Auf Schienen vom Kapitalismus in den Sozialismus und zurück - 13.000km mit dem Zug durch Asien und ein bisschen Europa
Teil 12: Mit dem Zug von Datong nach Xi'an
So, weiter geht's mit der Reise durch China. Nachdem wir im
letzten Bericht in Datong angekommen waren, geht die Reise jetzt weiter nach Xi'an. Zunächst einmal erst wieder eine Übersichtskarte und die Fahrkarte:
Bild 1: Durch die Provinzen Shanxi und Shaanxi geht es von Datong mehr als 1.000km nach Xi'an.
Bild 2: Die Fahrkarte für die Fahrt von Datong nach Xi'an. Für 140 Yuan (umgerechnet
ca. 15€) bekam ich das untere Bett im Abteil 006 im Liegewagen 04 des Bummelzuges.
Bahnhof | Ankunft | Abfahrt | km |
Datong | | 16:40 | |
Huairen | 17:18 | 17:20 | 42 |
Daiyue | 17:53 | 17:55 | 85 |
Shuozhou | 18:32 | 18:38 | 129 |
Ningwu | 19:19 | 19:22 | 166 |
Yuanpin | 20:28 | 20:39 | 231 |
Xinzhou | 21:08 | 21:13 | 267 |
Easttaiyuan | 22:21 | 22:24 | 352 |
Taiyuan | 22:30 | 22:45 | 355 |
Yuci | 23:05 | 23:08 | 382 |
Taigu | 23:35 | 23:37 | 418 |
Pingyao | 00:06 | 00:09 | 463 |
Jiexiu | 00:30 | 00:38 | 494 |
Linfen | 02:33 | 02:43 | 629 |
Houma | 03:33 | 03:39 | 689 |
Yuncheng | 04:42 | 04:50 | 767 |
Yongji | 05:35 | 05:39 | 823 |
Huashan | 06:46 | 07:03 | 883 |
Weinan | 08:10 | 08:12 | 950 |
Xian | 09:05 | | 1006 |
Bevor die Fahrt los geht, noch eine kurze Episode über einen Fahrkartenkauf in Datong:
"Also machte ich mich nach einem wiederum sehr reichhaltigen Frühstück auf die Suche nach dem staatlichen CTS-Reisebüro. Selbiges hatte ich ja vorgestern vergeblich am Bahnhof gesucht und so fragte ich an der Rezeption mit Hilfe meines China-Riegels nach, wo sich das Büro befindet. Es befindet sich gerade einmal 100 Meter weiter im Anschluss an das Bahnhofsgebäude in einem Hinterhof. Als ich dort ankam, war alles verschlossen. Außer einem kleinen Schildchen mit CTS war auch nicht zu erkennen, dass es sich hier um ein Reisebüro handelt. Von Öffnungszeiten war weit und breit nichts zu sehen und so ging ich zurück ins Hotel. Die Rezeptionistin war dann recht hilfreich, denn nachdem ich ihr klarmachen konnte, dass das Büro geschlossen war, rief sie jemanden an und sagte mir dann, dass in einer Stunde jemand vorbeikommen würde.
So wartete ich eine Stunde in der Hotellobby, bis tatsächlich ein Agent von CTS auftauchte, der sogar ein paar Worte Englisch sprach. Er nahm mich mit in das ehemals verschlossene Büro, das nichts anderes als ein Couchtisch mit zwei alten Sesseln war. Mir kam das alles ein bisschen suspekt vor, aber er packte dann seinen Laptop aus und ich gab ihm einen Zettel, wo ich auf Chinesisch den gewünschten Zug aufgeschrieben hatte. Er fummelte dann einige Minuten an seinem Laptop herum und meinte dann „Possible. Want ticket?“ „Yes, please“ „You 486 Yuan plus 82 Yuan service charge“. Fast 20% Bearbeitungsgebühr, das war dann doch recht happig. Aber was blieb mir anderes übrig? Erst nach Xi’an fahren, dort Stunden am Bahnhof in der Schlange stehen um zu erfahren, dass der Zug bereits ausgebucht ist? Nein, da zahle ich lieber die Gebühr. Also sagte ich „OK, I want to buy the ticket now“. „You give me money. I go. You wait 20 minutes. I come, you ticket“. Hm, soll ich jetzt einem etwas zwielichtigen Chinesen in einem noch zwielichtigeren Hinterhofbüro über 50 Euro in die Hände drücken, damit er davonläuft und mir eventuell das Ticket besorgt? No risk, no fun dachte ich mir und so gab ich ihm das Geld, woraufhin er sofort verschwand. Immerhin ließ er seinen Laptop zurück und tatsächlich kam er bereits nach 10 Minuten mit der Fahrkarte zurück."
