roja - Novi San Bovo). Am 20. Februar 2016 war es der "Tigre" E 652 134, der den Zug im mittlerweile geschlossenen Grenzgüterbahnhof von der SNCF übernommen hatte, um ihn entlang der Blumenriviera zum Ilva-Stahlwerk von Novi Ligure zu bringen. Um kurz nach neun klickten die Kameras, der Zug schepperte vorüber und hinterließ zufriedene Gesichter der zahlreich Angereisten... Cervo, es war einmal! Zuletzt bearbeitet am 28.03.23, 08:15 Datum: 20.02.2016 Ort: Cervo [info] Land: Europa: Italien BR: IT-E652 Fahrzeugeinsteller: Trenitalia Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 22 Punkte 7 Kommentare [»] |
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Steuerwagenparadies Italien geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 25.03.23, 19:47 |
Für Freunde von Steuerwagen (sofern es diese gibt - wahre Aficionados des "falschen" Zugendes dürfen sich gerne outen...! ;)) ist die Apenninhalbinsel ein echtes Eldorado. Unzählige verschiedene Bauarten haben sich im Laufe der letzten Jahrzehnte herausgebildet.
Angefangen hat es in den 1960er Jahren mit den "Piano ribassato"-Wagen, die mit ihrem Niederfluranateil neue Maßstäbe im Vorort- und Regionalverkehr setzten. In den darauffolgenden Dekaden kamen die MDVE/MDVC-Wagen hinzu, verschiedene Steuerwagenbauarten inklusive, als hasenkastenförmige "Schrankwand" oder aerodynamisch mit dem "Mazinga"-Kopf, letzterer wiederum wahlweise mit Stellpult für E- oder Dieselloks... Im Doppelstockbereich zunächst ab 1979 die "Casaralta"-Wagen, die auf den Voitures de Banlieue à deux niveaux (VB 2N) des Pariser Vorortverkehrs beruhten, im neuen Jahrtausend ergänzt um bzw. ersetzt von den modernen "Vivalto"-Garnituren. Auch in den Regionalverkehr abgewanderte UIC X-Wagen bekamen einen Führerstand verpasst und in jüngster Vergangenheit hielten die carrozze semipilota schließlich auch im bis dahin noch weitgehenden "unverpendelten" Fernverkehr Einzug. Wir sehen also: Die Typenvielfalt ist immens! Dank der seit 1999 in insgesamt über 700 Exemplaren beschafften Wendezug-Loks der Reihe E 464, die rasch alle älteren E-Loks aus dem Nahverkehrsdienst verdrängten, konnten sich lokbespannte Zuggarnituren noch bis weit in die 2010er/2020er Jahre hinein auf den meisten elektrifizierten Strecken des Landes behaupten und sind erst mit den Ablieferungen der neuesten Triebwagen-Generation ("Pop" und "Rock") langsam auf dem Rückzug. Folgerichtig baute man auch die "Piano ribassato"-Wagen, mit denen in den 60ern der Siegeszug der Steuerwagen begann, noch einmal um und verpasste ihnen ab 2004 u.a. eine neue, recht gefällige Frontpartie. Diesen Zustand repräsentierte auch das Exemplar, das am 18. April 2014 im Regionale 23686 (Roma Tiburtina - Pescara) mitlief und bei Goriano Sicoli im spektakulären Abstieg vom Scheitelpunkt der Apenninquerung Rom - Pescara in den Talkessel von Sulmona einen der zahlreichen Viadukte überquerte, die für Fotografen nur nach einem längeren - aber unglaublich schönen - Fußweg zu erreichen sind. Typisch für die Übergangsjahreszeiten in den Abruzzen sind die starken Kontraste in der Landschaft: Während auf den Bergen noch üppig Schnee liegt, erstrahlt die fruchtbare Ebene schon in saftigem Grün. Zuletzt bearbeitet am 26.03.23, 12:53 Datum: 18.04.2014 Ort: Goriano Sicoli [info] Land: Europa: Italien BR: Steuerwagen (außer von Triebwagen) Fahrzeugeinsteller: Trenitalia Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 16 Punkte 5 Kommentare [»] |
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Una giornata ventosa geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 16.03.23, 19:38 |
Am 11. Dezember 2022 wehte ein starker Nordwind aus den Alpen über den Comer See und die Brianza hinweg in Richtung Poebene. Die kräftigen Böen trieben immer wieder zerzauste Wolken über den Himmel, doch wenn einmal die Sonne schien, war die Intensität des Lichts kaum zu überbieten und die Farben zeigten jene Klarheit, wie sie nur an den kürzesten Tagen des Jahres hervortritt.
Passend dazu schickte die Fondazione FS den letzten "Lario Express" der Saison von Mailand aus auf den Weg nach Como und Lecco. Gebildet war der Treno storico 96003 (Milano Centrale - Lecco) an diesem Tag aus D445 1001 und einer stilechten Garnitur aus einem Corbellini-, drei Centoporte- sowie einem Gepäckwagen - Die (fast) perfekte Illusion eines italienischen Nahverkehrszugs der späten 70er oder frühen 80er Jahre. Nur der erste Wagen tanzt mit seiner braunen Farbgebung gegenüber dem Rest in "grigio ardesia" ein bisschen aus der Reihe. Kurz vor seinem Zielbahnhof überquert der Zug die Stahlfachwerkbrücke über die Adda, deren Oberfläche vom Wind in ein Meer aus kleinen Wellen verwandelt wurde, die das letzte Herbstlaub an den feinen Kiesstrand trugen. Der Fluss bildet hier ein kurzes Nadelöhr zwischen dem Comer See (Lario) und dem kleinen Lago di Garlate, den er auf seinem Weg nach Süden durchfließt. Jenseits der Bahnbrücke lugen der Ponte Azzone Visconti (erbaut 1336 - 1338 als Verbindung zwischen Lecco und dem Herzogtum Mailand) und die kleine Isola Viscontea mit ihrem Türmchen hervor, hoch über alldem die Bergkette der Corni di Canzo. PS: Einen gelben Baukran am anderen Flussufer (auf Höhe des Gepäckwagens) sowie einen im Eifer des Gefechts in den Bildausschnitt gelaufenen Mitfotografen habe ich weggepixelt. Datum: 11.12.2022 Ort: Lecco [info] Land: Europa: Italien BR: IT-D445 Fahrzeugeinsteller: Fondazione FS Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 17 Punkte 8 Kommentare [»] |
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Il tramonto sull'Aspromonte geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 15.03.23, 16:25 |
Wenn es Abend wird an der italienischen Stiefelspitze, versinkt der rot glühende Sonnenball hinter den Bergen des Aspromonte, jenes trockenen und mitunter bizarr gezackten Gebirgsmassivs in Kalabrien, wo das Erbe der Magna Graecia mit seinen griechischen Sprachinseln auf den Rückzugsort der ’Ndrangheta trifft. Unterstrichen wird der unwirtliche Eindruck mancherorts durch die Ruinen längst verlassener Häuser, nicht nur in der eindrucksvollen Geisterstadt Africo Vecchio, sondern zum Beispiel auch auf dem Felsen Rocca Bianca, der in Bova Marina direkt oberhalb von Bahnstrecke und Küste thront.
Pünktlich zum Sonnenuntergang brummte am 9. September 2019 ein einzelner ALn 663 als Regionale 22482 (Reggio di Calabria - Roccella Jonica) vorbei. Noch dominieren die Fiat-Triebwagen aus den späten 80er Jahren gemeinsam mit den nur drei ab 2015 nach Kalabrien gelieferten PESA Atribo (ATR 220) den Regionalverkehr auf der reizvollen Küstenlinie. Doch schon bald dürfte auch ihr Stern zu sinken beginnen, denn in diesen Tagen absolviert der erste bimodale HTR 412 von Hitachi Testfahrten auf der Ferrovia Jonica zwischen Reggio und Catanzaro. Insgesamt 13 Exemplare sollen davon in nächster Zeit geliefert werden und das bewährte, aktuellen Anforderungen an Barrierefreiheit und Klimatisierung aber nicht mehr genügende Fahrzeugmaterial verdrängen... Datum: 09.09.2019 Ort: Bova Marina [info] Land: Europa: Italien BR: IT-ALn663 Fahrzeugeinsteller: Trenitalia Kategorie: Stimmungen mit Zug Top 3 der Woche: 9 Punkte 3 Kommentare [»] |
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Segni dell'età geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 12.03.23, 19:31 ![]() ![]() ![]() |
Bald 50 Jahre ist es her, dass die D445 1020 (Savigliano 1975) an die Ferrovie dello Stato geliefert wurde - Ein halbes Jahrhundert, das nicht spurlos an der Lok vorübergegangen ist. Längst zeigt sie sichtliche Alterserscheinungen: Rostflecken überziehen das Dach, Schmutzschlieren rinnen von den Fenstern die Front herab und mancherorts platzt der ausgewaschene XMPR-Lack schon ab. Unklar, ob das, was darunter zum Vorschein kommt, eine Grundierung, abermals Rost oder die Ursprungslackierung in Verde Magnolia/Isabella ist, über die man seinerzeit bei der letzten großen Hauptuntersuchung einfach drüber lackiert hat...
Aber noch ist sie unverzichtbar, denn die Situation im überalterten Diesellokpark von Mercitalia Rail ist chronisch angespannt, seitdem man einerseits vor gut zehn Jahren einen Vorvertrag mit Ansaldo über die Lieferung von 40 neuen Streckenlokomotiven annulliert hat, andererseits aber immer mehr der alten Maschinen abgestellt werden, sei es zur Ersatzteilgewinnung oder weil sie offenbar einfach nicht mehr zu retten sind. So lassen sich die italienweit noch für Güterzüge zur Verfügung stehenden D445er an den Fingern beider Hände abzählen. Von der ersten Serie mit ihren charakteristischen Einfachleuchten, die Anfang 2012 nach dem Ausscheiden im Personenverkehr auf der Ferrovia Jonica in vielen Exemplare nach Turin kam, sind es Anfang 2023 neben der abgebildeten Lok noch D445 1018, 1019 und 1033. Am 31. Januar 2023 hat die Protagonistin die Kimberly-Clark-Papierfabrik in Romagnano Sesia bedient und rollt nun mit der ungewöhnlich kurzen Leerwagenschlange als MRV 39705 (Romagnano Sesia - Novara Boschetto) bei San Bernardino zurück zum Ausgangspunkt ihres Ausflugs. Danach wird wieder für eine Woche Ruhe auf den Gleisen einkehren: [www.drehscheibe-online.de] In ihrem Rücken erheben sich - gefiltert durch die Mischung aus Dunst und Smog, wie sie an vielen Wintertagen typisch für die Poebene ist - die mächtigen Alpengipfel, auf denen auch im schneearmen Winter 2022/23 ein Hauch der weißen Pracht liegt. PS: Die Lok trägt zwar anders als manche ihrer Schwestern wenigstens an der Front keine großflächigen Graffiti, dafür aber gleich mehrere Tags, die ich nachträglich digital entfernt habe. Datum: 31.01.2023 Ort: San Bernardino [info] Land: Europa: Italien BR: IT-D445 Fahrzeugeinsteller: Mercitalia Rail Kategorie: Zug schräg von vorn Top 3 der Woche: 32 Punkte 12 Kommentare [»] |
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Zeitenwende(n) geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 08.03.23, 17:36 |
Seit jeher erfreut sich die Côte d'Azur auch bei der russischen Upper class großer Beliebtheit. Waren es im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert noch überwiegend Aristokraten - so begegnet einem u.a. der Name Romanow, wenn man im milden Südfrankreich auf Spurensuche ist -, traten in den letzten Jahrzehnten die reichen Oligarchen des "neuen" Russlands an ihre Stelle. Entsprechend wurde auch bereits vor dem Ersten Weltkrieg eine Bahnverbindung zwischen Russland und der Côte d’Azur eingerichtet: Von 1898 bis 1914 ging es per Luxuszug von St. Petersburg über Wien und Nizza nach Cannes, wobei die Fahrgäste damals in Warschau zwischen dem breitspurigen russischen Zug und seinem von der Compagnie Internationale des Wagons-Lits (CIWL) betriebenen mitteleuropäischen Pendant umsteigen mussten. Aufgrund seiner großen Beliebtheit im Hochadel der russischen und Habsburger Monarchie führte er inoffiziell auch den Namen „Train des Grand-Ducs“.
Fast 100 Jahre später nahm die RŽD im Jahre 2010 die traditionsreiche Verbindung wieder auf, wenn auch in abgewandelter Form. Als besonderes Aushängeschild sollte von nun an ein durchgehender Zug vom Weißrussischen Bahnhof in Moskau bis unter die geschwungenen Bögen der Bahnsteighalle von Nizza rollen. Die Bestellung moderner Weitstreckenwagen, die auch auf der mitteleuropäischen Regelspur freizügig eingesetzt werden konnten, machte es möglich. Es war sicher einer der spannendsten - und längsten - Zugläufe in der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts. Das Ende des Prestigeprojekts kam dann unerwartet von einem Tag auf den anderen - Wie so vieles, was im Frühjahr 2020 geschah. Die Corona-Pandemie, die sich von Norditalien aus ihren Weg durch Europa bahnte, sollte nicht nur unseren Alltag in zuvor kaum vorstellbarem Maße über den Haufen werfen, sondern führte auch dazu, dass der "Moskau-Nizza-Express" am 5. März 2020 eingestellt wurde - "Vorübergehend", wie es zunächst hieß... Doch seitdem aus Moskau nicht mehr nur Liebesgrüße nach Westen versendet werden, scheint auch das Schicksal des Nachtzugs an die Côte d'Azur besiegelt. Spätestens mit dem Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 dürfte wohl jedem klar geworden sein, dass es so bald keine Zugverbindung mehr von Russland ins französische Urlaubsparadies geben wird. Am 20. Februar 2016 standen russische Truppen zwar auch längst auf der Krim und im Donbas, aber zumindest der "Moskau-Nizza-Express" rollte dessen ungeachtet durch Europa, ebenso wie sein Pendant nach Paris. Die viel zitierte Zeitenwende, die heute in aller Munde ist, war eben noch nicht vollzogen. So glitt im goldenen Morgenlicht des Wintertages EN 17 (Moskva Belorusskaya - Nice Ville) bei Mortola Inferiore unweit der italienisch-französischen Grenze in gemächlichem Tempo um die Kurve. Die ersten Sonnenstrahlen umspielten dabei die charakteristische "Nase" der führenden BB 22331, die den Zug erst kurz zuvor im Grenzbahnhof Ventimiglia von einem "Caimano" der Trenitalia übernommen hatte. Datum: 20.02.2016 Ort: Mortola Inferiore [info] Land: Europa: Italien BR: FR-BB 22200 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 22 Punkte 10 Kommentare [»] |
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Wo auch im Winter die Blumen blühen geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 19.02.23, 18:17 |
Wo auch im Winter die Blumen blühen, da muss er wohl sein, der mondäne Küstenabschnitt, der in Deutschland auf den klangvollen Namen Blumenriviera hört. Ein wegen seiner revolutionären Schriften aus Frankreich verbannter Schriftsteller soll hier begonnen haben mit der Blumenzucht. Da er offenbar großen Erfolg mit dem Versand der bunten und duftenden Ware ins ferne Paris hatte, taten es ihm die Einheimischen gleich und so schießen an der Riviera di Ponente zwischen Genua und Ventimiglia neben Zitrus- und Olivenhainen heute auch zahllose Gewächshäuser der Gärtnereien empor.
Auch abseits der bewirtschafteten Flächen blüht und duftet es im Januar, wenn auch eine Nummer kleiner und dezenter. So war das Warten auf den Zugverkehr entlang der alten Küstenstrecke nicht nur wegen der Aussicht auf Meer und Brandung ein besonderes Vergnügen. Unweit des bekannten Kirchenblicks von Cervo - wohl dem Motiv der Motive, das jeder einmal gemacht hat, ehe die Strecke Ende 2016 zweigleisig ausgebaut und in den Berg verbannt wurde - schaute ich am 29. Januar 2013 einmal in die Gegenrichtung. Düstere Wolken hingen an diesem wechselhaften Tag über der Küste, aber für den ein oder anderen Zug hatte die Sonne ein Einsehen. Aus heutiger Sicht besonders interessant ist die "Fanta-Dose" ALe 801/940, die als Regionale 6229 (Ventimiglia - Savona) über den schmalen Laufsteg zwischen Steilhang und Küstensaum surrte. Die zwischen 1975 und 79 für den Vorortverkehr gebauten Elektrotriebwagen sollten sich wenige Jahre später - etwa zeitgleich mit der eingleisigen Küstenstrecke - aus der ligurischen Eisenbahnszene verabschieden. Datum: 29.01.2013 Ort: Cervo [info] Land: Europa: Italien BR: IT-ALe801/940 Fahrzeugeinsteller: Trenitalia Kategorie: ungewöhnliche Perspektiven Top 3 der Woche: 9 Punkte 5 Kommentare [»] |
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Doppio Minuetto geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 15.02.23, 19:24 ![]() ![]() ![]() |
Während die piemontesische Provinzhauptstadt Biella bereits seit 1856 in Richtung Santhià und Turin an das Schienennetz angeschlossen ist, ließ eine Verbindung in östlicher Richtung trotz jahrzehntelanger Bestrebungen auf sich warten. Erst 1925 wurde die private Società Ferrovie Elettriche Novaresi (SFEN) mit Bau und Betrieb der rund 50 Gleiskilometer nach Novara beauftragt - ganz modern elektrisch sollte es zugehen, wie schon der Gesellschaftsname zum Ausdruck brachte. Daraus wurde letztlich nichts, ohne dass dieser Umstand einer Eröffnung mit viel Pomp am 18 Mai 1939 entgegengestanden hätte, in Anwesenheit des "Duce" höchstselbst. "Una giornata formidabile!" titelte La Stampa damals [www.archiviolastampa.it] ... Nun ja, tatsächlich wurde der reguläre Zugbetrieb wegen einiger noch ausstehender Restarbeiten und Fahrzeugmangel erst mehr als ein Jahr später aufgenommen.
