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Re: 39 184 (m1B)

geschrieben von: Bahnwärter D.

Datum: 07.09.19 21:45

Hallo,

die Zukunft der beiden erhaltenen P 10 scheint ja auf reges Interesse zu stoßen! Auch eine Wiederinbetriebnahme kommt wieder einmal ins Gespräch. Da inzwischen schon ganze Loks neugebaut wurden, sollte es eigentlich an der Technik nicht scheitern. Trotzdem einige Worte zur laufenden Diskussion:

Ich erinnere mich noch gut an schon länger zurückliegende Gespräche während meiner aktiven Museumsbahnerzeit, mit sehr erfahrenen, schon älteren und teils in Führungspositionen in Ausbesserungswerken und beim TÜV tätigen Fachleuten. Diese waren einhellig der Meinung, das alte geschmiedete Teile den heutigen Schweißkonstuktionen in Sachen Belastbarkeit, Lebensdauer und sogar Korrosionsanfälligkeit weit überlegen sind. Nicht umsonst werden auch heute noch in einigen Bereichen wie dem Großmotoren-und Generatorenbau hochbelastete Teile ganz selbstverständlich geschmiedet. Bei Eisenbahnfahrzeugen m. W. die Zughaken. Ein wesentlicher Vorteil geschmiedeter Steuerungsteile ist heutzutage auch die höhere Unempfindlichkeit bei Fehlbedienung durch die immer weniger vorhandene langjährige Betriebspraxis und Erfahrung heutiger Personale im Umgang mit solchen Lokomotiven.

Ich selbst musste vor vielen Jahren einmal, nach einen Sabotageakt durch eine bekannte konkurrierende Museumsbahn, völlig verbogene Steuerungsteile von 1901 durch unseren Dorfschmied wieder richten lassen. Frisch im Morgenmantel aus der Badewanne geholt, schaffte der alte Mann es, die großen und schweren Teile in der kleinen Dorfschmiede frei Hand ohne wesentliche Längenveränderung wieder in die alte Form zu schmieden, so dass ich die Lok nach einigen Stunden wieder mit eigener Kraft zum Heimatbahnhof zurückfahren konnte. Lediglich meine berufliche Karriere hat damals einen bleibenden Knick zurückbehalten, da ich durch diese schändliche Tat meiner Verpflichtung als Wahlvorsteher am Nachmittag einer Bundestagswahl nicht nachkommen konnte.

Insofern wäre es speziell für besonders belastete kurze P 10 Treibstangen schon empfehlenswert, diese im Schmiedeverfahren herzustellen. Die Herstellung von geschmiedeten Rohlingen ist ja kein hochtechnisches Spezialverfahren, sondern erfordert nur entsprechend großes, grobes Equipment und etwas Erfahrung in der Auswahl der Stahlsorte und Größe des Ursprungsblockes und dem Umgang mit solch großen Öfen und Hämmern. Dies dürfte hier im Westen schon selten, aber nicht unmöglich zu finden sein. In Remscheid gibt es z.B. eine Freiformschmiede die auch einzelne geschmiedete Teile und Prototypen mit einem Gewicht zwischen 50 und 35.000 kg anbietet. Die Weiterverarbeitung von Steuerungsteilen, wie auf Maß Fräsen, Bohren usw. dürfte bei Vorliegen von entsprechenden Zeichnungen überall kein Problem darstellen. Selbst die eisenbahnspezifischen Strassmannbohrwerke dürften noch vereinzelt existieren.

Sehr viel schwieriger als Stangenrohlinge wäre es da schon, z.B. Bodenringe zu schmieden, da diese sehr exakt zu schmieden und schwer nachzubearbeiten sind. Ein Problem, das z.B. die Achertal-T3 betrifft, wo die Deggendorfer Werft beim Kesselneubau den Bodenring und Kümpelteile der Einfachheit halber aus dünnen, längs aufgeschnittenen Rohrteilen zusammengeschweist hat

