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Besprechungen Tram (02-20): Lyon, Valenciennes, Iconische 4-assers Rotterdam

geschrieben von: Rolf Hafke

Datum: 15.04.20 18:29

Guten Tag,

heute die beiden nachträglichen Buchbesprechungen von Februar und März.

Hier gilt, wie immer, nicht jedes Buch ist gleich "um die Ecke" erhältlich, da viele Spezialitäten,
derzeit sind der Lyon- sowie Valenciennes-Titel ab Lager leeferbar, auch noch Caen,
die anderen Titel sind ständig lagernd.

Gruß aus Köln
Rolf Hafke, TS: TramShop
hafke.koeln@t-online.de




*** Nahverkehr Frankreich ***
„Lyon en Tram – 2, La technique et les hommes“ von einem Autorenteam, Breil sur roya 2019, 432 Seiten im Format 23,5 x 31,0 cm, gebunden, Herausgeber: Les Editions du Cabri; Preis: 72,00 €

Bereits seit 2003 veröffentlicht das Autorentrio Jaques Perenon, René Clavaud und Robert Chappelet bei Cabri Bücher über die Straßen- und Überlandbahnen im Raum Lyon. Nach Bänden über die Überlandbahnen nach Neuville und nach Vaugneray erschien 2014 der erste Band über die städtische Straßenbahn OTL, deren großes Netz bis 1958 auf Obus und Bus umgestellt wurde. Es beinhaltete die Entwicklungs- und Liniengeschichte von Straßenbahn und Trolleybus. Fünf Jahre dauerte es bis zur Fertigstellung des zweiten Teils, welcher sich mit „der Technik und dem Menschen“, so der Untertitel, beschäftigt. Entstanden ist ein schwergewichtiges Werk, welches in drei großen Kapiteln den Wagenpark, die Infrastruktur und die Betriebsausführung behandelt, dabei aber den Obus außen vor lässt. Die für Lyon markanten Bergbahnen, welche mehrfach umgebaut und modernisiert worden sind, werden aber behandelt

Die Materialfülle erschlägt den Leser schier, gleichzeitig begeistert aber die Art der Darstellung, welche sehr übersichtlich Text, Tabellen, Fotografien, Zeichnungen, Pläne und Faksimiles zu den einzelnen Bereichen aneinanderreiht und so auch ohne besondere Sprachkenntnisse eine gute Orientierung ermöglicht. Das Ganze in der bei Cabri üblichen Qualität in Druck und Gestaltung. Obwohl die „alte“ Straßenbahn bereits 1958 verschwand, gibt es zahlreiche Farbaufnahmen aus den letzten Jahren des Betriebes. Das Buch kann, zusammen mit seinem 1. Teil für sich in Anspruch nehmen, wirklich alle Aspekte des großen Betriebes der städtischen Straßenbahn umfassend darzustellen. Es erstaunt, wie viele ausgezeichnete Fotografien, aber 60 Jahre nach der Einstellung auch sonstige Unterlagen, die Zeit in Archiven und privaten Sammlungen überdauert haben.

Im Anhang des 2. Bandes wird natürlich auch die 2001 in Betrieb genommene und seither ständig erweiterte Straßenbahn der 2. Generation kurz bildlich erwähnt. In den 1950er Jahren war der Wille zu einer grundlegenden Modernisierung des Schienenbetriebes nicht vorhanden, was dazu führte, dass ein überalterter und nicht mehr zeitgemäßer Betrieb letztendlich seinem zwangsläufigen Ende entgegenfuhr. Der Neubeginn war dann die späte Einsicht, dass eine Straßenbahn für eine Stadt der Größe Lyons zusammen mit der zuvor entstandenen Metro und dem modernisierten Obusnetz am Besten in der Lage ist, die Verkehrsprobleme zu bewältigen. Für Freunde französischer Betriebe ein absolut empfehlenswertes Buch, welches seinen stolzen Preis auf jeden Fall wert ist und auch ein gutes Beispiel liefert, wie die Dokumentation auch eines großen Unternehmens sinnvoll und übersichtlich aufgeteilt werden kann. (reu)



