Hallo HiFo-Gemeinde,
nach Helmuts Volldampftagen in Gänserndorf (Teil 10) geht es heute in unserer Gemeinschaftsserie wie bereits angekündigt weiter mit einem Bericht zu einem Ort, dessen 'klingender' Name gewiß nicht jedermann geläufig ist: Groß Schweinbarth! Mit Fug und Recht kann man Groß Schweinbarth, nördlich von Gänserndorf an der Kreuzung zweier beschaulicher Weinviertel-Nebenbahnen gelegen, auch unser besonderes Prädikat 'magischer Dampfort' verleihen. Zur Orientierung möge der Blick auf die Karten-Grafik am Schluß helfen.
Aufmerksam geworden bin ich auf Groß Schweinbarth, seitdem das legendäre 'Dampfgeführte Reisezüge' vom EK auch einen ÖBB-Teil enthielt. Durch sorgfältigen Abgleich mit dem ÖBB-Kursbuch konnte auch einem Ortsunkundigen schnell einleuchten, daß vor allem ein Vormittagsbesuch dort in besonderer Weise zwingend erschien. Zweimal habe ich mich dorthin auf den Weg gemacht, am 23.März 1972 und am 12.August 1974, beide Male als Zugmitfahrer. Der folgende Bericht faßt das Geschehen und die entstandenen Bilder beider Besuche zusammen.
Bild 11.01: Gänserndorf an der Nordbahn, es ist ein Werktag gegen 8:20. Der Zug 71308 nach Mistelbach ins Weinviertel steht abfahrbereit mit der 93.1332 zur Mitfahrt bereit. Die fünfstellige Zugnummer verrät, daß es sich um einen GmP handelt (August 1974).
Bild 11.02: Blick aus dem Zugfenster bei der Einfahrt nach Groß Schweinbarth, diesesmal im März 1972, es führt die Rundesse 93.1397. Hier kann man den geschwungenen Streckenverlauf erkennen, zunächst am rechten Bildrand vorbei an einer Signaltafel, einem Marterl und dem Einfahrtsignal, bevor die Strecke nach links in den Bahnhofsbereich einmündet. Außerdem sieht man noch die im rechten Winkel auf den Bahnhof zulaufende Allee. Tja, und der Bahnhof selbst, den ich mir aus den Unterlagen herausgesucht hatte, ... liegt im völligen 'nichts'. Da gilt es dann, die Abfahrtszeit des Zuges zur Weiterbeförderung sehr ernst im Auge zu behalten! Von links, hinter meinem Zug, zweigt die Stammersdorfer Strecke ein, die hier offensichtlich auf eigenem Gleis in den Bahnhof geführt wird. Obwohl der Strecken-Endpunkt Stammersdorf unmittelbar im östlichen Wiener Einzugsgebiet liegt, sah diese Strecke zu der Zeit werktäglich nur magere drei Personenzug-Paare.
In Groß Schweinbarth kurz vor 9:00 Uhr angekommen. 'Mein' 71308 fährt erst um 9:16 weiter nach Mistelbach. Den Kreuzungsaufenthalt werde ich hier fotografisch nutzen ... und euch den Ablauf heute beschreiben.
Bild 11.03: Am Gleis 1, es ist hier das Rampengleis, steht bereits der Gegenzug P7323 zurück nach Gänserndorf. Ein kurzer Zweiwagenzug, angeführt von der Zuglok 93.1430. Planabfahrt ist 9:02. Ebenfalls schon 'drinne' steht auf dem Nebengleis der P7412, der als Durchläufer die Orte Stammersdorf - Groß Schweinbarth - Dobermannsdorf - Hohenau bedient, ein wahrer Weinviertel-Langlauf. Die hier eingeteilte 93 konnte ich leider nicht mehr ermitteln.
Bild 11.04: Daneben der 71308 nach Mistelbach im hohen Streiflicht
Bild 11.05: In die nördliche Einfahrt dem 71325 entgegengelaufen, sehen wir die Ankunft der für österreichische Verhältnisse recht bunten 93.1378 vor einem als GmP eingestuften Zug. Dieser hat den Laufweg Dobermannsdorf – Groß Schweinbarth – Stammersdorf. Und das Kursbuch verrät, daß dieser 71325 für die 66km lange Strecke damals 4h 13min unterwegs war. Kein Wunder, daß ich damals den Eindruck hatte, hier der einzige Fahrgast zu sein (März 1972).
Bild 11.06: Während rechts außen der 71308 mit der 93.1332 zu einigen Rangiermanövern aus dem Bahnhof hinauszieht (Mein Gott, hoffentlich kommen die bloß wieder zurück!), wird ein Blick auf den 71325 nach Stammersdorf freigegeben, im August 1974 angeführt von 93.1464
Bild 11.07: Am Ende der Rangiererei sieht der Stammersdorfer GmP nun ganz anders aus (August 1974).
Bild 11.08: 93.1464 in einer Seitenansicht mit ihrer für unsere Verhältnisse ungewohnten Räderform
Bild 11.09: In der Beschaulichkeit des Weinviertels stehen nun vier Dampfzüge im Landbahnhof Groß Schweinbarth nebeneinander! Links der 7323 nach Gänserndorf mit 93.1430, daneben der aus Stammersdorf kommende und über Dobermannsdorf nach Hohenau weiterfahrende P7412. Daneben dann der 71325 nach Stammersdorf mit 93.1464 und ganz rechts außen 71308 nach Mistelbach mit der verdeckten 93.1332. Ein kleines Weltwunder!