Die verhältnismäßig späte Entstehungszeit in den 1930er Jahren ist an der streckenbegleitenden Infrastruktur noch heute gut zu erkennen. Die Bahnhofsgebäude zeigen sich mit ihren kantigen Formen irgendwo zwischen Kolonialstil und Razionalismo und auch die Betonbogenbrücke bei Ghislarengo über den Sesia, einen linken Nebenfluss des Po, ist epochentypisch. Der tiefe Wasserstand des am Monte Rosa-Massiv entspringenden Flusslaufs ließ am 31. Januar 2023 im breiten Flussbett mehrere kaum von der Strömung berührte "Pfützen" entstehen, die gemeinsam mit der weitgehenden Windstille schöne Spiegelungen ermöglichten. So ließ sich auch der als Regionale 11616 (Novara - Biella S. Paolo) vorbei kommende Minuetto gleich in doppelter Ausführung porträtieren. Datum: 31.01.2023 Ort: Ghislarengo [info] Land: Europa: Italien BR: IT-ALn501 Fahrzeugeinsteller: Trenitalia Kategorie: Bahn und Infrastruktur Top 3 der Woche: 27 Punkte 12 Kommentare [»] |
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Tradotta mattutina geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 11.02.23, 21:57 |
Die norditalienische Poebene ist seit jeher von einem dichten Nebenbahnnetz durchzogen, das sich in weiten Teilen bis heute erhalten hat. Wer die nötige Zeit mitbringt, kann sich vom Mündungsdelta bis an den Fuß der ersten Alpengipfel mit Regionalzügen abseits der Magistralen durch die endlosen Felder schaukeln lassen.
Merklich ausgedünnt hat man das Netz allerdings zum Beginn der 2010er Jahre im Piemont, wo zwischen 2012 und 2014 gleich vierzehn (!) Nebenbahnen ihren Personenverkehr (und damit meist den gesamten Betrieb) verloren. Das entsprach etwa einem Viertel des damaligen Netzes der Region! Die Strecke von Novara nach Varallo Sesia weist immerhin im Abschnitt bis Romagnano noch mehr oder minder regelmäßigen Betrieb auf. Dort sorgt der US-Hygienepapier-Multi Kimberly-Clark, der am Standort überwiegend Küchenpapier ("Scottex") für den italienischen Markt produziert, für Aufkommen im Güterverkehr. Einmal die Woche - in der Regel dienstags - erhält er eine Lieferung Zellstoff über die Schiene. Während die leere Rückfahrt vor der Alpensilhouette ein gerne fotografiertes Motiv ist (coming soon!), muss man für die morgendliche Hinfahrt kreativ werden, denn weder Sonnenstand noch "Motivlage" sind trivial. Am 31. Januar 2023 entschied ich mich für den ehemaligen Bahnhof San Bernardino, der weitab des namensgebenden Ortes inmitten von Reisfeldern liegt und heute das Herz eines jeden Lost places-Fans höher schlagen lässt... Noch ehe die kurz zuvor aufgegangene Sonne Gelegenheit gehabt hätte, den frostigen Boden (und Fotografen) auch nur etwas aufzutauen, brummte der Diesel-Veteran D445 1020 (Baujahr 1975) mit ein paar Schiebewandwagen als MRS 39704 (Novara Boschetto - Romagnano Sesia) gemächlich heran und passierte unter fröhlichem Pfeifen der sympathischen Crew den Bahnsteig, der seit 2003 seiner Funktion beraubt ist. Datum: 31.01.2023 Ort: San Bernardino [info] Land: Europa: Italien BR: IT-D445 Fahrzeugeinsteller: Mercitalia Rail Kategorie: Stimmungen mit Zug Top 3 der Woche: 12 Punkte 4 Kommentare [»] |
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Sous une fine couche de neige geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 28.01.23, 19:52 |
Mitte Januar sorgten Temperaturen unterhalb der Nullgradmarke und leichte Niederschläge auch in den Vogesen für eine dünne Schneeschicht bis in mittlere Lagen, also auch in greifbarer Nähe der Bahnstrecken. Als am vergangenen Samstag, dem 21. Januar 2023, dann wenigstens für ein paar Stunden die Sonne durchbrach, galt es auf dem schmalen Grat zwischen schöner Ausleuchtung und langsam wegtauendem Schnee zu wandeln.
Während sich im Tal rund um Saint-Dié schon eine "Kuhflecken-Landschaft" breit machte, hing kurz vor der Einfahrt in den Tunnel de Vanémont 1 am Vormittag sogar noch ein bisschen Schnee auf den Bäumen, wenn auch weitaus weniger, als ein Stück weiter nördlich im Pfälzer Wald. Unweit des Scheitelpunkts der Ende 2021 reaktivierten Strecke nach Épinal, die seit Inkrafttreten des Winterfahrplans 2018/19 wegen maroden Oberbaus eingestellt war, befinden wir uns hier auf ziemlich genau 500 Metern über dem Meer. Der als TER 831910 (Strasbourg - Épinal) verkehrende X 76660 passte genau in eine der spärlichen Lücken, in denen im Januar in der waldreichen Gegend die Sonne ihren Weg zwischen den Baumwipfeln hindurch findet. Einladen möchte ich an dieser Stelle zu einem Vergleich mit dem sehenswerten, bereits in der Galerie enthaltenen Foto von User "fers à repasser", das an selber Stelle entstanden ist [www.drehscheibe-online.de] . Nicht nur die Jahreszeit ist eine andere, sondern vieles mehr hat sich in knapp 30 Jahren verändert. Angefangen beim Fahrzeugeinsatz über die längst demontierte Telegrafenleitung bis hin zu deutlichen Unterschieden in der Vegetation. Während man die Straßenböschung rechts erst kürzlich gerodet hat, sind die Nadelbäume und anderen Gehölze links des Gleises prächtig gediehen, sodass der Blick ins Tal dem Betrachter heute verborgen bleibt... Zuletzt bearbeitet am 28.01.23, 20:59 Datum: 21.01.2023 Ort: Corcieux-Vanémont [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 76500 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 8 Punkte 5 Kommentare [»] |
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Viaggio nel tempo geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 25.01.23, 18:19 |
Zwischen internationalen Magistralen und dicht getakteten Vorortlinien findet sich in der Brianza, dem nördlich von Mailand gelegenen Hügelland, auch noch ein Stück klassischer, beschaulicher Eisenbahn. Auf der Nebenstrecke von Como nach Molteno und weiter nach Lecco hängt (noch) kein Fahrdraht und eine Reihe von Zwischenhalten zeigt eine Facette der Eisenbahn, die in einem kaum stärker denkbaren Kontrast zu manch moderner - zwar barrierefreier, aber doch auch optisch kühler - "Verkehrsstation" steht. Der Bahnsteig vieler Haltepunkte besteht hinter der einfachen Bahnsteigkante nur aus Rasen - Kein Asphalt, keine Fliesen, nur frisch gemähtes Gras, Blumenbeete und ein paar Bäumchen.
Auch die alten Empfangsgebäude sind noch erhalten. Und dabei nicht einmal verwaist, sondern in unterschiedlicher Nutzung. Ihr Zustand oszilliert zwischen leichter Patina und dezenter Renovierung. Das von Casletto nutzt die Kommune, in Brenna hat sich die Greenpeace-Ortsgruppe eingerichtet und der alte Bahnhof von Moiana dient als Wohnhaus. Was liegt also näher, als die Einladung zu einer kleinen Zeitreise anzunehmen und das Ensemble mit einem passenden Fahrzeug in Szene zu setzen? Sehr gelegen kommt da der "Lario Express", ein Sonderzug, den die Fondazione FS an ausgewählten Wochenenden von Mailand aus auf den Weg nach Como und Lecco schickt. Am 11. Dezember 2022, dem letzten Fahrtag der Saison, war für die Traktion des Treno storico 96003 (Milano Centrale - Lecco) D445 1001 eingeteilt. Die 1974 von Fiat Savigliano an die Ferrovie dello Stato gelieferte Lok verbrachte den Großteil ihrer aktiven Karriere am anderen Ende des Stiefels, ehe sie nach ihrem Ausscheiden beim Depot Reggio di Calabria ins Ausbesserungswerk Rimini überführt wurde, das sie im Oktober 2020 in der klassischen Livrea verde/isabella wieder verließ. Damit zeigt sie sich nun weitgehend im Betriebszustand der 90er-Jahre, also nach dem Austausch der runden Original-Frontfensterscheiben durch stabilere Pendants und der Nachrüstung mit 78-poliger Wendezugsteuerung. Übrigens: Bis 2026 soll auch Como - Lecco unter Strom gesetzt werden, sicherlich mit einem Umbau der "stazioni sul prato", denen Giorgio Stagni auf seiner Seite einen ausführlichen Bildbericht gewidmet hat [www.stagniweb.it] , verbunden... [www.espansionetv.it] Zuletzt bearbeitet am 25.01.23, 19:25 Datum: 11.12.2022 Ort: Moiana [info] Land: Europa: Italien BR: IT-D445 Fahrzeugeinsteller: Fondazione FS Kategorie: Bahn und Infrastruktur Top 3 der Woche: 10 Punkte 3 Kommentare [»] |
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Dreifach Glück im zweiten Anlauf geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 17.01.23, 18:43 ![]() ![]() ![]() |
Seit ihrer Ablieferung an das Deposito Locomotive di Sulmona in den Jahren 1982/83 bildeten die ALn 668 3300 das Rückgrat im Zugbetrieb auf den von dort ausgehenden Nebenbahnen in Richtung L'Aquila/Terni, Carpinone sowie der nicht minder reizvollen Verbindung von Avezzano nach Roccasecca. Die letzte Serie der großen 668er-Familie wurde eigens für die anspruchsvollen Gebirgstrecken der Abruzzen beschafft und weist gegenüber den vorigen Bauserien eine spezielle Getriebeübersetzung sowie eine geringere Höchstgeschwindigkeit von nur 110 km/h auf. Durch die Einstellung des regulären Personenverkehrs auf der "Transiberiana d'Italia" (Sulmona - Castel di Sangro - Carpinone) im Jahr 2011 und die Lieferung neuer PESA Atribo (ATR 220) für die Züge zwischen Sulmona und L'Aquila ist die Nebenlinie Avezzano - Roccasecca heute, von umlaufbedingten Einzelleistungen abgesehen, das letzte verbliebene Einsatzgebiet der Fahrzeuge. Von den einstmals 40 Exemplaren stehen dafür nach ersten Ausmusterungen und vereinzelten Abgängen nach Foggia und Ancona noch rund zwei Dutzend in Sulmona zur Verfügung.
Der spektakulärste Streckenabschnitt erstreckt sich rund um das 5000 Einwohner-Städtchen Capistrello, wo die Gleise auf engstem Raum gut 100 Meter Höhendifferenz überwinden, unter anderem mit Hilfe zweier Kehrtunnel. Vom Portal eines der beiden aus bietet sich ein freier Blick auf die mittlere Ebene und den an die steilansteigende Bergflanke geschmiegten alten Stadtkern. Klar, dass ich mir dieses Motiv bei meinem Aufenthalt in den Abruzzen nicht entgehen lassen wollte! Doch wem muss ich erzählen, dass das Fotografenhobby mitunter unerwartete Hürden bereithält...? Eigentlich stand Capistrello schon am Vortag unmittelbar nach diesem Foto [www.drehscheibe-online.de] auf der Agenda. Das verhinderte allerdings ein Unfall mit einem unvermittelt direkt vor meinem Auto aus dem Wald auf die Straße schießenden Reh. Keine schöne Erfahrung, weder für mich als Fahrer, noch (und vor allem) für das bemitleidenswerte Tier, das nach der Kollision noch Reißaus nehmen konnte, aber sicher nicht ohne bleibende Verletzungen davongekommen ist... Die Schäden an meinem Auto nahmen dann die drei (!) in einem Fiat Panda herbeigeeilten Beamten der Carabinieri Forestali auf, einer der schier unüberschaubaren Untergliederungen der italienischen Polizeibehörden, zuständig für alles, was irgendwie mit Wald und Wild zu tun hat. Gut, habe ich die also auch einmal kennengelernt. Da die Drei ebenso gründlich wie freundlich waren, konnte ich eine rechtzeitige Ankunft am Motiv trotz ursprünglich üppigen Zeitpolsters natürlich abschreiben. Doch zumindest in fotografischer Hinsicht nahm die Sache noch einen positiven Ausgang. Glücklicher Umstand Nummer eins: Ich hatte mich ohnehin für ein paar Nächte im einzigen Hotel von Capistrello einquartiert, sodass einem Besuch am nächsten Tag nichts entgegenstand. Das Motiv war von dort sogar fußläufig erreichbar. Allerdings war nun das Wetter alles andere als freundlich. Da kam glücklicher Umstand Nummer zwei ins Spiel: Für rund eine Minute (ungelogen die einzige in der ganzen Stunde!) gaben die den kompletten Vormittag über in den umgebenden Bergen hängenden Wolken der Sonne ausreichend Raum, um alle wesentlichen Motivbestandteile zu erhellen. Und dass dann der wiederum einzige lichtmäßig passende Zug auch noch genau die nötigen paar Minuten Verspätung hatte, um zeitgleich mit der unerwarteten Wolkenlücke durch das Motiv zu brummen, war doch einigermaßen unglaublich. Dreifach Glück im zweiten Anlauf! Just for the record: Regionale 20188 (Cassino - Avezzano) mit ALn 668 3313 an der Spitze. Datum: 24.11.2022 Ort: Capistrello [info] Land: Europa: Italien BR: IT-ALn668 Fahrzeugeinsteller: Trenitalia Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 24 Punkte 7 Kommentare [»] |
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Legname per Verzuolo geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 13.01.23, 19:52 |
Lange Jahre über generierte die zur Burgo-Gruppe gehörende Papierfabrik im piemontesischen Verzuolo dem Schienengüterverkehr immense Tonnagen. Da die Anbindung allein über die nicht elektrifizierte Nebenbahn Cuneo - Saluzzo - Savigliano möglich ist, entwickelte sich die Gegend schnell zum Pilgerziel der Fotografen, denn diesellokbespannte Übergabezüge haben in Italien längst Seltenheitswert. Neben Kesselwagen mit Calciumcarbonat (Kreide), das in der Papierproduktion als Füllstoff eine wichtige Rolle spielt, machte im Wareneingang das aus den europäischen Nachbarländern importierte Holz den größten Anteil aus.
Dieser Zustand änderte sich schlagartig im Jahr 2019, als eine tiefgreifende Produktionsumstellung vollzogen wurde: Von gestrichenem Hochglanz-Druckpapier stieg die Fabrik auf die Herstellung von Wellpappenrohpapier für Verpackungen um. Basis für diese reine Gebrauchsware ist Altpapier, das nunmehr (per LKW) überwiegend in Norditalien eingesammelt wird. Die umfangreichen Holztransporte und zugleich der gesamte Schienenverkehr sind damit obsolet geworden. Nach der 2021 erfolgten Übernahme durch den irischen Papier-Multi Smurfit Kappa bleibt die Hoffnung, dass sich zeitnah zumindest wieder ein bescheidener Altpapier-Transport auf der Schiene etablieren kann. Ab Februar 2023 sind zumindest einmal entsprechende Trassen bestellt (1 x die Woche)... Warten wir's mal ab! Von einem ersten Versuch im letzten Jahr hat man (leider) nach einer einzigen Fahrt nichts mehr gehört. Im Oktober 2014 war aber noch alles beim Alten, sodass Basti und ich einen der Holzzüge - die morgendliche TRA 39722 (Cuneo - Verzuolo) - an einem Bahnübergang bei Busca erwarteten, der Eingeweihten nicht ganz unbekannt sein dürfte...;) Die wunderbar klare Sicht veranlasste mich zu einer kleinen Panorama-Variation. Auffälligste Landmarken sind von links nach rechts: Der Glockenturm der Confraternita della SS. Annunziata (1728 - 1735) in der Lücke zwischen Hausdach und Sträuchern, darüber die erste Gipfelkette der Seealpen, in Bildmitte die Silo- und Produktionsanlagen des Stärke-, Futtermittel- und Rohalkoholherstellers Sedamyl (bis heute ein wichtiger Güterkunde der Bahn), rechts des Zuges schließlich ein Teil der endlosen Obstplantagen der Gegend und auf der bewaldeten Kuppe darüber thronend das Kloster Eremo di Belmonte. Der Zug selbst wurde an jenem 22. Oktober 2014 von D146 2008 bespannt, einer Maschine aus der 32 Exemplare umfassenden Serie moderner, aber eher glückloser Dieselloks, die 2002 bis 2006 bei Firema gebaut wurde. Uns wäre eine D445, die sich die Leistungen nach Verzuolo mit den 146ern teilten, natürlich bedeutend lieber gewesen, aber mittlerweile habe ich meinen Frieden auch mit dem "hässlichen Entlein" gefunden. Denn das droht eher heute als morgen selbst zur Rarität auf italienischen Gleisen zu werden. Rund die Hälfte der kaum 20 Jahre alten Loks ist bereits schadhaft abgestellt und gammelt - teilweise zur Ersatzteilgewinnung ausgeschlachtet - in Turin, Mailand, Marcianise oder Rimini vor sich hin... Zuletzt bearbeitet am 14.01.23, 10:20 Datum: 22.10.2014 Ort: Busca [info] Land: Europa: Italien BR: IT-D146 Fahrzeugeinsteller: Trenitalia Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 6 Punkte 1 Kommentar [»] |
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Sotto la benedizione divina geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 11.01.23, 18:34 |
Eine wechselvolle Geschichte hat die Bahnstrecke Ceva - Ormea, die dem Tal des Tànaro in die Ligurischen Alpen folgt, in den letzten Jahrzehnten durchleben müssen. Mehr als einmal stand sie vor dem Aus, doch irgendwie meinte es das Schicksal gut mit ihr, sodass auch heute noch (bzw. wieder) sporadisch ein Zug durch die malerische Landschaft rollt. Ob es vielleicht mit der auffälligen Häufung von Gotteshäusern in unmittelbarer Nähe der Strecke, wie hier in Bagnasco, zu tun hat...? Wie so oft gilt wohl auch in diesem Fall: Glaubenssache!