Bild 3: Ein Blick aus der Wartehalle des Bahnhofs Datong auf das Gleisvorfeld. Außer Bahnsteigüberdachungen und Containerwaggons im Hintergrund sieht man nicht viel.
Bild 4: Ein Blick in den Wartesaal des Bahnhofs von Datong.
Bild 5: Die Erfindung des Laptop hat sich noch nicht bis in alle Gegenden Chinas herumgesprochen, obwohl doch fast alle Laptops in China hergestellt werden.
Bild 6: Noch ein Blick aus dem Abteil zurück auf den Bahnhof, bevor die Fahrt losgeht.
"Die Zugfahrt gestern fing wieder typisch chinesisch an. Kaum war der Zug aufgerufen und der Zugang zum Bahnsteig geöffnet, fing schon das Hauen und stechen an. Immer wieder krachten chinesische Ellenbögen in meine Hüftgegend. Inzwischen wehre ich mich auch ab und zu, aber aufgrund meiner Größe schwingen meine Ellenbögen schwingen über die Köpfe der Chinesen hinweg.
Der Zug war zum glück nicht so voll wie der Zug nach Datong. Ich hatte recht schnell das offene 6er-Abteil gefunden, wo ich das untere Bett reserviert hatte. Der Waggon mit den offenen 6er-Abteilen sieht im Prinzip wie eine Bibliothek aus. Es reiht sich „Regal“ an „Regal“, nur dass auf den Regalen eben keine Bücher stehen, sondern Menschen liegen. Es gibt nicht einmal Vorhänge, die einem ein bisschen Privatsphäre bieten. Jeder, der im Gang vorbeiläuft, hat vollen Blick auf alles. So bleibt der KP wenigstens nichts verborgen. Auf meinem Bett hatte es sich schon ein chinesischer Mann mittleren Alters bequem gemacht. Ich deute auf das Bett und sagte „Wo“ (chin. Für „ich“), woraufhin er „Bu“ (chin. „nein“) sagte und er ein Abteil weiter deutete. Zum Glück hatte ich gestern noch mittels des Wörterbuches die Zugfahrkarte entschlüsselt und wusste genau, wo auf der Fahrkarte mein reserviertes Bett im Abteil steht. Also hielt ich ihm das Ticket vor die Nase und deutete auf die Schriftzeichen für „untere Liege“ und die Abteilnummer. Das interessierte ihn aber nicht die Bohne und so wartete ich auf das Zugpersonal, das dann auch kurz darauf in Form einer resoluten chinesischen Schaffnerin in Uniform vorbeilief. Ich zeigte ihr das Ticket und deutete auf mein Bett. Die Schaffnerin verstand sofort, brüllte den Mann an und schmiss ihn gleich kurzerhand aus dem Abteil heraus, als er nicht sofort ihren Anweisungen folgte. Soweit wollte ich ja gar nicht gehen, mir hätte es schon gereicht, wenn ich mein Bett gehabt hätte."
Bild 7: Kurz nachdem wir den Bahnhof verlassen hatten, begegnete uns diese Diesellok.
Bild 8: In Datong gibt es recht umfangreiche Bahnanlagen.
Bild 9: Kohlekraftwerk in Datong. Die Kohle aus den Gruben in der Umgebung wird per Bahn angeliefert.
Bild 10: Typischer Bahnhof an der Strecke, der mich dann doch wieder ein bisschen an Nordkorea erinnerte.
Bild 11: Dörfer wie diese findet man zuhauf in der Lössebene rund um Datong. Hier zeigt sich einmal
mehr, dass der rasante wirtschaftliche Fortschritt noch nicht alle Gegenden Chinas erreicht hat.
