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[CN] 13.000km im Zug: Die Eisenbahn in China [13B]

geschrieben von: Flo1979

Datum: 22.07.10 21:44


Auf Schienen vom Kapitalismus in den Sozialismus und zurück - 13.000km mit dem Zug durch Asien und ein bisschen Europa

Teil 10: Eine kurze Einführung in die chinesische Eisenbahn


Wie bereits im letzten Bericht angekündigt, gibt es jetzt erst einmal eine kurze Einführung in die chinesischen Eisenbahn. Diese Einführung hat aber nicht den Anspruch, umfassend oder gar vollständig zu sein. Über interessante Anmerkungen und Ergänzungen freue ich mich jederzeit. Der Abschnitt „Zugreisen in China“ beruht auf meinen persönlichen Erfahrungen aus dieser Reise und ist nicht unbedingt allgemein übertragbar.


Fakten zum chinesischen Eisenbahnnetz

Allem Wachstum des individuellen Kraftverkehrs und des Flugverkehrs zum Trotz, in China ist die Eisenbahn noch immer das mit Abstand wichtigste Verkehrsmittel. Ein Großteil der Chinesen kann sich auch heute noch höchstens eine Reise mit der Eisenbahn leisten.


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Bild 1: Eisenbahn gegen Straßenverkehr, wer wird dieses Rennen in China gewinnen (Szene in Xi'an)? Der VW Santana und der VW Jetta
gehören noch zum typischen Straßenbild chinesischer Großstädte, allerdings werden sie mehr und mehr durch Audi A6 und Audi A8
abgelöst. In den ländlichen Regionen dagegen wären vielen Menschen schon froh, wenn sie sich eine Zugfahrkarte leisten könnten.



Ende 2009 hatte das chinesische Eisenbahnnetz eine Länge von ca. 86.000 km in allen chinesischen Provinzen, davon waren ca. 19.000 km mehr als eingleisig, ca. 25.000 km des Netzes sind aktuell elektrifiziert und 6.500 km als Hochgeschwindigkeitsstrecke für mehr als 200 km/h ausgebaut. Abgesehen von wenigen Güter-, Industrie- und Zechenbahnen hat das Netz ausschließlich Normalspur vorzuweisen. Damit hat China hinter den USA und Russland das drittlängste Eisenbahnnetz der Welt (andere Statistiken sehen China sogar an zweiter Stelle). Bezogen auf die Größe des Landes und der Einwohnerzahl ist das Eisenbahnnetz aber noch immer mehr als bescheiden. Pro Million Einwohner umfasst das chinesische Bahnnetz 50 km, das Amerikanische 780 km und das Europäische 420 km. Aufgrund der hoffnungslosen Überlastung ist das Netz heutzutage ein Bremsklotz für die wirtschaftliche Entwicklung Chinas. Daher hat die Regierung ein ehrgeiziges und gigantomanisches Investitionsprogramm gestartet (mehr dazu weiter unten). So soll das Schienennetz bis Ende 2010 auf ca. 100.000 km und bis Ende 2020 auf 120.000 km wachsen.


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Bild 2: Das Eisenbahnnetz in China wächst, für den Ausbau stehen genügend Arbeiter zur
Verfügung. Allgemein anerkannter Sicherheitsstandard ist wohl das Tragen von gelben Kappen.



Schienenanschlüsse bestehen aktuell an die folgenden Nachbarländer:
  • Kasachstan (Spurwechsel auf russische Breitspur)
  • Mongolei (Spurwechsel auf russische Breitspur)
  • Russland (Spurwechsel auf russische Breitspur)
  • Hong Kong
  • Nordkorea
  • Vietnam (Spurwechsel auf Meterspur bzw. meterspurige Güterzüge über Yunnan-Bahn)

  • Für den täglichen Betrieb standen 2008 584.961 Güterwaggons, 43.215 Personenwagen und 18.437 Lokomotiven zur Verfügung. Damit konnte man pro Tag 33.300 Güterzüge und 3.000 Personenzüge fahren (Quelle Wikipedia, die Zahlen kommen mir zusammen mit den langen Laufwegen der Züge und dem zur Verfügung stehenden Rollmaterial doch ein bisschen zu groß vor).

