Hallo interessierte Eisenbahnfreunde,
diesmal geht es wieder in den Norden nach Schleswig-Holstein. Abseits der großen Magistralen hält sich die alte Technik ja meist etwas länger und so konnte man im Bahnhof Neumünster bis 1994 ein hochinteressantes Equipment an Stellwerken vorfinden. Bei einer nächtlichen Durchfahrt um 1988 fiel mir das Fahrdienstleiterstellwerk "Np" auf, dass aufgrund seines Äußeren eigentlich nur ein Vierreihenhebelwerk beherbegen konnte. 1994 bei einem Urlaub in der Gegend habe ich dann kurz vor der Außerdienststellung Neumünster besucht und konnte dabei noch die Aufnahmen für diesen Beitrag machen. Zu den Stellwerken in Neumünster (und zu vielen anderen Stellwerken im Norden) gibt es übrigens eine WebSite unter dieser Adresse: [
www.eisenbahn-sh.de]
Die Lage von Neumünster im Netz der DB um 1985:
Auf der Südseite des Bahnhofs befanden sich die Bahnsteiggleise. Dort waren die Stellwerke "Np" und "Ns" für den Betrieb zuständig. Im Norden lag der Güterbahnhof. Dafür waren "Np", "Ngn" und "Ngs" zuständig. Der Bahnhofsfahrdienstleiter saß auf "Np", "Ns" und "Ngn" waren auch mit Fahrdienstleitern besetzt und "Ngs" mit einem Wärter.
Hier das Stellwerk "Np" mitten im Bahnhof:
Auf einem Plan im Stellwerk war der Stellbezirk von "Np" aufgezeichnet:
Links die Bahnsteiggleise. Von oben mündet die Strecke von und nach Heide ein. Da saß der nächste Fahrdienstleiter in Wasbeck. Einfahrsignal von Heide war das Signal H. Rechts dann die drei durchgehenden Hauptgleise von und nach Flensburg und von und nach Kiel sowie die Gütergleise. Von unten mündet die eingleisige Strecke von und nach Ascheberg ein. Dort war der Betrieb aber schon seit einigen Jahren eingestellt.
Hier das VES-Vierreihenhebel:
Die Hebel aus der Nähe:
Die Bahnsteiggleise waren schon mit einer Gleisfreimeldeanlage ausgerüstet. Dazu war dieser Dr-Stellkasten auf dem Hebelwerk eingebaut worden, auf dem die Gleisbelegung und die Stellung der Signale angezeigt wurde:
Am Gleis 1 und 5 waren Zugdeckungssignale eingebaut, die eine signalmäßige Einfahrt das besetzte Bahnsteiggleis zuließ. Solche Einrichtungen waren bei mechanischen und elektromechanischen Stellwerken eher selten. Diese Einfahrten in besetzte Gleise erfordern eigentlich einen Geschwindigkeitsanzeiger Zs3 mit der Anzeige "2" für 20 Km/h am Einfahrsignal.
Auf den drei durchgehenden Hauptgleisen von und nach Stellwerk (Gleise 12, 13 und 14) "Ngn" war Streckenblock eingerichtet. Auf Gleis 12 konnte nur nach "Ngn" gefahren werden, auf den beiden anderen Gleisen konnte von und nach "Ngn" gefahren werden. Die dazu nötigen Bedienungseinrichtungen befanden sich in diesem Kasten:
Nach meinen Unterlagen war auf der Heider Strecke ebenfalls Streckenblock eingerichtet, da habe ich aber keinen Fotobeleg zu. Als Datum der Inbetriebnahme habe ich mir den 28.10.1942 notiert.
Zu Stellwerk "Ngn" im Norden:
Der Stellbezirk von "Ngn"
Links die drei durchgehenden Hauptgleise 12, 13, und 14 und darüber die Gütergleise, rechts die Streckengleise von und nach Flensburg und von und nach Kiel.
Auf "Ngn" befand sich ein mechanisches Stellwerk der Bauart M43:
Bei dieser Bauart werden die Weichen und Signale noch mechanisch bedient, während statt des Blockkastens mit Felderblock und Fahrstraßenhebeln bereits elektromechanische Komponenten eingebaut sind. Irgendwelche grundlegenden Vorteile gegenüber herkömmlichen mechanischen Stellwerken kann ich aber nicht erkennen. Vielleicht kann ja jemand aus dem Forum mehr zu der Entwicklungsgeschichte dieser nur äußerst selten anzutreffenden Bauart sagen.
Mit sind nur noch in Bork (bei Lünen) zwei Stellwerke dieser Bauart begegnet, von denen es hier im Forum ja auch einige Bilder gibt.
Das Stellwerk aus der Nähe:
Der Blockkasten mit dem Streckenblock für die Strecken von und nach Flensburg und Kiel sowie für die 3 durchgehenden Hauptgleise von und nach "Np":
Die Weichen am Zusammenlauf der Kieler und Flensburger Strecken wurden bereits elektrisch bedient. Dazu war dieser Dr-Kasten eingebaut:
Ich denke mal, bei der Bauart M43 dürfte die Anbindung elektrischer Weichen erheblich einfacher zu machen gewesen sein als bei normalen mechanischen Stellwerken.
Ein Blick auf die Bahnanlagen: 218 430-7 fährt von der Flensburger Strecke kommend in Neumünster ein. Rechts die beiden Kieler Gleise. Das ist genau der Bereich des Stellkastens.
In meinen Unterlagen habe ich 1949 als Jahr der Inbetriebnahme von "Ngn" notiert.
Für die Südseite war dann "Ns" zuständig:
Der Stellbezirk von "Ns" mit der Hauptstrecke von und nach Hamburg und der eingleisigen Strecke von und nach Bad Segeberg, die von der Altona-Kaltentenkirchen-Neumünster Eisenbahn AG, kurz AKN, betrieben wird.
Das noch gut bestückte mechnische Stellwerk auf "Ns":
und im Detail:
Streckenblock war auf der AKN-Strecke nicht eingerichtet. Dort musste das telefonische Zugmeldeverfahren für die Sicherheit ausreichen. Für die Zugdeckungssignale am Gleis 1 war dieser Kasten mit den entsprechenden Meldern eingebaut:
Für der Einfahrt in das besetzte Gleis 1 muß an den E-Sig A bzw O eigentlich eine Geschwindigkeit von 20 Km/h signalisiert werden. Die Zudeckungssignale wurden ja von "Np" aus bedient. Da müsste es die entsprechenden Abhängigkeiten gegeben haben. Vielleicht kann da ja jemand im Forum was zu sagen. Auf einem Foto der beiden E-Sig A und O auf der WebSite kann man ja am Signal O einen solchen Geschwindigkeitsanzeiger erkennen.
Für "Ns" habe ich 1905 als Jahr der Inbetriebnahme notiert.
Vom Stellwerk "Ngs" zwischen Pbf und Gbf habe ich keine Fotos. Da muß man bei der obigen WebSite nachschauen.
Im Oktober 1994 wurden die alten Stellwerke außer Betrieb genommen und durch ein EStw ersetzt.
Soviel zu Neumünster. Wie immer freue ich mich auf eure Kommentare, Korrekturen, Antworten und weitere Fotos.
Gruß von Kay!
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