Auf Schienen vom Kapitalismus in den Sozialismus und zurück - 13.000km mit dem Zug durch Asien und ein bisschen Europa
Teil 23b: Mit Millionticket, verstopften Toiletten, Siemens-Lok und Regen im Wiedervereinigungsexpress von Hà Nôi nach Sài Gòn (Teil B)
Und weiter geht die Fahrt im Wiedervereinigungsexpress von Hà Nôi nach Sài Gòn. Wer den ersten Teil verpasst hat, kann ihn
hier nochmals nachlesen. Dort waren wir mitten in der Fahrt über den Wolkenpass hängen geblieben.
Bild 29: Zwischen Zug und der Steilküste stehen nur die Telegrafenmasten und ein bisschen Gestrüpp.
Bild 30: Mittlerweile haben wir fast die Passhöhe erreicht, während tief unter uns die Wellen des Südchinesischen Meeres in eine kleine Bucht rollen.
Bild 31: Auch dieses Bild zeigt nochmals die aufwendigen Befestigungsanlagen, die ein Abrutschen der
Strecke verhindern sollen, denn in dieser Ecke Vietnams fällt jede Menge Regen, wie die Bilder zeigen.
Bild 32: Unser Zug „kämpft sich durch dichtes Grün. Der Wolkenpass hat noch immer ein hohe strategische Bedeutung,
was sich an den zahlreichen Bunkern und Militäranlagen links und rechts der Strecke (hier im Bild links oben) zeigt.
Bild 33: Für einen ganz kurzen Moment kämpften sich ein paar vereinzelte Sonnenstrahlen durch die dichte Wolkendecke.
Bild 34: Zwischendurch passieren wir einen kleinen Betriebsbahnhof.
Bild 35: Wir haben den Scheitelpunkt überschritten und rollen jetzt wieder bergab nach Dà Nang.
Bild 36: Das Wetter ist leider auch auf der anderen Passseite unverändert schlecht.
Bild 37: Auch hier sichern umfangreiche Stützmauern die Strecke ab.
Bild 38: Der Neigungsmesser zeigt an, dass es noch weiter bergab geht.
Bild 39: Dieses Bild zeigt, wie die Strecke immer weiter wieder hinab bis fast auf Meeresspiegel hinabführt.
Bild 40: Die Strecke führt noch durch einen letzten Tunnel, während die Telegrafenleitung über den Berg führt.
Bild 41: Direkt hinter dem Tunnel passiert die Strecke noch eine enge Kurve und einen kleinen Haltepunkt.
Bild 42: Die enge Kurve gibt uns nochmals Gelegenheit, unser Zugpferd aus dem Hause Siemens nochmals näher zu betrachten.
Direkt nach dem Abschnitt über den Wolkenpass läuft die Strecke in den Bahnhof von Dà Nang ein, einem Sackbahnhof in der drittgrößten Stadt Vietnams. Während des Vietnamkrieges unterhielten die Amerikaner hier den größten Truppenstützpunkt in Vietnam. Der Zug hatte nur wenige Minuten Aufenthalt, deswegen nur kurz drei Impressionen:
Bild 43: Am Bahnhof herrschte recht dichter Trubel, viele Fahrgäste stiegen aus oder kamen neu hinzu.
Bild 44: Im kleinen BW stand eine sowjetische Lok vom Typ D4H, die mir leider ihre Nummer verschwieg.
Bild 45: Ein weiterer Blick ins BW aus dem vorbeifahrenden Zug heraus.
Auf dem weiteren Weg nach Sài Gòn entstanden fast keine Bilder mehr, da das Wetter unverändert schlecht blieb und ich irgendwie zu faul und zu müde war. Gegen Abend lockerte es nochmals kurz auf und so raffte ich mich noch zu zwei Stimmungsaufnahmen auf:
Bild 46: Sonnenuntergang über den Reisfeldern Vietnams.
Bild 47: Kleines Strandrestaurant an der Nationalstraße Nr. 1, die Hà Nôi mit Sài Gòn verbindet und die meiste Zeit parallel zur Bahnstrecke verläuft.
Heute frühmorgens kam mein Zug um halb sechs mit ungefähr einer Stunde Verspätung in Sài Gòn an. Wie erwartet stiegen am letzten Bahnhof vor Sài Gòn noch jede Menge Fahrgäste zu. Auf allen Liegen in unserem Abteil außer meiner Liege saßen oder lagen mindestens zwei Personen. Eine Fahrkarte hatte keiner von ihnen, stattdessen steckten sie alle der Schaffnerin Geldscheine zu, die selbige dezent in ihrer Hosentasche verschwinden ließ. Ich hatte gestern Nachmittag noch versucht, bei der Schaffnerin ein Bett im Schlafwagen zu bekommen. Aber trotz mehrfacher Nachfrage und einigen Geldscheinen, die ich sichtlich in der Hand hielt, wollte sie einfach nicht. Sie meinte, die Betten im Schlafwagen wären alle voll.