    Der Personenverkehr beschränkt sich praktisch ausschließlich auf Fernzüge, die meist von einer Ecke des Landes in die andere fahren und dabei oft mehrere Tage unterwegs sind. Die Personenzüge bestehen dabei meist aus 12 – 20 Personenwaggons, fast immer eine bunte Mischung aus Schlaf-, Liege-, Sitz- und Speisewagen. Waren 1997 die Personenzüge noch mit bis zu maximal 120 km/h unterwegs, so sind es heute bis zu 350 km/h. Im Jahre 1978 verzeichnete die Chinesische Bahn noch 109 Milliarden Personenkilometer, bis 2008 versiebenfachte sich diese Zahl auf 778 Milliarden Personenkilometer bei 1,456 Milliarden Fahrgästen. Zum Vergleich Deutsche Bahn 2008: 77,791 Milliarden Personenkilometer und 1,919 Milliarden Fahrgäste; die Deutsche Bahn befördert also weitaus mehr Fahrgäste, allerdings über eine wesentlich kürzere Distanz (durchschnittliche Transportlänge 534,3 km vs. 40,5 km).


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    Bild 3: Blick in die U-Bahnstation am Yonglegong in Beijing. Die Hauptstädter können sich glücklich
    schätzen, in vielen anderen großen Millionenstädten Chinas gibt es noch keine S- oder U-Bahnen.



    Im Güterverkehr wird fast ausschließlich Schüttgut wie Kohle und Erz befördert. Waren es im Jahre 1978 noch 535 Mrd. Tonnenkilometer, so verfünffachte sich die Zahl fast auf 2482 Mrd. Tonnenkilometer im Jahre 2008. Die durchschnittliche Transportlänge betrug dabei 2005 770,5 km. Zum Vergleich auch hier die Deutsche Bahn 2008: 113,634 Mrd. Tonnenkilometer bei 300 km durchschnittlicher Transportlänge. Die chinesische Bahn befördert also weitaus mehr Güter über eine mehr als doppelt solange durchschnittliche Länge.


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    Bild 4: Kohlekraftwerk in der Nähe von Suzhou. Der Großteil der Energiegewinnung erfolgt in China noch immer in Kohlekraftwerken.



    Ein kurzer Abriss der Geschichte der chinesischen Eisenbahn

    Das chinesische Kaiserreich hatte sich lange gegenüber dem Westen und seiner Technologie abgeschottet. So verkehrte erst 1876 der erste Zug in China zwischen Shanghai und Woosun. Da die Strecke aber ohne Genehmigung gebaut wurde und dem fortschrittsfeindlichen Kaiserhaus ein Dorn im Auge war, wurde sie schon ein Jahr später wieder zerstört. Erst 1881 wurden rund um Tangshan wieder Eisenbahnen gebaut, die zunächst aber ausschließlich dem Kohletransport dienten.


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    Bild 5: Die jahrhundertealte Stadtmauer in Datong als Symbol der Abschottung des chinesischen Kaiserreiches
    im 19. Jahrhundert. Allzu viele Kulturgüter haben die Kulturrevolution nicht überlebt und was die Chinesen
    jetzt mit dieser Stadtmauer machen, zeige ich euch im nächsten Beitrag, wenn es nach Datong geht.



    Die Niederlage Chinas im ersten Chinesisch-Japanischen Krieg 1895 schwächte das Kaiserhaus dann so stark, dass es dem Bau von Eisenbahnlinien auf seinem Territorium erlauben musste. So waren es hauptsächlich ausländische Firmen und Länder, die den Ausbau der Eisenbahn forcierten. So entstand z.B. bis 1903 die Abkürzung der Transsibirischen Eisenbahn über Harbin im Norden Chinas. Bis 1911 hatte das Netz eine Ausdehnung von ca. 9.000 km erreicht.