Bild 12: Kohlegrube an der Strecke im Abendlicht.
Bild 13: Tief im Westen geht die Sonne unter ...
Bild 14: ... und das Licht reicht gerade noch dazu, im nächsten Bahnhof dieses E-Lok-Doppelgespann abzulichten.
"Der Zug fuhr pünktlich ab und im Schein der untergehenden Sonne zogen abwechselnd Kohleminen und Steppen vorbei, bis plötzlich die Dunkelheit hereinbrach. So legte ich mich schlafen, allerdings fand ich kaum Schlaf, da der Zug weitaus unruhiger lief wie der Zug von Pyongyang nach Peking. Zudem hatte ich mir beim Temperatursturz in Datong eine veritable Erkältung zugezogen und meine Nase lief ohne Ende. Schnell gingen mir die Taschentücher im Handgepäck aus und ich musste auf die Klopapierrolle zurückgreifen, die ich für Notfallzwecke immer dabei habe. So stand ich um halb sieben morgens übernächtigt und ziemlich gerädert auf. Der Blick aus dem Fenster offenbarte eine dicke Nebelsuppe. Wir hatten noch in er Dunkelheit den gelben Fluss überquert, und anstatt in südliche Richtung fuhren wir jetzt in westlicher Richtung nach „Xi’an“. Die Bahnstrecke folgte einem Flusstal, links und rechts konnte man noch schemenhaft im Nebel die Umrisse der spitzen Berggipfel der „Hua Shan“-Bergkette erkennen. Die Landschaft war nicht mehr so karg, im Flusstal reihten sich die Felder und die Berge waren bis zum Beginn der Felsen dicht bewaldet.
Ich war mit dem langsamen Zug unterwegs und so mussten wir auf dem Weg nach „Xi’an“ an jedem Bahnhof halten, um auf der überlasteten Zugstrecke Expresszüge überholen zu lassen oder um Gegenzüge abzuwarten. Aber die Chinesen sind schon dabei, Abhilfe zu schaffen. Auf halber Höhe des Tales entsteht gerade eine Neubaustrecke mit zahlreichen Brücken und Tunnels. Mit knapp einer Stunde Verspätung rollte der Zug dann in den Bahnhof von „Xi’an“ ein."
Bild 15: Am nächsten Morgen im Bahnhof von Huashan.
Bild 16: Auch dort konnte ich im Morgendunst diese Doppellok ablichten, die einen schweren Güterzug am Haken hatte.
Bild 17: Neuere Eisenbahnstrecken in China bestehen oft fast ausschließlich aus ellenlangen Betonviadukten und Tunnels, hier donnert ein Kohlenzug im Tal des
Gelben Flusses über eine solche Strecke. Sorry für die schlechte Bildqualität, aber Lichtverhältnisse und dreckige Zugfenster ließen keine bessere Qualität zu.
Bild 18: Wir laufen schon in den Bahnhof von Xi'an ein. Die Wassertürme zeigen, dass vor nicht allzu langer Zeit die Dampfloks hier noch das Regiment führten.
Bild 19: Heute dominieren allerdings die E-Loks in Xi'an.
Bild 20: Zum Abschluss noch eine Nahaufnahme einer E-Lok, die bei der Einfahrt an den Bahnsteig entstand.
Im nächsten Bericht gibt's dann noch ein paar Eisenbahnbilder aus Xi'an, die von der Stadtmauer aus entstanden, sowie den Bericht zur nächtlichen Fahrt im Schlafwagen nach Suzhou an der Ostküste in der Nähe Shanghais. Ich hoffe, dass ihr alle wieder mit einsteigt.
