Auf Schienen vom Kapitalismus in den Sozialismus und zurück - 13.000km mit dem Zug durch Asien und ein bisschen Europa
Teil 29: Art-Déco und Güterwagenschlangen – Ein Rundgang im Bahnhof von Phnom Penh
Im
letzten Bericht hatte ich euch ja auf den Bahnhof von Phnom Penh eingestimmt. Also Zeit für einen Rundgang durch das Gebäude und die Bahnsteige. Wie ich bereits im
Bericht zur Geschichte der kambodschanischen Eisenbahn erwähnt hatte, wurde das Bahnhofsgebäude 1932 feierlich eröffnet, seither hat sich nicht mehr viel geändert. Wegen der Streckensanierungen waren alle Bahnhofsgleise des Sackbahnhofes bis obenhin mit Güterwaggons voll gestellt, die man zuvor wohl von den beiden Strecken eingesammelt hatte.
Bild 1: Das Gebäude des Hauptbahnhofs von Phnom Penh von der Straßenseite aus gesehen. Es ist bestens gepflegt, nur leider komplett verwaist.
Bild 2: Auch im Inneren macht das Bahnhofsgebäude einen aufgeräumten Eindruck. Leider werden an den Schaltern keine Fahrkarten mehr verkauft.
Bild 3: Eine Bilderwand zeigt Szenen aus den letzten Jahren der kambodschanischen Eisenbahn,
zwei davon hatte ich ja schon im Bericht zur Geschichte der kambodschanischen Eisenbahn gezeigt.
Bild 4: Die verstaubte Bahnhofsuhr hat den Geist längst aufgegeben.
Bild 5: Die alte Gepäckwaage, unverkennbar ein Überbleibsel aus der französischen Kolonialzeit,
dient heute nur noch als Halterung für eine Hängematte. In dem verlassenen Gebäude
haben sich mittlerweile zahlreiche Kambodschaner eine feste Bleibe eingerichtet.
Bild 6: Durch das Gitter am ehemaligen Zugang zu den Bahnsteigen ergibt sich dieser Blick. Auch hier ist alles
sehr aufgeräumt, aber leider fährt kein Zug mehr ab, die Güterwaggons sind hier dauerhaft abgestellt.
Bild 7: Auf Gleis 10 fuhren vor Einstellung des Gesamtverkehrs frühmorgens um 6:40 die Züge P.K 20
bzw. P.K 22 ab, Ankunft war um 17:47, allerdings wird wohl nie ein Zug zu genau dieser Uhrzeit sein Ziel
erreicht haben. Mit dem Schild kann man auch die kambodschanischen Zeichen für Ziffern leicht lernen.
Bild 8: Am Gleisende befinden sich jeweils diese kambodschanischen „Prellböcke“ (eigentlich sind es ja eher
eine Art Bremsschuh). Die Durchnummerierung der Gleise mit geraden Zahlen begründet sich dadurch, dass sich
weiter vorne zwischen den Bahnsteiggleisen noch ein Art Ausziehgleis befindet (siehe auch Bild 18 weiter unten).
Wenn man das Bahnhofsgebäude in Richtung Bahnsteige verlässt, finden sich rechterhand die Expressgutabfertigung sowie ehemalige Büros der Eisenbahn.
Bild 9: Die Zeit in der ehemaligen Gepäck- und Expressgutabfertigung scheint still zu stehen.
Bild 10: Diese herrliche alte Bahnhofsuhr aus der Kolonialzeit zeigte doch tatsächlich noch die richtige Uhrzeit an!
Bild 11: Dieses Schild der Gepäckabfertigung lässt kaum vermuten, dass das Büro längst geschlossen hat.
Auffällig ist auch, dass die einstmals wohl französische Beschriftung durch Englisch ersetzt wurde.
Bild 12: Die ehemaligen Büros im Verwaltungsgebäude neben dem Bahnhofsgebäude waren alle verwaist.
Linkerhand des Bahnhofsgebäudes befand sich der ehemalige Güterbahnhof.
Bild 13: Direkt am Eingang zum Güterbahnhofsbereich steht die alte Dampflok 131 106. Allein schon die Bezeichnung lässt auf ihre französische Herkunft schließen.
Bild 14: Der ehemalige Güterschuppen ist heute ohne Funktion und Gleisanschluss.
Bild 15: Etwas weiter vorne finden sich noch weitere Güterschuppen mit Gleisanschluss, allerdings sind auch hier die Gleise mit leeren Güterwaggons voll gestellt.
Zum Abschluss bewegen wir uns dann noch kreuz und quer durch das Gleisfeld, das wie oben bereits beschrieben bis obenhin mit ungenutzten Güterwaggons voll gestellt war.