In der Mitte des 19. Jahrhunderts als Teil einer durchgehenden Verbindung von Ceva nach (Imperia-)Oneglia angedacht, wurden diese Pläne noch vor Baubeginn zugunsten der nur wenig weiter westlich realisierten Tendabahn aufgegeben, sodass die 35 Gleiskilometer schließlich bis 1893 als rein lokalen Bedürfnissen dienende Stichstrecke eröffnet wurden. Zwischen 1938 und 1973 war die Linie Ceva - Ormea Teil des norditalienischen Dreiphasenwechselstrom-Netzes, ehe man sie aus Rentabilitätsgründen - wirklich dicht war der Verkehr nie - auf Dieselbetrieb umstellte. Weitere 40 Jahre später wurde sie zum 17. Juni 2012 zusammen mit zwölf (!) anderen Nebenbahnen Opfer einer großen Einstellungswelle der Region Piemont, die das Betriebsdefizit nicht länger tragen wollte... Das Ende schien eigentlich zu diesem Zeitpunkt bereits besiegelt. 2016 ereignete sich jedoch das erste kleine Wunder im oberen Tànaro-Tal: Auf Betreiben der Fondazione FS wurde die Strecke reaktiviert und am Endbahnhof sogar das zweite Gleis zum Umfahren der sporadischen Züge wieder aufgebaut. Der aufkeimenden touristischen Nutzung verpasste nach nur wenigen Monaten das Hochwasser im Spätherbst 2016 einen kräftigen Dämpfer. Im Ortsgebiet von Priola wurden mehrere Hundert Meter Gleise zerstört und der darunter liegende Bahndamm weggespült. Nicht das erste Mal in der Geschichte von Bahn und Tal, dass sich der Fluss in einen reißenden Strom verwandelte und verheerende Verwüstungen anrichtete... Doch auch damit war das Kapitel der Eisenbahn nach Ormea noch nicht endgültig geschlossen. Die aufwendigen Bauarbeiten wurden tatsächlich bewilligt und seit September 2018 ist die Gesamtstrecke wieder befahrbar. Hoffentlich noch lange Zeit! Am 11. Oktober 2019 unternahmen mehrere Turiner Schulklassen einen Bahnausflug in das an diesem Herbsttag noch leicht neblig-dunstige Tànaro-Tal. Für die Traktion des Charterzuges TS 96431 (Torino Porta Nuova – Ormea) sorgte die ehemalige Trevisaner D 445 1062. Auffällig ist der rote Kontrastbalken auf der Front, einstmals eine Spezialität des Depots im Veneto. Zum Aufnahmezeitpunkt (und noch heute) zählte die Lok allerdings zum Bestand der DTR Piemonte, wo sie seit dem Ende der lokbespannten Regionalzüge in der Region keine Planleistungen mehr hat und daher außer für Abschleppdienste und Überführungsfahrten auch relativ freizügig im Sonderverkehr eingesetzt werden kann. Links des Zuges erheben sich die Ausläufer der bei Kletterern beliebten Falesia di Bagnasco. Zuletzt bearbeitet am 12.01.23, 12:47 Datum: 11.10.2019 Ort: Bagnasco [info] Land: Europa: Italien BR: IT-D445 Fahrzeugeinsteller: Trenitalia Kategorie: Zug schräg von vorn Top 3 der Woche: 16 Punkte 2 Kommentare [»] |
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La piccola automotrice tra boschi e cime geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 05.01.23, 18:41 ![]() ![]() ![]() |
Im Herzen Mittelitaliens erstrecken sich die Abruzzen mit ihren reizvollen, mitunter ergreifend schönen Berglandschaften. Zwischen den gezackten Gipfeln des Gran Sasso-Massivs, des Monte Velino und der Montagna della Maiella wechseln sich karge, verkarstete Flächen und Schafweiden mit Laubwäldern ab, in denen knorrige Eichen, Buchen und Kastanien gedeihen und die der üppigen Fauna Unterschlupf bieten. Der Mensch nimmt jenseits der wenigen Städte oft nur eine Rolle am Rande ein, viele Dörfer finden ihre Grenzen noch heute in den seit Jahrhunderten gewachsenen Ortskernen.
Mitten hinein gegraben in diese große Natur hat sich der Aterno, ein nordwestlich von L'Aquila entspringender Gebirgsfluss. Seinem Lauf folgt beinahe auf gesamter Länge die Bahnstrecke von Sulmona nach L'Aquila. Seit 2015 haben auf ihr die vier in Sulmona beheimateten PESA-Atribo - bei Trenitalia auf den Namen "Swing" getauft - den Verkehr übernommen, verbunden mit der Einführung des hippen Streckennamens "Aterno Line". Den ganzen Verkehr? Nein, ein einziges Zugpaar hielt all die Jahre über an Werktagen noch die Fahne der Fiat-Klassiker ALn 668 3300 hoch, die seit Beginn der 80er Jahre das Rückgrat im Zugbetrieb auf den von Sulmona ausgehenden Nebenbahnen sowie der nicht minder spektakulären Verbindung von Avezzano nach Roccasecca (dazu demnächst mehr!) bildeten. Ende November 2022 hatte ich die Gelegenheit, ein paar Tage in den Abruzzen zu verbringen. Da stand natürlich auch dieses Relikt des klassischen FS-Dieselbetriebs auf der Agenda. Da die Laubfärbung gerade auf ihrem Höhepunkt angelangt war, sollte möglichst viel davon ins Bild gerückt werden. Ich startete also früh am Morgen im Bergdorf Goriano Valli - dort wird man als Auswärtiger zu früher Stunde in etwa so beäugt, wie George Clooney ("The American") bei seiner ersten Ankunft in Castelvecchio ;) - zu einer kleinen Wanderung durch das goldene Blättermeer. Ziel war ein auf einem Bergsattel gelegener Wachturm aus dem 14. Jahrhundert, von dessen Fuß aus sich ein traumhafter Blick hinab in die Aterno-Schlucht eröffnet. Dort angekommen begann nach Entdeckung eines passenden Blätterrahmens das Warten, ob es die Sonne - wie überschlägig vorab per Google Earth kalkuliert - rechtzeitig und im passenden Winkel schaffen würde, den Talgrund auszuleuchten. Ein paar Minuten vor Zugdurchfahrt war klar, dass zumindest das genau passen dürfte. Es blieb somit nur noch die bange Frage, ob tatsächlich gleich der alte Fiat auftauchen würde. Denn der war nach Berichten von Hobbykollegen durchaus etwas launisch. Mal fuhr er wie geplant um 8:30 Uhr ab Sulmona, mal um 10:30 Uhr, mal auch überhaupt nicht. Als von irgendwoher Kirchenglocken neun Uhr schlugen, wurde es ernst. Kaum waren sie verklungen, trat ein anderes Geräusch an ihre Stelle: Anschwellend, verdächtig nach Zug klingend - Und zwar nicht nach dem Staubsauger-Sound eines bergauf keuchenden PESAs, sondern nach dem vertrauten Grummeln des 668ers. Wenig später tauchte der kleine Triebwagen als Regionale 23806 (Sulmona - L'Aquila) auch wirklich aus dem Tunnelportal auf und in den sonnenbeschienen Abschnitt ein. Die Kamera klickte und ein breites Grinsen war mir ins Gesicht geschrieben. Perfekt gelaufen! Der Rückweg bergauf zum Auto wurde mit doppeltem Elan in Angriff genommen. :) Seit dem vergangenen Fahrplanwechsel im Dezember 2022 scheint die letzte 668er-Leistung auf der Strecke leider Geschichte zu sein. Jedenfalls taucht auch für diesen Zug seit Neuestem ein Rollstuhlsymbol in der einschlägigen Fahrplantabelle auf... In aller Regel ein untrügliches Zeichen für "Neubau". Dafür rollt seitdem einmal am Tag die TUA (Società Unica Abruzzese di Trasporto; ehemals Ferrovia Adriatico Sangritana) mit ihren ALn 776 aus Lanciano kommend durch die Schlucht. Vielleicht mal was für einen kommenden Besuch in den Abruzzen! Datum: 23.11.2022 Ort: Goriano Valli [info] Land: Europa: Italien BR: IT-ALn668 Fahrzeugeinsteller: Trenitalia Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 39 Punkte 15 Kommentare [»] |
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TGV in discesa geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 17.11.22, 19:16 |
In den letzten Wochen schwappt ja eine kleine, aber merkliche Italienwelle durch die Galerie. Die schönen Bilder vom sizilianischen Caimano bis zur Tendabahn im Piemont haben mich bewogen, auch selbst mal wieder in der Italien-Abteilung des Archivs zu stöbern. Gelandet bin ich im äußersten Nordwesten des Landes.
Herbst am Fréjus! Das ist eine Explosion der Farben, wenn sich im Oktober die Bäume zwischen den beeindruckenden Gipfel von Grajischen und Cottischen Alpen bunt verfärben und mit den Zügen auf der internationalen Bahnlinie Turin - Modane - Chambéry - Culoz (- Lyon) um die Aufmerksamkeit des Fotografen buhlen. Vielleicht die schönste Zeit für einen Besuch an der Alpenbahn, die 1871 mit dem Durchstich des 13,7 Kilometer langen Fréjus-Tunnels die nur drei Jahre lang existente Bahn über den Col du Mont-Cenis als Verbindung von Italien nach Frankreich ablöste. Unweit von Meana an den Flanken des Val di Susa erhebt sich im Wald ein Felskamm, von dessen Rücken man – erst einmal oben angekommen – einen wunderbaren Ausblick auf das Festival der Farben hat. Am 13. Oktober 2017 rauschte einer der damals noch im schicken Blau/silber gehaltenen Dreisystem-TGV Réseau als TGV 9241 (Paris Gare de Lyon - Milano Porta Garibaldi) talwärts. Kurz nachdem die Bäume ihn preisgegeben haben, wird er schon wieder in den Bergschatten und einen kurzen Tunnel eintauchen. Langweilig wird es auch den Fahrgästen auf diesem Streckenabschnitt nicht! Verborgen bleibt ihnen allerdings der Blick auf die hier in zweiter Reihe empor ragenden Berge des Mont Cenis/Moncenisio-Massivs, die mühelos die 3000 Meter-Marke knacken. Anders als der erste Eindruck vermuten lässt, ist die Strecke hier übrigens nicht eingleisig. Das bergwärts führende, erst 1984 durchgehend zwischen Bussoleno und Salbertrand eröffnete Gleis liegt, wie beinahe auf seiner gesamten Länge, auch an dieser Stelle im Tunnel. Zuletzt bearbeitet am 18.11.22, 13:23 Datum: 13.10.2017 Ort: Meana [info] Land: Europa: Italien BR: FR-TGV Réseau Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 14 Punkte 5 Kommentare [»] |
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Von frühem Kalk und feuchten Füßen geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 15.11.22, 11:48 |
Nur noch zwei kurze Abschnitte der einstmals knapp 150 Kilometer langen Bahnstrecke von Lérouville über Verdun nach Pont-Maugis bei Sedan haben als Voie unique à trafic restreint (VUTR; eingleisige Strecke mit schwachem Verkehr und einfachster Betriebsform, bspw. ohne Signalisierung) bis heute überlebt. Den nördlicheren der beiden, der der Anbindung des ArcelorMittal-Standorts in Mouzon dient, habe ich hier bereits mit zwei Fotos vorgestellt: [www.drehscheibe-online.de] , [www.drehscheibe-online.de]
Die anderen knapp zehn noch in Betrieb befindlichen Kilometer zweigen in Verdun von der (seit 2013 ebenfalls nur noch teilweise befahrenen) Ost-West-Verbindung Conflans-Jarny - Sainte-Menehould - Saint-Hilaire-au-Temple (- Châlons-en-Champagne) ab und führen zum großen Kalksteinbruch in Dugny-sur-Meuse. Die bereits seit ihrer Gründung 1926 zur belgischen Lhoist-Gruppe gehörenden "Carrières et Fours à Chaux de Dugny" [www4.ac-nancy-metz.fr] schicken ihre Produkte nicht nur per LKW, sondern täglich auch mit ein bis zwei Ganzzügen auf die Reise. Hauptkunde ist die Dillinger Hütte, die wie die gesamte saarländische Montanindustrie seit jeher eine enge Verbindung auch zum angrenzenden Lothringen hat. Kalk wird im Verhüttungsprozess an zwei Stellen benötigt: Kalkstein selbst beim Hochofenprozess zur Erzeugung von Roheisen und Branntkalk bei der Erzeugung von Stahl im Konverter. Während der Branntkalk schon seit etlichen Jahren aus Dugny kommt, wie u.a. das sehenswerte Foto von Andreas aus dem Jahr 2003 zeigt [www.drehscheibe-online.de] , rollte der Kalkstein zwischen 1961 und 2017 per Bahn aus der saarländischen Kalksteingrube Auersmacher nach Dillingen. Nachdem dort der reguläre Förderbetrieb eingestellt wurde, wich man auch für dieses Produkt auf Lhoist in Dugny aus. Dafür wurden eigens neue Wagen beschafft und die kräftigen €4000 von Europorte mit der Bespannung des dreimal wöchentlich verkehrenden "Castine"-Zuges betraut, während der "klassische" Kalkzug fest in den Händen der DE18 ist. Am 9. Oktober 2021 widmete ich mich dem "Neuen" nach diversen aufgeschobenen Besuchen endlich einmal. Als ich rund eine Stunde vor der planmäßigen Abfahrtzeit im Kalkwerk von Dugny vorfuhr, sah schon alles sehr verdächtig nach Abfahrtbereitschaft aus. Also mal fix an der Lokführertür geklopft und tatsächlich wurde die Frage nach dem Fahrtbeginn mit "Immédiat!" beantwortet. Mit der aufgehenden Sonne im Rücken nahm ich also flugs die paar Straßenkilometer nach Billemont in Angriff, wo ich mir an einem kleinen Feldwegbahnübergang die besten Chancen auf erste zarte Sonnenstrahlen auf dem Gleis ausrechnete... Das klappte letztlich auch recht gut, wobei schon ein paar Minuten im Gras für völlig durchnässte Füße sorgten. Das war hier an diesem Morgen nämlich alles eine sehr feuchte Angelegenheit, wie das mit Moos bewachsene Betongeländer des Bahnübergangs bezeugt wohl nicht gerade untypisch für die zur Maas hin abfallenden Wiesen. Wer genau hinschaut, erkennt an der Andreaskreuztafel und dem Stoppschild auch noch die herunterfließenden Tautropfen, die das Sonnenlicht brechen. Für die Statistik: €4009 mit Zug 48245 (Dugny-ITE Carrières - Dillingen Hochofen Hütte). Datum: 09.10.2021 Ort: Billemont [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-EURO 4000 Fahrzeugeinsteller: Europorte Kategorie: Stimmungen mit Zug Top 3 der Woche: 5 Punkte 3 Kommentare [»] |
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Fuyant le brouillard geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 12.11.22, 13:38 |
Am 29. Oktober 2016 sollte es für Yannick und mich eigentlich mal wieder an die "Ligne 4" gehen, wo damals noch sämtliche Schnellzüge mit den Diesel-Boliden der Reihe CC 72100 bespannt waren. Doch wie das im Herbst manchmal so ist, hatte sich über Nacht in den Niederungen Ostfrankreichs derart dichter Nebel breitgemacht, dass nicht mit baldiger Auflösung gerechnet werden konnte. Und eh man die Sonne überhaupt nicht zu Gesicht bekommt, bogen wir hinter Montbéliard eben nicht rechts, sondern links ab und steuerten die Hochplateaus des Jura an, in der Hoffnung, dem Nebel so ein Schnippchen zu schlagen.
Was dann folgte: Pont de Roide: Nebel, Saint-Hyppolite: Nebel, Morteau: Nebel... Die letzte Chance für ein erstes frühmorgendliches Sonnenfoto war der Abschnitt rund um den Scheitelpunkt der "Ligne des Horlogers" bei Gilley. Und tatsächlich wich die graue Masse kurz vor dem Ziel warmem Sonnenlicht. Warm natürlich nur in puncto Lichttemperatur, denn die meteorologischen Temperaturen waren durchaus knackig. So knirschte das gefrorene Gras unter unseren Füßen, als wir über die Wiese stapften, um den erspähten leuchtend roten Hagebuttenstrauch als willkommene Bereicherung des Bildvordergrunds zu erreichen. Einmal mit der Kamera eingerichtet, kam dann zum Glück auch relativ bald der TER 96406 (La Chaux-de-Fonds - Besançon) in Gestalt eines solo fahrenden "Baleines" daher. "Klick" und zusehen, wieder etwas in Bewegung zu kommen! :) Datum: 29.10.2016 Ort: Gilley [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 73500 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 5 Punkte 4 Kommentare [»] |
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Auf vergessenen Gleisen geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 08.11.22, 23:37 |
Das einstmals unglaublich dichte französische Nebenbahnnetz ist bekanntermaßen schon seit Gründung der SNCF vor über 80 Jahren - mal mehr mal weniger schnell - am schrumpfen. Dennoch finden sich vielerorts noch Relikte davon, sei es als längst stillgelegte und von dornigem Brombeergestrüpp überwucherte Trasse, sei es als noch gelegentlich im Güterverkehr befahrener Streckenabschnitt...