Da der Zug eine Stunde Verspätung hatte, konnte ich auch eine Stunde länger ausschlafen. Ich hatte fast die komplette Nacht durchgeschlafen und erst kurz nach fünf Uhr morgens wurde ich aus meinem Tiefschlag gerissen, als plötzlich die vietnamesische Nationalhymne aus dem Lautsprecher in unserem Abteil dröhnte. Bis jetzt gab es auf der ganzen Fahrt keine einzige Durchsage, erst jetzt kurz vor der Ankunft in Sài Gòn wollte man wohl alle Fahrgäste mit patriotischen Klängen aufwecken. Im Anschluss an die Nationalhymne gab es einen längeren Monolog auf Vietnamesisch, gefolgt von einem Monolog auf Englisch, der einem einen kurzen Abriss über die Geschichte Sài Gòns gab. Erst zum Ende wurde nochmals so richtig die Propaganda-Maschine angeworfen. Es wurde gesagt, dass Sài Gòn (nicht Ho-Chi-Minh-City!) dank seiner günstigen Lage und der vorausschauenden Politik der sozialistischen Regierung mittlerweile die wichtigste Metropole in ganz Südostasien wäre. Na ja, also mit Bangkok oder Singapur kann Sài Gòn definitiv (noch) nicht mithalten.
Am Bahnhof von Sài Gòn endete dann die längste Einzelzugfahrt dieses Urlaubs, sowohl was die Zeit (30,5h) als auch die Entfernung (1.730 Kilometer) betrifft. Der Bahnhof von Sài Gòn ist relativ neu und liegt ziemlich weit außerhalb des Stadtzentrums, was mich etwas verwunderte, denn eigentlich wurde Hà Nôi im Vietnamkrieg viel stärker zerstört wie Sài Gòn. Da in meinem Reiseführer stand, dass um diese frühe Zeit noch keine Taxis am Bahnhof warten würden, hatte ich schon über das Internet eine Abholung durch das Hotel organisiert. Umso verwunderter war ich dann, als ich den Bahnhofsvorplatz betrat und sah, wie dort dutzende von Taxis sauber aufgereiht auf Fahrgäste warteten. Es gab keine Schlepper und die fast schon klinische Atmosphäre erinnerte mich eher an einen Flughafen wie an einen asiatischen Bahnhof.
Die Abholung klappte prima und kurz nach sechs Uhr stand ich vor dem kleinen Hotel im Backpacker-Viertel von Sài Gòn, das aufgrund der frühen Morgenstunde noch total verrammelt war. Aber nach meinem lauten Klopfen an den Rollladen wurde schnell geöffnet und ein noch etwas verschlafenes Mädel ließ mich herein. Leider war noch kein Zimmer frei und so musste ich gut zwei Stunden warten, bis die ersten Gäste das Hotel verlassen hatten und ein Zimmer für mich frei war. Dabei hatte ich mich schon so sehr auf eine Dusche gefreut, denn nach knapp zwei Tagen im Zug war ich trotz der Klimaanlage von einer müffelnden Schweiß- und Fettschicht überzogen. Als Entschädigung servierte mir das Mädel von der Rezeption ein leckeres Frühstück: frisches Baguette, Omelette mit Tomaten, Paprika und Zwiebeln und einen sehr guten, vietnamesischen Kaffee.
Bild 48: Ankunft frühmorgens im Bahnhof von Sài Gòn.
Bild 49: Ein Blick zurück auf unseren Zug.
Bild 50: Leider befand ich mich noch im Halbschlaf, deswegen gelang mir nur diese
Notschlachtung der Lok D9E – 248, ein Exemplar aus dem Hause General Electric.
Bild 51: Ein morgendlicher Blick auf die Straßenseite des Bahnhofes von Sài Gòn.
Zum Abschluss dieses Berichts noch ein paar Impressionen aus Sài Gòn. Leider hatte ich weniger als einen Tag Zeit für die Erkundung der Stadt, da auch noch Ausflüge nach Da Lat und das Mekong-Delta auf meinem Wunschzettel standen.
Bild 52: Das ehemalige „Hôtel de Ville“ aus dem Jahre 1908 ist unverkennbar französischen Ursprungs.