Bild 11.10: Nun bin ich in die südwestliche Bahnhofsausfahrt gelaufen, dorthin, wo die Gleise nach Stammersdorf und nach Gänserndorf für gut einen Kilometer eine zweigleisige Strecke vortäuschen. Zunächst fährt die 93.1430 mit dem kurzen 7323 nach Gänserndorf aus. Daher muß der Zug auf das südliche Gleis wechseln.
Bild 11.11: Für die Ausfahrt des Stammersdorfer 71325 mit 93.1464 bot sich dieses Marterl motivlich an (August 1974)
Jetzt mußte ich mich allerdings sputen, um die Abfahrt des 'Mistelbachers' um 9:16 Uhr nicht zu verpassen, Mistelbach Lokalbahn war der nächste Programmpunkt. Denn so schön das Erlebnis in den vergangenen 15 Minuten auch war, der nächste Zug wäre dann in Groß Schweinbarth erst in etwa 4 Stunden erschienen, für mich an diesem Ort kaum auszuhalten. Und dieses Vierertreffen gab es ohnehin nur in der Viertelstunde nach 9:00 Uhr.
Zum heutigen Abschluß zeige ich noch einige Bilder vom März 1972. Damals bin ich mit dem kurzen Personenzug nach Gänserndorf zurückgefahren und deswegen hatte ich deutlich weniger Foto-Gelegenheiten.
Bild 11.12: Wie gewohnt steht nach Ankunft des 71308 aus Gänserndorf der kurze P7323 von Mistelbach nach Gänserndorf bereits am Rampenbahnsteig bereit, diesesmal mit 93.1308.
Bild 11.13: Der ansehnliche GmP aus Gänserndorf mit der 93.1397 steht auf einem äußeren Bahnhofsgleis. Das Streiflicht im März ist deutlich flacher und milder. Man wartet nun auf die Zeit zur Weiterfahrt nach Mistelbach.
Bild 11.14: Etwas weiter nach rechts geschwenkt, dort sehen wir wieder die 93.1308 mit ihrem Zug nach Gänserndorf
Bild 11.15: Daß auch der vierte Zug der 'Viererbande' eine 93 hatte, belegt dieses eingeklemmte Bild. Leider muß diese Giesl-93 nummernmäßig unbekannt verbleiben.
Bild 11.16: Noch einmal alle 4 Züge in diesem kleinen Land- und Knotenbahnhof nebeneinander. Wo mag es ein vergleichbares Schauspiel wohl sonst noch gegeben haben? (Die Tasche ist ja hier bereits bekannt)
Bild 11.17: Nun bin ich nach diesem Ausflug in eine andere Welt wieder in Gänserndorf mit Anschluß an die Wiener S-Bahn zurückgekommen.
Bereits im Sommer 1974 übernahmen die ersten Dieselloks Zugleistungen im Weinviertel um Mistelbach: im Wochenendverkehr erschienen Wiener 2067 vor einigen Zügen. Einen größeren Einschnitt in die vielfältigen 93-Umläufe gab es dann Anfang 1975 mit dem Einsatz einiger Triebwagen 5145 und 5046. Außerdem tauchten nun fallweise auch 52 aus Straßhof auf den Strecken auf. Ab Sommer 1975 kamen schließlich die ersten 2043/2143 hierhin und im Januar 1976 war der Betrieb mit 93 vollends Geschichte. Nur die 52 hielt sich noch wacker mit einigen Umläufen (sowie Sondereinsätzen in der herbstlichen Rübenkampagne) bis zum Jahresende 1976: am 31.12. fuhr mit P7421 der letzte planmäßige Dampfzug des Weinviertels durch Groß Schweinbarth.
Soweit der heutige Beitrag zum Thema „Wien, Marchfeld und das Weinviertel“. Bei Interesse nimmt euch Helmut im nächsten Beitrag mit in die südöstlichen Randbereiche unseres Reisegebiets.
Zum Schluß die geografische Übersicht der Region, von der unsere Beiträge berichten:
Soviel für heute mit Grüßen von Elbe und Isar
Helmut & Donni
Übersicht der Gemeinschaftsbeiträge von Helmut Philipp und Donni zum Thema „Wien, Marchfeld und das Weinviertel“:
Teil 1 - Vorwort zu unseren Beiträgen
Teil 2 - Zugförderungsleitung Wien-Ost, Teil 1
Teil 3 - Zugförderungsleitung Wien-Ost, Teil 2
Teil 4 - Auf dem Gelände des Heizhauses Wien-Nord
Teil 5 - Personenzüge auf der Nordbahn
Teil 6 - Heizhaus Wien-Stadlau
Teil 7 - In Stadlau auf dem Steg
Teil 8 - Straßhof, ein Heizhaus für Dampfloks, Teil 1
Teil 9 - Straßhof, ein Heizhaus für Dampfloks, Teil 2
Teil 10 - Mit vollem Regler = 2 starke Tage in Gänserndorf
Teil 12 - Bruck a d Leitha, Marchegg und Frättingsdorf
Teil 13 - Mistelbach und der GmP nach Hohenau
Teil 14 - Verkehrsknoten Hohenau
Teil 15 - Wiener Allerlei – Unser dampffreier Beitrag
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