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[I] LFI Arezzo, Teil 2, die Inox-Triebwagen von Piaggio (m17B)

geschrieben von: wernerhardmeier

Datum: 22.01.13 21:23

Beim Firmennamen Piaggio denken die meisten wohl an die klassischen Strassenroller vom zwei- (Vespa = Wespe) und dreirädrigen (Ape = Biene) Typ. Aber Piaggio war darüberhinaus italienischer Lizenzhalter für die von Budd (USA) entwickelte „Inox“-Wagenbautechnik mit gesickten, rostfreien Stahlblechen, welche nicht lackiert zu werden brauchen.

Während Bahnen wie FS und FNM (Nord Milano) bereits nach wenigen Probeexemplaren genug hatten, setzte die Ferrovia Casalecchio - Vignola (FCV) im Südwesten von Bologna voll auf diese Technik, als sie ihre 25 km lange Dampftramwystrecke 1938 teilweise neu verlegte und als elektrische Vollbahn mit 3000 Volt wieder in Betrieb nahm. Für den Personenverkehr wurden 5 zweiteilige Triebwagenzüge (Triebwagen-Steuerwagen) in Betrieb genommen, die damals durchaus futuristisch wirkten. Am 19. Februar 1967 stellte die FCV den Personenverkehr ein. Ein völlig unbegreiflicher Schritt, wenn man die parallel führende, schon in den Sechziger Jahren chronisch überlastete Hauptstrasse kennt.

LFI Arezzo konnte die zehn immer noch modern wirkenden Fahrzeuge ab 1969 für den Personenverkehr mieten, später für wenig Geld kaufen. Auf einen Schlag konnten die letzten zweiachsigen Personenwagen abgestellt werden. Beim Publikum kamen die „neuen“ Fahrzeug aber sehr schlecht an. Die seit 30 Jahren nicht erneuerte Inneneinrichtung war mehr als schmuddelig, die winzigen Fenster und das fehlende WC riefen heftige Proteste hervor. In der eigenen Werkstätte wurden die zweiteiligen Triebzüge mit neuen, gepolsterten Sitzen und WC ausgerüstet. Für den Betrieb auf den beiden doppelt so langen LFI-Strecken mussten auch die Drehgestelle verstärkt werden.

Bald stellte man fest, dass man besser robusteres Material anderer eingestellter Strecke gekauft hätte wie Voghera - Varzi, Piacenza - Bettola oder Pisa - Livorno, denn die extrem leicht gebauten Piaggio-Fahrzeuge verursachten einen enormen Unterhaltsaufwand. Es war nicht leicht, sie in Betrieb zu halten. Die Inox-Aufbauten machten den strengen Einsatz über die LFI-Strecken einfach nicht mit. Dauernd mussten Rahmenrisse und andere Gebresten ausgebessert werden. In sieben Betriebsjahren wurden die Drehgestelle aller fünf Motorwagen drei Mal praktisch von Grund auf erneuert. Die Sekundärfederung wurde vollständig ersetzt, sogar neue Stromabnehmer waren nötig. Die Ersatzteilsituation wurde für die 35-jährigen Fahrzeuge zusehends prekär.

So hatte ich Glück, 1975 wenigstens noch 2 der 5 Züge in Betrieb erleben zu dürfen. Weil sie so aussergewöhnlich sind, erlaube ich mir manchmal, ein paar sehr ähnliche Fotos einzustellen. Einige Betrachter werden dies zu schätzen wissen, weil immer wieder andere Details zum Vorschein kommen, die anderen mögen bitte einfach weiterscrollen, bis ein wirklich neues Motiv auftaucht. Hier bitte ich einfach um Verständnis.

Die nur 21.5 Tonnen schweren Triebwagen besassen nur ein Motordrehgestell. Die beiden Fahrmotoren leisteten zusammen 184 kW. Das reichte gerade, um den 13 Tonnen (vollbesetzt 21 Tonnen) schweren Steuerwagen zu bewegen. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei bescheidenen 60 km/h, für die ehemalige Dampftramway nach Vignola völlig ausreichend, aber für die LFI-Flachlandstrecke nach Sinalunga ein Witz.

Triebwagen M 5 mit Steuerwagen R 15 ist in Arezzo auf Gleis 1 eingetroffen.
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Der Beamte hat einen FS-Zug nach Florenz abgefertigt und kehrt in sein Büro zurück.
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Für einen Moment kehrt kontemplative Ruhe ein. Bald drückt M 1 seinen Steuerwagen in die Abstellanlage zurück.
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Fast zu spät bemerke ich, dass M1 und R 11 auf ein anderes Gleis umgesetzt haben. Im letzten Moment hechle ich durch die Unterführung. M 1 und R 11 entfernen sich Richtung Sinalunga, zuerst der Steuerwagen R 11…,
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…dann der Triebwagen M 1.
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Am Abend treffe ich M 1 wieder auf dem Hilfsbahnsteig, der für die LFI-Züge nach Sinalunga reserviert ist.
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Steuerwagen R 11 und Motorwagen M 1 auf dem Abfahrgleis der LFI-Züge nach Sinalunga.
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Am nächsten Morgen ist der Himmel über Arezzo wiederum wolkenfrei. Grund genug, aufs Hausperron (Helvetismus für Hausbahnsteig) zu gehen und ein Bild von der Sonnenseite zu riskieren, direkt vor dem Eingang der Bahnpolizeiwache. Als ich diesen Hüftschuss riskiere, drückt M 5 seinen Steuerwagen eben zurück in die Abstellanlage. Vom Vortag weiss ich, dass nun Zeit, zum Zwischenbahnsteig zu wechseln.
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M 5 besitzt noch ein als solches markiertes Abteil der 1. Klasse. Direkt dahinter ist das Gepäckabteil. Der für Gepäck und Expressgut zuständige Mitarbeiter des Bahnhofes Arezzo ist mit seiner Handkarre am Ziel eingetroffen und macht eine Bestandesaufnahme.
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Der Kollege Zugführer hat noch einen guten Tipp.
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Die Plackerei kann beginnen.
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Stück um Stück verschwindet im geöffneten Gepäckraumtor.
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Die Dienstpost kommt obenauf.
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Zum Abschluss zwei Bilder vom Areal der LFI-Werkstätte Arezzo Pescaiola, Steuerwagen R 11:
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Steuerwagen R 15 ist nur wenige Meter weiter abgestellt. Man beachte die unterschiedlichen Drehgestelle.
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Das waren fast alle meine Aufnahmen dieser sehr speziellen LFI-Fahrzeuge.

meine früheren HiFo-Beiträge sind hier aufgelistet:
[www.drehscheibe-foren.de]
Gruss Werner

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