.
Die Anschlußbahn der Preussag Ibbenbüren - Historie und Betrieb am Westfeld
- Auf steiler Spur am Schafberg -
Nachdem die letzten beiden Kapitel dieser Reihe sich mit Lokbaureihen der ehemaligen Deutschen Reichsbahn befaßt haben, sind wir nun wieder in den alten Bundesländern angekommen. Hatten wir es bisher mit Staatsbahnstrecken zu tun, so wenden wir uns nun einer Werkbahn zu, die seltsamerweise immer ein Schattendasein geführt hat. Dabei handelt es sich sogar um eine in vieler Hinsicht außergewöhnliche Bahn.
Das fängt bei Streckenführung an. Eine Steilstrecke in der norddeutschen Tiefebene hört sich zunächst etwas widersinnig an, aber die betreffende Verbindung hat in der Tat Steilstreckenqualitäten. Die Rede ist von der Anschlußbahn der Preussag-Zeche (heute RAG) auf den Schafberg bei Ibbenbüren, die auf einer Länge von 4,78 km mit einer maximalen Steigung von 25 ‰ einen Höhenunterschied von ungefähr 100 Metern überwindet. Das ist die Differenz zwischen dem Übergabebahnhof Esch/Westf. der DB bzw. DB AG auf 60 Metern ü.NN und dem Zechengelände und dem dazugehörigen Steinkohlekraftwerk auf dem Schafbergplateau. Seit 1963 setzt die Preussag hier zwei von AEG/Krupp gebaute einzigartige „Dreisystem-Hybrid“-Lokomotiven ein, die sowohl für 15 kV/50 Hz, als auch für 15kV 16 2/3 Hz geeignet sind. Zudem verfügen die beiden Loks über Batterien, mit denen auf Gleisen, die nicht mit Oberleitung überspannt werden können, kurzzeitig mit verminderter Leistung gefahren werden kann.
Zunächst eine Skizze des Schafbergs mit den Strecken der Anschlußbahn zum Westfeld, auf den Schafberg (Ostfeld) und zum Kanalhafen Uffeln:
HIER ein Blick bei google-maps auf den östlichen Teil mit West- und Ostfeld.
Beginnen wir mit etwas erdgeschichtlicher Materie. Nördlich von Ibbenbüren tritt das flözführende Oberkarbon in einer etwa 14 Kilometer langen und bis zu 5 Kilometer breiten Horstscholle, dem Schafberg (176,1 Meter ü.NN), zutage. Dieser überragt die flache Umgebung um ca. 100 Meter. Die Entstehung des Schafbergmassives reicht bis in die Karbonzeit vor 300 Millionen Jahren zurück. Damals breitete sich vom heutigen Ruhrgebiet über Belgien, Nordfrankreich und Südengland eine Senke aus, die sogenannte Karbon-Geosynklinale, an deren Nordrand sich das Gebiet um Ibbenbüren damals befand. In der 40 Millionen Jahre dauernden Karbonzeit versumpfte diese Senke bei subtropischem Klima mehrfach. Die vertorften Pflanzenreste überfluteten und wurden dabei mit Sand bedeckt, so daß es zu Torfeinlagerungen kam, aus denen dann später die Steinkohlenflöze entstanden. Aus dem Sand und Ton entstand der besonders witterungsbeständige Ibbenbürener Sandstein, ein Quarzgestein mit besonders hohem Kieselsäureanteil, aus dem u.a. auch der Osnabrücker Dom erbaut worden ist. Der Ibbenbürener Sandstein wird besonders an der Westflanke des Schafbergs in Steinbrüchen u.a. bei Dickenberg, Uffeln, Steinbeck und Püsselbüren gebrochen. Mit Beendigung der Karbonzeit kam es zu Ablagerungen, die das Gebiet mit einer bis zu 200 Meter starken Schicht bedeckten. Infolge der Auffaltung des Teutoburger