Heute sitzt hier das sog. Volkskomitee, rechts daneben sitzt Onkel Ho auf seinem Denkmalssockel.
Bild 53: Fast genau das gleiche Motiv nochmals bei Nacht.
Bild 54: Die Kathedrale Notre-Dame aus dem Ende des 19. Jahrhunderts
darf natürlich in keiner (ehemals) französischen Stadt fehlen.
Bild 55: Sozialistische Elemente sieht man nur noch sehr selten im Straßen-
bild, und wenn, dann sind sie meistens schon ziemlich verbleicht.
Bild 56: Da sind sie wieder, die typisch asiatischen Gegensätze:
unter dichtem Kabelgewirr findet sich ein Luxusstore von Versace.
Mit diesem Bericht endet nicht nur die Eisenbahnfahrt durch Vietnam, er ist gleichzeitig zunächst auch einmal vorläufiger Schlusspunkt der gesamten Beitragsreihe, denn der Schienenverkehr wird jetzt zunächst einmal ruhen. Warum? Nun, ich hatte seit über einem Jahr keinen Urlaub mehr und das muss sich dringend ändern. Wohin es geht? Nun, dass lasse ich euch vielleicht eines Tages hier wieder erraten, denn die Eisenbahn steht auf der geplanten Reise auch wieder im Mittelpunkt. Bis dahin sind die Bilder dann aber vielleicht schon HiFo-reif, denn nach meiner Rückkehr wird es zunächst einmal mit dieser Beitragsreihe weitergehen, schließlich müssen wir uns noch auf fast 3.000 Bahnkilometern durch fünf Länder kämpfen. Dabei kommen wir dann endlich auch zum Thema Dampf, zudem folgen weitere Geschichten von Fahrkartenkäufen im Kerzenlicht oder Verspätungen aufgrund störrischer (Schweine-)Fracht im PmG.
Ich bedanke mich daher erst einmal für die vielen Anmerkungen und das Lob, welches mich immer wieder anspornt, die Berichtsreihe fortzusetzen, und würde mich freuen, wenn ihr mich dann wieder auf dem weiteren Weg durch Südostasien begleiten werdet!
Zugliste
Zug Von Nach Kilometer Land Traktion Spurweite
S3 Niederhöchstadt Frankfurt(Main)Hbf 11,8 DE Elektr. 1435mm
ICE 75 Frankfurt(Main)Hbf Zürich HB 449,6 DE/CH Elektr. 1435mm
IC 585 Zürich HB Chur 116,1 CH Elektr. 1435mm
R 1169 Chur San Murezzan/St.Moritz 89,25 CH Elektr. 1000mm
RE 1145 Bravuogn/Bergün Preda 12,57 CH Elektr. 1000mm
R 1658 Poschiavo Ospizio Bernina 21,294 CH Elektr. 1000mm
R 1641 Morteratsch Diavolezza 4,635 CH Elektr. 1000mm
R 1658 Poschiavo Ospizio Bernina 21,294 CH Elektr. 1000mm
RE 1124 St.Moritz Chur 89,25 CH Elektr. 1000mm
IC 570 Chur Zürich 116,1 CH Elektr. 1435mm
S6 Zürich Baden 22,53 CH Elektr. 1435mm
S6 Baden Zürich 22,53 CH Elektr. 1435mm
S6 Zürich Baden 22,53 CH Elektr. 1435mm
IR 1972 Baden Basel SBB 65,9 CH Elektr. 1435mm
ICE 370 Basel SBB Freiburg Hbf 66,8 CH/DE Elektr. 1435mm
RB31603 Freiburg Hbf Littenweiler 7,22 DE Elektr. 1435mm
RB31620 Littenweiler Freiburg Hbf 7,22 DE Elektr. 1435mm
ICE 270 Freiburg Hbf Frankfurt(Main)Hbf 294,4 DE Elektr. 1435mm
S3 Frankfurt(Main)Hbf Niederhöchstadt 11,8 DE Elektr. 1435mm
S3 Niederhöchstadt Frankfurt(Main)Hbf 11,8 DE Elektr. 1435mm
S8 Frankfurt(Main)Hbf Frankfurt-Flughafen 11,4 DE Elektr. 1435mm
Chollima Pyongyang Yonggwang Pyongyang Puhung 1,5(ca.) KP Elektr. 1435mm
Zug Nr. 5 Pyongyang Sinuiju-(Grenze DPRK) 225 KP Elektr. 1435mm
K 28 (Grenze China)-Dandong Beijing 1132 CN Diesel 1435mm
K 177 Beijing Xi Datong 368 CN Elektr. 1435mm
