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Die berühmte internationale Züge – Teil 1: Die Vorwendezeit
Nein, nein! Dieser grammatikalische Fauxpas ist voll und ganz beabsichtigt. So nämlich titulierte RIVAROSSI Mitte der siebziger Jahre seinen deutschsprachigen Modellbahnkatalog. Als Hersteller vom Apennin sei ihnen das aber verziehen.
Ein kurzes Statement vorweg: Ich möchte in den nächsten Wochen den Nord- bzw. Ost-West Verkehr mit den Niederlanden etwas genauer Betrachten. Anlass ist der am 18. Oktober 2015 anstehende 150. Jahrestag der Eröffnung der Bahnverbindung Salzbergen – Almelo (NL), über den eine Reihe internationale Verbindungen mit der Bundesrepublik, Großbritannien, Skandinavien, aber auch Berlin und dem Ostblock liefen. Beginnen werde ich am Wochenende mit einem Mehrteiler über den Systemwechselbahnhof Bad Bentheim, bevor wir uns danach dem eigentlichen grenzüberschreitenden Verkehr widmen. Dieser Beitrag hier soll so gesehen dem Einstieg in dieses Thema dienen.
Berühmte internationale Züge gibt es eine ganze Reihe. An erster Stelle natürlich den Orient-Express, gefolgt vom Rheingold und anderen, wie dem Hellas-Express, dem Wien-Oostende Express oder dem Holland-Skandinavien-Express. Daneben gab es aber auch eine ganze Reihe internationaler Züge, deren Bekanntheitsgrad geringer war, wie z.B. den Warszawa-Hoek-, den Schweiz- oder den Nord-West-Express. Andere internationale Schnellzüge besaßen überhaupt keine Namen. Zudem befuhren sie Relationen, die abseits der großen Magistralen lagen, oder diese nur auf Teilabschnitten benutzten.
Eine solche Relation war die Ost-Westverbindung von Warschau bzw. Berlin in die Niederlande, wobei der Schwerpunkt zumindest bis zum Fall der Mauer auf den Verbindungen Niederlande – Zonenrandgebiet und Niederlande – Dänemark/Schweden lag. Die Züge, die auf Teilabschnitten zunächst als Eilzug eingestuft waren begannen in Amsterdam oder Hengelo und verkehrten nach Braunschweig, Helmstedt, Wolfsburg oder Bad Harzburg. Hinzu kam seit den siebziger Jahren im Sommer der Hoek-Warszawa Express, der in Hoek van Holland die Verbindung der Fähren nach und von England (London) herstellte. Gleiches galt für den Holland-Skandinavien-Express, der in Osnabrück auf die Rollbahn wechselte und über Hamburg nach København verkehrte, ebenso wie der Nord-West-Express. Der Nordsee-Express verband auf diesem Wege Rotterdam mit Hamburg. Mit dem Jahresfahrplan 1981 kam noch ein D-Zugpaar (London -) Hoek van Holland – Berlin, hinzu.
Die Eilzüge (ab 1983 als D-Züge) bestanden in der Regel aus zwei bis drei Bm, einem Am und bei einigen Zügen einem BDm. Der Holland-Skandinavien-Express führte neun bis zehn Am, ABm und Bm, zeitweise einen Dm oder Dms und im Sommer einen dänischen BD. Bis 1976 wurde auch ein ISG-Speisewagen mitgeführt. In den Nachtzügen kamen u.a. Schlaf- und Liegewagen der osteuropäischen Bahnen (Warszawa-Hoek-Express) oder Bcm der DB (Nord-West-Express) zum Einsatz.
Nachdem der Abschnitt Löhne (Westf.) - Hannover – Lehrte bereits länger elektrisch betrieben wurde, kam zum Winterfahrplan 1974 Osnabrück – Rheine hinzu. Zum 23. Juni 1975 war Rheine – Salzbergen an der Reihe und zum 30. Mai 1976 folgten Bad Bentheim – Salzbergen, Osnabrück – Löhne (Westf.) und Lehrte – Braunschweig, bevor zum 29. September 1976 das „Reststück“ Braunschweig – Helmstedt unter Strom stand. Somit konnten die Züge in der Relation Bad Bentheim – Braunschweig - Helmstedt komplett unter Strom befahren werden. Weiter nach Berlin, sowie nach Wolfsburg und Bad Harzburg musste jedoch in Hannover auf Diesellok umgespannt werden. Auf niederländischer Seite hing der Fahrdraht bereits seit 1951 nach Oldenzaal (NL), der Abschnitt nach Bad Bentheim folgte ebenfalls am 29. Mai 1976.