Waldes und mit Einwirken des Bramscher Massivs, ein innerhalb der Erdkruste auskristallisierter Pluton aus magmatischen Gestein, das in der Kreidezeit durch aufsteigende Magma in einer etwa 150 x 50 Kilometer großen Magmakammer erkaltete, wurde das Gebiet an die Erdoberfläche geschoben. Dabei wurde die Umgebung insbesondere durch das Bramscher Pluton großer Hitze und Druck ausgesetzt, was die hochgradige Inkohlung zur Folge hatte. Im Gegensatz zum Ruhrgebiet, wo aus gleichartigen Flözhorizonten Flamm- und Gasflammkohle gefördert wird, findet man bei Ibbenbüren dagegen wegen der hohen Inkohlung Eß- und Magerkohle und in großer Tiefe Anthrazit. Spannungen im Gestein führten schließlich dazu, dass der Horst in Schollen zerbrach, u.a. den Schafberg (Ostfeld) und den Dickenberg (Westfeld), die durch den Bockradener Graben, einer etwa 2 Kilometer breiten morphologischen Senke, getrennt sind. Diese Tiefscholle teilt das Kohlevorkommen in Ostfeld und Westfeld. Das Fehlen eines wassertragenden Deckgebirges, in Verbindung mit den Verwerfungen, sorgt dafür, dass Wasser aus dem Vorland tief in die Karbonschichten eindringen kann. Dadurch ist die Temperaturzunahme mit 1, 2 Grad Celsius je 100 Meter Teufe gering, ebenso die Ausgasung der Flöze. Erst in tieferen Schichten (ab Flöz 2) nimmt diese deutlich zu.
Die Ursprünge des Steinkohlebergbaus am Schafberg gehen bereits auf das 15. oder 16. Jahrhundert zurück. 1556 wird in einem Schreiben des oranischen Rentmeisters van Limborg darauf hingewiesen, dass dem Pächter der Kalköfen zu Ibbenbüren-Uffeln nahegelegt worden ist, diese mit Kalk und Steinkohle zu beschicken. 1563 ist dann in einem Tarifwerk für Schiffsladungen auf der Ems Steinkohle als Zahlungsmittel erwähnt.
Im Jahre 1702 gelangte die Grafschaft Lingen durch Erbfolge in preussischen Besitz. Die Grafschaft Tecklenburg wurde durch einen Vergleich mit dem Grafen von Tecklenburg erworben. Nachdem anfänglich die Kohlengruben verpachtet wurden, kam es 1731 zur Eröffnung der ersten fiskalischen Gruben und 1770 erfolgte die Gründung des Tecklenburg-Lingenschen Bergamts. Mit Beginn des 19. Jahrhunderts stieg allmählich der Bedarf und damit die Nachfrage nach Steinkohle vor allem zu Heizzwecken, was eine stetige Steigerung der Fördermenge zur Folge hatte. Die Förderung wurde verbessert und neue Schächte aufgefahren. 1825 kam erstmals auf der Zeche Glücksburg eine Dampffördermaschine von Harkort & Co. in Wetter/Ruhr zum Einsatz, zwei Jahre später auch auf der Zeche Schafberg. 1851 wurde mit dem Bau des Schachtes von-der-Heydt oberhalb Ibbenbürens begonnen, der schon im Hinblick auf den die zu errichtende Hannoversche Westbahn ausgerichtet worden war, deren Eröffnung zwischen Osnabrück und Rheine 1856 folgte. Daraufhin konnte die Förderung erheblich ausgeweitet werden, so dass im Jahre 1868 erstmals mehr als 100.000 Jahrestonnen erreicht wurden. Innerhalb von knapp 50 Jahren hatte sich die Zahl der Bergleute und Beamten in Ibbenbüren auf 800 Mann vervierfacht. Ziel war es nun, sowohl das Westfeld, als auch das Ostfeld an die Bahn anzuschließen.