Bild 16: Entlang der ehemaligen Güterladestraße reihen sich in einer bunten Folge Containerwaggons und geschlossene Güterwagen.
Ein Vergleichsbild, dass an dieser Stelle noch das Entladen von Güterwaggons zeigt, gab es ja schon im im Bericht zur Geschichte der kambodschanischen Eisenbahn zu sehen (Bild 4)
Bild 17: Die von der Größer für Meterspur doch recht beachtlichen Waggons finden sich in den unterschiedlichsten Stufen des Verfalls.
Bild 18: Auf diesem Bild sieht man sehr gut, wie sich zwischen den Bahnsteiggleisen links und rechts am Ende des Bahnsteigs ein Art Ausziehgleis beginnt.
Bild 19: Viele träumen ja vom Urlaub am Strand mit Palmen. Ich nicht, denn mir ist ein Bahnsteig mit Güterwaggons und Palmen viel lieber.
Bild 20: Die vierachsigen Güterwaggons gibt es mit den verschiedensten Aufbauten, im Hintergrund sieht man die Bahnsteigüberdachung und das Bahnhofsgebäude.
Bild 21: Abgestellte Containerwaggons vor der Silhouette des Bahnhofsgebäudes.
Bild 22: Geschlossener Güterwaggons mit Betonaufbau.
Bild 23: Auf dem gesamten Gelände findet man verstreute Ladezettel. Erstaunlich, wie sich dieser Ladezettelaus dem
Jahre 1985 bei dem feuchtwarmen Klima so lange halten konnte. Scheinbar wurden sie speziell für dieses Klima entwickelt,
denn die Exemplare, die ich als Souvenir mit nach Hause genommen habe, zerfallen inzwischen und sind nicht mehr leserlich.
Bild 24: Am Ende des Geländes angekommen fällt der Blick nochmals zurück auf das Bahnhofsgebäude (im Hintergrund oberhalb
des Kesselwagens), das aber längst vom modernen Hochhaus einer kambodschanischen Bank überragt wird. Die Gleisanlagen sind auch
im Gegensatz zu den sauber gepflegten Gleisen entlang der Bahnsteige hier auch schon komplett verkrautet. Rechterhand beginnt dann
schon das Gelände des ehemaligen Betriebwerks, von den dort abgestellten Lokomotiven gibt’s dann mehr im nächsten Bericht.
Zur Abwechslung auch noch ein paar Impressionen aus Phnom Penh. In der Innenstadt gibt’s nicht viel zu sehen. Leider gleichen Teile davon mittlerweile einem von zahlreichen ausländischen Sextouristen älteren Baujahrs frequentierten Freilandpuffs. Unfreiwillig musste ich dort auch drei Tage verbringen, denn gegen Ende meiner zu diesem Zeitpunkt schon fast dreimonatigen Reise war die Reisekasse schon ziemlich klamm. Daher hatte ich über das Internet ein scheinbar sehr günstiges und mitten in der Innenstadt liegendes Hotelzimmer für 8US$ pro Nacht gebucht. Das Ganze entpuppte sich dann aber vielmehr als Bar, die als Kontakttreff zwischen kambodschanischen Prostituierten und bierbäuchigen, glatzköpfigen weißen Männern diente, samt angeschlossenem Stundenhotel. Dort konnte ich dann u.a. die folgende Szene beobachten:
“Ich saß vor dem Abendessen auf dem offenen Zwischenstock zwischen Bar und Zimmern und surfte im Internet, als ein total besoffener Europäer zu Musik der „Doors“ das Tanzen anfing. Besser gesagt, er torkelte durch die Gegend und rempelte dabei einen Italiener samt Ehefrau an, die gerade zufällig vorbei kamen. Der Italiener ließ einen blöden Spruch raus, woraufhin der Besoffene lallte, dass seine Frau (in Wirklichkeit war sie schon über 50 und alles andere als hübsch) nicht verdient hätte, da er ein ‚fuckin’ asshole’ sei. Daraufhin hätte es gleich eine Schlägerei gegeben, aber weitere anwesende Gäste trennten die beiden und der Italiener ging mit seiner hysterisch kreischenden Frau weiter.
Der besoffene Sextoruist war sichtlich eingeschnappt, hatte jetzt aber wohl die Vorliebe zum anderen Geschlecht entdeckt und machte sich an die kambodschanischen Prostituierten an der Bartheke ran. Aber selbst die fanden ihn so abstoßend, dass sie ihn abblitzen ließen. Dabei sind die kambodschanischen Prostituierten alles andere als wählerisch, wenn es um Ausländer geht. Jetzt war er so frustriert, dass er auf den Gehweg torkelte, „I feel so alone“ intonierte und seine Hosen fallen ließ. Die Prostituierten an der Bar ließ die ganze Aktion kalt, sie schauten nicht einmal peinlich berührt drein. Anscheinend kommt so was wohl täglich hier vor und niemand nimmt mehr Notiz davon, obwohl es allerdings gerade erst einmal vier Uhr nachmittags war.
