Re: Digitalisierte alte Kursbücher im Netz publizieren, wie und wo?
geschrieben von: c-u-w
Datum: 10.11.20 10:04
Hallo Matthias,
das ist prinzipiell ein tolles Projekt, aber rechne mit einem gewaltigen Zeitaufwand. Ich habe in der Art ähnliche Arbeiten mit Archivunterlagen in einigen Archiven durchgeführt und gebe gerne ein paar Erfahrungen weiter. 3 Fotos je Minute sind ein guter Schnitt. Die Buchseite muss halbwegs gerade (= plan) liegen, man fotografiert aus kurzer Distanz, die Tiefenschärfe lässt bei gewölbter Seite schnell nach, selbst wenn die Biegung und optische Verzerrung dadurch vielleicht noch halbwegs zu ertragen ist. Die Ausleuchtung ist ein weiterer Punkt. Geringe Untershciede in der Helligkeit sieht man überdeutlich. Also Wert auf gleichmäßiges Licht legen, direkte Licht-Schatten-wechsel müssen ausgeschlossen sein. Eine gute Kamera zahlt sich aus, ich habe zum Schluss eine Canon 6D eingesetzt. Erhöhte ISO Einstellung, kleine Blende, kurze Zeit (6400 - 11 - 1/160 bis 1/200 bei meistens fotografisch weniger guten Lichtverhältnissen). Objektiv 50 mm Festbrennweite, das kommt für ein A4 Format und den gängigen Disanzen Tisch - Fotoapparat gut hin. Auf tolle Farben, Vermeidung von Bildrauschen usw. kommt es bei den Abfotografier-Projekten eher weniger an. Bildqualität L muss geade bei Vollformat-Kameras auch nicht sein, M genügt durchaus.
In einem Archiv habe ich beinahe als Luxusausstattung eine dort selbstgebaue Konstuktion nutzen dürfen, um den Fotoapparat festzuschrauben, unten das Schriftstück hinzulegen und dazu mit zwei Lampen alles gut auszuleuchten. Das war ein komfortables und zügiges Arbeiten mit im Schnitt 5 bis 6 Fotos je Minute und natürlich viel besseren Kameraeinstellungen als oben genannt)
Beim freihädigen Fotografieren (deshalb auch die genannte kurzen Belichtungszeiten) heißt es, den Fotoapparat jedes Mal in die Hand nehmen - Fotografieren - Fotoapparat ablegen (evtl. mit Gurt Umhängen, aber dann baumelt er immer herum und man muss den Gurt bei Fotografieren aus dem Bild halten. Ich hab auf den Gurt bei solchen Aktionen lieber verzichtet). Dazu steht man irgendwie immer schief und halb übergebeugt am Tisch, weil die Fotoperspektive möglischst senkrecht auf das Papier sein sollte. Nach zwei Stunden tut einem der Rücken weh und es zieht und kneift noch sonstwo. Pausen einschieben, kleine Entspannungsübung zwischendurch machen. Mehr als 4 Stunden Arbeit in dieser Form an einem Tag habe ich nie geschafft.
Es wird nicht zu umgehen sein, die Bücher weitgehend bis zur Bindung aufzubiegen, um auch die inneren Aufdrucke mit auf das Bild zu bekommen. Eine Glasscheibe als Auflage auf die Seite hat Vorteile (siehe oben Wölbung), bedeutet aber zusätzliche Handgriffe und man muss alles so einrichten, dass keine Spiegelungen mit auf das Bild kommen. Kursbücher haben beidseitig bedruckte Seiten. Wenn der Reihe nach fotografiert wird, muss das Buch für jedes Foto immer im Wechsel neu ausgerichtet werden.
Weil alle Seiten der Reihe nach drankommen sollen, ist akkurates Arbeiten unerlässlich - Stichwort sich Zeit nehmen. Eine überblätterte Seite später einfügen erfordert noch mehr Zeit. Hilfe: Zwischendurch Gegenkontrolle über die Sollzahl an Seiten und Anzahl von Bildern machen, ruhig kleinteilig z. B. alle 20 Seiten = 20 Bilder.
Absolut empfehlenswert ist wie gesagt eine Kamera-Haltekonstruktion, dann sind die Hände frei für das zu fotografiernede Objekt und man braucht nur noch auslösen. Der Bildausschnitt kann passend eingerichtet werden, das reduziert oder vermeidet Bild-Nachbearbeitungen. Für das Buch empiehlt sich eine Anlege-Marke.
Komfortabel ist eine Buch-Haltevorrichtung, geraden wenn man z. B. mit 90 ° aufgeklapptem Buch arbeitet, damit es nicht zerbricht. Mit freien Händen bei festgeklemmter Kamera kann man dafür auch vertretbar die Hände gebrauchen.
Die Lichtquellen sollten flächig alles gut ausleuchten.
Wenn dann die Bilder digital erstellt sind, ist die Frage berechtigt, wie sie zugänglich gemacht werden können. Im Grunde würde ich ein pdf-Dokument empfehlen. Das heißt natürlich, alle jpg in pdf Dateien umwandeln und dann zusammenfügen. Das ist nochmal viel Arbeit. Nur, wie will man die vielen einzelnen Bilddateien sonst bewältigen?
Ganz wichtig: als allererstes eine Kopie der Roh-Bilddateien anlegen, im Hintergrund in einem "Sicherungsordner" aufbewahren und nicht damit arbeiten. Alle verändernden Arbeiten an den Dateien nur an weiteren Kopien in einem "Arbeitsordner" durchführen.
Zur Veröffentlichung im Netz kann ich nichts beitragen.
Langsam anfangen, Erfahrungen sammeln, dann verbessern, wo es geht.
Alles Gute und viele Grüße
Uwe
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