1857 hatte man mit der Eröffnung des Von-der Heydt-Schachtes eine übertägige Pferde-, sowie eine Seilbahn in Betrieb genommen, mit der die Kohle zum Bf Ibbenbüren geschafft wurde, 1871 wurden diese durch den 1367 Meter langen Ibbenbürener Förderstollen ersetzt. 1860 wurde mit dem Abteufen des ersten Schachtes der von-Oeynhausen-Schachtanlage begonnen, die zum bedeutensten Betrieb des Ostfeldes werden sollte. Im Juli 1894 kam es dort zu einem Wassereinbruch, der die gesamte Grube bis zum November des gleichen Jahres absaufen ließ. Es drohte die Stillegung. Man entschloß sich jedoch die Grube zu sümpfen, was fast zwei Jahre (vom Dezember 1896 bis Herbst 1898) in Anspruch nahm. Im Folgejahr nahmen am Bf Ibbenbüren eine Aufbereitungsanlage, sowie eine Brikettfabrik ihre Arbeit auf. In den nächsten beiden Jahrzehnten wurden in einigen Jahren mehr als 300.000 to Steinkohle gefördert und 1923 wurden 2.000 Leute beschäftigt.
Auch das Westfeld profitierte von der neuen Eisenbahnverbindung. 1856 eröffnete man den Pommer-Esche-Schacht, der jedoch bereits 1879 wieder stillgelegt wurde. Zur Anbindung an die Eisenbahn nahm man einen untertägigen Förderstollen in Angriff, der 1860 seinen Betrieb aufnehmen konnte. Mittels einer Seilbahn wurde die Kohle zu den Verladeeinrichtungen an der Bahnlinie transportiert. Dieser mehrfach erweiterte Püsselbürener Förderstollen war bis zum Ende der Kohlenförderung im Westfeld im Jahre 1979 in Betrieb. Insgesamt blieb aber das Westfeld weit hinter dem Ostfeld zurück. 1924 förderten 251 Arbeiter 52.000 to Steinkohle.
1924 übernahm die neu gegründete Preußische Berwerks- und Hütten AG (Preussag) die Betriebsführung. In der Folgezeit wurden Gruben- und Tagesbetrieb grundlegend modernisiert und vor allem der von-Oeynhausen-Schacht ausgebaut. 1928 konnte die 3. Sohle in Betrieb genommen werden, ebenso die Grubenanschlußbahn zum Bf Esch/Westf.. Mit der Inbetriebnahme der Brikettfabrik am von-Oeynhausen-Schacht wurden die Anlagen am Bf Ibbenbüren überflüssig. Die stetig steigende Produktion erreichte 1943 mit 1.340.300 to und über 4.000 Beschäftigten einen neuen Höhepunkt. 1944 wurden 1.668 ausländische Arbeitskräfte beschäftigt, davon 1.341 russische Kriegsgefangenen
1942 wurde in Ibbenbüren der erste Kohlenhobel, der bis in die Gegenwart als Einheitshobel weltweit Verwendung gefunden hat, entwickelt und eingesetzt. Ebenso ein neu entwickelter Kratzerförderer. Damit konnte die Strebleistung je Mann und Schicht mehr als verdoppelt werden, womit die Mechanisierung des Bergbaus erreicht worden war.
Obwohl der Ibbenbürener Bergbau den II. Weltkrieg unbeschadet überstand, führten Mangel an Personal und Material zu Rückgängen bei der Produktion. Die Kontrolle hatte nach dem Krieg die „North German Coal Control Commission“ übernommen, welche die Gruben 1951 wieder an die Preussag übergab. Es folgte eine Phase der Modernisierung und Erneuerung der Tagesanlagen mit Inbetriebnahme eines Kraftwerks im Jahre 1954. 1960 wurden mit über 8.000 Beschäftigten erstmals mehr als 2 Mio. to gefördert; was folgte war die Kohlenkrise, in deren Folge Rationalisierung und Mechanisierung vorangetrieben und abbauunwürdige Flöze aufgegeben wurden. Bis 1979 hatte sich die Belegschaft nahezu halbiert.
