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Re: Tagesschau: Streit um Bahnsteighöhen - Teure Zentimeter

geschrieben von: Hannes Kuhnert

Datum: 15.01.18 11:58

Black Eyed schrieb:
NVB schrieb:
Zumal man bei der ganzen Diskussion die Weiterentwicklung der Fahrzeuge außer Acht lässt. […] Die Reduzierung der Einstiegshöhen wird auch bei Fernzügen schon allein deshalb kommen, weil Doppelstock allen Unkenrufe zum Trotz auf dem Vormarsch ist und bleiben wird.
Sehe ich auch so - zumal nun die Tendenz zu Doppelstock-Triebwagen beginnt - wenn ich mir manchen Ballungsraumverkehr anschaue, dann ist dort diese Umstellung erwartbar. Beispielsweise die Main-Weser-Bahn mit der Achse Frankfurt - Kassel / - Siegen. Ein Langfristkonzept wird beim RE zu einer stündlichen Flügelung führen, wie dies derzeit nur zweistündlich (einstöckig) und bei der RB (ebenfalls einstöckig) der Fall ist. Die RB aber auch diese RE wiederum platzen im zentralen Abschnitt Frankfurt-Gießen auch aus allen Nähten, so dass auch hier über größere Fahrzeuge nachgedacht werden muss. Passenderweise müssten nun beide betroffenen Verträge m.W.n. gleichzeitig auslaufen...
Gab es aus diesem Raum nicht mal durchgängige Fahrten nach Köln?

Schon ist man wieder bei der Frage der (Zukunfts)-Flexibilität – und damit von einer Argumentation für die eine zu einer Argumentation für die andere Bahnsteighöhe gekommen.

Black Eyed schrieb:
NVB schrieb:
Ob es da eine richtige Statistik gibt, weiß ich nicht, doch mir hat neulich ein Bahner erzählt, dass die mit Abstand meisten Unfälle beim Ein- und Aussteigen von Niederflureinstiegen an 76er Bahnsteigen passieren würden. So stolperten die Fahrgäste beim Aussteigen über die hohe Stufe auf den Bahnsteig oder fallen beim Einstieg "ins Loch". Das ginge zwar in der Regel mit Prellungen oder Verstauchungen ohne Knochenbrüche ab, sei aber deutlich an der Tagesordnung ...
Was mich nicht verwundert.
[…]
c) Der Unterschied zur BoStrab, wo ein höherer Bahnsteig als die Einstiegshöhe in ein Fahrzeug nicht zulässig ist.
Hier scheint mir der grundsätzliche Zusammenhang umgekehrt zu sein. Weil das Hinabsteigen ins Fahrzeug anti-intuitiv ist – ein Fahrzeug ist ein Ding mit Höhe und als Mensch steht man nunmal auf dem Boden – ist es eine Gefahrenquelle und nach BOStrab nicht zugelassen. Wäre Hinabsteigen von der BOStrab erlaubt – und diese Möglichkeit genutzt –, gäbe es vielleicht eine größere Gewöhnung daran. Das würde das 76-cm-55cm-Hinabsteigen selbst nicht ungefährlicher machen, höchstens das Stolpern in den Straßenbahnbereich verlagern.

Black Eyed schrieb:
Schlimmer empfinde ich aber 55 cm-Fahrzeuge an 96 cm-Bahnsteigen, das kann man in Deutschland durchaus erleben.
Das ist natürlich noch problematischer. Allerdings ist diese „Lösung“ so übel, dass sie nur sehr wenig vorkommt. Dagegen wird 55 cm an 76 cm anscheinend von manchen Akteuren für einen praktikablen Dauer-Kompromiss gehalten und dürfte daher hinsichtlich des Stolpern quantitativ relevanter sein als 55 cm zu 96 cm.

Black Eyed schrieb:
Bzgl. der Höhen:

Ich sehe auch kaum eine Möglichkeit gänzlich auf 55 cm ODER 76 cm zu verzichten:

1. 55 cm minimiert die Stufenhöhe zu niedrigeren Altbahnsteigen.
Darin vermag ich kein wirklich weitreichendes Argument für 55 cm zu erkennen.