Zu letzterer Art zählen die rund sieben Kilometer Schienenstrang von Haguenau im Nordelsass nach Oberhoffen, der klägliche Rest der primär militärstrategischen Querverbindung von Saverne an der "Ligne 1" Paris - Straßburg über Obermodern, Hag(u)enau und Rœschwoog nach Rastatt. Stand sie zwischen den Kriegen von 1870/71, 1914 - 18 und 1939 - 45 im Fokus der Deutschen bzw. Franzosen - je nachdem, in wessen Einflusssphäre sie sich gerade befand -, um Truppen und Material potentiell schnell an die Front gegen den jeweiligen "Erbfeind" zu bringen, hat sich dieser Zweck mittlerweile zum Glück erübrigt. Damit fiel aber auch die Rechtfertigung für einen durchgängigen Streckenunterhalt weg, sodass heute neben einem Anschlussgleis von Rœschwoog zum Roquette-Werk in Beinheim nur noch der Abschnitt Haguenau - Oberhoffen betriebsbereit ist. Der Verkehr dort ist allerdings wirklich sehr, sehr dünn. Planmäßige Züge gibt es nicht, nur alle Jubeljahre rollt einmal ein Militärzug nach Oberhoffen, um dort be- oder entladen zu werden. Im nahegelegenen "Quartier Estienne" ist das 54e régiment de transmissions stationiert und ein Truppenübungsplatz erstreckt sich nordöstlich des Orts. Aufgrund dieses nur äußerst sporadischen Betriebs dürfte es sich wohl um die am seltensten befahrene Bahnstrecke im gesamten Grand Est handeln. Nicht lange gezögert habe ich daher am Freitag vorletzter Woche, trotz des trüben Wetters dort vorbei zu schauen, denn es sollte tatsächlich einmal eine Zugbewegung auf der "Ligne 9.4" stattfinden! Der regionale Unkrautspritzzug hatte eine Tour nach Oberhoffen im Programm stehen... Bei für diesen Oktober typisch milden Temperaturen, aber leichtem Nieselregen, kraxelte ich in den Einschnitt am Ortstrand von Marienthal hinab, um im herbstlichen Wald auf die Fuhre zu warten. Nach einiger Zeit pirschte sich dann tatsächlich der Locotracteur Y 9110 - das letzte Fahrzeug einer auf Basis der Y 7100/7400 entstandenen Umbauserie - heran, um im fotofreundlich langsamen Tempo wenig später zunächst unter der D48 und anschließend der Strecke Vendenheim - Haguenau - Wissembourg hindurch zu tauchen. Ob es nun der Weisheit letzter Schluss ist, gerade die geschlossene Decke aus Herbstlaub mit Glyphosat einzunebeln, sei einmal dahingestellt... Sobald das Foto im Kasten war, sah ich jedenfalls zu, schnell noch ein bisschen Abstand zum Gleiskörper zu gewinnen. Angesichts der Seltenheit des Motivs und weil ich die Atmosphäre des feuchten Herbstwalds doch ganz sehenswert finde, wage ich es ausnahmsweise mal, euch mit einem sonnenlosen Foto zu "beglücken"... ;) Datum: 28.10.2022 Ort: Marienthal [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-Y 9000 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Stimmungen mit Zug Top 3 der Woche: 3 Punkte |
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Qu'est-ce qu'il y a derrière la montagne? geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 06.11.22, 22:32 |
Die Cevennenbahn ist untrennbar verbunden mit dem rauen und stellenweise menschenleeren Gebirge, das sie von Nord nach Süd einmal durchquert, vorbei an Stromschnellen, über Brücken und durch Tunnels. Viel geschrieben wurde hier und andernorts schon über die Allierschlucht, die Hochplateaus des Lozère und die malerischen Ortschaften entlang der Strecke, illustriert mit unzähligen Fotos. Doch hat die Bahnstrecke das Gebirge erst einmal hinter sich gelassen, wandelt sich das Bild.
Südlich von Alès beschleunigen die Züge plötzlich auf bislang nicht gekannte Geschwindigkeiten, liegen zwei Gleise nebeneinander und werden auch von einer immer größer werdenden Zahl an Zügen befahren. Mittlerweile ist man im TER-Verkehr werktags tatsächlich bei so einer Art Stundentakt angekommen, natürlich kein richtig sauberer, schließlich sind wir in Frankreich und eine einheitliche Taktminute ohne zahlreiche Fußnoten in der Fahrplantabelle wäre ja auch irgendwie langweilig...;) Aber der gute Wille der Région Occitanie ist erkennbar und die Nachfrage zwischen Alès und Nîmes gibt ihr Recht! Mit jedem Kilometer nach Süden werden die Berge flacher und die Vegetation mediterraner. Dazwischen sprießen Weinreben und Gemüsefelder. Ein wunderschöner Ausblick auf diese Landschaft und zurück auf die Berge bietet sich unweit des kleinen Örtchens Nozières, wenn man einen felsigen Berghang erklimmt. Das tat ich am Abend des 21. September 2021 mit dem Tele-Objektiv im Gepäck, um den abendlichen TER 877517 (Génolhac - Nîmes) im Streiflicht einzufangen. Gerade hat er die Ortschaft Boucoiran mit ihrer Burganlage aus dem 13. Jahrhundert, deren Turm in Bildmitte in die Höhe ragt, hinter sich gelassen und dabei auch die skurrile Tunnelpassage unter der ehemaligen Mairie passiert ( [www.drehscheibe-online.de] ). Eine Hügelkette weiter hinten leuchten die ockerfarbenen Häuser von Vézénobres an der Westflanke des Berges, ehe sich der Blick in den gestaffelt ansteigenden Cevennen verliert... PS: Graffiti auf dem vorderen Segment des BGC digital entfernt Datum: 21.09.2021 Ort: Boucoiran [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-B 81500 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 15 Punkte 7 Kommentare [»] |
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Les Cévennes pittoresques geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 03.09.22, 22:26 |
"Les Cévennes pittoresques" - Unter diesem Titel wurde im ausgehenden 19. Jahrhundert eine umfangreiche Postkarten-Serie herausgegeben. Eine unter vielen jener Zeit, als einhergehend mit der zunehmenden Industrialisierung breite Schichten der Gesellschaft zunehmend mobiler wurden, jedoch noch nicht jedermann mit der eigenen Kamera seine Reiseeindrücke aufnehmen konnte, um sie mit Freunden und Bekannten in der Heimat zu teilen. Bevorzugte Motive waren neben Landschaften auch damals bemerkenswerte und neue (ingenieur-)technische Errungenschaften, wobei der Eisenbahn, die spätestens seit dem "Plan Freycinet" von 1878 auch im ruralen Frankreich flächendeckend "en vogue" war, natürlich eine besondere Rolle zukam.
Nr. 2245 aus besagter Serie - abgedruckt auf S. 76 des Standardwerks zur Cevennenbahn von Jean-Paul Pignède/Pierre Simonet (La grande histoire de la ligne des Cévennes, Editions du Cabri, Breil-sur-Roya, 2015) - trägt den Titel "JONCHÈRES - Le Pont métallique et les Ruines du Château" und vereint damit alle Aspekte jener Postkarteneditionen in sich: Landschaft, alte Bauten, neue (in diesem Fall primär Straßen-)Infrastruktur. (Vgl. auch [www.cparama.com] ). Erstaunlich wenig hat sich dort, wo die Départements Haute-Loire und Lozère im abgeschiedenen Grund der Allierschlucht aufeinandertreffen, in knapp anderthalb Jahrhunderten verändert, wenn ich mein Bild aus dem Juli 2021 so betrachte. Dass die altehrwürdige Burgruine, die dereinst errichtet wurde, um den Übergang vom Velay ins Gévaudan - so die Bezeichnungen der Provinzen links und rechts des Flusses in vorrevolutionärer Zeit - zu überwachen, nach wie vor an Ort und Stelle thront, dürfte dabei am wenigsten überraschen. Aber auch die einspurige eiserne Fachwerk-Straßenbrücke über den Allier hat ebenso bis ins 21. Jahrhundert überlebt, wie alle anderen Gebäude der Postkarten-Motivs. In Bildmitte liegt der Bahnhof von Jonchères, wo allerdings schon lange keine Züge mehr halten. Einzig der abgebildete Zug ist natürlich neueren Datums, dabei aber auch schon ein Klassiker der Cevennenbahn! Es handelt sich um den Holzzug Langeac - Tarascon für die Papierfabrik Fibre Excellence, der trotz aller wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Kunden in jüngster Zeit nunmehr schon seit Jahrzehnten eine feste Größe auf der nur schwach befahrenen Strecke ist. Seit Ende 2017 hat VFLI (mittlerweile als Captrain France firmierend) den Verkehr von der DB-Tochter ECR übernommen und erfreut die Fotografen nach dem in puncto Lokeinsatz wortwörtlich grauen Kapitel nunmehr meistens mit einer Fret-grünen BB 75000. Einen kurzen historischen Abriss des Zuges findet ihr hier: [www.trains-europe.fr] Am 20. Juli 2021 hatte BB 75114 Dienst vor dem Leerzug 61284 (Tarascon - Langeac) und passierte um Punkt 18 Uhr das Ensemble, während sich am Himmel die Gewitterwolken immer weiter empor türmten, Sommerfrischler im Fluss und Fotograf am Hang aber glücklicherweise unbehelligt ließen... Der rechts unten zu sehende Flussstrand ist übrigens eine sehr empfehlenswerte Adresse für heiße Sommertage, wovon ich mich am Folgetag selbst überzeugen konnte. ;) PS für Besitzer des oben genannten Buchs: Zu weiteren Detailvergleichen laden auch die auf S. 115 abgedruckten Fotografien ein. :) Datum: 20.07.2021 Ort: Jonchères [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 75000 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 11 Punkte 7 Kommentare [»] |
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Gardon(s) l'illusion! geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 03.08.22, 22:12 |
Ihre letzten Einsatzjahre bei der SNCF erleben derzeit die von Brissonneau et Lotz ab 1956 in großer Stückzahl an die SNCF gelieferten BB 63500. Allein 603 dieser Maschinen gingen an die Staatsbahn. Bezieht man die 250 Exemplare umfassende Vorgängerbauart BB 63000 (mit Sulzer-Motoren), die Ableger für Staatsbahnen in Luxemburg, Jugoslawien, Spanien, Kuba und Portugal sowie die zahllosen Lokomotiven, die bei Industrie- und Werksbahnen die Dampftraktion ablösten, mit ein, wird die Tausendermarke weit überschritten, sodass es sich wohl um einen der meistproduzierten europäischen Dieselloktypen handeln dürfte.
Während der kleine Restbestand der SNCF sich mittlerweile ausschließlich in niederrangigen Infrastruktur-Diensten verdingt, halten zahlreiche Museums- und Touristikbahnen die Erinnerung an glorreichere Zeiten der Loks wach, auch wenn sie mit ihrem langen, kantigen Vorbau und der zweckmäßigen Gestaltung immer schon eher Arbeitstier im Hintergrund als prestigeträchtige Stilikone der "alten" SNCF waren. Zwei Exemplare hat die Association du Train Touristique du Centre Var (ATTCV) in ihrem Bestand. Während man die BB 64042 in eine dunkelgrüne Farbgebung zurückversetzt hat, zeigt sich die BB 63812 nach wie vor im gefälligen orangefarbenen Arzens-Farbschema, wie es die meisten Staatsbahn-Loks bei ihrer Ausmusterung trugen. Die nicht allzu sehr auf Hochglanz polierte und daher ausgesprochen authentisch daher kommende Lok ist seit einigen Jahren an den Train à Vapeur des Cévennes vermietet, wo sie die (je nach Saison) meist zu Beginn oder Schluss des Tages verkehrenden Diesel-Züge bespannt und damit für mich den Dampfloks in merkwürdiger Bemalung locker die Show stiehlt...;) Der ausgesetzteste Abschnitt wird dabei kurz vor Anduze passiert, wo die seit 1971 im Planbetrieb stillgelegte Strecke aus Saint-Jean-du-Gard auf einer eisernen Fachwerkbrücke den Gardon überquert, der hier auf beiden Flussseiten von steilen Felsriegeln flankiert wird. Kraxelt man nachmittags über eine kleine, in den Fels gehauene Stiege zum Brückenkopf empor, ergibt sich zudem die elegante Möglichkeit, die...nun ja...phantasievolle Wagengarnitur auf eben jener Brücke zu verstecken. Nur wer ganz genau hinguckt, merkt, dass die Lok hier nicht mit einem Nahgüterzug in den südlichen Cevennen unterwegs ist. Die (fast) perfekte Illusion! Datum: 26.04.2022 Ort: Anduze [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 63500 Fahrzeugeinsteller: Train Touristique du Centre Var (ATTCV) Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 5 Punkte 2 Kommentare [»] |
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Je vois la vie en Vosges geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 31.07.22, 12:41 |
Mit dieser Abwandlung des Édith Piaf-Klassikers "La vie en rose" lancierte der Conseil départemental des Départements Vosges vor einigen Jahren ein Label, das die regionale Verbundenheit zum Ausdruck bringen soll. Von der Vermarktung lokaler Produkte bis hin zum mit Nadelbaum und Hirsch bedruckten Merch für den stolzen Vosgien/die stolze Vosgienne gibt die Administration damit praktisch alles mit auf den Weg, was das (Vogesen-)Herz begehrt...;)
Auch ich bediene mich der Variation gerne, um an dieses Foto [www.drehscheibe-online.de] anzuknüpfen. Nutzen wir also die Sommerpause der letzten 67400er im TER-Verkehr aus, um derweil fotografisch weiter auf ihren Spuren durch den grünen Ostens Frankreichs zu reisen. Die hohe Waldwegbrücke nahe der wenigen Häuser, die auf den Namen Le Houssot hören, zählt für mich zu den schönsten und entspannendsten Orten an der Strecke Molsheim - Saint-Dié. Der Schienenstrang, der hier hufeisenförmig das Tal ausfährt, um bis nach Lubine hinunter ins Tal zu gelangen, schmiegt sich harmonisch in die ihn umgebenden Grünfacetten ein. Während man so wartet und den Duft von Fichtenzapfen, sandigem Vogesen-Boden und im Frühjahr frisch austreibenden Blättern und Blüten inhaliert, kann man den Blick weit über die Berge der Umgebung streifen lassen. "Ganz nebenbei" ergeben sich dort zu praktisch jeder Tageszeit reizvolle Foto-Varianten. Am 8. Mai 2022 entschied ich mich für den abendlichen Panorama-Blick, um die BB 67512 - eine langjährige Straßburger Stammlok - mit dem sonntäglichen TER 831868 (Strasbourg - Saint-Dié) abzupassen. Die an diesem feucht-warmen Maitag seit der Mittagszeit aufquellenden Wolken machten es spannend, aber letztlich war die Sonne im entscheidenden Moment mit von der Partie. :) PS: Ein krakeliges, weißes Tag im vorderen Dachbereich der Lok (die Locals werden es kennen) habe ich hier mal entfernt, da es nicht so wirklich zur idyllischen Landpartie passen will... Datum: 08.05.2022 Ort: Le Houssot [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 67400 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 5 Punkte 2 Kommentare [»] |
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Auslösen auf Gehör geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 19.06.22, 18:58 |
Ausgesprochen rar sind sie geworden, die Streckeneinsätze der SNCF-"Locotracteurs" der Reihe Y 8000. Schon seit ihrer Indienststellung waren die leistungs- und größenmäßig irgendwo zwischen den deutschen Köf III und V60 angesiedelten Loks vorwiegend in unmittelbarer Nähe der großen Personen- und Güterbahnhöfe unterwegs oder anderswo mit dem Rangiergeschäft beschäftigt. Doch gab es immer auch Streckeneinsätze mit leichten Übergabezügen. Mit dem Niedergang des Einzelwagenverkehrs und einer stetig geringer werdenden Zahl an Gleisanschlüssen sind diese immer weiter zurückgegangen und lassen sich heute - frankreichweit betrachtet - problemlos an einer Hand abzählen...