In diesem Jahr wurde auch das Westfeld aufgegeben. Nach der Übernahme durch die Preussag wurde auch hier fleißig modernisiert und ausgebaut. Der bereits oben erwähnte Püsselbürener Förderstollen wurde 1926 erweitert und auf Benzol- bzw. Diesellokomotiven umgestellt. Die Kohlenverladung ersetzte man durch eine moderne Aufbereitungsanlage. 1943 wurden mit 839 Beschäftigten 280.613 to gefördert. In den 50er Jahren wurden auch hier die Tagesanlagen ausgebaut und 1959 mit 1.819 Arbeitern der Höchststand erreicht. 1972 überschritt man schließlich die Millionengrenze bei der Förderung. 1975 wurde erstmals auch im Bockradener Graben abgebaut. Die Schichtleistung im Westfeld lag mit 5 to pro Schicht bemerkenswerrt hoch und konnte die Aufschlußphase des Ostfeldes in Krisenzeiten wirksam unterstützen. Trotzdem kam 1979 das aus für das Westfeld. Mangelnder Absatz und höhere Kosten für den Aufschluß tiefer liegender Vorräte bedeuteten das Aus für diese Zeche. Die Tagesanlagen wurden Anfang der achtziger Jahre abgebrochen.
Bei meinem ersten, eher zufälligen Besuch in Püsselbüren entstanden am 28. November 1978 einige s/w-Aufnahmen im Bereich des Westfeldes. Als ich die Aufnahmen machte, war mir deren Bedeutung überhaupt nicht bewußt. Mein Standort war etwa
HIER. (anklicken zu google-maps)
Bild 01: Lok E 101 der Preussag rangiert an der Aufbereitungsanlage (Kohlenwäsche) des Westfeldes bei Püsselbüren. Im Vordergrund die Gleise
der erst drei Jahre zuvor elektrifizierten Ost-West-Verbindung (Amsterdam -) Bad Bentheim – Rheine – Osnabrück – Löhne (-Hannover - Berlin):
Bild 02:
Bild 03: Das Gleis links oberhalb der Mauer führte damals noch zur Verladung für das Westfeld. Im Hintergrund die Kohlenwäsche:
Bild 04:
Bild 05:
Bild 06: Dort trat der Püsselbürener Förderschacht zu Tage, der mit elektrischen 600 mm-Grubenloks betrieben wurde. Eine dieser
Loks (Lok 10) stand lange Zeit als Spielplatz- und Denkmallok am Hp Ibbenbüren-Aasee der Teutoburger Wald-Eisenbahn (TWE):
Bild 07:
Im Anschluß an diesen Beitrag stellte Lothar H. Hülsmann, Autor u.a. von regionalen Bahnbüchern, einige Fotos vom Förderstollen und den Grubenlokomotiven ins HiFo. Ich habe Lothars Beitrag hier direkt eingebaut:
In dem Beitrag "Die Anschlußbahn der Preussag Ibbenbüren" von Rolf Köstner wird eine der Schmalspur-Elektrolokomotiven vorgestellt. Im Betrieb sind diese Lokomotiven und die gesamte Schmalspuranlagen nicht sehr häufig abgelichtet worden. Erst als Denkmal- bzw. Spielplatzfahrzeuge fanden sie Aufmerksamkeit. Mit sechs Aufnahmen aus der Betriebszeit soll ein kleiner Einblick in dieses Stück Bergwerks- und Eisenbahngeschichte gegeben werden. Der Püsselbürener Förderstollen war bis zum Ende der Kohlenförderung im Westfeld im Jahre 1979 in Betrieb.
