Hallo alle miteinander!
In diesem Beitrag stelle ich als kleines "Intermezzo" drei kurze, längst vergessene Stichstrecken in Schleswig-Holstein vor, an denen ich in diesem Sommer vorbeigekommen bin. Diejenigen, die diese Bahnen doch kennen, kennen sie eher als Staatsbahn-Nebenstrecken, dabei wurden sie alle ursprünglich von privaten Eisenbahngesellschaften gebaut und betrieben.
1. Heide-Karolinenkoog:
Diese Bahn stand eigentlich gar nicht auf meiner Liste, doch da ich am 17. Juli abends zufällig in der Nähe war, habe ich noch mal nach den Resten des früheren Endbahnhofs geschaut: Kurz zur Geschichte dieser Bahn: Erbaut wurde sie als Teil der Verbindung Neumünster-Heide-Karolinenkoog durch die Westholsteinische Eisenbahn-Gesellschaft 1877. In Karolinenkoog, am Südufer der Eidermündung in die Nordsee, stellte eine Fähre die Verbindung zum gegenüberliegenden Tönning her, da im Mündungsgebiet der Eider damals noch keine Brücken existierten. Bis 1883 kam noch die Zweigstrecke von Heide nach Büsum hinzu. 1890 wurde die Westholsteinische Eisenbahn-Gesellschaft verstaatlicht. Noch heute wird die Relation Neumünster-Heide-Büsum im Personenverkehr betrieben, allerdings wieder privat von der Schleswig-Holstein-Bahn.
Nach dem Bau der Marschbahn zwischen Heide und Husum und der Eisenbahnbrücke über die Eider bei Friedrichstadt wenige Jahre nach Eröffnung der Karolinenkooger Strecke war nunmehr eine feste Eisenbahnverbindung zwischen Heide und Tönning entstanden – zwar mit einem großen Umweg über Husum, aber dafür ohne Fähre. Die Karolinenkooger Strecke sank in die Bedeutungslosigkeit ab. Kriegsschäden am Fähranleger führten 1940/1942 zur Verkürzung der bis dahin 17 km Strecke bis Hemmerwurth bei Kilometer 13. 1954 wurde der Restpersonenverkehr eingestellt, Ende 1958 der Güterverkehr. Die geradlinige Trasse lässt sich vom Abzweig der Marschbahn bei Weddingstedt bis Karolinenkoog noch heute gut rekonstruieren, nicht zuletzt deshalb, weil sie weitgehend im heutigen Verlauf der Bundesstraße B 5 aufgegangen ist. Den früheren Bahnhof Karolinenkoog umfährt die Bundestrasse allerdings und quert anschließend die Eider auf einer Straßenbrücke, so dass sich das Bahnhofsareal bis heute erkennbar erhalten hat:
Das dezente Fachwerkhaus rechts war wohl das Stationsgebäude, die Bahngleise lagen rechts davon und führten nach hinten in Richtung Heide. Hinter den Büschen verläuft die B 5. Links hinten vermutlich frühere Bahnangestelltenhäuser:
Am nördlichen Bahnhofsrand befindet sich dieser Bau, der architektonisch auch zur Bahn passen würde – wohl der frühere Lokschuppen?
Ein Blick vom Eiderdeich über das Schuppenareal am Nordrand des früheren Bahnhofs, rechts davon führten die Gleise nach Heide:
Der Blick über den Deich zum Eiderufer: Deutlich kann man den Schutzdamm zum Fähranleger noch heute erkennen, rechts daneben lag die Zufahrt zum Anleger, links ist die heutige Straßenbrücke:
Links davon der Blick zur Altstadtkirche von Tönning, dass etwa einen Kilometer entfernt am anderen Eiderufer liegt:
2. Pönitz-Ahrensbök:
Auch diese Strecke habe ich eher beiläufig mitgenommen, als ich dort am 22. Juli vorbeikam. Sie gehörte zur 1873 eröffneten Eutin-Lübecker Eisenbahn und war als deren einzige Zweigstrecke 1886 eröffnet worden. Nach der Verstaatlichung der ELE 1941 gelangte sie zur Deutschen Reichsbahn bzw. späteren Bundesbahn. 1954 wurde der Personenverkehr eingestellt, 1988 der Güterverkehr. Die 8 km lange Strecke ist heute weitgehend abgebaut. Weitere Infos und Bilder finden sich z. B. unter [
poenitz-ahrensboek.chapso.de] und unter [
www.eisenbahn-sh.de]. Einige Bilder vom 11.08.2014 habe ich ergänzt:
Das Stationsgebäude von Ahrensbök ist noch gut erhalten:
Die alten Landhandelsbauten dahinter sind sehenswert:
Wo früher die Gleise endeten, ist jetzt ein Supermarktparkplatz:
Auch die frühere Ausfahrt in Richtung Pönitz ist heute Parkgelände:
Ein Spazierweg folgt der alten Trasse:
…und trifft kurz darauf auf eine Siedlungsstraße: Die Bahn lag hier offenbar in einem leichten Einschnitt (Blick zurück nach Ahrensbök):
Der Blick in Richtung Pönitz: Die Ausfahrt ist hier heute überbaut:
Hinter Ahrensbök verläuft die Trasse geradlinig durch die Felder (Blick zurück):
Der Blick in die andere Richtung: Kurz hierauf schmiegte sich die Bahn an die Straße nach Pönitz an: Hinter dem Gebüsch befand sich einst die Zuckerfabrik von Ahrensbök mit ihrem Gleisanschluss:
Nach etwa einem Drittel der Strecke traf die Bahn von hinten links kommend etwa hier, bei Holstendorf, auf die Landstraße (Blick zurück):
Das Ganze aus einem etwas anderen Blickwinkel: Das kleine weiße Häuschen links war das Stationsgebäude, die Gleise traten links vom Haus, entlang des linken Zauns bzw. beim großen Busch, an die Straße heran:
Der Blick in Richtung Ahrensbök: Ab hier ging es wieder rechts an der Straße entlang:
Der nächste Haltepunkt hieß "Brauner Hirsch“ und lag direkt an der Straße, das kleine Stationshäuschen mit dem markanten Erker steht noch:
Blick zurück nach Ahrensbök:
…und nach Pönitz:
Kurz darauf der Blick zurück nach Ahrensbök (kurz vor Pönitz, von der anderen Straßenseite aus aufgenommen, die Trasse lag also links und hätte eher Platz geboten für einen Radweg:
Blick an gleicher Stelle in Richtung Pönitz:
Am Ortseingang von Pönitz befand sich ein landwirtschaftlicher Gleisanschluss. Die Gleise liegen noch ab hier, aber gefahren ist offenbar schon lange nichts mehr auf diesem Gleis (Blick nach Ahrensbök zum Gleisende, von dem aus in den Anschluss zurückgedrückt werden konnte):
Der Blick in die andere Richtung: Nur noch rund einen Kilometer entfernt ist der Anschlussbahnhof:
Die Bahn überquerte in ihrer heute völlig zugewachsenen Einmündungskurve in den Bahnhof Pönitz einen Bach. Darüber verläuft heute die Umgehungsstraße von Pönitz, die (links vom Bild) auch von der Bahn unterfahren wurde:
Unmittelbar vor dem Bahnhof Pönitz traf die Bahn auf die Strecke von Lübeck (hinten links). Das alte Gleis im Matsch noch zu erkennen (rechts nach Ahrensbök):
Das ehemalige Bahnhofshotel von Pönitz:
Am Bahnhof Pönitz, der bis 1934 Gleschendorf hieß, der Blick entlang der Strecke nach Lübeck: Rechts unmittelbar hinter dem Bahnübergang mündete die Bahn aus Ahrensbök ein (heute überbaut durch das weiße Stellwerksgebäude hinter dem BÜ):
Blick in Richtung Eutin/Kiel: Das frühere Stationsgebäude von Pönitz befindet (oder befand?) sich hinter den Büschen im Hintergrund. Im landwirtschaftlichen Güterverkehr muss dieser Bahnhof mal eine große Rolle gespielt haben. Hier begannen und endeten auch die Fahrten aus Ahrensbök:
3. Travemünde-Niendorf:
Auch diese knapp 5 Kilometer lange Strecke ist heute fast vergessen, obwohl sie sicherlich den einen oder anderen Urlauber an sein Ziel an der Ostsee gebracht hat. Sie war auch schon mal hier im Forum Thema. 1913 von der Lübeck-Büchener Eisenbahn (LBE) eröffnet, zweigte sie zwischen Travemünde-Hafen und Travemünde-Strand von der 1882 bis 1898 eröffneten LBE-Strecke Lübeck - Travemünde-Strand ab. Infolge Verstaatlichung der LBE 1938 gelangte sie zur Deutschen Reichs- bzw. Bundesbahn. Zuletzt mit Schienenbussen betrieben, wurde sie nach der Urlaubssaison im Herbst 1974 eingestellt. Obwohl es diese Bahn vergleichsweise lange gab, ist wenig über sie veröffentlicht worden, und auch die Reste dieser Strecke halten sich heute sehr in Grenzen. Und genau diese Reste und Spuren möchte ich gerne vorstellen (alle Bilder vom 21.08.2010):
Das Bahnhofsgebäude von Niendorf am südlichen Ortsrand ist noch erhalten, die Gleise lagen rechts davon und führten nach hinten in Richtung Travemünde:
Der Blick in die andere Richtung zum früheren Streckenende: Das frühere Gleisfeld links ist mit Häusern überbaut:
