Hallo HiFo-Gemeinde,
kürzlich habe ich hier einige Bilder von vor 40 Jahren mit der Braunschweiger Neukessel-01 211 in
Hannover gezeigt. Nun, eigentlich wäre es das ja nach dem damals üblichen Gang der Dinge für mich gewesen, wenn sich nicht diese 01 als eine besonders zähe Vertreterin der NK-Variante erwiesen hätte: sie wurde kurze Zeit später ins 01-Auslauf-Bw Hof umbeheimatet und hielt dort noch bis April 1973 durch: als drittletzte aller NK's wurde sie in Hof am 21.April 1973 z-gestellt. Und in der Endphase gehörte sie in Hof mit zu den am häufigsten fotografierten 01-Maschinen.
Ein ziemlicher Zufall wollte es, daß ich die 211 bei einer ganz besonderen Gelegenheit wiedertraf: Von Sonntag auf Montag 27./28. Juli 1969, also auch vor 40 Jahren, war ich zum ersten Mal in Hof, dem Mekka der 01. Und beim sonntäglichen Bw Rundgang stand sie unter Dampf im Schuppen. Aber wie sie dort anzutreffen war, das war in der damaligen Zeit, nicht nur für mich, schon sehr spektakulär: mit Pufferbohlen-Datum 23.Juli hatte sie gerade im AW Lingen eine L2 erhalten und präsentierte sich äußerlich in nahezu makellosem, ja fast fabrikneuem Zustand! Kein Vergleich mehr zu dem verhärmten Zustand in Hannover. Daß man so eine Wandlung zum Guten noch einmal selbst erleben durfte ...
Und irgendwo las ich damals, man möge mir helfen oder mich korrigieren, daß es tatsächlich wohl eine letzte planmäßige L2 an einer DB 01 war (oder bezog sich das nur auf NK-01? oder auf Arbeiten des AW Lingen?).
Bild 1: So sah das Wiedersehen im Schuppen des Bw Hof am 27.Juli 1969 aus; das Bild, es ist offensichtlich nicht wirklich gelungen, hier nur zur Dokumentation eines Eindrucks
Am nächsten Morgen, Montag 28.Juli, stand die Weiterfahrt nach Nürnberg über Bamberg auf dem Programm, natürlich mit einem 01-Zug. Das 'Dampfgeführte', die über viele Jahre für Leute wie mich allerwichtigste Publikation, nannte dazu den E532, der genau richtig in der Zeit lag. Nach Übernachtung in der JH gab es am Morgen noch einen D-Zug nach Nürnberg mit 001 128 zu erleben, bevor der E532 für die Planabfahrt 8:32 Uhr am Bahnsteig bereitgestellt wurde ... und nun fühlte ich mich fast wie ein Lottogewinner ...
Bild 2: 001 211 als Zuglok des E532. Das war einer ihrer ersten Zugeinsätze, vielleicht sogar der erste: am 24. war sie noch auf Überführungsfahrt von Lingen nach Hof im Siegerland zu sehen (Bild-Abdruck in 'Eisenbahnen im Siegerland, Band 2, Seite 94) und am Wochenende stand sie, wie beschrieben, sehr wahrscheinlich in Bw-Bereitschaft.
Bild 3: Stolz prangt die Beschriftung Unt. L2 L 23.7.69! Auch die Glocke, aus Norddeutschland mitgebracht, ist noch dran
Offenbar war meine Aufregung über die neue Schönheit dem Lokpersonal nicht verborgen geblieben. Jedenfalls befand ich mich nach einigen Gesprächsfetzen vom Bahnsteig aus auf dem Führerstand wieder, eingeladen zur Mitfahrt nach Bamberg.
Im folgenden also einige Fotos aus der Führerstandsperspektive von dieser Fahrt. Vorher aber noch der Buchfahrplanscan unseres E532/E1648 (die Umnummerung erfolgte zum kleinen Fahrplanwechsel). Einen besonderen Dank an Olaf Ott für die freundliche Bereitstellung des 'nicht für Dritte' gestempelten Altpapiers!
