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Ölgefeuert durchs Taurus-Gebirge
   
geschrieben von Olli Sydow am: 02.05.22, 11:28
Aufrufe: 547

Zu den mithin spektakulärsten Bahnstrecken der Türkei neben der Strecke durch das Euphrat-Tal sowie der Rampe von Alasehir nach Esme dürfte die Durchquerung des Taurus-Gebirges zählen. Im Zuge der Bagdad-Bahn musste hier im Verlauf der Strecke von Konya nach Adana mit einer Scheitelhöhe von 1478 m ein Gebirgszug überwunden werden, welcher auf einer Länge von nur 20 Kilometer den Bau von 37 Tunneln sowie mehreren Brücken notwendig machte. Die bekannteste und größte von ihnen, das Viadukt Giaurdere (auch Varda-Viadukt genannt) bei Hacikiri, ist bereits mit mehreren sehr ansprechenden Aufnahmen in der Galerie vertreten.
Eine Fahrt mit einem Dampfzug durch das Taurus-Gebirge ist ein recht ambitioniertes Unterfangen, insbesondere, wenn eine ölgefeuerte Dampflok der Baureihe 56.1 vor dem Zug hängt. Wir haben bereits vor kurzem sensationelle Bilder aus dem Euphrat-Tal mit einer Lokomotive der Baureihe 56.0 gesehen. Fast baugleich mit dieser Reihe fiel die 56.1 aus: hier wurde 1939 ein Vertrag mit den drei englischen Lokomotivfabriken Beyer Peacock, Vulcan Foundry und Stephenson & Hawthorns über eine Lieferung von 46 mit der Baureihe 56.0 fast baugleichen Lokomotiven geschlossen. Erst nach dem Krieg konnten hiervon insgesamt 37 Stück als TCDD 56.080-116 gebaut werden. Teilweise erhielten diese Lokomotiven Ölfeuerung - und eine von ihnen, die 56 109 von Beyer Peacock, durfte am 04.10.92 unseren aus zwei Hecht-Wagen sowie aus einer Reihe Güterwagen bestehenden Fotozug über den Taurus wuchten.
Warum ambitioniert? Folgendes Szenario: die beiden Hechte waren als Großraumwagen ausgeführt. Die Fototruppe saß in den Wagen, mit Taschentüchern vor dem Mund, die Knipskisten gut verstaut. Die Fenster fest geschlossen. Es galt, die 20 km lange Durchquerung des Hauptkammes des Taurus-Gebirges zu bezwingen. Die Strecke ging in einer starken Steigung fast ausschließlich durch Tunnel, nur kurz unterbrochen durch einige freie Abschnitte. Vorne die Öl-Lok am ackern, und wir hockten in den Wagen und sahen zu, wie der Qualm im Wagen immer dichter wurde. Jedes Mal, wenn ein freier Abschnitt kam, stürzte man zum Fenster, Luft schnappen - um das Fenster gleich danach wieder zu schließen und sich das Taschentuch vor den Mund zu halten, weil der nächste Tunnel kam! Die Nummer dauerte ca. eine halbe bis dreiviertel Stunde. Danach das Aufatmen in einem größeren Bahnhof hinter dem Hauptkamm. Wir sahen aus wie die Schweine! Und die Personale erst: von den Lokführern sowie den beiden Veranstaltern, die das Schauspiel auf der Lok erlebt haben, waren nur weiße Punkte zu sehen - ihre Augen! ;-) Jedenfalls ist die gesamte Truppe dem Erstickungstod entronnen, aber so ein Erlebnis hat man nicht alle Tage!