Bis ins Jahr 2021 retten konnten sich die Ausflüge auf die freie Strecke einer in Valenciennes im industriell geprägten Département Nord vorgehaltenen Lok, die von Montag bis Freitag problemlos ihr Beschäftigungsprogramm fand. Montags, mittwochs und freitags ging es zu Toyota in Onnaing, dienstags und donnerstags zunächst HLP/Lz nach Somain und von dort aus zum Logistiker SDM in Sin-le-Noble. Während mit ersterer Bedienung die Autotransportwagen für einen Ganzzug nach Italien (Chignolo Po) zusammen gesucht wurden, war Sin-le-Noble eine ganz klassische Übergabe zu einem mittelständischen Betrieb mit ein paar wenigen H-Wagen. Nur dem unermüdlichen Einsatz des Patrons der Firma, die in den 1980er Jahren - vor dem Einsetzen der unangefochtenen Herrschaft der Ganzzüge - unter anderem die Bahnlogistik des Mineralwasserabfüllers Vittel in Nordfrankreich und Belgien mit aufgebaut hat, war es wohl zu verdanken, dass sie so lang überlebt hat. Seit dem vergangenen Fahrplanwechsel im Dezember 2021 wurde SDM allerdings überhaupt nicht mehr angefahren, weshalb man wohl leider davon ausgehen muss, dass sich auch dieses Kapitel des klassischen Bahnbetriebs nunmehr unwiderruflich geschlossen hat. Die Verkehre von Toyota in Onnaing sind zeitgleich an DB Cargo France (ex ECR) übergegangen und werden nunmehr mit einer Class 66 oder G1000 erbracht. Im Juli 2020 bot sich für mich aber noch die Gelegenheit, die Übergabe aus Sin-le-Noble mit Y 8000er-Bespannung zu dokumentieren. Während sie im ersten Corona-Lockdown im Frühjahr desselben Jahres pausierte, war sie gerade erst seit wenigen Wochen wieder einigermaßen zuverlässig unterwegs. Bereits auf der Rückfahrt nach Somain befand sich der 1979 abgelieferte (und mittlerweile leider ausgemusterte) Y 8082 in der ursprünglichen Arzens-Livrée mit seinen fünf H-Wagen, als ich die Fuhre nach dem Kopfmachen in Douai im ortstypischen Umfeld abpasste. Das leicht abgewirtschaftete Hinterhof-Flair findet man in der Gegend vielerorts. Für die Statistiker die harten Fakten zum Zug: FRET 422015 (Sin-le-Noble - Somain), mit den beinahe obligatorischen 90 Minuten Verfrühung. Besonders spannend gestaltete sich mein Fotostandort auf der Brücke, die (neben Fußgängern) exklusiv dem Nahverkehrssystem Évéa - einem seltsamen Zwitter zwischen Bus und Straßenbahn, dem "Bus à haut niveau de service" - zur Überquerung der Bahngleise dient. Man hielt es bei deren Errichtung nämlich offenbar für unverzichtbar, sie mit mehr als mannshohen Einhausungen aus Holzplanken zu versehen, deren Sinn sich mir nicht erschlossen hat, die aber für das anvisierte Foto ausgesprochen hinderlich waren. Selbst unter Nutzung der Live View-Funktion war nichts mehr zu holen. Letztlich musste ich die Kamera also am ausgestreckten Arm nach oben und damit haarscharf über die oberste Holzleiste recken und auf mein Gehör vertrauen, ob der Klang hinter dem Holz denn nun zum Diesel des Locotracteurs passte, als ich den Auslöser durchdrückte. Zum Glück hat es funktioniert, das "Auslösen auf Gehör"...:) Zuletzt bearbeitet am 19.06.22, 19:04 Datum: 21.07.2020 Ort: Sin-le-Noble [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-Y 8000 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Zug schräg von vorn Top 3 der Woche: 4 Punkte |
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Je vois la vie en rose geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 17.06.22, 19:56 |
Neben den von Hajo kürzlich in der Galerie porträtierten Neuzugängen aus Longueau - BB 67511, 515 und 599 hat es im Dezember 2021 für ihren Lebensabend aus der Picardie ins Elsass verschlagen - drehen im voraussichtlich letzten Jahr (schauen wir mal...) des dreitägigen Straßburger Rest-Umlaufplans auch noch einige seit vielen Jahren, teils Jahrzehnten dort beheimatete Maschinen ihre Runden zwischen Vogesenkamm und deutscher Grenze. Eine von ihnen ist die BB 67464, ihres Zeichens einzige Straßburger Lok in der "En voyage"-Livrée, manchmal wegen ihrer lilafarbenen Front auch - halb despektierlich, halb humorvoll - als "Milka-Lok" bezeichnet. Vor dem nun gezeigten Foto war sie mir schon erstaunlich lange nicht mehr vor die Linse gefahren. Beinahe hätte ich sie vermisst..., aber nur beinahe. ;)
Als hätte ich unser unverhofftes Wiedersehen vorausgeahnt, erwartete ich den frühmorgendlichen TER 831807 (Saint-Dié - Strasbourg) am 14. Juni zwischen Fouday und Rothau, wo am durch Baumfällarbeiten gelichteten Hang nach dem Ginster im Mai nun der rote Fingerhut in auffälliger Blüte steht. Im Farbton zwar nicht ganz mit der '464 identisch, aber doch ganz hübsch zueinander passend, finde ich. Spontan musste ich beim ersten Betrachten des Fotos auf dem Kamera-Display an Édith Piafs berühmten Chanson denken. :) Was leider am Berghang im Hintergrund auch auffällt: Nicht ganz so rosig sieht es für den Nadelwald in den Vogesen aus. Die teils bräunlich verfärbten, teils sogar bereits völlig abgestorbenen Bäume sind ein untrügliches Indiz, dass viele trockene und heiße Sommer in Folge auch hier ihre Spuren hinterlassen haben, wenn auch zum Glück nicht so stark, wie man es auf Fotos aus mittel- und ostdeutschen Gebirgen teilweise sieht... Datum: 14.06.2022 Ort: Fouday [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 67400 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 13 Punkte 7 Kommentare [»] |
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Un schtroumpf à la montagne geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 07.06.22, 20:05 |
Die große Gebietsreform des Jahres 2016, die die vormals 22 französischen Regionen zu nur noch 13, teils nicht gerade beliebten (Groß-)Regionen verschmolzen hat, führte mit etwas zeitlichem Versatz auch zu sichtbaren Änderungen im TER-Verkehr. Neben der Bildung neuer Fahrzeugpools innerhalb der frisch geschaffenen Regionen hat mittlerweile auch praktisch überall ein neues Farbschema Einzug gehalten, mal mehr mal weniger stark an Bestehendem orientiert. Ziemlich experimentierfreudig war man in der Région AURA (Auvergne-Rhône-Alpes), wo die Triebwagenflotte in den letzten rund zwei Jahren kontinuierlich in ein auffälliges Hellblau getaucht wurde. Man könnte es auch schlumpfblau nennen. Jedenfalls scheiden sich daran auch und gerade bei den Fotografen die Geister. Immerhin: An landschaftsbetonten Motiven hebt es sich wirklich gut ab!
Über die altehrwürdige Cevennenbahn kommen die "Schlümpfe" auch bis weit in den Süden, zeichnet doch bei zwei der drei über die Gesamtstrecke von Clermont-Ferrand bis Nîmes verkehrenden Zugpaaren die Région AURA für die Fahrzeugstellung verantwortlich. Nur der ehemalige "Cévenol" fällt in den Aufgabenbereich der Occitanie, kommt also in rot daher. Während das ein oder andere alte Bruchsteinhaus in den südlichen Cevennen durchaus an die Größe eines Schlumpfes angepasst scheint, hat der mächtige Viaduc de Chamborigaud rein gar keine schlumpfigen Dimensionen. Über die bis zu 46 Meter hohen Rundbögen des 1865 - 1867 errichteten Bauwerks schwingt sich der Schienenstrang einmal quer über das Tal und eröffnet dabei eigentlich zu jeder Tageszeit neue Perspektiven. Am Morgen des 19. September 2021 blickte ich aus nordöstlicher Richtung von weit oben am Hang auf den Viadukt hinab, als ein unerkannt gebliebener AGC als TER 873990 (Nîmes - Clermont-Ferrand) vorbei brummte - In schlumpfblau selbstverständlich. Am Berghang im Hintergrund - kurz vor der herannahenden Wolkenfront gerade noch von der Sonne erfasst - ist das Château de Crouzas im gleichnamigen Weiler mit seinen kleinen Türmchen erkennbar. [informations-documents.com] Datum: 19.09.2021 Ort: Chamborigaud [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 76500 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 15 Punkte 7 Kommentare [»] |
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Tele-Blick für Tele-Graf geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 05.06.22, 20:10 ![]() ![]() ![]() |
Längst ist er angeklungen, der Abgesang auf die Telegrafenleitung entlang der "Ligne 4", der letzten französischen Hauptbahn, entlang derer sich die Relikte vergangener Epochen noch bis in jüngste Zeit retten konnten ( [www.drehscheibe-online.de] ). Doch wie das so ist in unserem Hobby, beherzigt man die Weisheit, man solle aufhören, wenn es am schönsten ist, nur halbherzig. Das Loslassen liebgewonnener, markanter Tour-Begleiter eines ganzen Jahrzehnts der Fotografie in der Franche-Comté fällt doch schwer. Also war ich auch Anfang Mai noch einmal dort, auf der Suche nach den aller letzten Abschnitten mit Doppelmasten, deren Drähte noch nicht vollständig geplündert sind.
Fündig wurde ich unweit des Bahnhofs Vitrey-Vernois mit seiner wie eh und je vor dem alten Empfangsgebäude stehenden "Déesse" (von Citroën), die wohl jedem, der schon einmal dort war, ins Auge gestochen sein wird. Ganz entgegen meiner sonstigen Gewohnheit schien mir an diesem Morgen die seit ein paar Monaten die Fotoausstattung bereichernde 135mm-Festbrennweite als das adäquate Mittel, um das Spalier der Masten in Szene zu setzen. Telegraf und Teleobjektiv klingen ja schließlich auch schon ähnlich...;) Protagonist auf den Schienen war ein Coradia Liner (B 85000), der die Frühleistung TER 839550 (Mulhouse - Paris Est) erbrachte, die noch im Morgengrauen um kurz nach fünf die elsässische Industriestadt in Richtung Capitale verlässt. PS: Eine etwa auf Höhe des Triebwagens quer zum Gleis verlaufende Stromleitung habe ich nachträglich entfernt, ebenso das dritte Spitzenlicht der Realität entsprechend wieder erhellt (das leidige Darstellungsproblem der modernen Scheinwerfer bei kurzen Verschlusszeiten). Datum: 08.05.2022 Ort: Vitrey-Vernois [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-B 85000 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Stimmungen mit Zug Top 3 der Woche: 24 Punkte 8 Kommentare [»] |
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Na, wer weiß, was sich hinter den beiden Großbuchstaben H und F verbirgt, die hier nicht nur als Bildtitel herhalten müssen, sondern auch in großen Lettern am leuchtend weißen Kesselwagen prangen? Wer in der Schule im Chemieunterricht aufgepasst hat, ist bei der Lösungssuche auf jeden Fall klar im Vorteil...;)
Doch ganz der Reihe nach: Nicht mehr viele Güterverkehrsstellen gibt es, die im südfranzösischen Département Gard noch regelmäßig angefahren werden. Sie lassen sich ziemlich genau an einer Hand abzählen. Neben Mineralwasser und Drahtrollen, Quarzsand und Betonschwellen, generiert auch noch ein Anschließer aus dem Bereich der chemischen Industrie einen spärlichen Schienengüterverkehr: Der Solvay-Standort in Salindres bei Alès, gelegen an der im Übrigen stillgelegten Strecke nach Bessèges! Während noch in den 1990er-Jahren werktäglich ein stattlicher Güterzug die Wiege der französischen, ja weltweiten Aluminiumfertigung erreichte - ein schönes Video davon findet sich auf Yotube [www.youtube.com] -, ist zwanzig Jahre später davon nur noch wenig übrig. Für die Anlieferung eines einzigen Produkts ist Solvay der Schiene bis heute treu geblieben. Und da kommen unsere beiden Buchstaben wieder ins Spiel: HF - Die chemische Summenformel für Fluorwasserstoff! Der stark giftige und ätzende Stoff bildet entweder gasförmig oder in seiner flüssigen Form als Flusssäure die Basis verschiedener chemischer Prozesse und wird ihn wohldosierter Menge auch in Salindres benötigt. Die damit verbundenen Sicherheitsvorkehrungen sind immens, wie mir bei meinem Besuch vor Ort einer der Rangierer der Werkslok eindrucksvoll erläuterte. Unter anderem ist die Entladestelle mit Sensoren ausgestattet, die bei der kleinsten Fortbewegung des Kesselwagens vom Anschlussstutzen sofort einen Alarm auslösen... Die besondere Gefährlichkeit und die damit verbundenen hohen Auflagen im (internationalen) Straßengüterverkehr sind auch der Grund, warum das Produkt nach wie vor mit der Eisenbahn nach Salindres transportiert wird. Meines Wissens übrigens ausschließlich von zwei deutschen Standorten aus: Solvay in Bad Wimpfen und/oder Lanxess in Leverkusen. Zu diesem Zweck fährt SNCF Fret etwa einmal im Monat mit ein bis zwei speziellen und entsprechend gekennzeichneten Kesselwagen nach Salindres. Eine jener Bedienungen fand am 23. September 2021 statt. Da das kurze Reststück der Strecke nach Bessèges nicht allzu fotogen ist, zeige ich den Zug hier in der Ortsdurchfahrt von Boucoiran südlich von Alès in Richtung Nîmes, also bereits auf dem zweigleisigen Südabschnitt der Cevennenbahn. Doch auch hier, wo die Bahn in kühner Trassierung zwischen Steinmauern und Platanen verläuft und mitten unter dem (ehemaligen) Rathaus hindurch taucht, ist diese rare Übergabe eigentlich der einzig sinnvoll umzusetzende Zug, denn die potentiell ebenfalls im passenden Zeitfenster vorbei kommenden TER sind allesamt recht lange AGC/BGC-Triebwagen. Für die Traktion des FRET 415623 ([Salindres -] Alès - Nîmes) eingeteilt war an diesem Tag die BB 75114, eine der von Miramas aus eingesetzten Diesel-Primas, die einem in Südfrankreich immer wieder begegnet. Zumindest für einen Teil der sympathischen Crew, die mich etwa zwei Stunden vorher bei unserem ersten Aufeinandertreffen sofort mit Handschlag begrüßt hat, wird allerdings schon bald in Nîmes der Feierabend rufen. Datum: 23.09.2021 Ort: Boucoiran [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 75000 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Zug schräg von vorn Top 3 der Woche: 29 Punkte 13 Kommentare [»] |
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Multi-le-Lac geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 15.05.22, 19:49 |
Mit meinem letzten Upload habe ich den Nachtzug von Paris nach Briançon in seiner aktuellen Zusammenstellung auf der "Ligne du Col de Cabre" gezeigt, wo er nur in absoluten Ausnahmefällen bei Tageslicht unterwegs ist. Etwas planbarer ist das jenseits von Veynes, allerdings auch dort an den meisten Stellen nur wenige Wochen rund um die Sommersonnenwende. Reisen wir also zurück in den Juli 2015, als der Zug, der allen Einstellungswellen und Verkehrstagebeschränkungen im französischen Nachtzugverkehr trotzen konnte und die Capitale - von baubedingten Ausnahmen abgesehen - nach wie vor an (quasi) 365 Tagen im Jahr mit den Hochalpen verbindet, noch mit den altbewährten Dieselloks der Reihen BB 67300 und 67400 bespannt war.
Kaum hatten sich die Schatten um kurz vor halb acht weit genug vom Gleis zurück gezogen, erschien INT 5793 (Paris Austerlitz - Briançon) am 22. Juli 2015 auch schon mit einer reinrassigen Unité multiple aus BB 67408 und BB 67330, beide in der fotogenen Multiservice-Livrée mit leuchtend roter Front, auf der Bildfläche. Da ich ein blaues Doppel auf der Strecke schon mehrfach fotografiert hatte, war das damals genau meine Wunsch-Konstellation! :) Zu sehen ist der Zug beim Passieren eines Seitenarms des Lac de Serre-Ponçon auf dem Viaduc du Réallon, nachdem er zuvor den oberhalb des letzten Wagens erkennbaren "neuen" Bahnhof von Savines-le-Lac durchfahren hat, wo gleichwohl schon länger keine Züge zum Fahrgastwechsel mehr halten. In Betrieb genommen wurde die weit abseits des namensgebenden Orts auf der anderen Seeseite gelegene Station 1960 im Zuge einer partiellen Neutrassierung der Strecke, die notwendig geworden war, als man ab 1957 begann, die Durance zu einem großen Stausee aufzustauen. Noch heute lassen sich bei Niedrigwasser Überreste der alten, mittlerweile versunkenen Streckenführung entdecken: [fr.wikipedia.org] Zuletzt bearbeitet am 15.05.22, 19:59 Datum: 22.07.2015 Ort: Savines-le-Lac [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 67400 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 19 Punkte 9 Kommentare [»] |
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Le malheur des uns fait le bonheur des autres geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 07.05.22, 20:51 |
Die Bahnlinie von Livron im Rhônetal entlang der Drôme durch das Diois und weiter über den Col de Cabre nach Veynes in den französischen Alpen ist schon allein wegen ihrer landschaftlichen Schönheit immer eine Reise wert. Zudem ist sie eine der letzten Domänen der Marseiller "Aspirateurs" (X 72500), die es mir mit ihrem kernigen Motorensound und dem schnörkellosen, klaren Design irgendwie angetan haben.
In den Hintergrund tritt dabei aus der fotografischen Warte gerne, dass die Strecke auch noch von einem täglichen lokbespannten Zugpaar befahren werden: Dem Intercités de nuit von Paris nach Briançon! Das liegt ganz einfach daran, dass es selbst im Hochsommer in beiden Richtungen bei tiefer Dunkelheit durch das Tal rollt. Jedenfalls, wenn alles läuft, wie es sollte. So schaute ich am 26. April 2022 in aller Herrgottsfrühe auch nur aus reinem Interesse in die SNCF-App, ob der Nachtzug denn schon im Bahnhof von Die eingetroffen war, wo ich mich gerade auf Durchreise befand. Planmäßige Ankunft dort: 5:17 Uhr. Der Blick brachte die Erkenntnis, dass er wegen "régulation du trafic" (die deutsche Entsprechung wäre die berühmt-berüchtigte "Verzögerung im Betriebsablauf") etwa 40 Minuten später aus der Hauptstadt eintreffen sollte. Da sparte ich mir den Abstecher zum Bahnhof - zunächst ohne der Sache weitere Beachtung zu schenken - und setzte meinen Weg talaufwärts fort, dem ersten gegen halb neun erwarteten Triebwagen-Foto entgegen. Als ich am Ziel Beaurières angekommen im Morgengrauen nach der optimalen Fotostelle für eben jenen X 72500 suchte und vom Nachtzug immer noch nichts zu sehen oder hören gewesen war, dämmerte mir langsam, was Sache war. Um die beiden am Morgen entgegen kommenden TER-Züge nicht zu verspäten, ließ man den ohnehin unpünktlichen Nachtzug wegen des folgenden langen Abschnitts ohne besetzte Kreuzungsbahnhöfe kurzerhand in Die stehen. Schnell durchkalkuliert - Das könnte ja echt was werden mit Sonne im Tal, sensationell! Die Lebensgeister waren trotz der frühen Stunde aber ganz schlagartig hellwach...;) Und tatsächlich kletterte die Sonne eine Viertelstunde vor der errechneten Durchfahrtszeit an genau einer Stelle kurz vor Beaurières, glücklicherweise an einer der für die "Col de Cabre"-Linie so typischen Fachwerkbrücken, über die Berge. Der leichte Restnebel, der im Tal hing, und die leere Straße im Vordergrund machten mein Glück perfekt, als die solo fahrenden BB 75300 den INT 5789 (Paris Austerlitz - Briançon) schließlich mit beinahe zwei Stunden Verspätung dem Scheiteltunnel entgegen wuchtete. Für die Fahrgäste war die Aktion natürlich weniger schön, aber des einen Leid ist oft eben des anderen Freud'... PS: Graffiti am Sitzwagen, der als Ersatz für die derzeit eine Renovierung durchlaufenden Ruhesesselwagen hinter der Lok eingereiht war, habe ich entfernt. Der ist zwar eh ziemlich bunt, aber egal. ;) Datum: 26.04.2022 Ort: Beaurières [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 75300 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 9 Punkte 7 Kommentare [»] |
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25 dans le 25 geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 09.04.22, 14:27 |
Noch bis vor etwa fünf Jahren war der Regionalverkehr im Doubstal ein wahres Paradies für Freunde klassischer SNCF-Fahrzeuge der Siebziger- und Achtzigerjahre. Neben Corail-Wendezügen mit BB 22200, die vor allem die langlaufenden TER Lyon - Belfort abdeckten, teilten sich einen Großteil der übrigen Regionalzüge Z2-Triebwagen mit lokbespannten RRR-Garnituren. Die dafür eingesetzten BB 25500 des Dépôts Dijon fielen bis zu ihrem Einsatzende im Frühjahr 2017 meist durch einen tadellosen Pflegezustand positiv auf.