Ein Kohlenzug verläßt den Stollen:
Eine beachtliche Wagenzahl kam jedesmal an das Tageslicht:
Der Zug in der Mitte ist auf dem Weg zur Kohlenwäsche. Der Zug im Hintergrund fährt in den Stollen ein:
Warten auf den nächsten Einsatz. Bemerkenswert ist das Verhältnis zwischen Lok- und Stromabnehmer:
Ein Blick auf die umfangreichen Gleisanlagen:
Stehen war in der Lok nicht möglich. Sicher nicht zulässig aber doch üblich das Fahren der Lok "von Außen":
Alle Aufnahmen Jürgen Krienitz, Sammlung Lothar Hülsmann
Bild 08: Nur eine Straßenbrücke? Eigentlich ja und doch nicht: das vordere Gleis ist das Gleis der Preussag, die beiden anderen gehören
zur Ost-West-Verbindung. Unser Blick geht nach Westen gen Bf Esch/Westf. Wenn man aber nun auf der Brücke nach Norden fährt
(in diesem Falle nach rechts) passiert man nach wenigen hundert Metern den Bahnübergang der Anschlußbahn hoch zum Schafberg:
Die Lok stand in der Regel in Richtung Rheine am Zug, da auf der Steigungsstrecke die Zuggarnituren normalerweise geschoben wurden (Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel). Daher besaß die Anschlußbahn der Preussag mehrere (Eigenbau-)Vorstellwagen, von denen der Lokführer per Funk seine Fahranweisungen erhielt.
Bilder 09 & 10: Einen dieser Vorstellwagen sehen wir hier während der Rangierarbeiten der E 101 in der Betriebstelle Püsselbüren auf dem Verladegleis abgestellt:

Bild 11: Am 13. Juli 1981 fanden, vermutlich im Zusammenhang mit dem Rückbau der Tagesanlagen im Westfeld, Fahrlei-
tungsarbeiten mit der E 101 in der Betriebstelle Püsselbüren statt, weshalb die Lok den Fahrstrom aus der Batterie bezieht:
Bild 12:
Bild 13: Am 12. April 1988 ist die 110 465 mit dem D 230, Hamburg-Altona – Hoofddorp (NL),
neben dem Gelände der ehemaligen Kohlenwäsche am Westfeld unterwegs:
Bild 14: Kurz zuvor konnte ich dort die 110 399 mit dem E 3762, Hannover – Rheine, im Bild festhalten:
Ich darf an dieser Stelle noch einmal auf den grandiosen Beitrag von Ludger Kenning mit den Bildern von
Herman Hesselink verlinken, von denen die ersten drei ebenfalls am Westfeld entstanden sind:
Dampfbetrieb bei der Preußag Ibbenbüren im Februar 1962
Während die Kohleförderung am Westfeld eingestellt wurde, begann man man in den 70ern damit, die in großer Teufe zwischen 1.100 und 1.500 Metern vorhandenenen wertvollen Anthrazitkohlevorkommen zu erschließen. Es entstand ein modernes, leistungsfähiges Bergwerk für über 2 Mio. to Jahresleistung. Der 1.545 Meter tiefe Nordschacht ist einer der tiefsten Schächte Europas. Die niedrigflüchtige, asche- und schwefelarme Anthrazitkohle setzt sich etwa zu zwei Dritteln aus Feinkohle und einem Drittel aus Nußkohle zusammen. Während die Feinkohle in Kraftwerken und anderen Industriezweigen zum Einsatz kommt, wird die qualitativ hervorragende Nußkohle im privaten Heizbereich und in Block- und Heizkraftwerken für geschlossene Wohngebiete eingesetzt. Hinzu kommt der Export in andere westeuropäische Länder. Die Vorräte reichen bis weit in das jetzige Jahrhundert hinein. Nach Plänen des Rheinisch-Westfälischen-Elektrizitätswerkes (RWE) als Betreiber des Kraftwerkes auf dem Schafberg, will man in Ibbenbüren trotz Ausstieg aus der Förderung des Steinkohleabbaus im Jahre 2018 weiterfördern, wenn möglich bis zur Erschöpfung der natürlichen Vorräte um 2027.
