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Re: mit dem Austria-Ticket 1978 durch Österreich (13 c)

geschrieben von: E-Lok-Woife

Datum: 07.06.21 22:59

Bei der Einfahrt in den Bad Ischler Bahnhof registrierte ich ein in der Nähe der Traunbrücke stehendes
noch völlig unverdorbenes altösterreichisches Formsignal. Da ich ein solches ganz gerne einmal mit
einem Zug fotografiert gehabt hätte, stieg ich dort aus, obwohl ich dadurch natürlich eine ganze Stunde
verlor. Pünktlich um 16:35 fuhr der E 703 mit der ll4l.2l in Bad Ischl ein. Leider muß man beim Betrachten
der Aufnahme feststellen, daß in der Vor-Sommerzeit-Ära die Schatten am frühen Abend schon recht lang
waren damals...

[attachment 363503 09-11-161141.21BadIschl.jpg]


Eigentlich hätte ich nun mit dem E 703 bis Attnang-P. durchfahren wollen; in Ebensee standen aber die ll89.02
und 03 nebeneinander dermaßen schön in der tiefstehenden Abendsonne, daß ich trotz des leichten Zeitdrucks
zum Heimfahren meinen Zug wieder verließ. Bei den beiden Lokomotiven angekommen spulte ich den vollen
Film in die Dose zurück und holte aus dem Rucksack eine Fimschachtel heraus. Ah, Innenlasche eingeknickt,
also voller Film drin. Nächste Schachtel: Innenlasche eingeknickt, also voller Film drin. Nächste Schachtel:
Innenlasche eingeknickt... Nach sieben oder acht Schachteln leerte ich schließlich den ganzen Rucksack aus
und stellte die Schachteln mit den vollen Filmen nebeneinander auf den Boden. Sechs Reihen, je zehn Filme,
also 60 insgesamt. Ich hatte mich restlos verschossen - was für ein @#$%&dreck! Was es daraufhin im
Ebenseer Bahnhof zu hören gab, war sicher nicht 100%ig jugendfrei und hinsichtlich der Lautstärke einem
Fischmarktschreier wohl mindestens ebenbürtig. Was jetzt? Nun gut - ich hatte zwar keine Schillinge mehr,
aber da waren ja noch die knapp 17,- DM deutsches Geld. Dafür sollte sich doch irgendwo noch ein Diafilm
auftreiben lassen! An die Tatsache, daß ich mit einem solchen Kauf kein Geld mehr für die Heimfahrt zur
Verfügung haben würde, verschwendete ich dabei keinen Gedanken.

Lange mußte ich in der Umgebung des Ebenseer Bahnhofs nicht suchen: es gab da eine größere Trafik, in
der man tatsächlich Filme kaufen konnte. Nur: die Preiskalkulation einer Trafik mit Andenkenladen schaut
ein bisserl anders aus als die eines befreundeten Fotohändlers in einer oberbayerischen Kleinstadt. Satte
195,- Schillinge oder 30,- DM hätte der Kodachrome-Film gekostet. Hätte ich das Geld noch gehabt, wäre
mir das aber in diesem Augenblick wurscht gewesen - ich hätte ihn trotzdem genommen. Für 110,- Schillinge
oder 17,- DM / Stück waren aber noch Negativfilme da - und nach einigen Verhandlungen mit Erläuterung
meiner Kassenlage überließ mir der Trafikbesitzer dann tatsächlich gnädigerweise für 16,- DM und ein paar
Gequetschte - also meinen pekuniären Gesamtrestbestand - einen Negativfilm. Doch leider war inzwischen
die Sonne untergegangen und die ll89.03 verschwunden. Das letzte Bild der Tour wurde somit ein lichtmäßig
ziemlich flaues Negativ-Bild der ll89.02 im Ebensser Bahnhof:

[attachment 363510 09-11-171189.02Ebensee.jpg]


Mit dieser Aufnahme war meine Österreichtour in fotografischer Hinsicht dann zu Ende. Der Holzklotz, der
mich elf Tage begleitet hatte, flog in Ebensee irgendwo in´s Gelände und ich fuhr mit dem P 3441 nach
Attnang-P. weiter. Dort hatte ich einen günstigen Anschluß zum E 644 nach Salzburg, wo es noch einmal
spannend wurde. Wie jetzt nach Hause kommen? Das Wichtigste schien mir erst einmal über die Grenze
nach Freilasing hinüberzukommen. Von dort aus wären es nach Siegsdorf nur noch gut 30 km gewesen - das
hätte sich in fünf Stunden sicher machen lassen. Obwohl ich Schwarzfahren eigentlich stets zutiefst
abgelehnt habe, bin ich dann also ohne Fahrkarte in den D 216 eingestiegen und habe dann gleich den
Schaffner aufgesucht, um ihm meine mißliche Lage zu beichten. Und manchmal braucht man einfach Glück
im Leben: der Eisenbahner war einer unserer Stammzugbegleiter auf der Ruhpoldinger Strecke und kannte
mich deshalb gut. Ich brauchte den Zug in Freilassing nicht zu verlassen und mußte letztendlich nur die
sechs Kilometer von Traunstein nach Siegsdorf zu Fuß zurücklegen. Ein Klacks!

Bis heute denke ich gerne an diese erste große Reise auf eigene Faust zurück - nicht nur hinsichtlich des
Erlebten, sondern auch und gerade wegen der dabei entstandenen Dias, auf denen ich oft eine Atmosphäre
habe einfangen können, die bereits wenige Jahre später vergangen war. Natürlich habe ich mich oft gefragt,
ob ich vielleicht das eine oder andere Ziel vorziehen und dafür etwas anderes sausenlassen hätte sollen;
letztendlich bin ich aber mit dem Fahrtverlauf und den Ergebnissen insgesamt durchaus zufrieden. Das
Einzige, was mich ein bisserl wurmt ist die Tatsache, daß ich nicht wenigstens einen halben Tag an der
Wiener elektrischen Stadtbahn verbracht habe, denn bei meinem nächsten Wienbesuch war diese schon
Geschichte.

Euch allen einen schönen Abend und ha det bra!

Euer Woife

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