2671 Datong Xi'an 1006 CN Elektr. 1435mm
Z94 Xi'an Suzhou 1425 CN Elektr. 1435mm
K8418 Suzhou Huangshan (Tunxi) 588 CN Diesel 1435mm
K155 Huangshan (Tunxi) Guilin Bei 1277 CN Diesel 1435mm
K181 Guilin Bei Kunming 1265 CN Diesel 1435mm
LC4 Lao Cai Hà Nôi 294 VN Diesel 1000mm
SE3 Hà Nôi Sài Gòn 1730 VN Diesel 1000mm
10787,523
Weitere Bildimpressionen aus Vietnam
Weitere Bildimpressionen von mir aus Vietnam auf Flickr. Zum Anschauen auf eines der Bilder oder den Link klicken:



Vietnam 


Inhaltsverzeichnis
Prolog
Teil 0: 13.000km mit dem Zug durch 10 Länder, aber wo? BÜ-Bilderrätsel mit 10 Bildern
Teil 1: Prolog - Warum ich mit dem Zug 13.000km durch die Gegend gereist bin
Schweiz
Teil 2: Ein Kurzabstecher in das kapitalistische Musterland - Bilder von der Albulabahn
Teil 3: Über den Bernina zurück nach Deutschland
Nordkorea
Teil 4: "Willkommen im sozialistischen Paradies" - Eine Einführung zu Nordkorea (Teil A)
Teil 4: "Willkommen im sozialistischen Paradies" - Eine Einführung zu Nordkorea (Teil B)
Teil 5: Unterwegs mit der atombombensicheren Metro in Pyongyang - (Teil A)
Teil 5: Unterwegs mit der atombombensicheren Metro in Pyongyang - (Teil B)
Teil 6: Zugimpressionen aus Nordkorea und ein schweres Verbrechen
Teil 7: Mit O-Bussen durch den Alltag in Pyongyang
Teil 8: Mit der Tram durch Pyongyang - Eine Stadtrundfahrt (Teil A)
Teil 8: Mit der Tram durch Pyongyang - Eine Stadtrundfahrt (Teil B)
Teil 9: Von Pyongyang nach Beijing - Teil A: Die Vertreibung aus dem "sozialistischen Paradies"
Teil 9: Von Pyongyang nach Beijing - Teil B: Verwirrung an der Grenze
China
Teil 9: Von Pyongyang nach Beijing - Teil C: Zurück im Kapitalismus?!
Teil 9: Von Pyongyang nach Beijing - Teil D: Im Morgenlicht nach Beijing
Teil 10: Eine kurze Einführung in die chinesische Eisenbahn
Teil 11: Mit dem Zug von Beijing nach Datong
Teil 12: Mit dem Zug von Datong nach Xi'an
Teil 13: Mit dem Zug von Xi'an nach Suzhou
Teil 14: Suzhou nach Huangshan (Tunxi)
Teil 15: Von Huangshan (Tunxi) nach Guilin
Teil 16: Von Guilin nach Kunming
Teil 17a: Schmalspurbahnen in Yunnan - Die Geschichte der Yunnan-Bahn
Teil 17b: Schmalspurbahnen in Yunnan - Weitere Schmalspurbahnen und Eisenbahnprojekte in Yunnan
Teil 17c: Schmalspurbahnen in Yunnan - Historische Schmalspurfahrzeuge im „Yunnan Railway Museum“
Teil 17d: Schmalspurbahnen in Yunnan - Historische Dampflokomotiven im „Yunnan Railway Museum“
Vietnam
Teil 18 (Rätsel): Wie hängen diese Bilder zusammen?
Teil 19: Viele verschiedene V-Loktypen - Eine kurze Einführung in die vietnamesische Eisenbahn
Teil 20: Ein Abend im „Bia Hoi“-Garten mit Bahnhofsblick in Lao Cai
Teil 21a: Mit Baguette und Zug, aber leider ohne Rotwein von Lao Cai nach Hanoi
Teil 21b: Mit Baguette und Zug, aber leider ohne Rotwein von Lao Cai nach Hanoi
Teil 22a: Auf Schienen durch Häuserschluchten und über Bahnübergänge in Hanoi – Teil A
Teil 22b: Auf Schienen durch Häuserschluchten und über Bahnübergänge in Hà Nôi
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Teil 23a: Mit Millionticket, verstopften Toiletten, Siemens-Lok und Regen im Wiedervereinigungsexpress von Hà Nôi nach Sài Gòn