Östlich des früheren Bahnhofs ist die Trasse noch als Trampelpfad auszumachen (Blick zurück nach Niendorf):
Blick in die andere Richtung: Das frühere Gleisbett ist ab hier völlig überwuchert:
Blick entlang der Straße von Brodten nach Niendorf, die Bahntrasse lag links neben der Straße, wo heute das Gebüsch neben dem Auto ist:
Der Blick in die andere Richtung: Die vordere Buschreihe markiert den Trassenrest. Links ging es weiter nach Brodten, das in einer weiten Rechtskurve tangiert wurde. Der Trassenverlauf ist hier aber heute völlig eingeebnet:
Am südöstlichen Rand des kleinen Örtchens Brodten soll sich dessen Haltepunkt befunden haben, vermutlich hinter dem weißen Haus im Hintergrund, das allerdings zu groß ist, um der frühere Bahnhof für diesen kleinen Ort gewesen zu sein:
Hinter Brodten schmiegte sich die Trasse von links kommend (erkennbar an dem Rand des kleinen Wäldchens) an die Straße von Brodten nach Travemünde an (rechts hinter dem Holzmast). Der Haltepunkt Brodten befand sich etwa dort, wo hinten links die Bäume aufhören:
Der Blick in die andere Richtung: Die Bahn verlief nun rechts direkt neben der Straße nach Travemünde. Heute ist die Trasse hier zugewachsen bzw. mit Windkraftanlagen überbaut:
Bald darauf erreichte die Bahn die Bebauungsgrenze von Travemünde. Heute ist hier ein Spazierweg. Wahrscheinlich befand sich an dieser Stelle der Haltepunkt Travemünde-Nord (Blick nach Travemünde):
Der Blick in die andere Richtung, wo der Weg beginnt:
Ein paar hundert Meter weiter am früheren Bahnübergang Moorredder wirkt der Spazierweg besser gepflegt (Blick nach Travemünde):
Der Blick zurück nach Niendorf:
Kurz vor der Einmündung in die Strecke nach Lübeck hört der Spazierweg hier am früheren BÜ Fehlingstraße auf (Blick nach Niendorf):
Der Blick in die andere Richtung: Gleich hinter der Häuserzeile verläuft die Bahn nach Lübeck:
Blick entlang der Strecke von Lübeck nach Travemünde-Strand am BÜ Rose, unmittelbar hinter dem Bahnhof Travemünde-Hafen: Kurz hinter dieser Kurve mündete die Niendorfer Bahn von links kommend ein:
Die Einfahrt in den Bahnhof Travemünde-Hafen: Seit 2008 ist die Strecke elektrifiziert, aber in diesem letzten Teilstück dafür auch nur noch eingleisig mit gekappten Nebengleisen:
Sonst kreuzen einem an Bahnübergängen ja nur Züge. In Travemünde geht das auch mal anders:
Direkt vor diesem Bahnübergang hat der „Eisenbahner-Hochsee-Sportfischer-Verein“ sein Domizil: Hier steht ein merkwürdiges Eisenbahnfahrzeug:
…welches sich bei genauerem Hinsehen als Triebkopf eines Reichsbahn-Schnelltriebwagens entpuppt. Er ist vergleichsweise gut gepflegt und dient als Vereinsdomizil. Der dazugehörige zweite Triebkopf ist mitsamt Mittelwagen ebenfalls noch erhalten und steht ebenfalls in Ufernähe – allerdings in Konstanz am Bodensee und somit am anderen Ende der Republik:
Abschließend noch ein paar Bilder des Travemünder Strandbahnhofs mit seinem markanten Uhrenturm: Er feiert kommendes Jahr seinen 100. Geburtstag und ist frisch restauriert:
Die saubere Jugendstil-Bahnhofshalle im Innern:
Auf den Bahnsteigen sieht es nicht so gepflegt aus: viel Unkraut und kaum noch Gleise: Nur wenige hundert Meter weiter mündete von rechts kommend in Richtung Lübeck die Strecke aus Niendorf ein. Hätte man irgendwann in der Vergangenheit den Sackbahnhof Travemünde-Strand aufgegeben und stattdessen einen Ausstieg an der Ausfädelung der Niendorfer Strecke eingerichtet, so hätten die Strandfahrgäste zwar 200 bis 300 Meter mehr Laufweg gehabt, aber die Züge aus Lübeck hätte man alle betrieblich nach Niendorf anstatt zum Strandbahnhofs durchbinden können. Vielleicht würde es diese Bahn dann heute noch geben:
Viel Spaß mit den Bildern, schöne Grüße,
Dennis.
Mein DSO-Inhaltsverzeichnis: [
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