Eine dieser Maschinen war die BB 25634, mit ihrer sauberen betongrau-orangen Livrée immer wieder ein gern gesehenes Fotoobjekt entlang des Flusses, der auch dem Département mit der zur Baureihe passenden Ordnungsnummer 25 seinen Namen verlieh. Am 18. März 2016 war sie für den Plantag 4 des zum damaligen Zeitpunkt noch viertägigen Umlaufplans eingeteilt, der als geschobene Leistung unter anderem den TER 894014 (Belfort - Besançon) enthielt. Daher bot es sich an, ihn unterhalb der Felsen von Fourbanne abzupassen, wo die Bahnstrecke auf einer hohen Stützmauer verläuft und ein Zug auf dem vorderen Gleis von Vorteil ist. Die Spezifika des Linksverkehrs...;) Wenige Monate nach der Aufnahme wurde die Lok übrigens noch einmal kurzzeitig ins Elsass versetzt, wo sie ihre Straßburger Schwestern im Einsatz nach Saverne und Sélestat unterstützte. Am 1. Dezember 2017 quittierte sie schließlich als letzte Vertreterin ihrer Baureihe bei der STF Bourgogne-Franche Comté in Dijon den Dienst. Datum: 18.03.2016 Ort: Fourbanne [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 25500 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 3 Punkte 2 Kommentare [»] |
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Ferro-ornithologie geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 30.03.22, 19:10 |
Die Lagunenseen im Roussillon, die sich südlich von Narbonne zwischen der Mittelmeerküste - dem Littoral - und den ersten bergigen Ausläufern der Corbières erstrecken, sind ein einzigartiger und faszinierender Naturraum. Hier zerfließen nicht nur die Grenzen von Salz- und Süßwasser im steten Wandel, sondern auch die optischen Eindrücke wechseln ständig mit dem Lauf der Sonne und den auf- und abflauenden Böen der Tramontane, die immer wieder neue Muster auf die Oberflächen der großen und kleinen Seen zaubern.
Von der Ramsar-Konvention - einem der ältesten völkerrechtlichen Verträge zum Naturschutz - umfasst, ist das Feuchtgebiet eine wichtige Zwischenetappe und Lebensraum für Zugvögel. Das hört und sieht man im Sommer auch allerorten und selbst wenn man mit Vogelbeobachtung eigentlich nicht viel am Hut hat und einem dieser Zeitvertreib eher verschnarcht vorkommt, kann man sich der Faszination eines landenden Flamingo-Schwarms oder den auf Futtersuche durchs Wasser stolzierenden Vögeln nur schwer entziehen. Und dass dann sogar noch eine Bahnstrecke mitten hindurch verläuft... Da bleiben doch wirklich keine Wünsche mehr offen! ;) In den letzten Sonnenstrahlen des 19. September 2021 rauschte auf eben jenem Schienenstrang eine unerkannt gebliebene BB 7200 in silberner Fantôme-Livrée mit einer stattlichen Corail-Garnitur als Intercités de nuit 3730 (Cerbère - Paris Austerlitz) der einsetzenden Nacht entgegen. Beobachtet habe ich sie an der Saline von La Palme am gleichnamigen Étang, der an diesem Abend von zahlreichen Flamingos bevölkert war. Datum: 19.09.2021 Ort: La Palme [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 7200 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 14 Punkte 7 Kommentare [»] |
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Grattery voit rouge geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 29.03.22, 18:35 |
Der frostige Morgen des 13. Februar 2022 stand ganz im Zeichen der letzten, auf einem kurzen Abschnitt der "Ligne 4" westlich von Vesoul noch verbliebenen Doppeltelegrafenmasten mit (mehr oder minder) intakten Freileitungen. Etwa eine Dreiviertelstunde nach dem zuletzt gezeigten Porträt [www.drehscheibe-online.de] grummelte es im Wald zwischen Port-sur-Saône und Grattery. Wenig später schob sich das Objekt der Begierde aus dem schattigen Einschnitt in einen der ersten Sonnenspots des Tages.
Es war wieder einmal der sonntägliche Zug mit der mittlerweile vertrauten Nummer 60905 auf seinem Weg von Châlons-en-Champagne nach Bantzenheim, der feinen Quarzsand aus der Sibelco-Sandgrube in Montgru-Saint-Hilaire zum Floatglaswerk der Euroglas in Hombourg/Haut-Rhin bringt. Bestens in die von der flachen Wintersonne zu so früher Stunde noch rötlich illuminierten Bäume passte sich die Zuglok, die €4044 von Captrain France, ein. Mittelfristig wird diese Farbgebung leider von den Gleisen verschwinden, denn seitdem die privatrechtlich organisierte SNCF-Spartentochter VFLI (= Voies Ferrées Locales et Industrielles) im Zuge einer namensmäßigen Vereinheitlichung mit dem Angebot außerhalb der eigenen Landesgrenzen seit dem 01. Januar 2021 als Captrain France firmiert, ist Neongrün die neue Unternehmensfarbe. Bei neu gelieferten Loks wie den €4001 von Stadler ist sie bereits ab Werk vorgesehen, aber auch erste Bestandsmaschinen sind mittlerweile schon in der neuen Corporate Identity am Start. Datum: 13.02.2022 Ort: Grattery [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-EURO 4000 Fahrzeugeinsteller: Captrain Kategorie: Zug schräg von vorn Top 3 der Woche: 4 Punkte 2 Kommentare [»] |
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Die letzten Träume träumen geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 28.03.22, 18:55 |
Telegrafenleitung und Bahnlinien - Zwei miteinander in engem Zusammenhang stehende Kommunikationswege, die seit ihrer Erfindung Menschen in der Literatur und im echten Leben gleichermaßen zum Träumen verleiteten. Leider sind die Drähte längst kein selbstverständlicher Begleiter des Schienenstrangs mehr und in die Poesie der in die Ferne führenden Verbindung mischt sich dort, wo es sie noch gibt, Wehmut, die Melancholie des Vergänglichen, des bald endgültig Vergangenen...
Lange Jahre über strahlte die "Ligne 4" in Frankreichs Osten noch den Nimbus einer klassischen Bahnstrecke mit allen zugehörigen Accessoires aus und das Auge konnte auch in den langen Zugpausen zwischen zwei Großdieseln immer Neues entdecken. Besonders faszinierend war stets die filigrane Konstruktion der SNCF-Telegrafenmasten mit den auf geschwungenen Haltern sitzenden Isolatoren. Die Spielarten reichten vom schlichten Einzelmast aus Holz bis hin zu eisernen Doppelmasten mit opulentem, beinahe kunstvollem "Isolatoren-Besatz". Grund genug für mich, diesem willkommenen Begleiter zahlloser Fototouren in die Franche-Comté noch einmal ein Denkmal zu setzen, ehe es endgültig zu spät ist. Westlich von Vesoul hat sich auf einem kurzen Abschnitt auch im Jahr 2022 noch eine relativ intakte Telegrafenstrecke erhalten. Doch auch hier hat man mittlerweile angefangen, die ersten Drähte zu kappen. Müde hängen sie im Licht der tief stehenden Sonne hinunter und lassen erahnen, dass auch hier die letzten Träume von klassischer Eisenbahn aus dem (vor-)letzten Jahrhundert bald geträumt sein werden... - Grattery, 13. Februar 2022 - Datum: 13.02.2022 Ort: Grattery [info] Land: Europa: Frankreich BR: Sonstige (keine Fahrzeuge) Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Stillleben Top 3 der Woche: 21 Punkte 15 Kommentare [»] |
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Die Luxusversion geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 18.03.22, 20:06 |
Das wundervolle Causses-Foto von Johannes (Po12) [www.drehscheibe-online.de] hat mich bewogen, mal wieder ins Archiv zu greifen und euch ebenfalls einen Z2 in den freundlichen und ausgesprochen fotogenen Farben der (ehemaligen) Région Languedoc-Roussillon zu zeigen.
Und zwar nicht irgendeinen, sondern die "Luxusversion" der Z2-Familie. Gegenüber den Z 7300 als schnöden "Omnibus"-Triebwagen waren die Z 7500er bei ihrer Beschaffung Anfang der 80er Jahre für den Express-Dienst - u.a. im Rhônetal - vorgesehen, was ihnen im Innenraum ein paar Änderungen einbrachte. Dazu zählten neben einer teilweisen Reihenbestuhlung anstatt ausschließlich vis-à-vis-Sitzgruppen kleine Annehmlichkeiten wie Klapptischchen oder mehr Sitzplätze in der ersten Wagenklasse. Sicher nichts Weltbewegendes, aber immerhin ein wenig mehr Esprit für die zweckmäßigen Triebwagen! Im Aufnahmejahr 2017 wurden die zu diesem Zeitpunkt drei noch in Südfrankreich betriebsfähigen Fahrzeuge Z 7504, 7508 und 7514 (die Ausmusterung ereilte sie erst 2020) längst ohne Unterschiede zu den Z 7300 eingesetzt. So gelangten sie auch regelmäßig auf die "Ligne des Causses" Béziers - Neussargues mit ihren charakteristischen Ogives, den Portalfahrleitungsmasten der Chemins de fer du Midi. Dass das Foto des TER 878950 (Béziers - Saint-Chély-d'Apcher) an klassischer Stelle mit Blick auf den Viadukt zu Füßen des Bergdorfes Compeyre ohne Abstriche klappen sollte, war allerdings alles andere als selbstverständlich. Einerseits war der Fahrzeugeinsatz sowohl beim morgendlichen TER als auch beim Intercités "Aubrac" immer für eine Überraschung gut und ob ein AGC oder ein Z2 auftauchen würde, war (gefühlt) oft pure Lotterie. Andererseits boten vor allem die Z2 eine breite Palette an Außengestaltungen: Von einigermaßen sauber über leicht mit Tags bemalt bis hin zu Graffiti vom Rahmen bis zur Dachkante. Insofern hatten wir drei angereisten Fotografen an diesem 7. August 2017 einfach richtig Schwein gehabt...! Z 7514 brachte nämlich die neue Definition von Luxus mit - wenigstens graffitifrei ;) Datum: 07.08.2017 Ort: Compeyre [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-Z 7500 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 13 Punkte 3 Kommentare [»] |
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Nord gothique geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 21.02.22, 19:03 |
Nordfrankreich ohne seine gotischen Kathedralen, das ist ebenso undenkbar, wie Paris ohne den Eiffelturm oder das Loiretal ohne seine Schlösser. Jede Stadt, die etwas auf sich hält, trumpft in ihrem Zentrum mit einem altehrwürdigen Sakralbau aus dem Mittelalter auf, mal mit zwei, mal mit einem oder auch mal ganz ohne Turm, mal filigran, mal trutzig, aber in den Dimensionen bloß nicht zu sparsam. Neben den drei klassischen Kathedralen der französischen Hochgotik in Chartres, Reims und Amiens, die allesamt Teil des UNESCO-Welterbes sind, finden sich zwischen Normandie und Champagne, Artois und Beauce unzählige weitere Exemplare, die andernorts wahre Tourismusmagneten wären, im Schatten der berühmten "Konkurrenz" aber wohl nur bei eingefleischten Kulturreisenden auf dem Programm stehen.
Manche von ihnen lassen sich sogar gemeinsam mit der Bahn ins Bild rücken! Der am höchsten im Kurs stehende dieser Blicke dürfte jener in Laon sein, der bereits Eingang in die Galerie gefunden hat (-> [www.drehscheibe-online.de] ). Demgegenüber weitgehend unbekannt ist, dass das Sujet "Bahn und Kathedrale" auch mit der Basilika von Saint-Quentin möglich ist, die zwischen dem zwölften und sechzehnten Jahrhundert anstelle einer früheren Abtei über der Stadt thronend errichtet wurde und als Aufbewahrungsort der (vermeintlichen?) Reliquien des Quintinus - einem jener frühchristlichen Märtyrer, über die eigentlich recht wenig bekannt ist - zu Hochzeiten der christlichen Wallfahrten im Mittelalter eine gewisse Bedeutung erlangte. Die Umsetzung gestaltet sich allerdings nicht ganz einfach, denn der Verkehr auf der Nebenbahn, die Saint-Quentin ostwärts verlässt und heute noch bis ins gut 20 Kilometer entfernte Origny-Sainte-Benoite führt, ist ausgesprochen dünn. 1874/75 von der Compagnie du chemin de fer de Saint-Quentin à Guise als "voie ferrée d'intérêt local" eröffnet, diente sie seit jeher nur lokalen Bedürfnissen und lag stets abseits der großen Verkehrsströme. Ihren planmäßigen Personenverkehr verlor sie 1968 und ein später von der Chemin de fer touristique du Vermandois etablierter Museumsverkehr ruht derzeit wegen einer maroden Brücke über die Oise (bzw. den parallel laufenden Kanal), sodass 2022 allein der bescheidene Güterverkehr zur Tereos-Zuckerfabrik in Origny für minimalen Betrieb auf den Gleisen sorgt, die SNCF Réseau im Auftrag der Région Hauts-de-France als heutige Eigentümerin mit dem Nötigsten an Aufwand instand hält. Wenn pro Woche zwei Zugpaare unterwegs sind, hat man Glück und das Maximum ist erreicht! Seit Jahresbeginn gibt es neben einer Trasse am frühen Mittwochmorgen, die fotografisch gesehen höchstens im Hochsommer etwas hergeben könnte, auch eine Bedienung am Montagmittag, die am Kathedralenblick genau zur richtigen Zeit unterwegs ist. Vor zwei Wochen, am 7. Februar 2022, war die BB 75409 mit FRET 417501 (Tergnier - Saint-Quentin [- Origny-Sainte-Benoite]) unterwegs. Nach dem Kopfmachen in Saint-Quentin rollt sie im gemächlichen Tempo dem Zielbahnhof entgegen, wo der einzelne Kesselwagen mit in der Zuckerfabrik produziertem Alkohol beladen werden wird. Für die 23 Kilometer Streckenlänge braucht sie insgesamt rund eine Stunde... Da sie sich dabei den Weg über die zahlreichen unbeschrankten Bahnübergänge, die sich seit Verlassen des Stadtgebiets aneinanderreihen, unter ständigem Pfeifen bahnt, wird sogar der "Ado" (dem englischen "Teenie" verwehren sich die Franzosen mal wieder entschieden ;)), der den schlammigen Feldweg als Rückweg aus der Stadt in sein kleines Dorf nutzt, einmal kurz vom Smartphone aufgeschreckt und schaut einigermaßen erstaunt in Richtung des Zuges, der ihn zu einem kurzen Stopp am Bahnübergang zwingen wird. Zuletzt bearbeitet am 21.02.22, 21:38 Datum: 07.02.2022 Ort: Neuville-Saint-Amand [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 75400 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 12 Punkte 12 Kommentare [»] |
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Picasso se fait entendre geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 19.02.22, 20:12 |
Kehren wir noch einmal zurück auf die verschneite Hochebene von Gilley und damit zur Sonderfahrt des "Picasso" X 4039 der Association des Autorails de Bourgogne Franche-Comté (A.B.F.C), die ihn am 15. Januar 2022 auf die "Ligne des Horlogers" Besançon - Morteau führte. Für den 1960 in Dienst gestellten Triebwagen-Veteranen war das ein Wiedersehen mit jener Strecke, wo knapp 37 (!) Jahre zuvor seine zweite Karriere als Museumsfahrzeug begann, die zeitlich mittlerweile längst sein "erstes Leben" im Planbetrieb (1960 - 1982) überschritten hat.
