Guten Abend Rolf,
Dein Beitrag reißt eine sehr interessante Thematik an, allerdings nehme ich eine verzerrte Darstellung wahr. Dies gründet sich aber wahrscheinlich nicht ursächlich darauf, daß ich dies von Ost-Seite aus sehe, sondern darauf, daß ich mich der Geschichte der Rübelandbahn schon länger aus der Sitaution der DDR-Wirtschaft heraus widme.
Es ist nicht so, daß LEW Hennigsdorf eine anspruchsvolle Referenzstrecke für 25 kV/50Hz-Betrieb suchte und in dieser Strecke fand. Vielmehr ging es um nichts anderes als die Realisierung definierter Mindestabfuhrmengen von Kalkstein aus dem Bodetal. Verschiedenste Varianten wurden dazu diskutiert. Ich zitiere den Abschnitt 3.3. aus dem Beitrag
"Die Aufgaben der Deutschen Reichsbahn bei der Durchführung des Chemieprogramms" von H. Trettin, Hauptverwaltung Betrieb und Verkehr der Deutschen Reichsbahn, Berlin, aus der
Deutschen Eisenbahntechnik 9/1959:
3.3 Strecke Blankenburg - Rübeland/Tanne
Die Strecke Blankenburg - Rübeland hat im Rahmen des Chemieprogramms eine besondere Bedeutung. Von ihrer Leistungsfähigkeit hängt zu einem großen Teil die reibungslose Versorgung der Chemiekombinate Buna und Piesteritz ab.
Diese Strecke, die zunächst als Zahnradbahn gebaut und betrieben wurde, wurde erst 1921 auf Reibungsbetrieb umgestellt. Sie überwindet zwischen den Bahnhöfen Blankenburg und Hüttenrode auf einer Entfernung von nur 9.8 km einen Höhenunterschied von 279 m und weist auf längeren Abschnitten eine maximale Steigung von rd. 60 o/oo auf. Trotz der eingesetzten leistungsfähigen Lokomotiven der Baureihe 95 können auf dieser Steilstrecke nur Zuglasten von 150 Mp mit einer Lokomotive bzw. von rund 300 Mp mit zwei Lokomotiven befördert werden.
Die vorgesehene Steigerung der Produktion der im Raum Rübeland liegenden Kalkwerke einschließlich der Produktion des neu erschlossenen Erzbergbaues wird der Reichsbahn auf dieser Strecke Transportaufgaben stellen, die mit den bisherigen Methoden und vielleicht auch mit den z.Z. eingesetzten Betriebsmitteln und vorhandenen Anlagen nicht zu lösen sind.
Wie schwierig die Bewältigung der Transportaufgaben auf dieser Strecke ist, zeigt ein Entwurf der ehemaligen Blankenburg-Halberstädter Eisenbahn aus dem Jahre 1931, der bereits einen Umbau der Strecke auf maximale Steigung von 31 o/oo vorsah, obwohl damals nur ein Bruchteil der jetzt zu befördernden Tonnen Gütermenge über die Strecke gefahren wurde.
Zur Verbesserung der Streckenverhältnisse wurden bisher fünf verschiedene Varianten erarbeitet, die alle gemeinsam haben, daß die z.Z. bestehenden Steilrampen von 60 o/oo beseitigt werden und eine maximale Steigung von 33 o/oo für die Strecke vorgesehen ist. Die Halbmesser der neuen Trassen betragen 200 bzw. 300 m, wobei sich die Streckenlänge zwischen Blankenburg und Hüttenrode um 3 bis 4 km erhöht. Die z.Z. bestehende Spitzkehre Michaelstein, die die Leistungsfähigkeit des maßgebenden Abschnittes Blankenburg - Hüttenrode weiter herabsetzt, wird bei allen Entwürfen beseitigt.
Außerdem wurde noch geprüft, ob die Möglichkeit besteht, die bestehende Trasse zu elektrifizieren. Hierzu wurden die entsprechenden Berechnungen der Leistungsfähigkeit durchgeführt und gleichzeitig die technischen Möglichkeiten für die Wahl des Stromsystems geprüft.
Die zur Lösung der Aufgaben der Aufgaben des Chemieprogramms notwendigen Maßnahmen in diesem besonders wichtigen Abschnitt werden in Kürze getroffen.
Zitat Ende. Verweise auf Abbildungen und die Abbildungen selbst habe ich mir gespart.
Im Zusammenhang mit diesen Gedanken wird auch klar, warum bei der Reaktivierung der Altbau-E-Lok die E 91 ausgespart wurde, denn diese war für den Betrieb der Rübelandbahn angedacht (Quelle für diese Idee gibt es, habe ich aber momentan nicht griffbereit). Stattdessen hat man die im Flachland auch noch nutzbaren E 77 vorgezogen, was im Nachhinein sicher aus traktionstechnischer Sicht bedauert wurde.
Und klar ist auch, daß sich die Reichsbahn bei aller Staatshörigkeit garantiert nicht irgendwelche Sonderlinge in den Fahrzeugpark holen wollte, da hatte sie weißgott genug Zersplitterung. Die Entscheidung, diese auf Jahrzehnte noch der normalen Elektrifizierung ferne Strecke mit "Landesstrom" zu speisen, war also sehr rational gefällt. Aber darauf gehst Du sicher in den folgenden Kapiteln noch ein.
Es gab also, wie bei jeder ordentlichen Eisenbahn, ein zu bewältigendes Verkehrsbedürfnis, das möglichst aufwandsarm zu bewältigen sein sollte. Was unwirtschaftlich gewesen sein muß, war die Unterhaltung der Loks, denn sonst wären solche Bilder wie das folgende nicht möglich gewesen:
Irgendwann 1992/3 in Dresden-Friedrichstadt. Datum müßte ich raussuchen.
In jedem Fall: Ich freue mich auf Deine Fortsetzungsreihe, wenn ich etwas hinzuzufügen habe, dann tue ich das :-)
Einen schönen Sonntagabend noch!
Klaus