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    Bild 6: Der alte Hauptbahnhof in Beijing, der heute das Eisenbahnmuseum beherbergt. Für einen Besuch
    hatte ich leider keine Zeit, dewegen bleibt es bei der Nachtaufnahme des Gebäudes. Das Eisenbahnmuseum
    in Kunming habe ich aber besucht und darüber wird es später (mindestens) einen Bericht geben



    In der Zeit der chinesischen Republik von 1912 bis 1949 waren die bürgerkriegsähnlichen Zustände und ständige Kampfhandlungen mit den Japanern nicht gerade förderlich für den Ausbau des Eisenbahnnetzes. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges umfasste das Netz gerade mal 27.000 km, wobei fast die Hälfte in der Mandschurei lag, die seit 1905 praktisch ununterbrochen von den Japanern besetzt war, die das dort bestehende Eisenbahnsystem massiv ausgebaut hatten.


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    Bild 7: Einweihung einer neuen Strecke zu Maos Zeiten.


    Mit der Machtübernahme Mao Tse Tungs im Jahre 1949 rückte die Eisenbahn in den Fokus. Vor allem im Rahmen des „Großen Schritts nach vorne“ (1958 – 1961) wurde massiv in den Ausbau des Eisenbahnnetzes investiert. So wurden vor allem im Westen und Süden Chinas neue Strecken gebaut, 1962 erreichte die Eisenbahn Urumqi im tiefen Westen Chinas. Während das Streckennetz massiv ausgebaut wurde, blieb es beim rollenden Material lange Zeit bei Dampfloks. Zwar gab es seit 1958 erste Dieselloks, aber erst 2005 fuhr der letzte planmäßige Dampfzug.


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    Bild 8: Das chinesische Eisenbahnnetz wird zur Zeit massiv ausgebaut, hier in der Nähe von Xi'an


    Der Ausbau des Netzes hat weiterhin hohe Priorität. Neben wirtschaftlichen Interessen spielen auch geostrategische und militärische Gründe eine wichtige Rolle. Im Jahre 2006 erreichte die Eisenbahn die tibetische Hauptstadt Lhasa, eine Weiterführung der Strecke bis nach Pakistan (dort hat China bereits U-Boot-Stützpunkte) ist geplant. Ebenfalls soll eine Anbindung an Myanmar erfolgen, auch dort hat China bereits einen U-Boot-Stützpunkt und baut zudem gerade an der Westküste Myanmars einen großen Ölhafen, um das Öl aus dem Nahen und Mittleren Osten direkt nach Südchina leiten zu können.


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    Bild 9: Die Eisenbahn hat in China auch eine hohe geopolitische Bedeutung. Das zeigt dieser Wagen
    der "Provinz" Tibet, der auf der Militärparade zum 60.Geburtstag der Volkrepublik am 1.10.2009
    mitlief. Ob die tibetische Bevölkerung die gleiche Sicht auf ihr Land hat, wie es der Wagen darstellt?



    Die Regierung will bis zum Jahr 2020 5 Billionen RMB (ca. 500 Mrd. Euro) in die Eisenbahn investieren, um die Kapazitäten massiv auszubauen und die Bahn weiter zu modernisieren. Die Investitionen in die Bahn wurden im Rahmen der staatlichen Finanzhilfen wegen der Bankenkrise für die Jahre 2009 und 2010 sogar noch von 345 bzw. 480 auf 600 Mrd. RMB bzw. 823 Mrd. RMB heraufgesetzt. Damit waren die Bahninvestitionen allein im Jahr 2010 mehr als doppelt so hoch wie für den gesamten Fünfjahresplan von 2001 bis 2005. Insgesamt hat man sich fünf Schwerpunkte gesetzt:
  • Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes von aktuell 6.500 km auf 50.000 km
  • Ausbau von Intercitystrecken in Ballungsgebieten
  • Aufbau von überregionalen Korridoren durch weiteren Streckenneubau im Westen sowie Streckenausbau in Zentral- und Ostchina (z.B. Ausbau mehrgleisiger Strecken von aktuell 19.000 km auf 60.000 km)
  • Ausbau der Gütertransportstrecken
  • Ausbau des Containertransports


  • Zugreisen in China

    Im Allgemeinen ist die Eisenbahn in China sehr sicher, zuverlässig und günstig. Sie eignet sich also auch hervorragend zum Überbrücken größerer Distanzen. Zudem lernt man Land und Leute besser kennen, was allerdings manchmal auch negative Aspekte hat. Je weiter man sich von den ganz großen Städten entfernt und je länger man im Zug sitzt, desto dicker wird die Speichelschicht im Abteil und auf den Gängen, vom Zustand der Zugtoilette ganz zu schweigen. Aufgrund der heillosen Überlastung des Eisenbahnnetzes sind Verspätungen an der Tagesordnung und der Fahrkartenkauf gestaltet sich kompliziert (siehe weiter unten). Dennoch bin ich gerne mit dem Zug durch China gereist.