Bereits 1913 war oberhalb des Bf Ibbenbüren ein Kohlekraftwerk der Niedersächsischen Kraftwerke AG (Nike) in Betrieb genommen worden, das bis 1959 in Betrieb gestanden hat. 1954 errichteten die Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke (RWE), die 1924 die Nike aufgekauft hatten, auf dem Schafberg direkt neben dem von Oeynhausen-Schacht ein Ballastkraftwerk, u.a. um Transportkosten zu sparen. Als Ergänzung wurde 1967 das Kraftwerk Ibbenbüren Block A errichtet, da die Kapazität des Ballastkraftwerkes nicht ausreichte, die Stromversorgung sicherzustellen. 1985 wurde das Ballastkraftwerk stillgelegt, 1987 der Block A. An ihre Stelle trat das auch heute noch vorhandene Kraftwerk Ibbenbüren Block B in dem ein Großteil der in Ibbenbüren geförderten Anthrazitkohle verstromt wird. Es hat eine Leistung von 770 Megawatt und ist als Grund- und Mittellastkraftwerk ausgelegt. Die Anthrazitkohle, von der hier jedes Jahr etwa 1,4 Mio. to verstromt werden, macht eine Schmelzkammerfeuerung notwendig. Mit Stand 2005 war hier der weltgrößte Schmelzkammerkessel in Betrieb.
Auch HIER zunächst wieder der Blick auf das relevante Areal.
Bild 15: Auf diesem Foto von Evert Heusinkveld, dem ich für die Erlaubnis das Bild verwenden zu dürfen herzlich danke, sehen wir ganz rechts im Hintergrund
leicht erhöht zwei bislang nicht näher identifizierte Reisezugwagen. Diese befinden sich auf dem Gelände des ersten Kohlekraftwerkes von 1913 und späteren
Umspannwerkes der RWE/Nike. In diesem Bereich muss sich auch die alte Verladestelle vom erweiterten Ibbenbürener Förderstollen befunden haben:
Bei der Dampflok und dem Triebwagen links handelt es sich übrigens um Fahrzeuge der Teutoburger-Wald-Eisenbahn (TWE) die ebenfalls in Ibbenbüren ihren Ausgang nimmt. Die Triebwagen rechts sind zwei DE 2 der Nederlandse Spoorwegen, die niederländische Dampflokfans nach Ibbenbüren gebracht hatten.
Bild 16: 110 413 ist am 11. Februar 1993 mit dem D 2545, Hengelo(NL) – Braunschweig, zwischen Ibbenbüren und Laggenbeck
unterhalb des Schafbergs unterwegs. Im Hintergrund die Anlagen des 1987 in Betrieb genommenen Kraftwerks Ibbenbüren Block B:
Die Kohle, die am Schafberg nicht verstromt wird, muss allerdings per Bahn abtransportiert werden. Im Zuge der Modernisierung des Bergwerks in der Nachkriegszeit, wurde die 1928 in Betrieb genommene Anschlußbahn 1963 elektrifiziert. Zu diesem Zeitpunkt ging auch die Zweigstrecke vom Übergabebahnhof in Esch/Westfalen (Püsselbüren) zum Kanalhafen Uffeln in Betrieb. Mit dieser Anschlußbahn und den zugehörigen Fahrzeugen werden wir uns in den nächsten Folgen ausgiebig befassen.
Bild 17: 140 616 verläßt am 12. April 1988 den Bf Esch/Westf. zur Fahrt nach Osnabrück Rbf. Die Kesselwagen stammen aus dem An-
schluß der ECI-Chemie am Kanalhafen Uffeln, den wir im Rahmen dieses Beitrags später noch kennenlernen werden.Das Gleis rechts der
DB-Strecke ist das Zufahrtsgleis zum Westfeld, die ansteigenden Oberleitungsmasten kennzeichnen die Anschlußbahn auf den Schafberg:
Bereits Ende des 17. Jahrhunderts wurden zudem Eisenerze am Schafberg gewonnen und in der Schmelzhütte Bockraden verhüttet. Bei den Lagerstätten des Schafbergs handelt es sich um durch Gesteinsumwandlung (Metasomatose) entstandene Erze, entstanden ebenfalls durch das Aufdringen des Bramscher Plutons während der Oberkreidezeit. Die abbauwürdigen Eisenerzvorkommen befanden sich an der Süd- und Ostflanke des Karbonhorstes. Neben Brauneisenstein waren das Bleiglanz, Zinkblende und sogar Spuren von Silber konnten nachgewiesen werden. Die Eisenerzförderung am Schafberg erlebte Mitte des 19. Jahrhunderts ihren Höhepunkt, 1921 wurden sämtliche Ibbenbürener Erzgruben stillgelegt. Lediglich von 1936 bis 1941 wurde ein kleiner Grubenbetrieb nochmal reaktiviert. Zum Thema Eisenerzabbau am Schafberg werden wir zu einem späteren Zeitpunkt noch etwas im HiFo finden.