Zugliste
Zug Von Nach Kilometer Land Traktion Spurweite
S3 Niederhöchstadt Frankfurt(Main)Hbf 11,8 DE Elektr. 1435mm
ICE 75 Frankfurt(Main)Hbf Zürich HB 449,6 DE/CH Elektr. 1435mm
IC 585 Zürich HB Chur 116,1 CH Elektr. 1435mm
R 1169 Chur San Murezzan/St.Moritz 89,25 CH Elektr. 1000mm
RE 1145 Bravuogn/Bergün Preda 12,57 CH Elektr. 1000mm
R 1658 Poschiavo Ospizio Bernina 21,294 CH Elektr. 1000mm
R 1641 Morteratsch Diavolezza 4,635 CH Elektr. 1000mm
R 1658 Poschiavo Ospizio Bernina 21,294 CH Elektr. 1000mm
RE 1124 St.Moritz Chur 89,25 CH Elektr. 1000mm
IC 570 Chur Zürich 116,1 CH Elektr. 1435mm
S6 Zürich Baden 22,53 CH Elektr. 1435mm
S6 Baden Zürich 22,53 CH Elektr. 1435mm
S6 Zürich Baden 22,53 CH Elektr. 1435mm
IR 1972 Baden Basel SBB 65,9 CH Elektr. 1435mm
ICE 370 Basel SBB Freiburg Hbf 66,8 CH/DE Elektr. 1435mm
RB31603 Freiburg Hbf Littenweiler 7,22 DE Elektr. 1435mm
RB31620 Littenweiler Freiburg Hbf 7,22 DE Elektr. 1435mm
ICE 270 Freiburg Hbf Frankfurt(Main)Hbf 294,4 DE Elektr. 1435mm
S3 Frankfurt(Main)Hbf Niederhöchstadt 11,8 DE Elektr. 1435mm
S3 Niederhöchstadt Frankfurt(Main)Hbf 11,8 DE Elektr. 1435mm
S8 Frankfurt(Main)Hbf Frankfurt-Flughafen 11,4 DE Elektr. 1435mm
Chollima Pyongyang Yonggwang Pyongyang Puhung 1,5(ca.) KP Elektr. 1435mm
Zug Nr. 5 Pyongyang Sinuiju-(Grenze DPRK) 225 KP Elektr. 1435mm
K 28 (Grenze China)-Dandong Beijing 1132 CN Diesel 1435mm
K 177 Beijing Xi Datong 368 CN Elektr. 1435mm
2671 Datong Xi'an 1006 CN Elektr. 1435mm
4208,523
Weitere Bildimpressionen aus China
Weitere Bildimpressionen von mir aus China auf Flickr. Zum Anschauen auf eines der Bilder oder den Link klicken:



Best-Of China 





Datong & Xi'an 


Inhaltsverzeichnis
Teil 0: 13.000km mit dem Zug durch 10 Länder, aber wo? BÜ-Bilderrätsel mit 10 Bildern
Teil 1: Prolog - Warum ich mit dem Zug 13.000km durch die Gegend gereist bin
Teil 2: Ein Kurzabstecher in das kapitalistische Musterland - Bilder von der Albulabahn
Teil 3: Über den Bernina zurück nach Deutschland
Teil 4: "Willkommen im sozialistischen Paradies" - Eine Einführung zu Nordkorea (Teil A)
Teil 4: "Willkommen im sozialistischen Paradies" - Eine Einführung zu Nordkorea (Teil B)
Teil 5: Unterwegs mit der atombombensicheren Metro in Pyongyang - (Teil A)
Teil 5: Unterwegs mit der atombombensicheren Metro in Pyongyang - (Teil B)
Teil 6: Zugimpressionen aus Nordkorea und ein schweres Verbrechen
Teil 7: Mit O-Bussen durch den Alltag in Pyongyang
Teil 8: Mit der Tram durch Pyongyang - Eine Stadtrundfahrt (Teil A)
Teil 8: Mit der Tram durch Pyongyang - Eine Stadtrundfahrt (Teil B)
Teil 9: Von Pyongyang nach Beijing - Teil A: Die Vertreibung aus dem "sozialistischen Paradies"
Teil 9: Von Pyongyang nach Beijing - Teil B: Verwirrung an der Grenze
Teil 9: Von Pyongyang nach Beijing - Teil C: Zurück im Kapitalismus?!
Teil 9: Von Pyongyang nach Beijing - Teil D: Im Morgenlicht nach Beijing
Teil 10: Eine kurze Einführung in die chinesische Eisenbahn
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Teil 11: Mit dem Zug von Beijing nach Datong