„Les tramways de Valenciennes & les lignes rurales des C.E.N au temps de la vapeur” von Claude Wagner, Auray 2019, 144 Seiten im Format 21,5 x 29,0 cm, gebunden, Herausgeber: Editions LR Presse; Preis: 40,00 €

Der etwas sperrige Titel der Veröffentlichung weist bereits darauf hin, dass hier nicht nur die elektrische Straßenbahn im nordfranzösischen Valenciennes behandelt wird. Diese ist erst kurz vor Beginn des ersten Weltkrieges durch Erweiterung und Umbau von meterspurigen Dampfkleinbahnen entstanden. Hier kommt dann die „Chemins de Fer Èconomique du Nord“ (C.E.N.) ins Spiel, welche Erbauer und Betreiber dieser und vieler anderer derartiger Bahnen vor allem im ländlichen Raum war. Ähnlich der deutschen Firmen Bachstein und Lenz war sie eine Bau- und Betriebsgesellschaft, welches zum Wirtschaftsimperium des Barons Empain gehörte. Die C.E.N. wurde aber auch in anderen Provinzen Frankreichs aktiv, was den kurzen Ausflug zu den Bahnen in den französischen Alpen erklärt. Im Norden werden neben den C.E.N. Linien um Valenciennes auch jene der Region Pays de Calais beschrieben.

Alle diese Bahnen hatten eine gewisse Ähnlichkeit mit den in Belgien gebauten Linien, welche dort dann aber von einer staatlichen Gesellschaft (SNCV) betrieben worden sind. Empain dehnte seine Aktivitäten aber auch nach Belgien aus, so gehörte die Küstentram im Raum Oostende bis in die 1920er Jahre ebenfalls zu dessen Bahnimperium.
Im Buch werden sowohl die Strecken als auch die eingesetzten Fahrzeuge beschrieben. Karten veranschaulichen den Verlauf der jeweiligen Strecken. Die im Sommer 1966 eingestellte elektrische Überlandstraßenbahn, deren Netz und Fahrpark etliche Parallelen zur SNCV in Belgien aufwies, wird mit vielen schönen Fotos, z.T. auch in Farbe dokumentiert. Die urtümlichen Fahrzeuge werden ebenfalls ausführlich beschrieben. Natürlich wird auch die ab 2006 neu gebaute moderne Straßenbahn in Normalspur kurz erwähnt, welche auf mittlerweile drei Linien auch ins Umland führt. Valenciennes nimmt etwa 2/3 des Buchumfangs in Anspruch, die übrigen Seiten dann die C.E.N. Dampfbahnen in anderen Bereichen.

Ein interessantes Buch über in Deutschland recht unbekannte Bahnen, für dessen volle Erschließung Kenntnisse der französischen Sprache von Vorteil sind. (reu)


auch CAEN-Buch erhältlich (so lange Vorrat reicht).


*** Nahverkehr Niederlande ***
„Iconische 4-assers in Rotterdam“ von Kees Dessens, Rotterdam 2019, 139 Seiten im Format 25,0 x 20,5, gebunden, Herausgeber: Selbstverlag des Autors; Preis: 38,00 €

Denkt der Straßenbahnfreund an Rotterdam, so fallen ihm sicher zuerst drei Dinge ein: Die ungewöhnliche braun/schwarze Farbgebung, welche über 50 Jahre das Bild des Betriebes R.E.T. bestimmte, die fast ebenso lang zu sehende Werbung für eine Bananenmarke an den Fronten und die vierachsigen Mitteleinstiegswagen, welche ebenfalls über einen längeren Zeitraum nahezu alleine den Betrieb abwickelten. Auch heute noch sind etliche Fahrzeuge einsatzbereit und begeistern nach wie vor durch ihre hervorragenden Laufeigenschaften und die gute Beschleunigung. Wenn also der Autor dieses Buches sie als „ikonisch“ bezeichnet, so ist das sicherlich eine passende Bewertung. Nach den DÜWAG-Gelenkwagen und den Großraum- und Gelenkwagen Schweizer Herkunft ist dies das dritte im Eigenverlag herausgegebene Werk und es passt sich vom Aufbau des Inhaltes seinen beiden Vorgängern an.

