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 21 - Stuttgart 21 

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Re: Gibt es vergleichbar absurde Projekte?

geschrieben von: Dirk Mattner

Datum: 29.01.18 22:22

N'Abend.


Zitat
Das Problem ist leider, dass die noch aktiven Gegner fast vollständig entweder nicht verstehen oder es schlicht leugnen, dass S21 der Bahn als Verkehrsmittel nützt. Dabei ist es eigentlich klar, dass die neuen Bahnhöfe (Mittnachtstr., Flughafen), der Umbau eines Kopf- in einen Durchgangsbahnhof, sowie die NBS Stuttgart - Wendlingen für die Bahn Vorteile bieten.

Deswegen können diese Gegner nicht ernsthaft mitdiskutieren, und auch keine annehmbaren Alternativen anbieten.
Mir scheint an dieser Stelle der Versuch unternommen zu werden die Diskussion weg vom Kosten-Thema führen zu wollen.
Sich ausgerechnet an dieser Stelle in eine Diskussion über das Für und Wider von S21 hineinziehen zu lassen, wäre nur das Aufwärmen von bereits seit einem Jahrzehnt ausgetauschten Argumenten.
Dennoch versuche ich an dieser Stelle die Vorlage aufzunehmen um von der aktuell fiskalischen Situation den Bogen über den politischen Aspekt hin zur Projektfrage selbst zu schlagen:


Zunächst im ersten Teil nochmal zu den Kosten:
Die Entwicklung des Projektes zeigt immer mehr eine Tendenz zu enormen Kostenbelastungen auf. Diese erscheinen auch heute schon kaum mehr tragbar - für die Zukunft ohnehin.
Wenn nicht schon in der Vergangenheit, so wäre jetzt der günstige Zeitpunkt gekommen über Alternativen nachzudenken.
Interessanter Weise ist es ausgerechnet die Bahn AG selbst, die eine Alternative zur aktuellen Diskussion gleich mitgeliefert hat: Die 4,8 Mrd. EUR Kosten eines Ausstiegs.

Diese Option sollte im Hinblick auf die aktuelle Situation und die zunehmende Eskalation bei der Kostenentwicklung ernsthaft in Erwägung erwogen werden. Die bisherige Projektgeschichte fortgeschrieben, verspricht nunmal enorme Kostensteigerungen bei dem ein kaum mehr abschätzbarer Endbetrag droht (vom Fertigstellungstermin schon gar nicht zu reden). Eine Entwicklung die in wirtschaftlicher Hinsicht für die Zukunft kaum mehr begründbar und irgendwann auch nicht mehr tragbar sein dürfte.

Die "Notbremse" eines vollständigen Projektausstiegs - quasi als Ultima Ratio - ist und bleibt aber ein "Worst-Case-Szenario". Am Ende blieben die Projektpartner mit ihren verloreren Investitionen auf einer epischen Bauruine sitzen. Das kann kaum jemand ernsthaft beabsichtigen.



Dieses Dilemma kann aber mit Mitteln der Politik abgewendet werden, womit ich beim zweiten Teil dieser Betrachtung angekommen wäre:

Die Projektpartner (Bahn, Bund, Stadt und Land) haben sich vor geraumer Zeit auf ihre Positionen zurückgezogen und leisten nur so viel für das Projekt, wie sie für sich selbst noch bereit dazu sind. Das Land hatte zu ihrem Anteil dazu sogar eine Volksabstimmung durchführen lassen. Der Bund hat sich auf die Position zurückgezogen, seinerseits nur die rechnerischen Ersatzinvestitionen der derzeitigen Infrastruktur tragen zu wollen. Die Bahn möchte das Projekt unverändert nach den ursprünglichen Vorstellungen verwirklichen (hofft aber am Ende nicht auf den Kosten sitzen zu bleiben).
In der Gesamtschau auf das Dilemma könnte man sagen: Keiner Projektpartner kann sich sicher sein, die aktuelle Position dauerhaft halten zu können.

Das politische Leben ist hierzulande durch Konsens geprägt. Eine Konsensfähigkeit sollte man insbesondere bei dieser vertrackten Situation, wie es das Projekt S21 ist, spätestens zum jetzigen Zeitpunkt einfordern.

Wie könnte so etwas aussehen?

Beispiel:

1. Die Projektpartner einigen sich auf eine Art Moratorium, bei dem die laufenden Arbeiten noch bis zu einem bestimmten Projektabschnitt verwirklicht und dann vollständig eingestellt werden. Da Herr Kretschmann recht gut mit der Kanzlerin kann, sollte auf dieser Ebene eine Einigung zu dieser Maßnahme durchsetzbar sein.

2. Die Projektbeteiligten rufen eine gemeinsame Kommission ein, die zunächst - gebildet aus angestellten, wie unabhängigen Technikern und Ingenieuren - eine Bestandsaufnahme des Baufortschritts vornehmen lassen.



Kommem wir mit den nächsten Punkten zum dritten Teil dieser Betrachtung, der sich dann wieder auf das Projekt und seine Sinnhaftigkeit bezieht:


3. Auf Basis des Baufortschritts zum Zeitpunkt des Moratoriums können Modelle erarbeitet werden, in welcher Form die bereits getätigten Investitionen für ein sinnvolles Alternativprojekt Verwendung finden könnten. Bund und Land sollten dabei möglichst auf die Realisierbarkeit eines Verkehrskonzept drängen, das weitsichtig die Bedürfnisse für Nah- und Fernverkehr berücksichtigt (Vorbild Schweiz). Die dazu möglicherweise anfallenden Mehrkosten sollten diese dann gemeinsam tragen.

Alternativbauten aus den Fragmenten des bisherigen Projektes können z.B. solche sein:
- Die Nutzung der beiden bereits aufgefahrenen Innenstadttunnel nach Feuerbach und Untertürkheim für eine zweite S-Bahn-Stammlinie (Vorbild Zürich HB)
- Einen unterirdischen Querbahnhof mit nur zwei Bahnsteigen für 4 Gleise, der Rest der Fläche wird für andere Zwecke verplant (Busbahnhof, Einkaufszentrum, Fahrrad-Tiefgarage etc.)
- Für eine Beibehaltung des oberirdischen Gleisvorfelds, das für den gewünschten Raumgewinn großflächig gedeckelt wird (Beispiel Parkanlagen am Gleisdreick mit Nord-Süd-Tunnel in Berlin).
- Für eine Beibehaltung der meisten Stumpfgleise des Kopfbahnhofs, die aber entsprechend zur Gewinnung von Geschäfts- und Wohnräumen ebenfalls (teilweise oder ganz) überbaut werden.


4. Es werden verschiedene Lösungsvarianten mit entsprechenden Kalkulationen erarbeitet und zur Abstimmung gestellt (Parlamentarisch, bzw. zu Volksabstimmung auf Kommunaler und Landesebene)

5. Die Vorzugsvariante wird mit Hilfe aller Projektpartner realisiert.

6. Die Mehrkosten müssen entsprechend auf Basis des erarbeiteten Kompromisses auf die Projektpartner verteilt werden.


Kurzgefasst: Mir kann keiner erzählen das in unserem hochtechnisierten Land der Dichter und Denker ein bereits begonnenes Bauprojekt nicht noch sinnvoll umgestaltet werden kann. Dieses Beharren auf ein "Entweder - Oder" mag politisch (aus Sicht der DB) begründbar sein, technisch sicherlich nicht. Und finanziell - wie jetzt aktuell wieder erkennbar schon gar nicht!


Viele Grüße,
Dirk

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