1987 ein Bier 1,40Kcs und eine Semmel zehn Heller? Nee, da ist Dir der Gaul durchgegangen. Das Bier kostete Ende der Achtziger so etwa fünf Kronen, eher mal etwas mehr und ein Hörnchen (echte Semmeln habe ich eigentlich nie gesehen) schon zehn Jahre eher 30 bis 50 Heller. Einen Kurs von 1:5 hätte ich nach gewissen Preiserhöhungen in den Achtzigern für der Kaufkraft entsprechend angesehen, wir bekamen übrigens 1:3. Die 1:18, die es dann 1990 gab, waren völlig irregulär. die Folge war übrigens, dass Tschechen und Slowaken nicht mehr an die Ostsee kamen, wo vorher viele Stammgäste waren. Sie konnten zwar auch vorher recht einfach an die Adria fahren (Jugoslawien war am Abkommen über den visafreien Reiseverkehr im Rahmen des RGW zwar beteligt, aber als DDR-Bürger bekam man die Einreise dorthin praktisch nicht), doch man hatte dieselben schlechten Erfahrungen wie jeder aus dem RGW-Raum. Sobald Personen von der anderen Seite auftauchten, war man abgemeldet.
Der visafreie Reiseverkehr war mit Ausnahme des problemlosen Nachbarschaftsverkehrs eine ziemlich bürokratische Angelegenheit. Man musste nicht mehr die Botschaften abklappern, sondern sich an die eigene Stelle der VP für Pass- und Meldewesen wenden. Nach ein paar Wochen bekam man dann die »Reiseanlage für den visafreien Reiseverkehr«, entweder abzuholen oder mit der Post zugeschickt. Auf dem Faltblatt in doppelter Personalausweisgröße waren vorn neben den persönlichen Angaben die Vertragsstaaten eingedruckt (übrigens auch die UdSSR, KVDR, Mongolei und Vietnam). Alle Länder, in die man nicht durfte, waren mit maschinengeschriebenen xxxx überschrieben. Auf der Rückseite verewigten sich die Grenzpolizisten und bei Rückkehr wurde diese Reiseanlage bei der deutschen Passkontrolle wieder eingesammelt. Die Möglichkeit der mehrmaligen Ausreise war zwar auch vermerkt, ich kann aber nicht sagen, ob sie so einfach zu bekommen war. Letztlich war das Hauptproblem, dass man den Bürgern nicht einfach freies Reisen ohne vorheriges Fragen ermöglicht hat. Dass das innerhalb von Westeuropa schon seit den Fünfzigern problemlos möglich war, haben wir natürlich gewusst.
Nach Polen wurde der visafreie Reiseverkehr 1981 übrigens nicht aufgehoben. Die Beschränkungen waren eine rein deutsche Angelegenheit, genau wie die Erschwernisse zwischen 6. Oktober und 9. November 1989 in Richtung Tschechoslowakei. Ich habe die Ereignisse seinerzeit brühwarm mitbekommen, am 12. September waren wir (zufällig) in Budapest, nachdem wir zwei Wochen im Retezat und Fagaras nassgeworden waren. Im Oktober war ich nochmal in Prag, um die letzte Woche Urlaub sinnvoll zu nutzen. Dass man in Berlin kein Konzept außer »dichtmachen um jeden Preis« hatte, war bald klar und zumindest bedenklich. Am 26. August, früh um eins in Dresden wollte der deutsche Zöllner mein Gepäck sehen. Ich war heilfroh, dass die ganzen Fresalien verstaut waren. Ich habe also den Deckel aufgemacht, zwei Pakete Makkaroni guckten raus. Bevor ich zum Auspacken aufgefordert erden konnte (wie sonst bei jeder Fahrt vorher) sagte ich zum Zöllner, er möge bitte alles drinlassen, ich bekäme es nicht wieder rein. Zum ersten Mal hat das seinerzeit geklappt. Noch ein Jahr zuvor hätte man sehr wahrscheinlich wilde Sau gespielt.

Falk