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Mit HS unterwegs - Streifzug durch die 70er – Teil 8 (9 B)

geschrieben von: ulrich budde

Datum: 12.01.09 08:12

Wer es jetzt immer noch nicht weiß, der hat echt ’was verpasst. Nein, die Siebziger sind hier nicht die siebziger Jahre, sondern die Baureihen 70 bis 79 im Nummernsystem der Deutschen Reichsbahn.

Was gab es bisher:
Teil 1: BR 70.0 (bayr. Pt 2/3), BR 70.1 (bad. Ig)
Teil 2: BR 74.4 (pr. T12), BR 74.13 (LBE T12)
Teil 3: BR 75.0 (wü. T5)
Teil 4: BR 75.1 (bad. VIb), BR 75.4 (bad. VIc), BR 75.10 (Nachbau bad. VIc)
Teil 5: BR 75.6 (BLE), BR 75.6 (ELE), BR 76.0 (pr. T10), BR 77.0 (pfalz P5)
Teil 6: BR 71.6 (BBÖ DT1), BR 75.7 (BBÖ 229), BR 77.2 (BBÖ 629), BR 78.6 (BBÖ 729)
Teil 7: BR 78.0 (pr. T18)
Und jetzt kommt:
Teil 8: BR 78.10 (Umbau pr. P8), BR 79.0 (BLE)

Unser Streifzug nähert sich nun so langsam seinen Ende zu. Die pr. T18, BR 78.0, über die ich im letzten Teil berichtete, war unter den Länderbahn-Tenderloks sicher das Non plus ultra auf deutschen Schienen. Ähnlich positiv schneidet in der Gesamtbewertung ihr Pendant auf der Seite der Schlepptenderloks für den Personenzugdienst, die pr. P8, BR 38.10, ab. Nur bei Rückwärtsfahrt kam die P8 schnell an ihre Grenzen; max. 45 km/h waren hier zulässig.

Dieses führte Anfang der 50er Jahre zu der Überlegung, die BR 38.10 durch halbstarre Kupplung mit einem Kurztender für den Kurstreckenverkehr in Ballungsräumen zu ertüchtigen, der durch einen hohen Anteil an Rückwärtsfahrten geprägt ist. Nach einem Vorschlag von Prof. Mölbert von der TU Hannover wurden deshalb probehalber zwei P8 bei Krauss-Maffei(!) umgebaut, und zwar 38 2919 und 38 2890. Für die nunmehr faktisch als Tenderloks einsetzbaren Maschinen wurden die neuen Nummern 78 1001 und 78 1002 festgelegt.

Der Umbau bestand im Wesentlichen im Neubau eines zweiachsigen Kurztenders 2T17, der Ausrüstung der Lok mit einem neuen Führerhaus und einer anderen Abstimmung der Querführungseigenschaften des Vorlauf-Drehgestells. Zusammen mit der strammen querelastischen Anlenkung des Kurztenders an die Lok versprach man sich davon bessere Fahreigenschaften bei Rückwärts-Betrieb. Die ursprünglich auch für Rückwärtsfahrt angestrebte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h konnte allerdings nicht realisiert werden, wobei sich die mir vorliegende Literatur darüber ausschweigt, wie viel denn tatsächlich zugelassen waren.

Die beiden 78.10 wurden im März 51 bei der BD Augsburg in Dienst gestellt. Sie scheinen sich aber nicht sonderlich bewährt zu haben, denn ein Serien-Umbau kam nicht zustande und die Loks wurden bereits 1959 wieder abgestellt.

Davon ahnte HS wahrscheinlich nichts, als er 78 1002 am 22.09.57 im Augsburger Hbf vor einem Personenzug ablichtete.