    Wie bereits oben beschrieben, handelt es sich bei den meisten Personenzügen um Fernzüge, bei denen man meist die Wahl zwischen den folgenden Klassen hat:
  • Hard Seat: Meist Großraumwagen mit 2er und 3er Sitzreihen (Chinesen haben (noch) nicht so dicke Hintern wie wir Westeuropäer), in etwa vergleichbar mit der zweiten Klasse in Europa
  • Soft Seat: Meist Großraumwagen mit 2er Sitzreihen, in etwa vergleichbar mit der ersten Klasse in Europa
  • Hard Sleeper: Liegewagen mit offenen 6er Abteilen. Meine bevorzugte Klasse, denn die Liegen sind im Gegensatz zum Namen nicht wirklich hart; keine Duschen, dafür Wasserbecken neben der Toilette
  • Soft Sleeper: Schlafwagen mit geschlossenen 4er Abteilen. Komfortabler als die Hard Sleeper, aber meistens auch schon ausgebucht; keine Duschen, dafür Wasserbecken neben der Toilette
  • Deluxe Soft Sleeper: Schlafwagen mit geschlossenen 2er Abteilen und privater Toilette; verkehren nur auf bestimmten Strecken und sind meistens KP Funktionären reserviert

  • In jedem Wagon gibt es eine Toilette und mehrere Waschbecken. Zudem gibt es in jedem Wagen einen Samowar mit heißem Wasser. So kann man sich nicht nur seinen eigenen Tee kochen, sondern auch Instant-Nudeln, die es an jedem Bahnhof zu kaufen gibt, zubereiten (sind sehr billig und schmecken übrigens sehr gut). Zudem gibt es in fast jedem Fernzug einen Speisewagen, wo das Essen auch nicht schlecht, aber auch recht teuer (ca. 5€) ist. Zudem kommen immer wieder Abgeordnete aus dem Speisewagen mit einem Wagen vorbei und verkaufen Snacks und Getränke. Verdursten oder verhungern wird man an Bord eines chinesischen Zuges also nie. Eigentlich herrscht Rauchverbot, was aber nicht alle Chinesen interessiert. Da fast alle chinesischen Männer Kettenraucher sind, darf in den Übergängen zwischen den Waggons geraucht werden und da es sich meistens um Großraumwaggons handelt, bringt das Rauchverbot nicht wirklich was. Aber wer geruchs- oder lärmempfindlich ist, sollte sowieso nicht mit der chinesischen Eisenbahn reisen.


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    Bild 10: Blick auf den Gang eines Hardsleeper-Waggons. Rechts die offenen Abteile mit jeweils sechs Betten.



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    Bild 11: Blick auf den Gang eines Softsleeper-Waggons.



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    Bild 12: Blick in ein Softsleeper-Abteil.



    Folgende Zugklassen gibt es in China, jeder Zug hat eine eindeutige Bezeichnung, die sich aus Zugklasse und einer Nummer zusammensetzt (z.B. K 28):
  • C & D: Moderne Hochgeschwindigkeitszüge, vergleichbar mit dem ICE
  • Z: Express-Schlafzüge, in denen es meist nur Soft-Sleeper und Deluxe-Soft-Sleeper Betten gibt
  • T: Express-Züge, meist eine Mischung aus Soft- und Hardsleepern sowie Sitzplätzen
  • K: Standardzüge, vergleichbar mit T-Zügen, allerdings halten sie öfters und sind nicht ganz so schnell unterwegs