Bild 1: Mit dem E 2247, Amsterdam (NL) – Bad Harzburg, ist die 110 307 am 01. Juli 1976 am Block Deves, zwischen Salzbergen und Rheine gelegen, unterwegs:
Bild 2: Ebenfalls den E 2247 hat am 11. September 1977 die 110 225 am Haken, als sie den Block Bentlage in
Rheine passiert. Damals fehlte mir noch die Erfahrung mit plötzlich ins Bild springenden (Vorsignal-)Masten:
Bild 3: Die 110 290 fährt am 22. Mai 1980 mit dem D 230 „Skandinavien-Holland-Express“, København (DK) – Hoek van Holland (NL) (- London (GB)), durch den unteren Osna-
brücker Hbf. Nach der Ankunft im oberen Bahnhof hat der Zug kopfgemacht und über Schinkel- und Stahlwerkskurve den unteren Bahnhof erreicht, der ohne Halt passiert wird:
Bild 4: Im Jahre 1980 wird in der Bundesrepublik Deutschland die Sommerzeit eingeführt. Dadurch war es möglich, am 09. August des
Jahres den mit der 110 135 bespannten E 2230, Osnabrück – Hengelo (NL), kurz vor der Abfahrt im Ausgangsbahnhof abzulichten:
Bild 5: Der E 2248, Helmstedt – Hengelo (NL), wird am 16. September 1980 von der 110 263 gezogen. Hier in Osnabrück Hbf Pu:
Bild 6: Am 08. September 1980 zieht die 110 385 den D 231 „Holland-Skandinavien-Express“ am Block Deves südwärts gen Norden:
Bild 7: Ihr dicht auf den Fersen war der D/E 349 m (London - Hoek van Holland -) Hengelo – Bad Harzburg, mit der 110 464 als Zuglok.
Zwischen Hoek v. Holland und Hengelo (NL) liefen D 231 und D 349 vereinigt, der 349 zwischen Bentheim und Osnabrück als Eilzug:
Bild 8: 112 268 ist dem D/E 449, Amsterdam (NL) – Bad Harzburg, vorgespannt. Auch er verkehrt
zwischen Bentheim und Osnabrück als Eilzug. Die Eilzüge hielten auch in Schüttorf und Ibbenbüren:
Bild 9: Der D/E 348, Bad Harzburg – Hoek van Holland (NL) (- London) , hat an diesem 08. September 1980 Rheine verlassen und strebt mit
der 110 376 jetzt am Block Deves seinem nächsten Halt in Schüttorf entgegen. Zwischen Osnabrück und Bentheim verkehrt der Zug als Eilzug:
Bild 10: Die 112 499 hat mit dem E 2249, Hengelo (NL) – Braunschweig, soeben Salzbergen ohne Halt passiert. Links der Kamin der Wintershall-Raffinerie Salzbergen:
Bild 11: Der D 348, Bad Harzburg – Hoek van Holland (NL) (- London) , ist am 26. April 1981 auf Gleis 11
im unteren Osnabrücker Hbf eingefahren. Zuglok ist die 110 365 mit ihrem „Warndreieck“ auf der Front:
Bild 12: Im Jahresfahrplan 1981 wurde der E 2249, Hengelo (NL) – Braunschweig, aus Silberlingen
und einem Düe gebildet. 110 376 erreicht am 04. Juli 1981 mit dem Zug den Bf Ibbenbüren:
Bild 13: Zum Sommerfahrplan 1981 trat das Zugpaar 344/345 auf den Plan. Am 21. April 1982
hatte die 110 327 die Ehre den D 344, Berlin – Hoek van Holland (- London) , zu bespannen:
Das Zugpaar bestand zunächst aus je einem DR WR4g-61, AB und B und je nach Streckenabschnitt mehreren DB-Bm, und je einem ABm und BDms. Später wurden die DR Wagen durch modernere DR WRm, ABm und Bm ersetzt.