Wie schon auf der Hinfahrt (-> [www.drehscheibe-online.de] ), brachte der Pensionär auch auf der Rückreise als Train spécial 801006 (Morteau - Besançon) eine üppige Verspätung mit, die mich überhaupt erst den gezeigten Blickwinkel wählen ließ, wo zur Planzeit das Seitenlicht noch etwas zu wünschen übrig gelassen hätte. Mit gut einer halben Stunde Plus verschaffte sich "Picasso" schließlich Gehör, als er auf seiner Bergfahrt aus dem Flusstal des oberen Doubs hinauf zum 920 Meter hohen, zwischen Gilley und Longemaison gelegenen Scheitelpunkt seinen erkennbar geforderten 250kW-Motor in den unterschiedlichsten Tönen erklingen ließ. Für den Lokführer in der charakteristischen Dachkanzel oberhalb der Antriebseinheit sicher noch einmal ein anderes Spektakel! Datum: 15.01.2022 Ort: Gilley [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 3800 Fahrzeugeinsteller: Autorails de Bourgogne Franche-Comté (ABFC) Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 11 Punkte 3 Kommentare [»] |
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Le fil lisse commence son voyage geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 11.02.22, 18:06 |
In der südlichen Peripherie von Nancy hat sich mit der Produktionsstätte SAM Neuves Maisons ein Stück der einstmals umfangreichen Lothringer Montanindustrie bis heute erhalten. 1872 als Société Métallurgique de Haute Moselle gegründet - auch als Reaktion auf den Verlust praktisch aller bedeutenden Eisenwerke im lothringischen Becken an Deutschland nach dem Krieg von 1870/71 - , gehört der metallverarbeitende Betrieb heute zum italienischen Riva-Konzern und hat sich insbesondere auf die Produktion von Drahtrollen spezialisiert. Etwas mehr Geschichte gibt es auf der Homepage des Unternehmens: [www.rivaacier.com]
War schon bei der Gründung vor 150 Jahren die unmittelbare Nähe zur Eisenbahnstrecke, der derzeit nur noch in Teilabschnitten befahrenen "Ligne 14" Nancy - Merrey (- Dijon), einer der Hauptgründe für die Ansiedlung, spielt die Bahn neben Binnenschiff und LKW auch heute noch eine gewisse Rolle in der Logistik des Werkes. Drei- bis viermal pro Woche verkehrt eine Übergabe von Blainville-Damelevières nach Pont-Saint-Vincent, dem nächsten in der Nachbargemeinde von Neuves-Maisons am anderen Moselufer gelegenen Bahnhof. Angeliefert wird Schrott als Rohstoff, abgeholt die fertigen Produkte, allen voran die bereits erwähnten schweren Drahtrollen. Am 2. März 2021 war BB 60022 für die Bedienung eingeteilt und zog morgens um viertel nach neun unter anderem zahlreiche beladene Rungenwagen aus dem Gleisanschluss von SAM über die elegante Brücke, die auf zahlreichen flachen Bögen die Mosel überspannt, nach Pont-Saint-Vincent, wo sie im Güterteil des Bahnhofs umsetzen wird, ehe die Rollen ihre Reise als FRET 412711 (Pont-Saint-Vincent - Blainville-Damelevières) antreten werden. Von Blainville aus geht es dann weiter zu ferneren Zielen... Das Wasser, in dem sich die Szene spiegelt, gehört übrigens nicht zur Mosel, sondern gerade so noch zum hier mündenden Madon. Zuletzt bearbeitet am 11.02.22, 18:39 Datum: 02.03.2021 Ort: Pont-Saint-Vincent [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 60000 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Infrastruktur Top 3 der Woche: 10 Punkte 6 Kommentare [»] |
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Le quotidien de jadis geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 03.02.22, 15:41 |
Port-sur-Saône ist eine 3000-Einwohner-Gemeinde am Ostufer des gleichnamigen Flusses. Eine lange, zur Flussbrücke hinab führende Hauptstraße mit einer Kirche, einer Bar, einem Tabac-Presse, einem kleinen Supermarkt und einer Tankstelle. Alles da, was man braucht, aber eben ohne besondere Highlights - Alltag, wie es ihn in vielen Orten gibt. Zu diesem Alltag gehörte lange Jahre über leider auch eine erdrückende Blechlawine, viele LKW inklusive, bergauf unendlich langsam und laut, bergab oft viel zu schnell. Denn die Hauptstraße war gleichzeitig Teil der Route Nationale 19 von Paris über Troyes, Langres und Belfort zur Schweizer Grenze bei Delle. Seit 2021 aber haben die Portusien(ne)s endlich weitgehend Ruhe davon, denn der Durchgangsverkehr wurde auf eine vierspurige Umgehungsstraße verbannt.
An Bedeutung eingebüßt hat damit auch die hübsche Steinbogenbrücke, welche die am östlichen Ortstrand verlaufende "Ligne 4" Paris - Belfort, jenen viele Generationen von Passionnés faszinierenden Schienenstrang, überspannt und vermutlich auf deren Eröffnungszeit in den 1850er Jahren zurückgeht. Als sich die LKW-Kolonnen noch darüber wälzten, musste man immer etwas bibbern, dass nicht gerade zur Zugdurchfahrt einer davon unfotogen durchs Bild rollte. Am 21. Januar 2017 hatte ich jedoch Glück (gleichwohl war ein Twingo zur Stelle, dessen ein Stück über die Brüstung ragendes Dach ich mittels Photoshop weggepixelt habe). Ebenso Alltag waren zu diesem Zeitpunkt noch für wenige Wochen die lokbespannten Corail-Schnellzüge, über die hier und an anderer Stelle bereits viel geschrieben ist. Bei leichten Minusgraden war es an jenem Januartag die CC 72190 mit INT 1541 (Paris Est - Belfort), die aus der langen, sich in der Ferne verlierenden Geraden kommend unter der Brücke hindurch wummerte und sich in die unmittelbar anschließende Kurve legte. An Lok und insbesondere Wagengarnitur hatte der winterliche Bahnbetrieb sichtbar Spuren hinterlassen, sodass nur noch ein Teil der hellblau-silbernen Frontpartie der "En voyage"-Maschine etwas glänzte. Unprätentiös, aber immer wieder ein schönes Erlebnis, bis zur Ablösung durch die Coradia Liner vor nunmehr auch schon wieder fast fünf Jahren! Datum: 21.01.2017 Ort: Port-sur-Saône [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-CC 72100 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Zug schräg von vorn Top 3 der Woche: 11 Punkte 3 Kommentare [»] |
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Rouge/crème meets blanc/bleu geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 01.02.22, 15:03 |
Wie ich schon unter meinem letzten Foto anklingen ließ, war das eigentliche Ziel am 15. Januar nicht der Alltagsbetrieb auf der "Ligne des Horlogers", sondern der Abstecher eines SNCF-Veteranen auf die Strecke im Jura. Der heute vom rührigen Team der Association des Autorails de Bourgogne Franche-Comté (A.B.F.C) gepflegte "Picasso" X 4039 in seiner zeitlos eleganten rot-cremefarbenen Livrée! "Rouge/crème" macht sich nicht nur hervorragend als Kontrast zur von Weiß- und Blautönen dominierten Schneelandschaft unter dem makellosen Himmel, sondern steht praktisch ebenso wie die umgangssprachliche Bezeichnung "Micheline" als Synonym für eine ganze Reihe französischer Dieseltriebwagen. Der Bogen lässt sich über mehrere Generationen hinweg spannen von den auf Vorkriegskonstruktionen zurückgehenden ABJ und ADX über die 50er und 60er Jahre mit Reihen wie X 2400, X 2800 und X 3800 bis hin zu den "Caravelles". Erst die 1980er Jahre brachten mit den "Schuhkartons" X 2100/2200 und dem Aufkommen regionaler Produktfarben die Abkehr vom über Jahrzehnte klassischen Farbkonzept auf so manch einer französischen (Neben-)Bahn.
Der "Picasso" mit seiner asymmetrisch angeordneten Dachkanzel ist dabei sicher der extravaganteste Vertreter und erfreut sich bis heute großer Beliebtheit, wie die Vielzahl der bei Vereinen, in Museen und bei Touristikbahnen erhaltenen Exemplare bezeugt. Auf der "Ligne des Horlogers" war er bis Mitte der 80er Jahre planmäßig im Einsatz. Für meine Generation war das für ein Miterleben "live und in Farbe" zwar deutlich zu früh, aber das Wandeln auf den historischen Spuren anlässlich der kürzlichen Wiedereröffnung der Strecke nach längeren Bauarbeiten war für unsere deutsch-schweizerische Fotografengruppe Grund genug, sich mal wieder "corona-konform" zu einer gemeinsamen Aktion zu treffen. Ursprünglich wollten wir den Zug auf der Hinfahrt als Train spécial 801005 (Mouchard - Morteau) etwas formatfüllender in Szene setzen, aber die Winterstimmung im kleinen Ort Grand'Combe-Châteleu direkt am teilweise vereisten Doubs, wo ich im Herbst 2016 bereits einmal stand [www.drehscheibe-online.de] , war für einen Teil der Gruppe zu verführerisch, um die Gelegenheit ungenutzt verstreichen zu lassen. Der morgendliche Nebel, der sich glücklicherweise noch rechtzeitig aufgelöst hatte, bescherte den Bäumen und Sträuchern hier eine Raureifschicht, wie sie sich andernorts an diesem Tag nicht ausgebildet hatte. Mit rund einer halben Stunde Verspätung grummelte der Triebwagen schließlich unter fröhlichem Pfeifen dem Endbahnhof Morteau entgegen und sorgte bei Fahrgästen wie Fotografen gleichermaßen für Zufriedenheit. :) PS: Eine im Zuge der Streckensanierung an der Strecke ausgebrachte, grünlich schimmernde Plane habe ich hier ein bisschen entsättigt. Zuletzt bearbeitet am 01.02.22, 16:22 Datum: 15.01.2022 Ort: Grand'Combe-Châteleu [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 3800 Fahrzeugeinsteller: Autorails de Bourgogne Franche-Comté (ABFC) Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 27 Punkte 12 Kommentare [»] |
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Hiver dans le Saugeais geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 30.01.22, 16:16 ![]() ![]() ![]() |
In den Höhenlagen des Juras brachte die Hochdruckwetterlage der letzten Wochen das, was man sich vom Winter in der "Kältekammer Frankreichs" verspricht: Sonne, Schnee und (teilweise) knackige Minusgrade. So stand ich am Morgen des 15. Januar 2022 pünktlich zum Sonnenaufgang bei Gilley bereit, um TER 18108 (Morteau - Besançon) in der von einem weißen Mantel überzogenen Landschaft des Saugeais festzuhalten. Jenem Landstrich am Oberlauf des Doubs, wo 1947 ein scherzhafter Disput zwischen dem damaligen Präfekten des Départements, Louis Ottaviani, und einem örtlichen Gastwirt, Georges Pourchet, zur Ausrufung der Mikronation der freien "République du Saugeais" führte, die bis heute in folkloristischer Form fortgeführt wird, Nationalhymne, eigenen Fernsehsender und selbstredend eine Präsidentin - ihrerseits Nachfahrin des besagten Gastwirts - inklusive...;)
Vor den im Gegenlicht leuchtenden Nebelbänken, die über dem Hochplateau waberten, brummte anstelle der sonst auf der "Ligne des Horlogers" üblichen X 73500 wie so oft in letzter Zeit ein AGC vorbei. Auslöser ist die nach wie vor andauernde baubedingte Sperrung des grenzüberschreitenden Abschnitts von Morteau bis Le Locle, die den Einsatz CH-tauglicher Fahrzeuge entbehrlich macht, sodass noch bis voraussichtlich März der Gesamtverkehr mit den X 76500 bestritten wird. Eine nette Abwechslung, auch wenn mir die "Baleines" optisch eigentlich besser gefallen! Hauptsächliches Fotoziel war an diesem Tag ohnehin ein ganz anderes Fahrzeug, das sich allerdings erst ein paar Stunden später blicken lassen sollte... Coming soon! :) Datum: 15.01.2022 Ort: Gilley [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 76500 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Stimmungen mit Zug Top 3 der Woche: 36 Punkte 17 Kommentare [»] |
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Une ex-alsacienne dans le Quercy geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 08.01.22, 22:52 |
Das teils zerklüftete, teils liebliche Quercy am südwestlichen Rand des Zentralmassivs ist mit seinen gelblich schimmernden Felsformationen und verwunschenen Bruchsteinhäusern im selben Farbton, mit seinen verschlungenen Sträßlein und geschichtsträchtigen Orten eine überaus reizvolle Landschaft.
Nicht ganz einfach gemacht wird es allerdings dem Bahnfotografen, denn das Streckennetz der ländlichen Gegend ist durch (teils schon lange zurückliegende) Stilllegungen, inklusive landschaftlich wunderschöner Bahnlinien wie Cahors - Capdenac oder Souillac - Saint-Denis-près-Martel (gut, da gibt es immerhin noch Tourismusverkehr auf einem Teilstück), merklich ausgedünnt. Auf den verbliebenen Nebenbahnen dominieren "Baleines" den überschaubaren Regionalverkehr und auch die "POLT" ist in diesem Abschnitt nur noch ein Schatten ihrer selbst. Umso erfreulicher ist, dass SNCF Infra in der Gegend zwei seiner landesweit acht Etablissements Industriels des Voies (EIV) betreibt und somit ab und an für interessante Zugleistungen sorgt. Während in Brive die zentrale Instandhaltung aller SNCF-Draisinen stattfindet, befindet sich in Bretenoux an der Strecke von Saint-Denis-près-Martel nach Aurillac das Kompetenzzentrum für alles rund ums Thema Holz, vor allem also die Produktion von Holzschwellen, aber auch Bohlen für Bahnübergänge u.ä. Mehr oder weniger regelmäßig wird das EIV Quercy-Corrèze, Site de Bretenoux von Brive aus angefahren. Zum Einsatz kommen in der Regel klassische Dieselloks der Reihen BB 67400 oder BB 69000 von SNCF Infra. Am 17. Dezember 2021 war in den Morgenstunden ein solcher Zug eingelegt. Wir erwarteten ihn zwischen Saint-Denis-près-Martel und Vayrac, wobei die unerträglich langsam über die Bäume kletternde Dezembersonne es spannend machte. Kurz vor der Planzeit leuchtete der Felshang im Hintergrund im Sonnenlicht, während der kürzlich gerodete Bahndamm noch beängstigend stark von Schatten dominiert wurde. Glücklicherweise flatterte in diesen Minuten die Info aufs Handy, dass der erwartete Zug Brive mit etwa 30 Minuten Verspätung verlassen hatte... Das sollte also passen! Und tatsächlich grummelte der anschwellende Klang des Dieselmotors erst durchs Tal, als sich die Schatten auf ein dekoratives Maß zurückgezogen hatten. Was dann letztlich als Infra 814718 (Brive-Estavel - Bretenoux-Biars) im Bildausschnitt auftauchte, sorgte ebenso für Zufriedenheit: Die blaue BB 67510 mit zweiachsigen Rungenwagen, wie sie im kommerziellen Güterverkehr längst ausgedient haben! Die Lok zählt dabei, wie Basti schnell erkannte, zu den langjährig im Dépôt Straßburg beheimateten Maschinen, die nach der Reduzierung des Elsässer Umlaufplans an die Infrastruktursparte abgegeben wurden. Auf dem Berg im Hintergrund, dem Puy d'Issolud, lag übrigens nach dem heutigen Stand der Forschung das antike Oppidum Uxellodunum des gallischen Stamms der Kadurker. Dort schlug Julius Cäsar im Jahr 51 v.Chr. die letzte Schlacht seines Gallischen Krieges und setzte einen endgültigen Schlussstrich unter die Eroberung des „freien Galliens“. Weiter leben die Kadurker noch heute im Namen des Landstrichs - Denn das Quercy leitet sich vom lateinischen "Cadurci" ab. PS: Graffiti auf der Lokflanke digital entfernt Datum: 17.12.2021 Ort: Saint-Denis-près-Martel [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 67400 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 12 Punkte 6 Kommentare [»] |
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Zugvögel geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 05.01.22, 20:43 |
Zugvogel, der: Vogelart, deren Habitat sich regelmäßig in oder unmittelbar an Gleisanlagen befindet. Ideale klimatische Bedingungen für ihre Brutgebiete herrschen insbesondere über Schotter, Schienen oder Weichenstraßen. Nur selten verlassen sie ihr angestammtes Territorium, denn wohl fühlen sie sich nur dort, wo es Züge gibt.
So findet man es in jedem guten Lexikon. Na ja, oder so ähnlich... Irgendwie ;) Auch wenn vielleicht doch alles ganz anders ist mit den Zugvögeln, hat auf dem Schornstein des Empfangsgebäudes von Sarralbe tatsächlich ein Storchenpaar sein Nest errichtet und kehrt Jahr für Jahr wieder dorthin zurück. Gemeinsam mit zahlreichen Artgenossen, die sich hier im äußersten Zipfel Lothringens angesiedelt haben. Ob am Bahnhof, auf Wohnhäusern, Strommasten, Straßenlaternen oder dem Kirchturm. Obwohl der Weißstorch doch eigentlich nur im benachbarten Elsass der inoffizielle Wappenvogel ist, scheint es ihnen auch im Département Moselle bestens zu gefallen. Die Homepage der Stadt beinhaltet sogar eine entsprechende Webcam [www.sarralbe.fr] Beim Schreiben dieser Zeilen war dort erstaunlicherweise "jemand zu Hause" ;) - Ich dachte bislang, Störche würden im Winter in den Süden fliegen... Wenn man ein bisschen Glück hat, lassen sich die Tiere auch gemeinsam mit einem Zug einfangen. So am Morgen des 29. März 2021, als die BB 60115 gemeinsam mit einer Schwesterlok eine Leine Kesselwagen zum Ineos-Chemiewerk gebracht hat und nun vor dem beheizten Personalwarteraum im Erdgeschoss des Empfangsgebäudes, am Bahnsteig der ehemaligen direkten Strecke aus Sarreguemines, auf die Rückfahrt als FRET 431018 (Sarralbe - Woippy) wartet. Wenig später werden sich die Loks, wie so oft auch an diesem Tag ohne Last, über die abzweigende Weiche in Bewegung setzen und nach einem sofortigen Richtungswechsel den Rangierbahnhof vor den Toren von Metz ansteuern. Das Schwellenkreuz im Vordergrund hingegen macht deutlich, dass es in diese Richtung nicht mehr weiter geht. Es handelt sich um die Reste der Strecke nach Bénestroff und von dort aus weiter über Château-Salins nach Champigneulles (Nancy), die im Abschnitt Sarralbe - Bénestroff im Jahr 1970 ihren Personenverkehr verloren hat. Bis Anfang des neuen Jahrtausends wurde noch ein kleines Reststück zum Gleisanschluss Sécométal/Secofab in Rech im Güterverkehr befahren, doch auch das ist inzwischen längst passé. Einziger verbliebener Güterkunde im einstigen Linienkreuz von Sarralbe ist heute Ineos (ehemals Solvay). Architektonisch ist auch das Bahnhofsgebäude selbst interessant. Errichtet wurde es in nämlich in zwei Etappen. Die vom Betrachter aus gesehen vorderen Gebäudeteile mit dem Dachfirst parallel zur Gleisachse sind einer der "belgischen" Bahnhofsbauten, wie sie in Lothringen an einigen wenigen Bahnlinien realisiert wurden, deren Bau infolge der Weigerung der Compagnie de l'Est zur Nutzung der ihr zuvor erteilten Konzessionen an die Chemins de fer de l’État belge übertragen wurde. Da Belgien im deutsch-französischen Krieg 1870/71 neutral war, konnten die unter deren Ägide begonnenen Strecken samt Bahnbauten auch unter deutscher Verwaltung fertiggestellt werden. 1877/78 ergänzten die nunmehrigen Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen (EL) das Ensemble um einen größeren Sandsteinbau inklusive eines repräsentativen Turms (im Bild links), der seitdem der höchste Teil des Gebäudes ist und sogar das Storchennest überragt. ;) (Mehr zu den Bahnhofsbauten im Elsass und dem lothringischen Département Moselle findet sich im neuen EK-Buch "Eisenbahngeschichte Elsass-Lothringen" auf S. 242 ff.) Datum: 29.03.2021 Ort: Sarralbe [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 60000 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Infrastruktur Top 3 der Woche: 10 Punkte 6 Kommentare [»] |
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Les volcans enneigés geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 02.01.22, 17:05 |
Anfang bis Mitte Dezember 2021 sorgten mehrere Tiefdruckgebiete in fast allen Gebirgen Frankreichs, von den Pyrenäen bis ins Jura, für teils ergiebige Schneefälle. Nicht anders war das auch im Massif Central, wobei mit der auf den Schnee folgenden Sonne rasch auch milde Temperaturen einsetzten, die die weiße Pracht vielerorts dahin schmelzen ließen. Nur in den höheren Lagen der Vulkanberge der Auvergne hatte sich auch über die Monatsmitte hinaus noch ein winterliches Landschaftsbild gehalten.