  • Das Schwierigste beim Zugfahren in China ist der Fahrkartenkauf. Fahrkarten bekommt man nur in Schaltern am Bahnhof, staatlichen Reisebüros und privaten Agenturen. Manche Reisebüros bieten eine Online-Reservierung an, die Tickets werden dann per Post oder Kurier zugestellt (z.B. [www.chinahighlights.com], dort kann man sich aus Zugverbindungen online suchen). Der Verkauf von Tickets wird meistens erst drei Tage im Voraus eröffnet, dann sind die Fahrkarten aber schnell ausverkauft. Wer also länger im Voraus planen will, muss über ein Reisebüro gehen. Die Reisebüros haben eigene Kontingente oder erwerben die Tickets direkt nachdem der Verkauf eröffnet wurde. Mit der Ausnahme ganz großer Städte wie Peking bekommt man in einer Stadt auch nur Tickets für Züge, die in dieser Stadt halten. Das erschwert den Verkauf zusätzlich. Je kleiner die Stadt und der Bahnhof, desto geringer ist das vorhandene Fahrkartenkontingent. Ggf. bekommt man nur noch einen Sitzplatz, kann im Zug beim Zugchef aber vielleicht noch einen Upgrade bekommen, wenn ein anderer Bahnhof sein Kontingent an Schlaf- oder Liegewagenplätzen nicht verkauft hat. Da die Schlangen vor den Schaltern am Bahnhof meist ellenlang sind und diszipliniertes Anstehen nicht zu den Grundtugenden des chinesischen Volkes gehört, habe ich mir die Tickets meistens in Agenturen besorgt. Dort zahlt man zwar ein paar Yuan Provision, die Angestellten sind aber freundlicher und sprechen vielleicht sogar ein paar Brocken Englisch. Am besten schreibt man vorher den gewünschten Zug, Abfahrts- und Zielbahnhof sowie das Datum auf einen Zettel, die Verkäufer wissen dann Bescheid. Viele Leute wollen ja gerne das untere Bett haben, was ich aber nicht wirklich empfehlen kann, denn das untere Bett ist tagsüber Sitzplatz für alle Fahrgäste im Abteil. Lieber zwängt man sich in das mittlere oder obere Bett, denn dort hat man immer Platz für sich, zudem sind die oberen Betten auch etwas billiger.

    Man sollte rechtzeitig vor Abfahrt des Zuges am Bahnhof sein. Bahnhöfe und Bahnsteige dürfen selbst in Provinzstädten nur mit Fahrkarte betreten werden. Vor dem Betreten des Bahnhofs wird das Gepäck wie am Flughafen durchleuchtet und die Fahrkarte geprüft. Polizisten lassen sich gerne den Pass zeigen, auch bei Ausländern. In den Bahnhöfen sind die Zugnummern dann meistens auf großen Digitalanzeigen mit Abfahrtszeit und Gleisnummer angezeigt, man muss also keine chinesischen Schriftzeichen entziffern. Je nach Größe des Bahnhofs gibt es einen bis viele Wartesäle. Dort muss man bis zur Einfahrt des Zuges warten, denn erst dann wird der Zug aufgerufen und man muss nochmals seine Fahrkarte vorzeigen, bevor man auf den Bahnsteig darf. Der Zugang zum Bahnsteig erfolgt meistens von Bahnüberführungen aus, der Abgang erfolgt meistens durch Bahnunterführungen. So kommen sich die Massen nicht gegenseitig in den Weg. Da die Züge meist sehr lang sind und nicht sehr lange halten, muss man oft einen Zwischenspurt einlegen, um noch rechtzeitig an seinem Wagen anzukommen. Jeder Wagen hat seinen eigenen Schaffner bzw. Schaffnerin, die an der Tür nochmals die Fahrkarte kontrolliert und konfisziert, wenn es sich um einen Liege- oder Schlafwagen handelt. Im Gegenzug bekommt man ein Plastikkärtchen mit der Nummer des Bettes. Vor dem Aussteigen tauscht man die Plastikkarte wieder gegen die Fahrkarte ein, denn beim Verlassen des Bahnhofs muss man nochmals seine Fahrkarte vorzeigen. Zudem weiß der Schaffner so genau, an welchem Bahnhof man aussteigen muss. Das ist sehr hilfreich, denn der nächste Bahnhof wird im Waggon meistens nicht durchgesagt oder angezeigt, an den Bahnhöfen sind Schilder mit dem Bahnhofsnamen auch rar und wegen der Verspätungen ist die Uhrzeit auch nicht immer hilfreich, um am richtigen Bahnhof auszusteigen. So wäre ich einmal fast zu früh ausgestiegen, aber die Schaffnerin hatte ein besonderes Auge auf mich Langnase und hielt mich rechtzeitig zurück.