Bild 14: Zum Sommerfahrplan 1982 ging die Leistung auf Hamburg-Eidelstedter 112 über. 112 487 ist am 10. September 1982 Zuglok des D 344:
Seit dem Jahresfahrplan 1983 wurden die Eilzüge in D-Züge umgewandelt, hielten aber weiterhin in Schüttorf und Ibbenbüren.
Bild 15: Am 25. November 1983 fährt der nur aus drei Wagen bestehende D 2245, Hengelo (NL)
– Braunschweig, mit der 110 385 an der Spitze in nach Osnabrück Hbf Pu ein:
Bild 16: Die 112 312 hat am 24. April 1984 die Beförderung des D 2248, Hannover – Amsterdam (NL), übernommen. Hier beim Halt in Osnabrück Hbf Pu:
Bild 17: Am 31. Oktober 1984 erreicht die 110 374 mit dem D 345, (London -) Hoek van Holland (NL)
– Berlin, Osnabrück Hbf. Die DR-Wagen laufen an 3., 4. und 5. Stelle im Zug:
Bild 18: Zur Abwechselung mal etwas anderes. Am 16. August 1984 durcheilt dieser aus DR-Material gebildete
Sonderzug Haarlem (NL) – Berlin mit der 110 437 den unteren Osnabrücker Hbf auf Gleis 11:
Bild 19: Im Jahr 1984 stand die Zukunft der Georgsmarienhütte des Klöckner Konzerns (mal wieder) auf der Kippe. Am 07. November 1984 stand daher eine
Demonstration der Stahlarbeiter in Hannover auf dem Programm. Dem von der 110 383 gezogenen D 2442, Hannover – Hengelo (NL), wurden daher drei zu-
sätzliche Wagen am Zugschluss beigestellt, so dass Mitarbeiter der Spätschicht bereits zum Schichtwechsel wieder daheim sein konnten:
Bild 20: am 13. Oktober hatte die noch blaue 110 254 den Zug nach Osnabrück gebracht. Hinter der Lok ein ebenfalls noch blauer Am 202:
Bild 21: Am 25. Juni 1984 hat die 110 368 den D 344, Berlin – Hoek van Holland (- London) in Osnabrück Hbf Pu gebracht:
Bild 22: Der gleiche Zug an gleicher Stelle, allerdings ein halbes Jahr später. Zuglok ist am verschneiten 14. Januar 1985 die 110 299:
Bild 23: Am 30. August 1985 fährt die 110 322 mit den D 231 „Holland-Skandinavien-Express“, (London (GB) -) Hoek van Holland (NL) - København (DK),
durch den unteren Osnabrücker Hbf und wird erst im oberen Teil zum stehen kommen. Dort muss auch die Fahrtrichtung geändert werden:
Es war immer interessant, wenn Fahrgäste, die bereits im Gang standen in Panik ausbrachen, weil ihr Zug vermeintlich nicht in Osnabrück hielt. Es ist auch mehrfach vorgekommen, dass von solchen, denen diese Besonderheit nicht bekannt war, im ein oder anderen Fall die Notbremse gezogen worden ist.