Keine Frage, mit dem Ziel 55 cm lässt sich leichter mit Altbahnsteigen leben! Das ist aber eine Frage der Umstellung, die auch anders beantwortet werden kann – nichts, was eine Unverzichtbarkeit begründen würde.

Soll aus einer schwierigen Misch-Situation mit vielen 20-cm-Bahnsteigen u. ä. – warum auch immer – ohne konzentrierte Ausbauaktion auf 76 cm umgestellt werden, ist schlimmstenfalls ein zeitweiser Einsatz von 55-cm-Fahrzeugen denkbar, ohne dass wirklich auf 55 cm gesetzt werden müsste.

Black Eyed schrieb:
Just jene werden aber am längsten überlegen. Es gibt ja auch kein Konzept, jene zuerst provisorisch auf 55 cm (wo nötig) und dann später auf endgültig 76 cm umzubauen.
Welchem Zweck sollte eine provisorische Erhöhung auf 55 cm auch dienen, wenn man – warum auch immer – auf 76 cm kommen will?

Black Eyed schrieb:
2. 55 cm ist weit im ländlichen Raum vorhanden - gerade in den Nebennetzen - hat aber gegenüber den 76 cm-Bahnsteigen in Summe geringere Fahrgastwechsel, da die 76 cm vorrangig in großen Knotenbahnhöfen und Ballungsräumen liegen
Das spricht aber erstmal weder für die notwendige Existenz der einen oder der anderen Höhe, sondern vielmehr für Abstimm- und Veränderungsbedarf. Denn ein Großteil der Linien lässt sich gerade nicht dem Ballungsraum oder dem Land zuordnen.

Black Eyed schrieb:
3. 96 cm aus den S-Bahnmischsystemen ermöglicht eine flexiblere Türenlage - daher für schnelle Fahrgastwechsel ideal (Türen können auch über Drehgestelle/Achsen liegen). 96 cm sind insbesondere in Tunnelstationen mit geringen Tunnelquerschnitten verbaut - folglich kann man hier nicht einfach aufschottern, sondern muss Bahnsteige abreisen und neubauen. Und das bei den Stationen, die im S-Bahnnetz die höchsten Fahrgastaufkommen haben und die zentralste Lage besitzen...
Es ist aber utopisch, alle 96 cm-System völlig autark zu betreiben, so dass es keine Profilprobleme auf Mischverkehrsstrecken gibt. (In dem Sinne würde ich sogar autark als Bahnsteig mit zwei Höhen oder separtem Bahnsteiggleis an einer Station sehen).
Interessante Frage: Was soll aus den 96-cm-Systemen werden?

Die S-Bahn Berlin ist weitestgehend separiert; Ausbauten sind gehemmt, aber im Bestand sieht es gut aus.

Hamburg steht auch ganz gut da, handelt sich mit Zweisystem-Erweiterungen aber Schwierigkeiten ein. Das scheint jedoch mehr für Vorsicht bei den Erweiterungen zu sprechen als für eine Veränderung des Kernsystems.

Die S-Bahn München ist grundsätzlich recht gut abgegrenzt und auch so hoch belastet, dass 96 cm heute noch wirklich nützlich zu sein scheint. Ein Fragezeichen setzt allerdings die geplante zweite Stammstrecke, die auch von sonstigen Regionalzügen benutzt werden soll – Qualitätsverlust, da der S-Bahn keine passenden Bahnsteige voller Länge geboten werden können!?

Stuttgart hat größere Mischverkehrs- und Anstoßprobleme. Eine Umstellung auf 76 cm erscheint bedenkenswert.

Frankfurt/Rhein-Main wird ohne Umstellung auf 76 cm wohl nie auf einen grünen Zweig kommen.

So meine absteigende Aufreihung der 96-cm-S-Bahn-Systeme hinsichtlich der Zukunftsperspektiven: Berlin, Hamburg, München, Stuttgart, Rhein-Main

Andere Meinungen?