Nach der Übernahme der elektrischen Straßenbahn in städtische Hand 1927 bestand wegen des überalterten Wagenparks dringend Handlungsbedarf einer Modernisierung. Diesem Problem nahm sich der erste Direktor der städtischen R.E.T. Nieuwenhuis mit großem Sachverstand an und startete sowohl eine Modernisierung der jüngeren Fahrzeuge als auch eine großzügige Neubeschaffung, wozu er den Typ eines Vierachsers mit Mitteleinstieg wählte, welche im Normalfall einzeln und in dichten Fahrabständen nach amerikanischem Vorbild eingesetzt werden sollten. Beiwagen kamen für stark belastete Linien nur sehr wenig in Betrieb. Zwischen 1929 und 1931 entstanden bei mehreren Waggonfabriken, zu denen auch Talbot in Aachen gehörte, 150 Trieb- und 20 Beiwagen. Letztere sind 1931 ebenfalls in Triebwagen umgebaut und von 20 neu gebauten Beiwagen abgelöst worden. Die zweite Serie war etwas kürzer und die Tw stärker motorisiert. Zwischen 1943 und 1945 kamen noch einmal sechs Triebwagen hinzu, die im Gegensatz zur Serie Einrichtungsfahrzeuge waren. Vier Stück entstanden aus Reserveteilen, zwei Stück auf Fahrgestellen kriegszerstörter Triebwagen.

Mit den Vierachsern gelang Direktor Nieuwenhuis gemeinsam mit den am Bau beteiligten Firmen der „große Wurf“, handelte es sich doch um die ersten „modernen“ Straßenbahnwagen in den Niederlanden. Folgerichtig steht der Lebenslauf dieses Mannes auch am Beginn des Buches. Übersichtlich in neun Kapitel gegliedert wird Entwicklung und Lebenslauf der Fahrzeuge beschrieben, wobei auch hier Konstruktionsmerkmale und Bestandteile der technischen Ausrüstung ausführlich in Wort und Bild dargestellt sind. Beachtung wird dabei auch den je nach Ausrüster unterschiedlichen Stromabnehmerbauarten geschenkt.
Im Zweiten Weltkrieg wurden 36 Triebwagen nach Deutschland gebracht um von Bremen aus an bedürftige Betriebe verteilt zu werden. Es blieb aber bei einzelnen Einsätzen ausschließlich in der Weserstadt. Auch dieses Kapitel wird ausführlich dargestellt. Weitere Themen sind die sechs Nachbauten 1943 – 1945, der Umbau etlicher Wagen als Winterdienstfahrzeuge und die Entstehung eines Fahrschulwagens sowie der Einsatz nicht nur in Rotterdam nach Abzug aus dem regulären Liniendienst.

Knapp 20 Stück existieren heute noch, die meisten als Triebwagen und in Rotterdam, einige aber auch bei den Museumstrams in Amsterdam und Arnheim.
Der Text wird mit zahlreichen, zumeist großformatigen Fotos in schwarz-weiß und Farbe sowie etlichen Zeichnungen illustriert. Mit der Veröffentlichung wird einer bedeutsamen Straßenbahnkonstruktion der Zwischenkriegszeit ein umfassendes Denkmal gesetzt. Für den technisch interessierten Verkehrsfreund ohne Berührungsängste zu fremden Sprachen sehr empfehlenswert. (reu)

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