Bild 24: Osnabrück Hbf Po am 26. Januar 1986: Die 112 486 hat den D 231 „Holland-Skandinavien-Express“, (London (GB) -) Hoek van Holland (NL)
- København (DK), durch das Osnabrücker Kurvensystem in den oberen Osnabrücker Hbf gezogen. 110 374 hat sich ans andere Zugende gesetzt
und wird in Kürze zur Fahrt nach Hamburg Hbf anziehen. Rechts hat die 110 149 den D 2735 von Koblenz nach Osnabrück gebracht. Hier wird eine
Lok der Baureihe 216 den Zug zur Weiterfahrt nach Wilhelmshaven über Bramsche und Oldenburg übernehmen:
Zum Sommerfahrplan 1986 gab es eine bemerkenswerte Veränderung. Die D-Züge aus bzw. nach Braunschweig, Bad Harzburg und Hannover fuhren jetzt geschlossen nach/von Hoofddorp (NL), wobei der Weg über den Amsterdamer Flughafen Schiphol und dessen unterirdischen Bahnhof führte. Das galt auch für den D 230/231 „Holland-Skandinavien-Express“, während die D 236/237, Helsingør/Stockholm – Hoek van Holland, D 344/345 und der D 1244/1245 „Hoek-Warszawa-Express“ weiterhin in Hoek v. Holland endeten bzw. starteten
Bild 25: Die NS 1651 „Tiburg“ hat den D 2043 von Hoofddorp (NL) in den Flughafenbahnhof Schiphol gebracht. In Kürze wird der Zug seine Fahrt
nach Bad Harzburg fortsetzen. Das Foto entstand am 15. Juni 1988 frei Hand (1/15 sec.) mit einem normalen 100 ASA Tageslichtfilm:
Bild 26: Die 112 502 erreicht am 27. November 1986 Osnabrück Hbf Pu mit dem D 345, (London -)
Hoek van Holland (NL) – Berlin. Hinter dem Bm 238 laufen je ein DR-Bm, ABm und WRm:
Bild 27: Zwischen den Jahren und zu Ostern wurden zu den D 344/345 bis bzw. ab Osnabrück Entlastungszüge eingelegt. Dazu erhielt Osna-
brück Mitte Dezember ein Kontingent an DR-Wagen zugewiesen, wie hier am 24. Dezember 1985 im Betriebswagenwerk (Bw Osnabrück 2):
Bild 28: Am 27. Dezember 1986 verkehrte der D 16345, Osnabrück – Berlin, als Vorzug zum D 345, (London -) Hoek van Holland – Berlin. Die
110 434 hat den Zug auf Gleis 12 im unteren Bahnhof bereitgestellt und wird sich in Kürze auf die Reise in die geteilte Stadt machen:
Bild 29: Mit dem D 2246, Braunschweig – Hoofddorp (NL) verläßt die 110 286 am 14. Juli 1987 den Bf Ibbenbüren:
Bild 30: Die 110 244 hat soeben mit dem D 345, (London -) Hoek van Holland (NL) – Berlin, Osnabrück Hbf Pu verlassen und eilt
zwischen Hase und Stahlwerk Hannover entgegen. Links von der Pappelreihe liegt außerhalb des Bildes der Osnabrücker Rbf:
Bild 31: Mit dem D 2244, Hannover – Hoofddorp (NL) fährt die 114 485 am 15. Februar 1988 nach Osnabrück Hbf Pu ein:
Bild 32: Mit dem D 2241, Hengelo (NL) – Braunschweig, überquert die 110 224 am 15. Februar 1988 die Brücke über den Mittellandkanal bei Hörstel:
Bild 33: 110 159 erreicht am 12. Juni 1989 mit dem D 230 „Skandinavien-Holland-Express“, København – Hoofddorp (NL), von Ham-
burg kommend Osnabrück Hbf Po. Im Sommerfahrplan führte das Zugpaar einen BD der Dänischen Staatsbahnen (DSB) mit:
Bild 34: Am 29. Juli 1989, dem Tag der Rückkehr der DR 03 1010 von den Jubiläumsfeierlichkeiten in Utrecht (NL), ist der von der 110 446 geführte
D 345, (London -) Hoek van Holland – Berlin, um einen DR-Bm verstärkt. Es ist das einzige Mal, dass ich den Zug mit vier DR-Wagen gesehen habe:
Am Abend des 09. November 1989 fiel dann die Berliner Mauer und auch die Grenze zwischen der Bundesrepublik und der DDR, was auch Auswirkungen auf den Bahnverkehr hatte. Zunächst blieb das meiste noch unverändert. Erst mit dem Fahrplanwechsel zum Sommer 1991 gab es einige Veränderungen. So gab es jetzt täglich zwei Zugpaare zwischen Hoofddorp (NL) und Berlin, die ausschließlich aus DR-Wagenmaterial gebildet wurden, wobei auch einige interessante Einzelstücke und Farbvarianten in diesen Umläufen zum Einsatz gelangten. Davon dann mehr in Teil 2 „Die Nachwendezeit“
Bis neulich – natürlich im HiFo
Rolf Köstner
Man hat nicht richtig gelebt, wenn man nie in einem ICE gesessen hat, der in Hamm geteilt worden ist.
Ich bin ein Boomer!
5-mal bearbeitet. Zuletzt am 2018:11:27:14:56:00.