In der nächsten Folge befassen wir uns ausführlich mit den beiden Elloks der Anschlußbahn, bevor es mit der Strecke auf den Schafberg, dem Bf Esch/Westf. und dem Kanalhafen Uffeln weitergeht.
Hier noch einmal der Verweis auf die ersten Folgen dieser Serie:
„Strömchen, wechsle Dich...“ - Die Mehrsystemlokomotiven der DB (Prolog m5B)
„Strömchen, wechsle Dich...“ - Die BR 182 und 183 (m15B)
„Strömchen, wechsle Dich...“ - Die BR 181.0-1
„Strömchen, wechsle Dich...“ - Die BR 184.0-1
Ehrangs „stille Reserve“
„Strömchen, wechsle Dich...“ - Die BR 181.2 – Teil 1
„Strömchen, wechsle Dich...“ - Die BR 181.2 – Teil 2
„Strömchen, wechsle Dich...“ - Die BR 181.2 – Teil 3
„Strömchen, wechsle Dich...“ - Die BR 181.2 – Teil 4
„Strömchen, wechsle Dich...“ - Die BR 181.2 – Schluss
„Strömchen, wechsle Dich...“ - Die BR 230 der DR und 372 CSD – Teil 1
„Strömchen, wechsle Dich...“ - Die BR 230/180 der DR und 372 ÇSD – Teil 2 (m17B)
„Strömchen, wechsle Dich...“ - Die BR 251/171 der DR – Teil 1
„Strömchen, wechsle Dich...“ - Die BR 251/171 der DR – Teil 2
„Strömchen, wechsle Dich...“ - Die BR'n E 211 und 251/171 der DR – Teil 3
„Strömchen, wechsle Dich...“ - Die BR 251/171 der DR – Teil 4
„Strömchen, wechsle Dich...“ - Die BR 251/171 der DR – Teil 5a
„Strömchen, wechsle Dich...“ - Die BR 251/171 der DR – Teil 5b und Schluß
„Strömchen, wechsel Dich...“ - Die Anschlußbahn der Preussag Ibbenbüren 1 (Historie und Betrieb am Westfeld)
„Strömchen, wechsel Dich...“ - Die Anschlußbahn der Preussag Ibbenbüren 2 (Die Technik der E-Lokomotiven - m4B)
„Strömchen, wechsel Dich...“ - Die Anschlußbahn der Preussag Ibbenbüren 3 (Bf Esch/Westf. und Bergstrecke m30B)
„Strömchen, wechsel Dich...“ - Die Anschlußbahn der Preussag Ibbenbüren 4 (Die Hafenbahn m22B)
Bis neulich – natürlich im HiFo
Rolf Köstner
Quellen :
Röhrs, Hans "Erz und Kohle" Ibbenbürener Vereinsdruckerei, Ibbenbüren 1992
Hülsmann, Lothar H. „125 Jahre Eisenbahn in Osnabrück“ EK Verlag, Freiburg 1982
Meinhold/Siepmann MIBA-Report „Vom Vorbild zum Modell 2“
Eigene Aufzeichnungen und Recherchen
Diverse Monatshefte
18-mal bearbeitet. Zuletzt am 2019:01:05:22:35:51.