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 04 - Historisches Forum 

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Bilder, Dokumente, Berichte und Fragen zur Vergangenheit der Eisenbahn und des öffentlichen Nahverkehrs - Bilder vom aktuellen Betriebsgeschehen bitte nur im Zusammenhang mit historischen Entwicklungen veröffentlichen. Das Einstellen von Fotos ist jederzeit willkommen. Die Qualität der Bilder sollte jedoch in einem vernünftigen Verhältnis zur gezeigten Situation stehen.
Dies ist KEIN Museumsbahnforum! Bilder, Meldungen und Fragen zu aktuellen Sonderfahrten bitte in die entsprechenden Foren stellen.
Hallo alle miteinander!

Endlich komme ich dazu, meine Reihe über Kleinbahnarchäologie fortzusetzen. Diesmal geht es um die Schleswiger Kreisbahn:

Über die Schleswiger Kreisbahn bzw. später „VKSF“ (Verkehrsbetriebe des Kreises Schleswig-Flensburg) ist hier schon viel berichtet worden. Im Gegensatz zu den schmalspurigen Kreisbahnen in ihrer Nachbarschaft war ihr jedoch ein relativ langes Leben beschieden, vermutlich weil sie spurweitenbedingt auch nicht ganz so gurkig trassiert wurde wie die Kuhrt’schen Meterspurstrecken. Kernstück bildete die Strecke Schlewig-Süderbrarup, die als Schleswig-Angelner Bahn 1883 eröffnet wurde. Die Verbindung zwischen dem Altstadtbahnhof und dem Staatsbahnhof an der Strecke Neumünster-Flensburg stellte bereits ab 1858/1880 eine kurze Stichstrecke her, die später betrieblich in die Kreisbahn integriert wurde, aber immer in Staatshand blieb. Zwischen 1881 und 1936 gab es auf diesem Abschnitt parallel dazu auch eine Straßenbahn in Schleswig.

Die Schleswig-Angelner Bahn war zu klein, um von der Verstaatlichungswelle preußischer Eisenbahnen Ende des 19. Jahrhunderts erfasst zu werden, und in ihrer Organisationsform zu groß, um als Privatbahn wirtschaftlich betrieben zu werden. Daher wurde sie 1899 vom Kreis Schleswig übernommen, als Kleinbahn umkonzessioniert und bis 1914 von Lenz und Co. betrieben. 1904 wurden die Strecken von Süderbrarup nach Kappeln und von Schleswig nach Satrup eröffnet. Dort bestand jeweils Anschluss an die Flensburger Kreisbahn bzw. in Kappeln jenseits der Schlei auch an die Eckernförder Kreisbahn. 1905/6 erfolgte die Verlängerung von Schleswig nach Friedrichstadt kurz vor der Eider- bzw. Treenemündung in die Nordsee. Leider fehlte in Friedrichstadt die Verbindung an die Marschbahn von Hamburg nach Sylt. So musste man ca. 1 km zu Fuß durch den Ort gehen, um umzusteigen. Daran und an der Tatsache, dass kurz nach dem Kreisbahnbau auch eine Staatsbahnstrecke von Husum nach Rendsburg eröffnet wurde, die die Kreisbahn zwischen Norder- und Süderstapel kreuzte und ihr Verkehrsaufkommen abgrub, kränkelte der Friedrichstädter Ast zeitlebens. Doch immerhin war ein über 100 km langes Netz entstanden, das sich beinahe von der Nord- bis zur Ostsee erstreckte.

Bereits nach dem 1. Weltkrieg begann das quälend langsame Sterben der Kreisbahn: 1934 wurde der schwach ausgelastete, weil dünn besiedelte Teil nach Friedrichstadt aufgegeben, die Gleise wohl während des Krieges nach und nach abgetragen. In der Notzeit nach dem Krieg war das Verkehrsbedürfnis wieder angestiegen, und so wurde auf der noch bis Wohlde befahrbaren Strecke der (Personen-)Verkehr bis 1950 noch mal kurzzeitig wieder aufgenommen. Anschließend blieb bis 1971 noch der landwirtschaftliche Anschluss in Hollingstedt-Dörpstedt, danach bis Anfang der 1980er Jahre nur noch der Militärverkehr nach Kropp und zum Flugplatz Jagel. Der Streckenteil Schleswig-Kropp der bereits vor dem 2. Weltkrieg abgeschriebenen Strecke nach Friedrichstadt war dafür dem Militär und damit (nach dem Krieg) dem Bund übereignet worden, auch wenn die Kreisbahn weiterhin die Verkehrsleistungen erbrachte.