Black Eyed schrieb:
Der VRR setzt stattdessen auf 76 cm-Fahrzeuge mit größeren Türen, was aber den Fahrgastwechsel wegen der Gänge nicht besonders beschleunigen wird, führt aber auch zu Podesten auf den Drehgestellen/Achsen im Fahrzeuginneren. Bei 55 cm-Fahrzeugen sähe das noch extremer aus.
Bei einstöckigen 55-cm-S-Bahnen markiert die S-Bahn Mitteldeutschland anscheinend die Obergrenze des derzeit machbaren.

Black Eyed schrieb:
4. BeNeLux haben als Nachbarländer die Normierung auf 76 cm (NL kommt von 84 cm). Polen erscheint mir ähnlich zerstreut zu sein, wie Deutschland (vielfach ländliche Fahrzeuge für 55 cm, aber Normhöhe 76 cm), der Rest zielt auf 55 cm-Einstiegshöhe.
Fazit: Für Grenzüberschreitende Linien werden hier und da besondere Bahnsteige benötigt, um ein Qualitätsoptimum zu erreichen!?

Black Eyed schrieb:
5. Es gibt bei vielen Fahrzeugen kaum die Möglichkeit, zwei Türen barrierefrei zu verbinden, die jeweils auf 55 bzw. 76 cm optimiert sind. Bei Dostos wäre es möglich. Der beeinträchtigte könnte dann - sofern der Durchgang frei ist, je Bahnsteighöhe die richtige Tür nutzen.
Das spricht wiederrum sehr dagegen, mehr als unvermeidbar verschiedene Bahnsteighöhen einzusetzen.

Black Eyed schrieb:
Mir fällt hierzu aber spontan nur der Talent 2 des Franken-Thüringen-Express als Beispielfahrzeug ein. Ähnlich ist dies auch bei den Citylinks in Chemnitz, wenn auch für 55 und 38 cm - weswegen in der Stadt nun die Bahnsteige für die 38 cm Podeste bekommen...
Das läuft natürlich andersrum – nicht wegen des Vorhandenseins der Fahrzeuge werden Bahnsteige so umgebaut, sondern weil man einen Plan für ein „System“ mit dieser Bahnsteighöhe hat, werden Fahrzeuge so gekauft und Bahnsteige so gebaut.

Allerdings kann ich versichern: Das Ergebnis ist äußerst unerfreulich.

Ich mag nicht ausschließen, dass es irgendwo mal eine Regionalstadtbahn gibt, wo Fahrzeuge mit verschiedene Einstiegshöhen wirklich sinnvoll sind. Nur habe ich sowas noch nicht gesehen.

Im Übrigen sind Fahrzeuge mit verschieden hohen Türen allenfalls für sehr lang laufende Linien, die „stabile“ Regionen verschiedener Bahnsteighöhen verbinden, zweckmäßig. Als Regellösung für Metropolregion-Land-Linien wie um Berlin und um Stuttgart taugen sie nicht.

Black Eyed schrieb:
6. Viele Bahnhöfe haben nicht den Platz Bahnsteige verschiedener Höhen hintereinander oder nebeneinander zu bauen - letzteres würde im Regelfall auch noch Gleisanlagen und insbesondere Weichen kosten. Der betrieb wäre somit teurer. Dies betrifft nicht nur die S-Bahnproblematik, sondern auch den Umgang mit einem nebeneinander betreiben oder einer Übergangsphase.
Jetzt hast Du den Abschnitt überschrieben mit: „Ich sehe auch kaum eine Möglichkeit gänzlich auf 55 cm ODER 76 cm zu verzichten“ … aber dann diverse differenzierte Überlegungen vorgebracht, die teils die Unverzichtbarkeit der einen oder anderen Höhe verdeutlichen, teils die schlichte eigene Sinnhaftigkeit der einen oder anderen Höhe zeigen und teils für möglichst große Vereinheitlichung sprechen. Vorangestellt war noch die Doppelstock-im-Kommen-Überlegung. Alles ganz interessant!

Kannst Du von Deinen Überlegungen her auch eine mögliche Lösung etwa für Hessen, speziell die Main-Weser-Bahn und ihr Umfeld grob anreißen?

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