    Quellen: Wikipedia - Volksrepublik_China, Wikipedia - Eisenbahnnetz der Volksrepublik China, Wikipedia – People’s Republic of China, Wikipedia – Rail transport in the People’s Republic of China, Seat 61 - China


    Zum Abschluss noch eine kurze Übersicht, wie ich mit dem Zug durch China gereist bin. Nach Nordkorea ging es über Peking nach Datong, wo die „Yugang-Grotten“ und das hängende Felsenkloster „Xuangkong Si“ auf dem Programm standen. Mit dem Nachtzug ging es weiter nach Xi’an zur weltberühmten Terrakotta-Armee und dann mit dem Nachtexpresszug weiter nach Suzhou, wo die berühmten Gärten und das „Chinesische Venedig Tongli“ besucht wurden. Anschließend ging es über das berühmte Huangshan-Gebirge zu den noch berühmteren Karstkegeln bei Guilin. Den Abschluss bildete dann das Bergland in Yunnan mit einem Abstecher nach Lijiang und der Tigersprungschlucht. Mit dem Bus (es fährt ja leider kein Personenzug mehr auf chinesischer Seite der Yunnan-Bahn) ging es dann weiter nach Vietnam.


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    Bild 13: Übersichtskarte meiner Zugreise durch China.



    Aufgrund des Prozederes an den Bahnhöfen gibt es in den folgenden China-Berichten nur Eisenbahnbilder aus dem fahrenden Zug heraus. Die Fenster waren meistens dreckig, das Licht war meistens schlecht und die Fotos sind dementsprechend schlecht. Für Streckenaufnahmen fehlte mir die Zeit, denn ich hatte mir für China ein vollgepacktes Sightseeing-Programm ohne Eisenbahn auferlegt. Daher war die Eisenbahn in China ein reines Transportmittel und kein Fotoobjekt. Trotzdem hoffe ich, dass ich euch einen interessanten Einblick in das Land und seine Eisenbahn geben kann. Im nächsten Bericht schauen wir uns ein bisschen in Peking um, bevor es dann mit dem Zug nach Datong geht.




    Zugliste

    
    Zug		Von			Nach			Kilometer	Land	Traktion	Spurweite
    
    S3		Niederhöchstadt		Frankfurt(Main)Hbf	  11,8		DE	Elektr.		1435mm
    ICE 75		Frankfurt(Main)Hbf	Zürich HB		 449,6		DE/CH	Elektr.		1435mm
    IC 585		Zürich HB		Chur			 116,1		CH	Elektr.		1435mm
    R 1169		Chur			San Murezzan/St.Moritz	  89,25		CH	Elektr.		1000mm
    RE 1145		Bravuogn/Bergün		Preda			  12,57		CH	Elektr.		1000mm
    R 1658		Poschiavo		Ospizio Bernina		  21,294	CH	Elektr.		1000mm
    R 1641		Morteratsch		Diavolezza		   4,635	CH	Elektr.		1000mm
    R 1658		Poschiavo		Ospizio Bernina		  21,294	CH	Elektr.		1000mm
    RE 1124		St.Moritz		Chur			  89,25		CH	Elektr.		1000mm
    IC 570		Chur			Zürich			 116,1		CH	Elektr.		1435mm
    S6		Zürich			Baden			  22,53		CH	Elektr.		1435mm
    S6		Baden			Zürich			  22,53		CH	Elektr.		1435mm
    S6		Zürich			Baden			  22,53		CH	Elektr.		1435mm
    IR 1972		Baden			Basel SBB		  65,9		CH	Elektr.		1435mm
    ICE 370		Basel SBB		Freiburg Hbf		  66,8		CH/DE	Elektr.		1435mm
    RB31603		Freiburg Hbf		Littenweiler		   7,22		DE	Elektr.		1435mm
    RB31620		Littenweiler		Freiburg Hbf		   7,22		DE	Elektr.		1435mm
    ICE 270		Freiburg Hbf		Frankfurt(Main)Hbf	 294,4		DE	Elektr.		1435mm
    S3		Frankfurt(Main)Hbf	Niederhöchstadt		  11,8		DE	Elektr.		1435mm
    S3		Niederhöchstadt		Frankfurt(Main)Hbf	  11,8		DE	Elektr.		1435mm
    S8		Frankfurt(Main)Hbf	Frankfurt-Flughafen	  11,4		DE	Elektr.		1435mm
    Chollima	Pyongyang Yonggwang	Pyongyang Puhung	   1,5(ca.)	KP	Elektr.		1435mm
    Zug Nr. 5	Pyongyang		Sinuiju-(Grenze DPRK)	 225		KP	Elektr.		1435mm
    K 28		(Grenze China)-Dandong	Beijing			1132		CN	Diesel		1435mm
    