Die Satruper Strecke besaß bis 1965 Personenverkehr und wurde nach dem Rückgang der Verkehrsleistungen im Güterverkehr (vor allem Fleischprodukte aus Satrup und Böklund) im Laufe der 1970er Jahre stillgelegt und abgebaut.

Auf der Hauptstrecke von Schleswig nach Kappeln endete der Personenverkehr 1972, der Güterverkehr reduzierte sich Anfang der 1980er Jahre auf den Nestle- bzw. Cremilk-Anschluss in Kappeln und den Militärverkehr von Schleswig nach Kropp. Mit Einstellung des Kropper Verkehrs war der Teil zwischen Schleswig und Süderbrarup nicht mehr als Verbindungsstrecke gefragt und alle verbliebenen Streckenteile westlich von Süderbrarup wurden Mitte der 80er bis Anfang der 90er Jahre stillgelegt und abgebaut, inklusive der DB-Verbindungsstrecke in der Stadt Schleswig. Der Restverkehr nach Kappeln wurde bis 2001 von der DB und der NVAG durchgeführt, seitdem fahren nur die Museumszüge der Dampfbahn Angeln auf der immer maroder werdenden Reststrecke.

Auf den zuletzt abgebauten Streckenabschnitten bestehen überwiegend Radwege, daher ist die Trasse hier leicht auszumachen. Lediglich auf dem Friedrichstädter Ast war es bisweilen etwas schwierig, die alte Trasse noch zu bestimmen.

Hier einige HiFo-Links von Kollegen, die altes Bildmaterial der Kreisbahn eingestellt haben. Es ermöglicht z. T. den direkten Vergleich mit meinen Aufnahmen, die am 22. und 23. Juli 2009 entstanden sind:

Das Inhaltsverzeichnis von Detlef Schikorr (Scrollen bis zur Schleswiger Kreisbahn, viele Bilder der 70er bis 80er Jahre):

[www.drehscheibe-foren.de]

Das Inhaltsverzeichnis von Ludger K, ebenfalls mit Beiträgen zur Schleswiger Kreisbahn (viele Bilder aus den 50ern):

[www.drehscheibe-foren.de]

Für weitere Infos einfach die Suchfunktion von DSO nutzen, es gibt noch zahllose weitere Links!

Anfangen möchte ich im ersten Teil der Vollständigkeit halber ab Kappeln, auch wenn hier noch Gleise liegen und hoffentlich noch lange befahren werden können. Da die Museumsbahn zu meinem Besuchstermin nicht fuhr, hier noch mal der Link zu meinem Besuch in 2008:

[www.drehscheibe-foren.de]

Direkt vor der neuen Klappbrücke am Schleiufer in Kappeln enden heute die Gleise. Hinter der neuen Brücke kam von hinten die Flensburger Kreisbahn und von rechts über die alte, nicht mehr bestehende Drehbrücke die Eckernförder Kreisbahn, so dass es am Schleiufer einen interessanten Gemeinschaftsbetrieb mit drei mehr oder weniger verfeindeten Kreisbahnen auf zwei Spurweiten gab:

http://abload.de/img/img2830teas2k.jpg

Der Blick nach Süderbrarup entlang der abgestellten Museumsfahrzeuge. Rechts der Lokschuppen, im Hintergrund die Cremilk-Werke:

http://abload.de/img/img2831ps5szf.jpg

…noch einmal aus einem anderen Blickwinkel: Die Ost-V 60 dient als Reservelok, im Hintergrund angeschnitten ein „fremdartiger“ B4yg, offenbar Leihersatz für einen damals verunfallten Teakholzwagen:

http://abload.de/img/img2829unjjslt.jpg

Neben dem Lokschuppen befindet sich dieses hölzerne Drehgestell, der Bauart und der Nummer nach zu urteilen aus dem Jahr 1771: Im Rücken des Betrachters stand einst das kleine Empfangsgebäude der Schleswiger Kreisbahn, das aber schon vor vielen Jahren abgerissen worden ist:

http://abload.de/img/img2833lu2sif.jpg

Der Blick am Lokschuppen entlang zurück in Richtung Prellbock, ein Bahnhofsgebäude existiert nicht mehr:

http://abload.de/img/img2838v0fssm.jpg

Wie bei dem Drehgestell liegt auch bei dieser Lok die Vermutung nahe, die angeschriebene Betriebsnummer sei identisch mit dem Baujahr, dabei ist die Lok 1916 erst 1952 gebaut worden. Im Sommer 2009 wartete sie teilzerlegt auf ihre HU:

http://abload.de/img/img2837ms1sz3.jpg

Ein Fahrzeug mit Bezug zur alten VKSF ist diese Henschel-Rangierlok von 1959 der früheren Zuckerfabrik Schleswig:

http://abload.de/img/img2840gbsps43.jpg

Vorbei an dem alten Postwagen der Blick zur Ausfahrt nach Süderbrarup, links der nicht mehr bediente Cremilk-Anschluss:

http://abload.de/img/img28368lsl5.jpg

Nach rund zwei Kilometern durch die Ortsbebauung von Kappeln und ein kleines Wäldchen war in Arnis-Grödersby der erste Halt der Bahn (Blick nach Kappeln). Die Museumsbahnzüge nutzen den abgelegenen Halt heute nicht mehr, ob das Haus hinter den Bäumen das Bahnhofsgebäude war, entzieht sich meiner Kenntnis:

http://abload.de/img/img28527rs85.jpg

Der Blick Richtung Süderbrarup, links die Straße nach Arnis, dem beliebten Fischerdorf an der Schlei. Ab hier führt die Strecke durch leicht hügelige Felder:

http://abload.de/img/img2853lm4s6x.jpg

Nach weiteren zwei Kilometern kreuzt die viel befahrene B 201 die Strecke, Blick zurück nach Kappeln:

http://abload.de/img/img2855swzs92.jpg

Der Blick nach Süderbrarup, hier befand sich der Halt des Ortes mit dem markanten Namen Faulück:

http://abload.de/img/img2856ks5s5g.jpg

Das Bahnhofsgebäude dient heute als Wohnhaus:

http://abload.de/img/img28548es8c.jpg

Am Ende einer Allee am Ortsausgang besaß der Ort Rabenkirchen mit seiner hübschen Feldsteinkirche seinen Halt. Rechts befand sich wohl der Bahnsteig (Blick zurück nach Kappeln):

http://abload.de/img/img2859qdyspu.jpg

Das EG ist heute ebenfalls Wohnhaus. Die Museumszüge halten hier genauso wenig wie in Faulück zwei Kilometer zuvor:

http://abload.de/img/img2858ullsri.jpg

Der weitere Verlauf in Richtung Süderbrarup:

http://abload.de/img/img2860p02snd.jpg

Durch die Felder geht es geradlinig weiter nach Süderbrarup, hier bei Toesdorf der Blick zurück nach Kappeln (übrigens ein schöner, wenn auch nicht ganz leicht zu findender Foto-Standort):

http://abload.de/img/img2861aemsjd.jpg

Der Oberbau ist mit Schotter nachgebessert, die schöne wellige Landschaft Angelns verlangt der Bahn dabei durchaus einige Steigungen ab, wie im Hintergrund zu erkennen:

http://abload.de/img/img2862inkbssq.jpg

Das EG bzw. die frühere Agentur von Scheggerott wird heute privat genutzt und hat ein Flachdach: Links die Weiche des Ladegleises:

http://abload.de/img/img2863w6lsf2.jpg

Jenseits des eben sichtbaren Bahnübergangs liegt der heutige Bahnsteig der Museumszüge in einer Kurve, Blick nach Süderbrarup:

http://abload.de/img/img2865se2js2a.jpg

Eineinhalb Kilometer hinter Scheggerott durchfährt die Bahn den Ort Wagersrott , hier der Blick zurück nach Kappeln:

http://abload.de/img/img2867o2dshb.jpg

…und der Blick nach Süderbrarup. Hier muss sich auch ein Halt befunden haben, ein Bahnhofsgebäude existiert offenbar nicht (mehr):

http://abload.de/img/img2868zsnbs88.jpg

Blick über den eben sichtbaren BÜ zum „Wahrzeichen“ von Wagersrott, dem Holländerhof:

http://abload.de/img/img2869u6vs4v.jpg

Unmittelbar hinter Wagersrott musste ein hoher Damm aufgeschüttet werden, heute ebenfalls eine beliebte Fotostelle zum Fotografieren der Museumszüge:

http://abload.de/img/img2870ztyssx.jpg

Am Ortsrand von Süderbrarup wird die Straße nach Norderbrarup gekreuzt, Blick zurück nach Kappeln:

http://abload.de/img/img2871or72srs.jpg

Der Blick nach Süderbrarup, das nach rund 15 Kilometern fast erreicht ist:

http://abload.de/img/img2872l60p6m.jpg

Die Einfahrt in den Bahnhof Süderbrarup, rechts nach Kappeln, links nach Flensburg:

http://abload.de/img/img2877x8no59.jpg

…und noch mal aus einem anderen Blickwinkel (links der Anschluss zur Genossenschaft, die Gleisreste dienen der Museumsbahn zum Abstellen nicht benötigter bzw. nicht betriebsfähiger Wagen:

http://abload.de/img/img2875j8pq84.jpg

Die Einmündung in die DB-Gleisanlagen, mit Schutzweiche, im Hintergrund das DB-EG, rechts der DB-Strecke lagen die kreisbahneigenen Gleise: Da die vorher erbaute Stammstrecke nach Schleswig nach rechts abzweigte, lagen die Gleise auf der anderen DB-Seite, die Kappelner Strecke musste die DB daher niveaugleich kreuzen:

http://abload.de/img/img2876odnrmq.jpg

Noch mal aus anderem Blickwinkel, viel ist vom Gleisfeld der Kreisbahn nicht geblieben:

http://abload.de/img/img2874ewqrhy.jpg

Die Gleisseite des Bahnhofsgebäudes, das Gleisumfeld wirkt abgesehen von den noch befahrenen Gleisen für den Nahverkehr wüst. Im Vordergrund das Feld der früheren Kreisbahngleise, die nur noch rudimentär vorhanden sind.

http://abload.de/img/img2880p8trws.jpg

Wer schon immer mal wissen wollte, wie es im Heimatort des von Brösels Werner beschworenen Fußballvereins aussieht, dem sei ein Blick entlang der Großen Straße von Süderbrarup empfohlen, im Vordergrund die Kreuzung der DB-Strecke nach Kiel, direkt davor lag das Gleis der Kreisbahn nach Schleswig:

http://abload.de/img/img288132pl1.jpg

Der Blick zurück zum Bahnhof Süderbrarup:

http://abload.de/img/img2883iedoqn.jpg

…und in Richtung Kiel bzw. Schleswig. Hier fängt der rund 20 Kilometer lange Radweg auf der Trasse nach Schleswig an:

http://abload.de/img/img28824soee.jpg

Auch wenn es sich bei dieser Beschreibung um eine aktuelle Streckensichtung eines noch bestehenden Abschnittes handelt, habe ich ihn der Vollständigkeit halber hier eingestellt. Ab dem nächsten Teil wird es dann richtig „archäologisch“, dann geht es weiter nach Schleswig.

Bis dann, schöne Grüße,

Dennis.


Mein DSO-Inhaltsverzeichnis: [www.drehscheibe-foren.de]



3-mal bearbeitet. Zuletzt am 2014:11:16:04:13:56.
Moin,

schöne Aufnahme meines allsonntäglichen Wirkungsfeldes im Sommer!

Die Gleise wurden im Jahr 1980 komplett erneuert und von Sand- auf Schotterbettung umgestellt. Dabei wurden die noch vorhandenen Weichen in Arnis-Gröderby und Wagersrott nicht mehr erneuert.

Einer unserer ersten im Jahr 1978 von der DSB erworbenen Reisezugwagen war mit dem hölzernen Drehgestell ausgerüstet und fuhr mehrere Jahre noch damit zwischen Kappeln und Süderbrarup. Da die DB den mit diesem Drehgestell ausgerüsteten Wagen nicht nach Westerland fahren lassen wollte, bekam der Wagen Drehgestelle aus Metall. Aber zum Wegschmeißen war das Holz-Drehgestell zu schade.

In Arnis Grödersby wird nur noch selten auf besonderen Wunsch gehalten, das Gebäude auf dem Foto links ist aber das alte Bahnhofsgebäude.

Danke fürs Einstellen!

Gruß
Detlef
Das "Fischerdorf" Arnis heißt jetzt Bad Arnis und hat seit langem Stadtrecht, ist wohl die an Einwohnerzahl kleinste Stadt Deutschlands. Im übrigen: schöne Bilder!
Moin Detlef,
das hölzerne Drehgestell ist wirklich nichts zum Entsorgen. Von welchem Wagen stammt es? Vielleicht kannst du mich mal aufgleisen? Als Nr. und Baujahr wurde 1771 angegeben.
Mit freundlichen Grüßen
Kalle 47
Moin Dennis!

Deinen Beitrag habe ich sehr intensiv beäugt, hatte ich doch einen großen Teil meines Grundwehrdienstes 1969/70 in Schleswig abgeleistet. aus jener Zeit stammt auch mein Beitrag über die VKS, den ich vor einiger Zeit ins HiFo eingestellt hatte und Aufnahmen aus jener Zeit zeigt:

[www.drehscheibe-foren.de]

Für Deinen Beitrag dankt Dir

Helmut