Nun feiert sie – zumindest bei DSO im HiFo - schon das silberne Jubiläum, dabei stand es Anfang der 60er Jahre gar nicht gut um die Westfälische Eisenbahn Welver-Dortmund Süd: die Stilllegung drohte, als sich Dortmunder Betriebseisenbahner Gedanken um eine Aufwertung der Bahn machten. Die Überlegung war einfach und logisch: Die Strecke führt durch dicht besiedeltes Stadtgebiet, hat also ein großes Reisendenpotenzial. Dieses wollte man durch das Anlegen neuer Haltepunkte, den Einsatz von Triebwagen und einem Taktverkehr aktivieren. Die Verwaltung stimmte zu, und die „Stadthaus-Strecke“ Unna-Do-Marten Süd – unter Nutzung eines Stücks der Rheinischen Eisenbahn im Westen und eines Zechenbahnabschnitts in Unna – war geboren. Bis 1978 verkehrten die ETA 150, danach schließlich Dieselwendezüge – bestehend aus einer 212 und zwei Silberlingen - im Taktverkehr auf dieser Verbindung. Klingt ein bisschen märchenhaft in dieser beratergläubigen Zeit, ist aber in aller gebotenen Kürze die wahre Vorgeschichte.
Während mit dieser Darstellung in einer Broschüre
aus heutiger Sicht ziemlich Klischee beladen die Eröffnung der S1 angekündigt und am 24.09.83 gefeiert wurde - [
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Ich will die Geschichte nicht noch einmal neu erzählen und möchte nur zur Abrundung seines Beitrags einige sehenswerte Auszüge aus einer Informations-Mappe der BD Essen zeigen, die Anfang der 80er auf Bahnveranstaltungen zu haben war. Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal ausdrücklich lobend die damals sehr gute Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Bundesbahn erwähnen, die viele Veranstaltungen, meist große Fahrzeugausstellungen, für ihre Kunden organisiert hat, aber auch über große Bauvorhaben wie die S-Bahn sehr umfangreich informiert hat.
Ziel war es, diese Strecken der zweiten Ausbaustufe im Laufe der Jahre von 1983 bis 1991 in Betrieb nehmen zu können.
(Die Taste F11 hilft den „17- bis 19-Zöllern“ ein wenig, alle Abbildungen auch ohne Scrollen angezeigt zu bekommen.)
Auffallend ist, dass die S4 bereits fest bis Herne eingeplant ist, während die Weiterführung der S2 über Do-Mengede hinaus zeitlich eher unbestimmt dargestellt wird. Genau umgekehrt ist es dann gekommen, und ob die S4 jemals noch verlängert werden wird, vermag niemand derzeit zu sagen.
Die Gleislage und die Bauumgebung in Dorstfeld als dem zentralen Umsteigebahnhof lässt sich gut anhand dieser Zeichnung erkennen. Der S-Bahnverkehr ist kreuzungsfrei angelegt, wobei ein Linientausch zwischen S2 und S4 möglich ist:
Selbst ein Modell hatte man damals gebaut, das einige Zeit im Dortmunder Hbf ausgestellt war:
(Wo ist es eigentlich abgeblieben?)
Das ganze Baufeld kann man noch einmal sehr gut auf dieser Luftaufnahme sehen: ganz im Vordergrund befindet sich die Wittener Strecke am Abzw Dfd, dann folgt der Neubau der Brücke Langestraße, danach die Neutrassierung der Fernbahngleise und ganz weit hinten links liegt das Baufeld des neuen Bahnhofs Dorstfeld. Auf einer Aufschüttung ist das Stellwerk Ddf, was künftig den gesamten Bereich einschließlich des Güterbahnhofs Dortmunderfeld sowie die S4 ab dem Hp Dortmund-Möllerbrücke steuern wird, bereits im Rohbau:
Während im Westen bereits kräftig gerödelt wurde, war der Abschnitt zwischen Asseln und Königsborn 1983 noch völlig frei von irgendwelchen Arbeiten, als hier die 212er ihrer Wege zogen. Wir sehen den Punkt, an dem die Zechenbahn zur ehemaligen Zeche Massener Tiefbau nach Do-Wickede die Westfälische Eisenbahn kreuzt, links der abgeflachte Damm, rechts die Reste des Brückenfundaments, auch heute noch genauso in Fragmenten vorhanden. Leider steht der Zug wie immer nachmittags mit der Lok frontal in der Sonne.
