Hannes Kuhnert schrieb:
Der Grundfehler ist, vom Zug her zu denken statt vom Fahrgast.
Im Vergleich zum Fernverkehr fällt im Regionalverkehr bei gleicher Beförderungsleistung (Personenkm) ein Vielfaches an Ein/Ausstiegen an, während umgekehrt die Haltezeit kritischer ist als im FV und unterstützendes Zugpersonal nicht bis kaum vorhanden. Bei den Haltezeiten ist die Überlegung einzubeziehen, daß der ebene Einstieg nicht nur der kleinen Anzahl Rollstuhlfahrer hilft, sondern auch vielen anderen Fahrgästen, einschließlich der völlig gesunden. Nicht umsonst werden Stadtschnellbahnen grundsätzlich so konzipiert.
Also muß bei der Herstellung der Barrierefreiheit vom NV ausgegangen werden und der FV muß sich anpassen. Letzteres praktiziert die SBB konsequent auf Ebene der Fahrzeugkonstruktion (und hat deswegen auch kein Problem mit IC-Tunnelhalten), während die ÖBB bei ihren Railjets wie IC noch das Liftkonzept für praktikabel hält. Die DB hat überhaupt kein Konzept, sondern kauft ihre Züge ohne Rücksicht auf andere Aspekte in 1-EUR-Läden zusammen.
Völlig hirnrissig ist es, den Gesamtverkehr zum Stufeneinstieg von 76cm zu zwingen, nur weil dann beim ICE eine Stufe weniger anfällt als von 55cm. Aber so schwachsinnig ist eben die deutsche Bahnpolitik.
Die 76cm wären vertretbar, wenn es ein Konzept gäbe, ALLE künftigen Fahrzeuge (bzw. wenigstens die auf elektrifizierten Strecken) barrierefrei für 76cm zu gestalten. Auch 'regional 76cm' wäre denkbar, wenn Nachbarländer durchgehend solche Bahnsteige hätten UND(!) viele Züge über diese Grenze(n) fahren. Ich sehe also keinen Grund, warum nicht der Osten oder Süden 55cm haben könnten und NRW 76cm. Irgendwo in Europa wird es solche Schnittstellen ohnehin geben. Aber passende Konzepte entwickelt man ja gerade nicht, bzw. man geht in die Gegenrichtung, zu sehen am ICE4, am ICE2 und an Abbau und Frequenzreduzierung internationaler Linien.
PS.: Warum die SBB neuerdings einige IC-Linien in Zürich durch den neuen Tiefbahnhof schickt, weiß ich nicht, aber ich vermute, daß es sowohl mit Fahrzeitverkürzungen als auch mit Angebotsausweitungen zu tun hat. Die halbstündliche oberirdische Spinne lastet die Zufahrten bereits fast voll aus. und die SBB ist kurz davor, durch Taktverdichtungen einige der zu Zeiten eines Stundentakts eingeführten Rundum- und Korrespondenzanschlüsse überflüssig zu machen. Ich habe das 20 Jahre lang in den Niederlanden verfolgen können; dort begann man mit 'überwiegend 30-min'-Takten und ging über 'lückenlos 30 min.' zu 'teilweise 15 min.'. Mittlerweile bietet man auf einzelnen Linien 10-Min. Zugfolgen ohne minutengenau vorgegebene Abfahrtszeiten an. Da gibts dann auch keine publizierten Anschlüsse mehr.