Erst hinter dem Hauptkamm wurden die nächsten Fotomotive angesteuert. Wir sind dann in einen Fotobegleitbus eingestiegen, weil die Strecke sich parallel zu einer Straße in einer Schlucht an einem Berghang entlangzog. Wir sehen hier unseren Zug bei Ciftehan, wie er, immer noch in der Steigung, seine Fuhre durch die felsige Landschaft des Taurus-Gebirges zieht. Im Vordergrund fließt ein Fluss namens Cakitsuyu, welcher die Straße von der Bahntrasse teilt. Diverse Bilder sollten folgen...ja, und die beiden Hechte waren zu Beginn des Tages noch blau..;-)

Scan vom Fuji-100 6x6-Dia

Datum: 04.10.1992 Ort: Ciftehan Land: Europa: Türkei
BR: 0XAusl (sonstige ausländische Dampflokbaureihen) / TR-56.1 Fahrzeugeinsteller: TCDD
Kategorie: Bahn und Landschaft

EXIF-Daten:
Hersteller: EPSON, Modell: Perfection V800, Bildgröße: 997 x 1000 Pixel


geschrieben von: qj7141
Datum: 03.05.22, 14:39

Das Bild grad in der Vorschau zu sehen hat mich doch sehr überrascht ;-)!

Eine tolle Erinnerung - Du musst hier gefühlt nur 50 Zentimeter neben mir gestanden haben :-). Ich war allerdings nicht im Zug sondern hatte mit Mietwagen nebenher verfolgt, etwa 5 Zugmitfahrer waren mit im Wagen, die das Chaos im Zug oder im Begleitbus (?) nicht mitmachen wollten.
Das war talwärts Intra Express (Fischer) aber geleitet von Kramer, und zurück bergwärts Kramer/Oczko selbst. Super wie die "kaputte" 56 109 bergwärts gen Ulukiskla gequalmt hat...

Meine Kleinbild Dias können damit natürlich nicht mithalten...
Aber wer damals alles noch auf der Tour dabei war... Neben Kramer/Ocko/Fischer auch Haseneder, Eisenkolb, van Steen, Markert, der Schweizer der dann die Rhätische Bahn zum Weltkulturerbe werden ließ - Name ist mir kurzfristig entfallen, und viele andere, einige davon längst tot...
Und natürlich wir beide, geniale Fotografen, unbekannterweise...

Ich bin dann 23 Jahre später noch einmal hin, zwischenzeitlich nie...:

[www.drehscheibe-online.de]

LG Peter

geschrieben von: 475er
Datum: 03.05.22, 20:51

Ein tolles Foto! Die Taurusrampe konnte ich leider auf meinen Fahrten nicht erleben, aber die Beschreibung erinnert mich bestens an die Fahrt im Euphrattal. Diese verbrachte ich zum Teil auf der Lok und im offenen Güterwagen. Durch den Dampf war man ganz eingeölt, durch die schwer arbeitende Dampflok fiel der Dreck von den Tunneldecken. Nach dieser Fahrt war man geteert und gefedert :-)

geschrieben von: Olli Sydow
Datum: 03.05.22, 21:38

@qj: stimmt, das war damals eine Tour von Intra Express, und die Leute, die du aufzählst, waren alle damals dabei. Fast 30 Jahre her...Und ja: ein Auto-Team war ebenfalls dabei; kann mich erinnern. Foto-Kollegen, die ab Ciftehan neben uns standen..;-) Erinnert sei an die legendäre Bus-Verfolgung der 56 109. Allein die Nummer wird Begleittext für eine weitere Einstellung! Coming soon..;-)
@475er: geteert und gefedert..das passt! So kamen wir uns auch vor!

VG, Olli

geschrieben von: Rainer.Patzig
Datum: 04.05.22, 08:55

Großes Kino Leon.

* und Grüße Rainer

geschrieben von: Nagercoil
Datum: 04.05.22, 16:54

Die Strecke über den Taurus ist wirklich der Wahnsinn. Selbst einmal mit Diesel vor ein paar Jahren erlebt, jetzt hängt da wohl auch die Strippe - was die Strecke aber nicht weniger spektakulär machen dürfte.

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