Seine Saufkumpanen hatten schließlich Mitleid mit ihm, zogen ihm wieder die Hose hoch, schleppten ihn an die Bar und bestellten ihm das nächste Bier. Damit aber nicht genug. Als ich heute Morgen dann mein Zimmer verließ und unten an der Bar den Zimmerschlüssel abgab, saß der Typ schon wieder oder noch immer an der Bar und grölte englische Sauflieder, bis sein Kopf plötzlich auf die Theke knallte und er einschlief.“
Da ich aber sowieso die meiste Zeit unterwegs war, die Klimaanlage in meinem Zimmer funktionierte und ich mir mein Bett nicht wie in anderen Billighotels in Südostasien mit vielen kleinen Insekten teilen musste, war es im Großen und Ganzen einigermaßen akzeptabel. Dass es in Phnom Penh nicht nur Sextouristen und Puffs gibt, mögen die folgenden Bilder noch zeigen:
Bild 25: Der Zentralmarkt in Phnom Penh....
Bild 26:… hat unter anderem auch ein reichhaltiges Angebot an Gewürzen.
Bild 27: Die Stromversorgung ist die gleiche wie in fast allen anderen Hauptstädten Südostasiens.
Bild 28: Die ehemalige Nationalbibliothek erinnert noch an die französische Kolonialzeit.
Bild 29: Der Großteil der Kambodschaner ist noch auf Mopeds unterwegs...
Bild 30:… aber manch einer kann sich auch schon einen Porsche leisten.
Den nächsten Bericht widme ich dann wie schon oben erwähnt den Loks, die ich im freien Gelände des Bahnbetriebswerks ablichten konnte.
Zugliste
Zug Von Nach Kilometer Land Traktion Spurweite
S3 Niederhöchstadt Frankfurt(Main)Hbf 11,8 DE Elektr. 1435mm
ICE 75 Frankfurt(Main)Hbf Zürich HB 449,6 DE/CH Elektr. 1435mm
IC 585 Zürich HB Chur 116,1 CH Elektr. 1435mm
R 1169 Chur San Murezzan/St.Moritz 89,25 CH Elektr. 1000mm
RE 1145 Bravuogn/Bergün Preda 12,57 CH Elektr. 1000mm
R 1658 Poschiavo Ospizio Bernina 21,294 CH Elektr. 1000mm
R 1641 Morteratsch Diavolezza 4,635 CH Elektr. 1000mm
R 1658 Poschiavo Ospizio Bernina 21,294 CH Elektr. 1000mm
RE 1124 St.Moritz Chur 89,25 CH Elektr. 1000mm
IC 570 Chur Zürich 116,1 CH Elektr. 1435mm
S6 Zürich Baden 22,53 CH Elektr. 1435mm
S6 Baden Zürich 22,53 CH Elektr. 1435mm
S6 Zürich Baden 22,53 CH Elektr. 1435mm
IR 1972 Baden Basel SBB 65,9 CH Elektr. 1435mm
ICE 370 Basel SBB Freiburg Hbf 66,8 CH/DE Elektr. 1435mm
RB31603 Freiburg Hbf Littenweiler 7,22 DE Elektr. 1435mm
RB31620 Littenweiler Freiburg Hbf 7,22 DE Elektr. 1435mm
ICE 270 Freiburg Hbf Frankfurt(Main)Hbf 294,4 DE Elektr. 1435mm
S3 Frankfurt(Main)Hbf Niederhöchstadt 11,8 DE Elektr. 1435mm
S3 Niederhöchstadt Frankfurt(Main)Hbf 11,8 DE Elektr. 1435mm
S8 Frankfurt(Main)Hbf Frankfurt-Flughafen 11,4 DE Elektr. 1435mm
Chollima Pyongyang Yonggwang Pyongyang Puhung 1,5(ca.) KP Elektr. 1435mm
Zug Nr. 5 Pyongyang Sinuiju-(Grenze DPRK) 225 KP Elektr. 1435mm
K 28 (Grenze China)-Dandong Beijing 1132 CN Diesel 1435mm
K 177 Beijing Xi Datong 368 CN Elektr. 1435mm
2671 Datong Xi'an 1006 CN Elektr. 1435mm
Z94 Xi'an Suzhou 1425 CN Elektr. 1435mm
K8418 Suzhou Huangshan (Tunxi) 588 CN Diesel 1435mm
K155 Huangshan (Tunxi) Guilin Bei 1277 CN Diesel 1435mm
K181 Guilin Bei Kunming 1265 CN Diesel 1435mm
LC4 Lao Cai Hà Nôi 294 VN Diesel 1000mm
SE3 Hà Nôi Sài Gòn 1730 VN Diesel 1000mm
10787,523
Weitere Bildimpressionen aus Kambodscha