Grund genug für einen kleinen Abstecher an die Bahnlinie Aurillac - Neussargues - Arvant, wenn man ohnehin in der Gegend ist! Denn im Abschnitt um den Scheitelpunkt Le Lioran, wo sich auch ein ausgedehntes Wintersportgebiet erstreckt, erreicht die Strecke immerhin Höhen um 1150 Meter. Le Lioran hat der aus X 73675 im aktuellen AURA-Design und einem weiteren "Wal" in neutraler TER-Livrée gebildete TER 873843 (Neussargues - Aurillac), Anschlusszug für das Überbleibsel des Causses-Schnellzuges "Aubrac", am 17. Dezember 2021 bereits hinter sich gelassen, als er - stetig bergab fahrend - über den Viaduc d'Elbarat dem nächsten Halt in Saint-Jacques-des-Blats entgegen rollt. Unmittelbar links von uns, die wir nach strapaziöser Suche am durch Schnee und Matsch extrem rutschigen Hang gerade noch rechtzeitig zur Zugdurchfahrt einen passenden Standort inmitten des dichten Bewuchses gefunden hatten, befand sich früher der Haltepunkt Puy Griou, wobei das Stationsgebäude heute noch als Wohnhaus erhalten ist. Das Landschaftspanorama der weißen Gipfel dominiert indes der gleichnamige Phonolitkegel, dessen markante Spitze bis auf 1694 Meter ansteigt. Er ist einer der zentralen Berge der auf vulkanische Aktivität vor Jahrmillionen zurückgehenden Monts du Cantal, wobei sich die Wissenschaft offenbar streitet, ob es sich um einen erodierten Schlot des vorzeitlichen Cantal-Vulkans handelt oder er erst nach der eruptiven Phase der Gegend entstanden ist. Datum: 17.12.2021 Ort: Saint-Jacques-des-Blats [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 73500 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 8 Punkte 5 Kommentare [»] |
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Une gare au milieu de nulle part geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 26.12.21, 12:47 |
Nichts ungewöhnliches sind Landbahnhöfe, die - der Doppel- oder gar Mehrfachname deutet es in der Regel schon an - der Erschließung mehrerer Orte in der Umgebung dien(t)en, sei es aus geografischen Gegebenheiten oder weil sich ein eigener Bahnhof für jeden Ort wirtschaftlich einfach nicht lohnte. In Frankreich können die namensgebenden Siedlungen mitunter auch mal arg weit abseits der Bahnlinie liegen. Besonders drastisch zeigt sich dies am Beispiel des Bahnhofs Châteauneuf-Bujaleuf im Verlauf der Strecke Limoges - Meymac (- Ussel). Rund acht Straßenkilometer sind es von dort aus ins Zentrum des 1500 Einwohner-Örtchens Châteauneuf-la-Forêt, schlappe sechs kurvenreiche Kilometer nach Bujaleuf (821 Einwohner).
Da verwundert es fast ein bisschen, dass noch 2021 Züge in dem kleinen Landbahnhof halten - Und für französische Nebenbahnverhältnisse gar nicht mal so wenige. Acht Zugpaare sind es unter der Woche, am Wochenende etwas weniger. Auch wenn Châteauneuf-Bujaleuf mittlerweile als point d'arrêt non géré (PANG) betrieben wird, also ohne örtliches Personal, hat er sich viel von seinem Charme vergangener Zeiten bewahrt. Ein äußerlich gepflegtes Empfangsgebäude und auf dem gegenüber liegenden Bahnsteig ein typisches Wartehäuschen, dahinter ein zur Laderampe führendes Nebengleis, ein Wasserkran samt (im Bild nicht sichtbarem) Wasserturm und sogar eine mechanische Vollschranke hat bis ins 21. Jahrhundert überlebt, wenngleich ihr Nutzen ohne zugehörigen Bahnübergang (der ist übrigens selbst auf den ältesten mir bekannten Luftaufnahmen aus den 60er Jahren nicht mehr erkennbar) als reiner Bahnsteigzugang äußerst begrenzt ist... Als am 18. Dezember 2021 der X 73717 als TER 868602 (Limoges - Ussel) einen Halt einlegte, schaute nur der Zugbegleiter einmal kurz aus einer der Türen hervor. Fahrgastwechsel gab es an diesem Wintersamstagvormittag nicht, sodass schnell wieder Ruhe zwischen den Feldern und Wäldern des Limousins einkehrte, nachdem der Triebwagen unter freundlichem Gruß des Lokführers an die beiden Fotografen davon gebrummt war. PS: Weißer Farbklecks auf der Front, wohl ein verunglücktes Tag, weggepixelt Datum: 18.12.2021 Ort: Châteauneuf-Bujaleuf [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-X 73500 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Infrastruktur Top 3 der Woche: 5 Punkte 3 Kommentare [»] |
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Zu den wohl ungewöhnlichsten Anschlussgleisen im Hexagon gehört zweifelsohne dasjenige des Lafarge-Zementwerks im südfranzösischen Port-la-Nouvelle (vgl. [www.drehscheibe-online.de] ). Es zweigt am nordwestlichen Bahnhofskopf von den Hauptgleisen ab und führt in einem engen Bogen mitten hinein in die Lagunenlandschaft der Étangs, vorbei an Fischerhütten und deren in buntesten Farben schillernden Booten. Als Lagerraum hat - wenn ich das Objekt in Bildmitte richtig deute - sogar der Aufbau eines ehemaligen Kühlwagens in dem illustren Sammelsurium überlebt...
Nachdem die ITE (das steht für "Installation Terminale Embranchée", das französische Äquivalent zum Anschlussgleis) über ein Jahrzehnt ungenutzt und dem Verfall und Bewuchs preisgegeben war, erweckte Lafarge sie Ende 2016 wieder zum Leben. Hintergrund war die zeitgleiche Reduzierung der Unternehmensaktivität am Standort La Couronne bei Angoulême, wo seit Anfang 2017 nur noch die Zementmühle (Broyage) zur Zerkleinerung des bereits zuvor gebrannten Zementklinkers in Betrieb ist. Letzterer wird seitdem per Bahn vom Standort Port-la-Nouvelle aus zugeführt. [www.railpassion.fr] Mit der Durchführung der zwei- bis dreimal pro Woche stattfindenden Transporte ist Europorte betraut, wobei vor den 1.500 Tonnen schweren Zügen aufgrund der nötigen Rangierarbeiten an den Endbahnhöfen - u.a. auf "unserem" Anschlussgleis - trotz des komplett elektrifizierten Hauptlaufs eine der beindruckenden Euro 4000-Großdieselloks des Unternehmens zum Einsatz gelangt. Am Morgen des 23. September 2021 war €4034 pünktlich mit dem Leerzug 60201 (Angoulême - Port-la-Nouvelle) am Zielbahnhof eingetroffen. Keine zehn Minuten nach der Ankunft - die Rangiercrew war extrem fix - drückte sie die Wagenschlange bereits quer durch die Lagune in Richtung der Beladestelle auf dem Werksgelände, wo ebenso rasch die Beladung mit Klinker abgewickelt werden und der Vollzug sich noch im Laufe des Vormittags wieder auf die Rückreise machen wird. Datum: 23.09.2021 Ort: Port-la-Nouvelle [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-EURO 4000 Fahrzeugeinsteller: Europorte Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 19 Punkte 8 Kommentare [»] |
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Deux Bordelaises en vacances geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 12.12.21, 18:01 |
Seit jeher und noch bis vor wenigen Jahren erlebte die Strecke nach Briançon, wo rund um die nach eigenen Angaben (die einer eingehenden Prüfung allerdings nicht standhalten ;)) höchstgelegene Stadt Europas eine Vielzahl von Pisten auf Wintersportler wartet, in den Monaten Dezember bis März einen teils ausgeprägten Saisonverkehr. Insbesondere galt dies bis zuletzt für die Wochenenden, an denen in Paris die Schulferien begannen und zahlreiche Familien an der Gare d'Austerlitz den Liegewagen in die französischen Alpen enterten. Seit der Saison 2016/17 sind die zusätzlichen Sonderzüge allerdings Geschichte. Nur der planmäßige Nachtzug wird seitdem noch um etliche Wagen verstärkt.
Am ersten Märzwochenende 2013 hingegen waren in der Nacht von Freitag auf Samstag nicht weniger als vier Nachtzüge von Paris nach Briançon unterwegs und boten dem Ansturm an Ski- und Snowboardtouristen auf dem Weg zu den Pisten an Dévoluy, Queyras und Pelvoux eine Alternative zu den chronisch verstopften Straßen. Einer davon war Lunéa 5825 (Paris Austerlitz - Briançon), dessen lange Wagenschlange am Morgen des 2. März 2013 über den imposanten, bis zu 53 Meter hohen Viaduc de la Selle vor den Toren von Gap rollte. Beobachtet vom Portal des gleichnamigen Tunnels aus. Für die Traktion zuständig waren BB 67424 und BB 67496, die eine weitere Besonderheit der „Pointes hivernales“ verdeutlichen. Um den gegenüber dem Normalbetrieb deutlich gestiegenen Lokbedarf abdecken zu können, sammelte man neben den Maschinen aus dem Stammdépôt Chambéry im ganzen Land weitere BB 67400 ein und spendierte ihnen ein paar Wochen Alpenluft. Die beiden gezeigten Loks waren eigens aus Bordeaux (STF Aquitaine) angereist und für die Dauer der Saisonverkehre in Portes-lès-Valence stationiert. Eine andere Sichtweise auf den Viadukt mit blauer 67300er-UM: [www.drehscheibe-online.de] Datum: 02.03.2013 Ort: Gap [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 67400 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Zug schräg von vorn Top 3 der Woche: 5 Punkte 1 Kommentar [»] |
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Winter in Méjean geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 11.12.21, 18:58 ![]() ![]() ![]() |
Eine Katze huscht über die leere Straße, die Sport- und Fischerboote wippen im geschützten Hafenbecken sanft auf und ab, während der Wind immer wieder massive Wolken aus dem Landesinneren bis an die Küste trägt. Nur wenige Ausflügler verirren sich in die Calanque-Landschaft, das Bistro "Le Mange Tout" wenige Meter von der Kaikante entfernt hat geschlossen. Winter in Méjean.
Völlig anders als in der Sommersaison, wenn die Côte Bleue - der westlich von Marseille am Steilhang der Chaîne de l’Estaque gelegene Küstenstreifen - Bade- und Bootstouristen, Taucher und Küstenwanderer anzieht und sich die geparkten Autos entlang der schmalen Straßen aufreihen, zeigt sie sich außerhalb der warmen Jahreszeit ziemlich ruhig. Zwei deutsche Fotografen sind am 3. März 2014 trotzdem dort und machen einen kleinen Spaziergang über den "Sentier des Douaniers" in Richtung Cap Méjean. Schier unvermeidlich fällt der Blick dabei natürlich auch auf den Viaduc de Méjean, eine der unzähligen Brücken im Verlauf der Bahnstrecke von L'Estaque über Martigues nach Miramas. ;) In einem lichten Moment brummte ein vierteiliger B 81500 als TER 879740 (Marseille-St-Charles - Miramas) in Richtung der "Ville cheminote". Datum: 03.03.2014 Ort: Méjean [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-B 81500 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Stimmungen mit Zug Top 3 der Woche: 26 Punkte 14 Kommentare [»] |
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Cathédrale de la Sarre geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 03.12.21, 17:43 |
Aus dem einstmaligen Bahnknoten Sarralbe, von dem heute nur noch wenig übrig geblieben ist, sind mittlerweile bereits einige Fotos in der Galerie enthalten. Keines jedoch zeigt das von weit her sichtbare Wahrzeichen der Stadt, die katholische Pfarrkirche Saint Martin, landläufig als "Cathédrale de la Sarre" bezeichnet. Auch wenn es mangels zugehörigem Bischof keine "echte" Kathedrale ist, lassen die gemessen an der Größe der Stadt imposanten Dimensionen keine Zweifel aufkommen, wo der Beiname herrührt. Erbaut wurde sie im neogotischen Stil in den Jahren 1904 bis 1907, als Sarralbe - wie das gesamte Département Moselle - unter dem deutschen Namen Saaralben zum "Reichsland Elsaß-Lothringen" gehörte und damit Teil des Kaiserreichs war. Als Baumaterial diente der rosafarbene Vogesensandstein. An weiteren Details der wechselvollen Geschichte der Kirche Interessierten sei dieses kurze Video empfohlen: [www.youtube.com]
Mit dem Bahnverkehr zusammen festhalten lässt sich die Cathédrale de la Sarre am besten in den Wintermonaten, wenn die Vegetation entlang der ehemaligen Strecke nach Sarreguemines über Hambach, die heute nur noch auf wenigen Hundertmetern als Anschlussgleis zum Solvay/Ineos-Chemiewerk befahren wird, einen relativ freien Blick ermöglicht. Die Lücke passt nicht nur längenmäßig ideal für eine solo fahrende Lok, diese ist auch aus einem anderen Grund an dieser Stelle praktisch zwingend: Wenn Last am Zughaken ist, befinden sich die Wagen - auf der Hinfahrt geschoben - nämlich stets rechts der Lok, was naturgemäß wenig fotogen ist... Am 24. März 2021 hatte ich Glück, dass die DE18 309 von CFL Cargo, eine von insgesamt elf 2017 an die Tochtergesellschaft der luxemburgischen Staatsbahnen gelieferten Maschinen dieses Vossloh-Typs, "haut le pied" nach Sarralbe gekommen war, um dort ein knappes Dutzend leerer Propen/Propylen-Kesselwagen abzuholen und im Verlauf des Vormittags über die "Ligne 9" nach Hausbergen zu bringen. Datum: 24.03.2021 Ort: Sarralbe [info] Land: Europa: Frankreich BR: LU-DE18 Fahrzeugeinsteller: CFL Kategorie: Zug schräg von vorn Top 3 der Woche: 7 Punkte 4 Kommentare [»] |
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La vedette de la Bosse geschrieben von: Julian en voyage (460) am: 29.11.21, 12:46 |
Der zuletzt vorgestellte Blick ( -> [www.drehscheibe-online.de] ) funktioniert ebenso gut in der Gegenrichtung und zählt vom Portal des Tunnel du Cul-de-Brey n°2 aus wohl zu den klassischen Motiven der "Ligne de la Bosse" Dijon - Vallorbe. Aufmerksame Betrachter des vorangegangenen Fotos werden bereits erahnen, dass der Standort ebenfalls recht "delikat" ist und gutes Schuhwerk voraussetzt... Ich war an diesem Tag jedenfalls nicht böse drum, einen Motivator zur Seite zu haben, der sicheren Schrittes vorangegangen ist. ;)
Hat man sich aber nach einer kurzen ausgesetzten Passage erst einmal mitsamt hausgemachter Éclairs aus der örtlichen Bäckerei bequem über dem Tunnel eingerichtet, steht einem entspannten Warten auf den Starzug der Strecke, den theoretisch jeden Werktag verkehrenden Getreide(leer)zug aus Italien nach Gevrey, nichts mehr entgegen. Dass das Wort "theoretisch" besonders hervorzuheben ist, habe ich glaube ich an dieser Stelle schon mehrfach unter Bildern des vormittäglichen Gegenzuges geschrieben. Denn wie es sich für einen Star gehört, ist der "Céréalier" eine echte Diva, die sich mitunter rar macht und durch Fernbleiben glänzt. ;) Am 23. Oktober 2021 war er jedoch in beiden Fahrtrichtungen mit Last eingelegt und die Hinfahrt des Vollzuges in Richtung Schweiz/Italien auch bereits eingesackt. Der Status der Rückfahrt machte es im Tagesverlauf indes spannend: Zunächst war sie mit respektablen 518 Minuten Verspätung erst am Morgen statt bereits am Vorabend im italienisch-schweizerischen Grenzbahnhof Domo II eingetrudelt und ich sah das geplante Foto am Roche du Feu vor dem geistigen Auge schon scheitern... Die SBB zeigten sich aber sportlich und beförderten den Zug umgehend weiter nach Vallorbe, wo das Prima-Doppel aus BB 27067 und 27094 bereits für den finalen SNCF-Abschnitt wartete. Letztlich war der Zug dann ab Vallorbe sogar mit verfrühter Abfahrt im System und sorgte nun aus dem genau gegenteiligen Grund als ein paar Stunden zuvor für latenten Stress, aber im Endeffekt klappte alles zur vollsten Zufriedenheit, als um kurz nach halb vier FRET 47620 ([Busca -] Vallorbe - Gevrey) mit Achtungspfiff aus dem Tunnel du Cul-de-Brey n°3 rollte und gemächlich talwärts bremste. Datum: 23.10.2021 Ort: Mesnay [info] Land: Europa: Frankreich BR: FR-BB 27000 Fahrzeugeinsteller: SNCF Kategorie: Bahn und Landschaft Top 3 der Woche: 11 Punkte 7 Kommentare [»] |
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