    								2834,523



    Weitere Bildimpressionen aus China


    Weitere Bildimpressionen von mir aus China auf Flickr. Zum Anschauen auf eines der Bilder oder den Link klicken:

    http://farm3.static.flickr.com/2753/4429743511_3aed7040f6_t.jpghttp://farm5.static.flickr.com/4063/4429912895_2e85c6fba8_t.jpghttp://farm3.static.flickr.com/2740/4431902652_eb851ac4e8_t.jpghttp://farm3.static.flickr.com/2771/4431219231_b8852b0a1d_t.jpgBest-Of China http://farm5.static.flickr.com/4068/4431432113_ee3fe70359_t.jpghttp://farm5.static.flickr.com/4050/4432286676_c451d6461f_t.jpghttp://farm3.static.flickr.com/2795/4431706817_79a78bc767_t.jpghttp://farm3.static.flickr.com/2756/4431817765_5a6dca6541_t.jpg

    http://farm3.static.flickr.com/2778/4430503272_0925714ebb_t.jpghttp://farm3.static.flickr.com/2745/4430514996_5bac86e762_t.jpghttp://farm5.static.flickr.com/4005/4430576360_c5ba9b4415_t.jpghttp://farm3.static.flickr.com/2777/4430619898_a3edfa400e_t.jpgBeijing und Umgebunghttp://farm3.static.flickr.com/2752/4429897399_af82fce1d1_t.jpghttp://farm5.static.flickr.com/4059/4429931543_b967de4ef1_t.jpghttp://farm5.static.flickr.com/4033/4429940249_c7ff565dbc_t.jpghttp://farm5.static.flickr.com/4072/4429853027_74dc3f9819_t.jpg




    Inhaltsverzeichnis


  • Teil 0: 13.000km mit dem Zug durch 10 Länder, aber wo? BÜ-Bilderrätsel mit 10 Bildern
  • Teil 1: Prolog - Warum ich mit dem Zug 13.000km durch die Gegend gereist bin
  • Teil 2: Ein Kurzabstecher in das kapitalistische Musterland - Bilder von der Albulabahn
  • Teil 3: Über den Bernina zurück nach Deutschland
  • Teil 4: "Willkommen im sozialistischen Paradies" - Eine Einführung zu Nordkorea (Teil A)
  • Teil 4: "Willkommen im sozialistischen Paradies" - Eine Einführung zu Nordkorea (Teil B)
  • Teil 5: Unterwegs mit der atombombensicheren Metro in Pyongyang - (Teil A)
  • Teil 5: Unterwegs mit der atombombensicheren Metro in Pyongyang - (Teil B)
  • Teil 6: Zugimpressionen aus Nordkorea und ein schweres Verbrechen
  • Teil 7: Mit O-Bussen durch den Alltag in Pyongyang
  • Teil 8: Mit der Tram durch Pyongyang - Eine Stadtrundfahrt (Teil A)
  • Teil 8: Mit der Tram durch Pyongyang - Eine Stadtrundfahrt (Teil B)
  • Teil 9: Von Pyongyang nach Beijing - Teil A: Die Vertreibung aus dem "sozialistischen Paradies"
  • Teil 9: Von Pyongyang nach Beijing - Teil B: Verwirrung an der Grenze
  • Teil 9: Von Pyongyang nach Beijing - Teil C: Zurück im Kapitalismus?!
  • [li]Teil 9: Von Pyongyang nach Beijing - Teil D: Im Morgenlicht nach Beijing

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