Dann aber rückte die Umstellung des Betriebs immer näher. Hier dokumentiert durch ein Foto aus dem Bahnhof Do-Brackel, den ich – aufgeschreckt durch diesen Artikel der Westfälischen Rundschau -
kurz vor seinem Abriss im April 1984 noch einmal mit Zügen aufnahm. Jetzt hing der Fahrdraht bereits, nur noch Restarbeiten waren zu erledigen:
In UN-Königsborn wurde der Bahnsteig westlich vom Empfangsgebäude neu gebaut, ein Gleis davon als Stumpfgleis, über das zweite kann man als Rangierfahrt weiter in den dreigleisigen Güterbahnhof gelangen. Um Züge aussetzen oder abstellen zu können, wurde es über den Bahnsteig hinaus ein Stück weit elektrifiziert. Eine Reihe Aufnahmen aus den 70ern findet Ihr hier: [
drehscheibe-foren.de]. Stefan Meyer hat zum Glück gerade auch diesem Bahnhof einige Zeit gewidmet.
Weil der Betrieb hier interessant zu beobachten ist, sei ein kurzer Exkurs weg von der S4 erlaubt: Der Güterbahnhof hat in den letzten zehn Jahren erfreulicherweise deutlich an Bedeutung gewonnen, da in dem anschließenden Logistik-Zentrum der DHL Solutions, vormaliger Eigentümer und immer noch Hauptnutzer Karstadt, täglich bis zu vier Containerzüge frühmorgens angenommen und am Abend wieder abgeleitet werden. Tagsüber werden dann ab und zu ein paar Leerwagen verfahren und die beiden Anschließer „Schrott“ und Bundeswehr bedient. Um den 294ern die steile, zeitraubende Anfahrt auf der eingleisigen Strecke zum Bahnhof Unna zu ersparen – bei vollausgelasteten Zügen kamen sie „oben“ gerade mal mit Schrittgeschwindigkeit an und verspäteten oft die S-Bahn -, werden seit 2002/2003 die Elloks bereits in Königsborn vor die Züge gespannt.
Zwei Bildbeispiele davon. Zuerst erscheint die kleine „Legolok“ G400 der TX Logistik, die drei Jahre lang die Logistikanschlüsse in Bönen und Königsborn bedient haben. Sie musste an diesem Tag eine havarierte G800 vertreten. Hier sehen wir sie beim Vorziehen des langen und schweren DGX 80009 nach München-Laim, auf dem Anschlussgleis der Stadt Unna direkt vor dem Güterbahnhof:
Und hier die klassische DB-Bespannung mit der BR 140, allerdings als Vertretung für die BR 145:
Aber jetzt noch einmal ein Blick auf dem Bahnsteig in den letzten Dieselwochen, als zwei N4-Züge nach der Fahrtrichtungs-Wende auf Ausfahrt warten:
Und ganz kurz vor Schluss des Dieselbetriebs fuhr ich morgens zweimal nach Westen, denn dort hatte man die N4 inzwischen zum Bahnhof Do-Lütgendortmund verlängert. Er bestand allerdings nur aus einem Schüttbahnsteig an den Güterzuggleisen nach Langendreer und reichte soeben für eine 212 mit Zug aus.
Das Wetter war mehr als bescheiden, die runden Ecken der Fotos zeigen die volle Blendenöffnung, aber es war an diesem Freitag auch schon die letzte Gelegenheit für diese Aufnahmen. Mittig kommt das zukünftige Wittener Gleis auf mich zu, links liegen bereits seit längerem die Bochumer Ferngleise:
212 313 fährt gleich nach Unna zurück:
Und hier steht 212 320 am „Bahnsteig“ Do-Lütgendortmund. Irgendwo zwischen den Gleisen verlief der Fußweg für die Reisenden hinunter zur Borussiastraße, nicht nach dem Fußballverein, sondern nach der früher in der Nähe ansässigen Zeche benannt.
