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1970/71: Strategische Bahn Weizen - Blumberg im Dornröschenschlaf (viele Farb-B)

geschrieben von: wernerhardmeier

Datum: 28.08.17 18:04

siehe auch
1977: "Intercity"-601 auf Sauschwänzlebahn (19 Farb-B) [www.drehscheibe-online.de]
Eurovapor-Loks 30 und 8485 und Ci 2898 württ auf der Sauschwänzlebahn (1977, 9 Farb-B) [www.drehscheibe-online.de]

Im September 1970 habe ich zu meinem 14. Geburtstag das Mofa meines 1967 verstorbenen Grossvaters wieder in Betrieb genommen. Da meine Eltern nicht Auto fuhren, habe ich die neue Freiheit ausgiebig genossen, ohne Anstrengung über Hügel und Bergpässe fahren zu können. Jedes Jahr legte ich mit dem auf 30 km/h beschränkten Zweirad rund 10’000 km zurück, natürlich immer mit der Kamera.

Einer der ersten Tagesausflüge führte mich auf die sagenumwobene Strategische Bahn Oberlauchringen - Weizen - Blumberg - Hintschingen. Die in den 60ern auf Kosten der Nato noch einmal sanierte Bahnstrecke lag in einer Art Dornröschenschlaf. Mo-fr fuhr der Güterzug noch bis Weizen, einzelne Reisezüge fuhren gar bis Lausheim-Blumegg. Nördlich davon regte sich gar nichts. Ab Zollhaus-Blumberg gab's wieder etwas Güterverkehr. Die funktionstüchtigen, mit Formsignalen und per Seilzug fernbedienten Einfahrweichen ausgerüsteten Kreuzungsbahnhöfe Grimmelshofen, Fützen und Epfenhofen waren unbesetzt.

In den Fachzeitschriften las man vom Desinteresse der Nato an weiteren Unterhaltsmassnahmen und vom drohenden Abbruch der einzigartigen Strecke mit den wunderschönen Viadukten und dem einzigen Kreiskehrtunnel Deutschlands. Solange die Infrastruktur noch erhalten war, wollte ich die Strecke im Bild festhalten. Die folgenden Bilder entstanden auf mehreren Mofa-Ausflügen zwischen Oktober 1970 und Juli 1971.

Bahnhofgebäude Weizen (471 m.ü.M.) kurz vor dem Abbruch.
http://666kb.com/i/dm6vrnujw00i71hxc.jpg

Bis Lausheim-Blumegg (502 m) fand bis zum 25. September 1971 mo-fr noch Personenverkehr statt, entweder mit einem Schienenbus oder mit 212 und geschobenen yg-Wagen. Da ich nur sa/so unterwegs war, ging dieser Restverkehr an mir vorbei.
http://666kb.com/i/dm6vsxzi9qx19e8lc.jpg

Von Lausheim-Blumegg führt der 1200 m lange „Kehrtunnel im Weil“ zur Wutachbrücke. Unterer Tunneleingang.
http://666kb.com/i/dm71nj2f4wropo6io.jpg

Am oberen Tunnelausgang steht ein Wärterhaus.
http://666kb.com/i/dm71bp7iyh0drpg3s.jpg

Die 107 m lange Wutachbrücke liegt versteckt im Wald.
http://666kb.com/i/dm71c3s8ittw6j6yo.jpg

Sie überspannt die Schlucht mit drei Fischbauchträgern.
http://666kb.com/i/dm724px0pvvwtkgzk.jpg

Der Bahnhof Grimmelshofen (539 m) liegt abseits des Dorfes, schon 1923 verlor er den Personenverkehr zugunsten der besser gelegenen Station Lausheim-Blumegg. Er liegt zwischen dem gut 200 m langen „Tunnel bei Grimmelshofen“ und dem 90 m langen „Kleinen Stockhaldetunnel“. Das Bild habe ich von der alten Bergstrasse aus aufgenommen. Heute ist hier alles zugewachsen.
http://666kb.com/i/dm71culc900bfolxc.jpg

Der 1700 m lange „Grosse Stockhaldetunnel“ schafft als einziger Kreiskehrtunnel Deutschlands die nötige Höhenentwicklung (12 m zwischen den Tunnelportalen) zum Talübergang Fützen. Die 150 m lange Fischbauchträger-Brücke fügt sich harmonisch in die Landschaft.
http://666kb.com/i/dm72bdn0gp15hrsw0.jpg

http://666kb.com/i/dm72b5ca7rru1105c.jpg

Der Bahnhof Fützen ist zwischenzeitlich zum Betriebsmittelpunkt der Museumsbahn aufgewertet worden.
http://666kb.com/i/dm72hiptz4ptx7668.jpg

Eine grosszügige Schlaufenentwicklung führt durch den „540 m langen „Tunnel am Achdorfer Weg“ nach Epfenhofen. Von der Überführung der L 214 über die Bahn fällt der Blick auf das Einfahrsignal von Epfenhofen, im Hintergrund der Biesenbachviadukt. Spätherbst 1970.
http://666kb.com/i/dm72t43jqyf6c08ow.jpg