Bild 4: Schiefe Ebene bergab, im Bereich der großen Stützmauer
Bild 5: weiter bergab, an der Unterführung der B303
Bild 6: Einfahrt Neuenmarkt-Wirsberg
Bild 7:
Bild 8: Etwa ab diesem Bereich begann das Leben mit der 211 ...
Bild 9: Zwischendurch fuhren wir noch geschwind an einem Meßzug mit 215 007 vorbei. Die Mannschaft schaut interessiert dem E532 hinterher
Unsere 001 211 zeigte sich in tadellosem Zustand, die Lingener hatten offensichtlich sehr gute Arbeit geleistet. Zwar konnte ich 1969 nicht wirklich auf umfangreiche Erfahrungen aufbauen, aber meine bisherigen Dampflok-Führerstandsmitfahrten waren alles mehr oder weniger ordentliche Schüttelorgien gewesen. Vollständig anders jedoch jetzt: die 211 lief butterweich und lag topfeben auf den Gleisen, und das umso mehr, je schneller es ging. Eine neue Erfahrung!
Und ab Lichtenfels ging es dann richtig zur Sache: der Buchfahrplan belegt, daß schon unter normalen, planmäßigen Bedingungen der Abschnitt bis Bamberg mit 31,9km in 20min mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 95,7km/h zwischen beiden Halten zurückgelegt sein wollte. Und der Lokführer des E532, ein kleinerer knorziger Oberfranke, vom außerordentlich ruhigen Lauf des neu aufgebauten Fahrwerks ebenfalls schwer begeistert, setzte noch eins drauf; er ließ es hier mal richtig gehen ... so schön konnte 01 Fahren sein, die Lok ruhig, nur der Geschwindigkeitszeiger tanzte wie wild irgendwo links gegen 10Uhr! Eine Zahl setze ich jetzt mal nicht in die Welt, aber dieses sollte wohl meine schnellste Zweizylindermitfahrt werden und ewiglich bleiben ...
Bilder 10 & 11: In Bamberg, nach Umsteigen in den Anschlußzug nach Nürnberg, gelingt mir noch ein Bild der Lokmannschaft, die völlig entspannt aus dem Führerstand der 'neuen' blickt.
Kleiner Themenwechsel: Olaf Ott hatte mich beim Telefonat um den Buchfahrplanscan noch auf eine Besonderheit der 001 211 aufmerksam gemacht. Die Lok war in ihrer Spätzeit ein Paradebeispiel für den extrem von der Rauchkammer abstehenden Frontbügel, nämlich das bei der 01-NK so charakteristische MV-Überströmrohr (wurde hier einmal ausführlich diskutiert). Im original Lingener Zustand war das, wie man vielleicht auf den oberen Bildern sieht, noch normal ausgeprägt verbaut.
Bild 12: Hier steht 001 211 mit dem auffällig abstehenden Rohr, jedoch inzwischen ohne ihre Glocke, Mitte April 1973 im Bw Hof
Zum Abschluß meiner persönlichen kleinen 211-Geschichte möchte ich noch einige hübsche Bilder aus ihren allerletzten Einsatztagen von Mitte April 1973 zeigen, als sie bei typischem Aprilwetter (von mildem Abendlicht bis wildem Schneesturm alles dabei!) bevorzugt zu Vorspanndiensten der damaligen Hofer Starzüge herangezogen wurde.
Viel Spaß beim Anschauen!
Soviel für heute und noch einen schönen Sonntag
Viele Grüsse
Donni
Literatur:
Hansjürgen Wenzel, Die Baureihe 01; Arge EK 1972
Dampfgeführte Reisezüge, Sommer 1969; EK-Verlag
D.Tröps, J.Kalitzki: Eisenbahnen im Siegerland, Band 2, 1996
(ISBN3-923483-22-8)
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2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2018:10:31:18:03:09.