Weitere Bildimpressionen von mir aus Kambodscha auf Flickr. Zum Anschauen auf eines der Bilder oder den Link klicken:
Kambodscha
Inhaltsverzeichnis
Prolog
Teil 0: 13.000km mit dem Zug durch 10 Länder, aber wo? BÜ-Bilderrätsel mit 10 Bildern
Teil 1: Prolog - Warum ich mit dem Zug 13.000km durch die Gegend gereist bin
Schweiz
Teil 2: Ein Kurzabstecher in das kapitalistische Musterland - Bilder von der Albulabahn
Teil 3: Über den Bernina zurück nach Deutschland
Nordkorea
Teil 4: "Willkommen im sozialistischen Paradies" - Eine Einführung zu Nordkorea (Teil A)
Teil 4: "Willkommen im sozialistischen Paradies" - Eine Einführung zu Nordkorea (Teil B)
Teil 5: Unterwegs mit der atombombensicheren Metro in Pyongyang - (Teil A)
Teil 5: Unterwegs mit der atombombensicheren Metro in Pyongyang - (Teil B)
Teil 6: Zugimpressionen aus Nordkorea und ein schweres Verbrechen
Teil 7: Mit O-Bussen durch den Alltag in Pyongyang
Teil 8: Mit der Tram durch Pyongyang - Eine Stadtrundfahrt (Teil A)
Teil 8: Mit der Tram durch Pyongyang - Eine Stadtrundfahrt (Teil B)
Teil 9: Von Pyongyang nach Beijing - Teil A: Die Vertreibung aus dem "sozialistischen Paradies"
Teil 9: Von Pyongyang nach Beijing - Teil B: Verwirrung an der Grenze
China
Teil 9: Von Pyongyang nach Beijing - Teil C: Zurück im Kapitalismus?!
Teil 9: Von Pyongyang nach Beijing - Teil D: Im Morgenlicht nach Beijing
Teil 10: Eine kurze Einführung in die chinesische Eisenbahn
Teil 11: Mit dem Zug von Beijing nach Datong
Teil 12: Mit dem Zug von Datong nach Xi'an
Teil 13: Mit dem Zug von Xi'an nach Suzhou
Teil 14: Suzhou nach Huangshan (Tunxi)
Teil 15: Von Huangshan (Tunxi) nach Guilin
Teil 16: Von Guilin nach Kunming
Teil 17a: Schmalspurbahnen in Yunnan - Die Geschichte der Yunnan-Bahn
Teil 17b: Schmalspurbahnen in Yunnan - Weitere Schmalspurbahnen und Eisenbahnprojekte in Yunnan
Teil 17c: Schmalspurbahnen in Yunnan - Historische Schmalspurfahrzeuge im „Yunnan Railway Museum“
Teil 17d: Schmalspurbahnen in Yunnan - Historische Dampflokomotiven im „Yunnan Railway Museum“
Vietnam
Teil 18 (Rätsel): Wie hängen diese Bilder zusammen?
Teil 19: Viele verschiedene V-Loktypen - Eine kurze Einführung in die vietnamesische Eisenbahn
Teil 20: Ein Abend im „Bia Hoi“-Garten mit Bahnhofsblick in Lao Cai
Teil 21a: Mit Baguette und Zug, aber leider ohne Rotwein von Lao Cai nach Hanoi
Teil 21b: Mit Baguette und Zug, aber leider ohne Rotwein von Lao Cai nach Hanoi
Teil 22a: Auf Schienen durch Häuserschluchten und über Bahnübergänge in Hà Nôi – Teil A
Teil 22b: Auf Schienen durch Häuserschluchten und über Bahnübergänge in Hà Nôi – Teil B
Teil 23a: Mit Millionticket, verstopften Toiletten, Siemens-Lok und Regen im Wiedervereinigungsexpress von Hà Nôi nach Sài Gòn – Teil A
Teil 23b: Mit Millionticket, verstopften Toiletten, Siemens-Lok und Regen im Wiedervereinigungsexpress von Hà Nôi nach Sài Gòn – Teil B
Teil 24: Die Geschichte der Zahnradbahn von Thap Cham nach Da Lat
Teil 25: Hochzeit auf einer Dampflok in Da Lat
Kambodscha
Teil 26: Um welches Eisenbahngefährt handelt es sich hier? - Rätsel
Teil 27: Eine kurze Einführung in die kambodschanische Eisenbahn
[li]
Teil 28: (Ein)Stimmungsbilder vom Bahnhof Phnom Penh