Ich erinnere mich noch dunkel an eine Diskussion vor etlichen Jahren u.a. mit Gerhard Moll und Mitgliedern des VDMT, wo es darum ging, für mehrere Vereine (Darmstadt und Nördlingen?) größere Schmiedeteile anfertigen zu lassen. Im Gespräch war damals die Nutzung eines großen Schmiedehammers einer musealen Schauanlage in den neuen Bundesländern im Rahmen einer jährlichen öffentlichen Vorführung oder falls das nicht klappt in Betrieben in Tschechien, Polen oder Rumänien, wo dies -damals zumindest- von der Fertigung und auch der Endbearbeitung noch überhaupt kein Problem war. Die geringen dortigen Lohnkosten wären aber durch gewissen Aufwand an Begleitung, Qualitätskontrolle vor Ort und absolut notwendiger Kenntnis von Sprache und örtlichen Gepflogenheiten wie „Schmierstellen“ wieder relativiert. Leider habe ich nach meinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst und dem Tod von Gerhard Moll nichts mehr darüber gehört. Es wäre vielleicht auch interessant, wie die Engländer oder Schweizer bei ihren Dampflokneubauten oder Neuaufbauten mit dieser Problematik umgehen. In England werden sogar Dampfzylinder neu gegossen, statt wie hier in Schweißbauweise nachgebaut.

Vor vielen Jahren gab es bei Youtube übrigens einen historischen Film, der den Bau einer Dampflok in allen Einzelteile detailliert beschrieb. Darunter auch das Schmieden und Fertigen von Stangen, genau wie auf den hier schon gezeigten Bildern aus der Hanomag-Fabrik. Leider läuft der Link heute ins Leere. Ich fand zwar noch einen historischen Film, sogar passend zum Thema:
Bau einer P 10 bei Borsig
Vielleicht ist das auch eine gekürzte Fassung des Filmes den ich in Erinnerung habe. Leider wird darin aber das Anfertigen der Stangen nicht gezeigt.

So schön es mit einer ehemals Villinger Lok wäre, eine Wiederinbetriebnahme der 39 230 dürfte, wie auch von Anderen schon befürchtet, schon an der DB AG als Eigentümer scheitern. Wie es bei 39 184 aussieht kann ich schlecht beurteilen. Zumindest würde sich bei der Lok das Stangenproblem wahrscheinlich nicht stellen, da diese noch über ihre Originalteile zu verfügen scheint. Außerdem war eine betriebsfähige Aufarbeitung zumindest vor Jahren schon einmal im Gespräch. Wichtig wäre natürlich zu wissen, was am Kessel noch zu verwenden ist, denn die preußische Bauform mit der eingezogenen Feuerbüchse ist nicht so ganz ohne! Hier wäre auch das Betriebsbuch hilfreich, alleine um die Identität des Kessels zu klären. Sollte dieser doch nicht von LHB stammen, wäre dies m.E. nicht so wichtig, da ja der Rahmen für die Herstellerangabe der Lok maßgebend ist. Wichtig wäre jedoch der Wille von Alstom, die Lok nicht nur als stehendes Schauobjekt verleihen oder abgeben zu wollen, sondern die Lok als besonderen betriebsfähigen Werbeträger für die Geschichte von LHB/Alstom zu nutzen.

Ein Verlust an Originalsubstanz durch eine Wiederinbetriebnahme wäre m.E. nicht ganz so tragisch, da sich die Lok schon jetzt nicht in einem Originalzustand einer bestimmten Epoche befindet. Schade wäre allerdings, wenn z.B. die Nieten des Tenders durch neue geschweißte Bleche oder irgendwelche Pseudo-Nieten in falscher Anordnung und Größe ersetzt würden.

Zumindest denke ich, hat mein Ursprungsbeitrag hier und in anderen Foren dazu geführt, zu erfahren, dass eine betriebsfähige P 10 schon ein großer Traum Vieler ist. Es wäre schön, wenn sich Alstom schon in irgendeiner Form von der 39 184 trennen will, dies zum Anlass einer betriebsfähigen Aufarbeitung zu nehmen. Die Bedingungen für solch ein Vorhaben, aber auch für einen Einsatz von solchen Lokomotiven werden in diesem Land nicht besser und wer weiß wie lange noch so etwas überhaupt möglich sein wird! Daher noch ein kleiner Appetitanreger mittels Photoshop:

https://de.share-your-photo.com/img/431b8d196b.jpg

Viele Grüße
Bahnwärter D.

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