Beides hat seine Vor- und Nachteile:
- HAFAS findet oft direkte Züge nicht, wenn sie im Vergleich zu Umsteigeverbindungen deutlich langsamer sind, und es nimmt die Kundeneingabe "abends so gegen 6" leider aufs Komma genau wörtlich, was man (wie das Beispiel zeigt) als menschlicher Reiseberater nie tun sollte.
- Im Kursbuch sehe ich genau, was auf einer Strecke fährt, oft sogar, was wo überholt wird und was an anderen Tagen fahren würde. Bei den "Zusammenfassungs-Tabellen" für Fernverbindungen konnte man verschiedene Routen vergleichen, z.B. links-/rechtsrheinisch vs. Sauerland (wo es ja auch mal Fernverkehr gab). In älteren Kursbüchern sieht man sogar Züge, die auf einer Strecke überhaupt nicht halten (z.B. Autoreisezüge). Im Kurswagenverzeichnis sehe ich alle Kurswagen. Aber eben auch nur die.
Wenn ich mich für eine Strecke interessiere, ist das Kursbuch unschlagbar. Wenn ich Verbindungen mit mehreren Umsteigevorgängen suche, wird das Kursbuch schnell zur Fleißarbeit, weil es ja früher keine Taktfahrpläne gab und oft auch noch verschiedene, mehr oder weniger parallele Routen zur Verfügung standen, die je nach Uhrzeit immer mal wieder einen attraktiven Direktzug aufwiesen - man denke nur an Regionalverbidungen in Rhein-Main oder im Ruhrgebiet. 1951 gab es einen "Städteschnellverkehrszug" von Stolberg-Hammer (heute "Altstadt") nach Mönchengladbach in Rekordzeit (über Jülich, aber kaum Unterwegshalte), später einen direkten Sonntagsausflugszug von Krefeld nach Heimbach/Eifel. Das alles aus Kursbuchtabellen zusammenzusuchen geht, aber ist mühsam. Wer sich gar für Verkehrsgeographie interessiert und umfangreiche Mobilitätsvergleiche machen und sich dabei nicht auf Direktverbindungen beschränken will, braucht verdammt viel Zeit. Die Menschen wollen ja von Stolberg nicht alle nach Mönchengladbach, sondern vielleicht auch nach Olpe, Bad Bentheim oder Herborn. Was bedeutete das in einer Zeit, in der ein Privat-Auto ein seltener Luxusartikel war?
Für ein konkretes Beispiel (1939 von Meisenheim/Glantalbahn nach Herborn/Dill) habe ich das mal zusammengestellt. Mich hatte die Frage interessiert, wie lange man damals zwischen diesen beiden Orten so ungefähr unterwegs war. (Heute: 3 Stunden 23 Minuten.) Und ob die "üblichen Routen" zwischen Odernheim/Glan und Bad Münster am Stein über die "Strategische Bahn" am rechten Naheufer und evtl. gar die Hindenburgbrücke bei Bingen/Rhein geführt hätten. Hier die "Management Summary" meiner Studie - Näheres dazu habe ich wegen des lokalen Bezugs soeben im Nahe- und Hunsrückbahn-Forum gepostet: [
www.forum.hunsrueckquerbahn.de]
Dieses Beispiel zusammenzudröseln hat mir durchaus Spaß gemacht, aber es war eine langwierige Arbeit, und weitere Beispiele werde ich mir mangels genügend Freizeit leider vorerst nicht leisten können.
Für alle, die sich für ähnliche Fragestellungen interessieren, wäre daher ein "Histo-Hafas" Gold wert. Ich sage bewusst "wert", weil ich nicht erwarten würde, so etwas kostenlos zu bekommen. Beim kursbucharchiv.de würde ich ja auch nicht auf die Idee kommen, dass sich da einer hinstellt und allen Interessenten stundenlang alte KBS'e für umme einscannt. Vielleicht könnte man das Ganze sogar dem DB-Museum schmackhaft machen. Für die DB wäre es ja schon eine gute Werbung, wenn man mal sieht, was Zugfahren vor 50 oder 80 Jahren bedeutet hat. Man wird das heutige Zugangebot, auch wenn es natürlich Wünsche hinsichtlich Dichte und Zuverlässigkeit offen lässt, viel besser würdigen können.
Als kleines "Bonbon" hier mal ein fiktiver Ausdruck aus einem "historischen" Verbindungs- und Ticketautomaten. :-)
Viele Grüße
kW