Bild 65:
http://www.bundesbahnzeit.de/dso/HS/70-79/b65-78_1002.jpg


Zwei Jahre später stand er wieder in Augsburg auf dem Bahnsteig. Jetzt, am 15.09.59, muss man es im Nachhinein als großes Glück bezeichnen, die 78.10 noch einmal im Betrieb erwischt zu haben, denn die endgültige Abstellung muss nur wenige Wochen nach der Aufnahme erfolgt sein. Wieder ist es die 78 1002, die sich im Hbf die Ehre gibt.
Ja hätte es denn jetzt nicht mal die 1001 sein können ;-))

Bild 66:
http://www.bundesbahnzeit.de/dso/HS/70-79/b66-78_1002.jpg


HS muss den Ernst der Lage um die 78.10 erkannt haben, denn am nächsten Tag machte er sich auf zum Bw Augsburg, um dort gemäß bester Bellingrodt-Tradition die Lok noch einmal von allen Seiten auf der Drehscheibe ins Bild zu setzen. Von diversen Aufnahmen zeige ich hier eine Standard-Ansicht von der rechten Seite, auf der die Lok in ihren ganzen "Schönheit" zu sehen ist.
78 1002, Bw Augsburg, 16.09.59.

Bild 67:
http://www.bundesbahnzeit.de/dso/HS/70-79/b67-78_1002.jpg


Und damit kommen wir zur letzten Baureihe dieser Serie, der Baureihe 79.

Die war ursprünglich für die sächsische XV HTV vorgesehen, eine CC-h4vt Tenderlok mit mittig angeordnetem Zylinderblock, der Hoch- und Niederdruckteil in einem Gehäuse vereinte. Die beiden Triebwerkgruppen waren (beide) nicht gelenkig ausgeführt; eine gute Kurvenläufigkeit sollte durch Klien-Lindner Hohlachsen am 1. und 6. Radsatz hergestellt werden. Die beiden 1916 gelieferten Baumuster wurden bei der DR als 79 001 und 79 002 eingereiht, aber bereits 1932 wieder ausgemustert.

Als zum 01.01.1938 die Braunschweigische Landeseisenbahn (BLE) verstaatlicht wurde, wurde die Nummer 79 001 zum zweiten Mal belegt. Und zwar mit der BLE 44, einer 1’D1’-h2t Maschine, die zusammen mit den 1’C1’-Präries BLE 45 – 49 eine kleine Lokfamilie bildete. Letztere erhielten bei der Übernahme durch die DR die Nummern 75 601 – 605 und wurden bereits in Teil 5 unseres Streifzuges vorgestellt.

Nach dem Krieg verblieb 79 001" bei der DB, wurde jedoch, wie ihre kleinen Schwestern, bereits 1947 an die DEG verkauft, wo sie die Nummer 261 erhielt. Zunächst bei der Braunschweig-Schöninger-Eb. (BSE) eingesetzt, gelangte sie im April 1949 zur Kleinbahn Frankfurt-Königstein (FK), wo der kräftige D-Kuppler für den Betrieb auf der steigungsreichen Strecke in den Taunus höchst willkommen war.

Dort kam sie HS am 28.09.57 als FK 261 in Königstein(Ts) das erste Mal vor die Flinte.

Bild 68:
http://www.bundesbahnzeit.de/dso/HS/70-79/b68-FK_261.jpg


Nachdem die FK mit der Lok 262 eine modernere Maschine zur Verfügung hatten, wurde die ehemalige 79 001" am 05.04.60 zur Teutoburger Wald Eisenbahn (TWE) versetzt. Wie bei der DEG üblich, behielt die Lok beim Wechsel von einer DEG-Bahn zur anderen ihre Betriebsnummer, in diesem Fall also die 261.

Bei einem Besuch in Lengerich am 03.09.61 war es so möglich, nun auch eine Farbaufnahme von der Lok als TWE 261 anzufertigen.

Bild 69:
http://www.bundesbahnzeit.de/dso/HS/70-79/b69-TWE_261.jpg


Die Begegnung bei der TWE sollte aber nicht die letzte bleiben. Denn Lok 261 musste am 04.09.66 an die FK zurückgegeben werden, nachdem die Lok FK 262 durch einen schweren Unfall außer Gefecht gesetzt worden war. Dort blieb die 261 dann auch bis zu ihrer Ausmusterung im März ’73.

Im Mai 1968 veranstaltete die DGEG mit der Lok eine Sonderfahrt, an der auch HS teilnahm. Dabei entstanden weitere Aufnahmen dieser Lok, von denen wir hier noch drei zeigen möchten.