März 1971
http://666kb.com/i/dm72tfcy4k5j1b2tc.jpg

Der 264 m lange Epfenhofener Viadukt stellt das namensgebende Dorf völlig in den Schatten.
http://666kb.com/i/dm72yb42a2u788kxs.jpg

http://666kb.com/i/dm72ukaj6jx9q5pts.jpg

Hier handelt es sich um eine Pendelpfeilerbrücke. [de.wikipedia.org]
http://666kb.com/i/dm736q3lvuzg6k2kg.jpg

http://666kb.com/i/dm7373yjuxlh2fuv4.jpg

Von der Bergseite sieht das weniger dramatisch aus.
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Eine Drehung um 90 Grad nach links zeigt das bergseitige Einfahrvorsignal Epfenhofen (Bahnhofhöhe 655 m, hoch über dem Dorf). Die Neuanlage der B 314 als Schnellstrasse hat die wunderbare Landschaft im Bereich Füssen/Epfenhofen leider völlig entstellt. Ich muss gestehen, ich war entsetzt, als ich die streckenweise Parallelführung von Bahn und Strasse zum ersten Mal erblickte. Heute bin ich wirklich froh, die Sauschwänzlebahn noch vor dem Ausbruch des Strassenbau-Wahnsinns dokumentiert zu haben.
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Epfenhofen im Schnee, im Vordergrund ein Teil des Biesenbachviaduktes. Beim gut sichtbaren „Pfeil“ handelt es sich um einen Dammdurchstich für einen Feldweg.
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Der gut 250 m lange Biesenbachviadukt hat mich von Anfang an fasziniert. Er liegt in in einer Kurve, natürlich in der Steigung, dazu am Hang. Mit seinen 7 Fischbauchträgern sieht er aus jeder Perspektive grossartig aus.
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Statt gemauerter Pfeiler besitzt der Biesenbachviadukt stählerne Gerüste.
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einfach nur schööön…
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Blick auf den Biesenbachviadukt und auf das untere Ende des Bahnhofes Epfenhofen, im Hintergrund das Wärterhaus am Buchberger Tunnel.
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Der Eingang zum 80 m langen Buchbergtunnel, dem Scheiteltunnel der Strategischen Bahn.
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Der Tunnel unterquert die Wasserscheide zwischen Rhein und Donau, zwischen Nordsee und Schwarzem Meer.
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Im Mai 1971 ist in Zollhaus-Blumberg (702 m) noch unbedeutender Endpunkt des Rest-Güterverkehrs von Hintschingen her. Kein Mensch konnte damals ahnen, dass hier einmal eine bedeutende und gut frequentierte Museumsbahn ihren Endpunkt haben sollte, von der Wiederaufnahme des planmässigen Reisezugverkehrs Seite Immendingen ganz zu schweigen.
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Einführung der Strategischen Bahn in die doppelspurige, aber 1971 noch nicht elektrifizierte Schwarzwaldbahn. Bemerkenswert sind die Donaubrücke im Hintergrund und die einfache Kreuzungsweiche im Vordergrund. Eine eindrückliche Reihe von Telegrafenmasten säumt die Schwarzwaldbahn. Weichen und Signale sind mit Seilzug fernbedient.
http://666kb.com/i/dm73upxwqu2uj8pvk.jpg

Diese Aufnahme vom Bahnhof Hintschingen (662 m) ist wirklich historisch. Er ist längst abgebrochen worden.
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Die Wiederaufnahme des Bahnbetriebes auf der als „Sauschwänzlebahn“ vermarkteten Strategischen Bahn 1977 hat mich wahnsinnig gefreut. Natürlich bin ich auch schon mitgefahren. Der Dampfbetrieb ist ja bewundernswert, aber für mich zählt in erster Linie das weitgehend vollständig erhalten gebliebene technische Denkmal, die konzentrierte Ansammlung aller Merkmale einer echten Gebirgsbahn in einer schönen Landschaft. Natürlich schmerzte mich die Ausserbetriebnahme der Formsignale und der (unnötige?) Abbruch des Bahnhofes Weizen, aber dafür habe ich Verständnis; fast unerträglich finde ich hingegen die brutale Veränderung der Landschaft durch den Schnellstrassenbau. Hätte man hier eine andere Lösung gefunden, wäre die Strecke zwischen Weizen und Zollhaus-Blumberg aus meiner natürlich völlig unbedeutenden Sicht würdig gewesen, zum UNESCO-Weltkuturerbe erklärt zu werden. Dieser Zug ist leider abgefahren, endgültig.

Alle Aufnahmen sind mit Agfa Isolette-Balgenkamera, ohne Belichtungs- und Distanzmesser, entstanden. Die Scans entstanden mit dem Flachbettscanner ab 13x13-Papierabzügen.
Ich wünsche viel Spass an den nun schon 46 bis 47 Jahre alten Bildern.

etwas melancholischer Gruss, Werner

meine früheren HiFo-Beiträge sind hier aufgelistet:
[www.drehscheibe-foren.de]

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