Am 11.05.68 macht sich FK 261 in Königstein(Ts) auf den Weg nach Frankfurt(M)-Höchst, um dort den Sonderzug zu übernehmen. Sie ist, dem Anlass entsprechend, optisch noch einmal auf Hochglanz gebracht und mit dem damals bei solchen Fahrten üblichen Blumen- und Fahnenschmuck versehen worden. Als puristischer Betriebseisenbahner kann ich dazu nur sagen: na ja …

Bild 70:
http://www.bundesbahnzeit.de/dso/HS/70-79/b70-FK_261.jpg


Beim nächsten Bild sehen wir FK 261 im Bahnhof Frankfurt(M)-Höchst. Auf dem Nebengleis am Bahnsteig ist offensichtlich auch bereits der Sonderzug aus Frankfurt(M) Hbf eingetroffen.

Bild 71:
http://www.bundesbahnzeit.de/dso/HS/70-79/b71-FK_261.jpg


Nach dem Umsetzen der Wagengarnitur an die andere Bahnsteigseite ist abschließend noch eine schöne Aufnahme des ganzen Zuges möglich, bevor es auch für HS als Fahrt-Teilnehmer heißt: "Einsteigen, der Zug fährt ab".

Bild 72:
http://www.bundesbahnzeit.de/dso/HS/70-79/b72-FK_261.jpg


Damit bin ich/sind wir eigentlich am Ende des Streifzugs durch die Siebziger angelangt. Aber es gab da ja noch eine dritte Besetzung der Nummer 79 001, und die führt noch zu einer kleinen Zugabe.

In der sowjetischen Besatzungszone verblieb nämlich nach dem Krieg die französische Tenderlok 242TA 602. Da war eine 2’D2’-h4vt Tenderlok, die bei der DR-Ost als Bremslok für die FVA Halle hergerichtet und als 79 001’’’ eingereiht wurde. Warum man hier, wie auch schon bei der BLE Maschine, immer wieder die Betriebsnummer 001 verwendete, obwohl doch alle folgenden Nummern und Hunderterblöcke frei waren, wird wohl ewig ein Rätsel bleiben.

Ein Bild der Reichsbahn-79er kann ich leider nicht anbieten, da die DDR für HS (ebenso wie für mich) mangels verwandtschaftlicher Beziehungen unzugängliches Gebiet war. Aber eine Lok der Baureihe 242TA, genau so eine wie 79 001’’’, das ist möglich.

Dazu begeben wir uns in das Depot Hausbergen (bei Straßburg/F), wo HS am 31.05.62 die 242TA 628 antraf. Zum Zustand der Lok schweigt des Sängers Höflichkeit, zumal wir ja auf unserem Streifzug auch schon deutsche und österreichische Loks gesehen haben, die da durchaus konkurrenzfähig wären. Aber auch schon in den 60ern war der Dampfeinsatz halt an vielen Orten nur noch ein Auslaufbetrieb.

Bild 73:
http://www.bundesbahnzeit.de/dso/HS/70-79/b73-242TA_628.jpg



Resümee

Der Streifzug durch die Siebziger ist jetzt doch erheblich länger und umfangreicher geworden, als ich ursprünglich geplant hatte. Ich denke, da macht es Sinn, am Ende noch einmal tabellarisch alle Lokomotiven zusammenzustellen, denen wir auf unserem Streifzug begegnet sind (rot=Farbbilder):

………http://www.bundesbahnzeit.de/dso/HS/70-79/b74-Tabelle.gif
……… (die franz. 242TA ist hier bewusst nicht erfasst, da es sich ja nicht um die 79 001’’’ handelt)

Die Vielfalt, die sich in dieser Aufstellung widerspiegelt, ist wirklich überwältigend, vor allem, wenn man bedenkt, dass davon schon Anfang der 70er Jahre praktisch nichts mehr übrig war.

Leider war es mir nicht möglich, zu jeder der vorgestellten Baureihen umfassende Hintergrundinformationen zu geben – dazu fehlen mir schlicht die Zeit und das Wissen. Aber ich hoffe, dass es trotzdem ein wenig interessant war.

Und ich brauch’ jetzt erst mal eine kleine Erholungspause, bevor ich mich neuen Themen widmen kann.

Schönen Tag noch,
Ulrich B.

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