Denn ab dem kommenden Montag, sechs Tage vor den Eröffnungs-Feierlichkeiten, verlegte man die N4 auf die neue (alte Fernbahn-) Trasse zu dem alten Bahnsteig des Bahnhofs Lütgendortmund und setzte sogar schon zwei 141er vor den „Stadthaus-Zügen“ ein. Man wollte offenbar jeden Zufall ausschließen und fuhr bereits die Oberleitung ein wenig ein. Hier sieht es ziemlich endzeitmäßig aus, nur dieser Bahnsteig sollte noch für etwa ein Jahr genutzt werden, danach war des Ende des Bahnhofs besiegelt. 141 443 am 01. Juni 1984:
Dann war ich nachmittags erstmals am neuen Hp Dortmund West, am letzten Tag ohne Verkehrshalt. Wir sehen noch einmal 141 443 auf dem Weg nach Unna, im Gegensatz zu dem ausnahmsweise mal sonnigen Morgen regnet es schon wieder:
Und dann kam der große Tag, der den Bahnfan in einen Interessenskonflikt stürzte, da gleichzeitig die Dortmunder Stadtbahn eröffnet und damit am Tag darauf, dem offiziellen Planwechsel, ein großer Teil des Innenstadtnetzes der Straßenbahn eingestellt wurde. Auch dort gab es Sonderfahrten, dazu noch mit alten Straßenbahnen.
Also den Tag teilen: morgens ging es zur S-Bahn, hier sehen wir einen der Eröffnungszüge am Hp Do-Stadthaus, Teil des Bahnhofs Dortmund Süd. Die blitzblanke 111 182 mit dem hier etwas unpassenden Gatzweiler-Zug zieht einen Zug nach Lütgendortmund, beklebt übrigens mit einem Aufkleber, der auf die Eröffnung der „S4 Unna-Herne“ hinweist! Damals glaubte man auch bei der Bundesbahn noch daran.
Mit dem Gegenzug fuhr ich nach Unna, das die S-Bahn mit einem kleinen Bahnhofsfest feierte: 221 106 und 41 241 waren anwesend und unter dem Bockkran geparkt.
Der eine kommt, der andere muss gehen, deshalb soll hier kurz der BR 430 gedacht werden: 430 420 fuhr auf dem Weg von Dortmund nach Paderborn direkt nach meiner Ankunft zum letzten Mal in Unna ein.
Für die ET30 war dieser Samstag der letzte Arbeitstag, sie waren zwar kein direktes Opfer dieser S-Bahn-Eröffnung, dafür aber die Bestwiger 798: Diese waren zu diesem Zeitpunkt ab Unna bereits nicht mehr im Einsatz, da die morgens früh noch verkehrenden 212 nach dem Einfädeln der 111er sofort auf die andere Bahnhofsseite wechselten und die Fahrten nach Iserlohn und Neuenrade übernahmen. Der Rest der 212er-Mannschaft verdrängte dann am nächsten Tag auch noch die Siegener 798 an der Bigge. Aber das sei nur am Rande erwähnt, es gab noch mehr Abschiede von prominenten Baureihen, darüber werden sicher andere berichten.
Abschließend noch eine Bahnsteigszene aus Königsborn, wie sie seitdem zwei-, meist dreimal stündlich zu sehen ist:
Was dann noch geschah:
Im darauf folgenden Jahr wurde in Lütgendortmund der heutige Hp Do-Germania in Betrieb genommen, 1993 folgte dann die kurze Verlängerung mit dem eingleisigen Tunnel unter den Marktplatz von Lütgendortmund, wo sich derzeit noch immer die Endstation dieser Linie befindet. Im Laufe der Zeit wurden verschiedene Überführungen neugebaut. Fast immer waren sie verbunden mit BÜ-Auflösungen, wie hier beispielhaft der ehemalige BÜ Wickeder Hellweg mit seinem denkmalgeschützten, trotzdem verfallenden Posten 6. Dieser ist auch bekannt durch die bis 1965 hier querende Straßenbahnlinie 9 nach Unna:
Dortmund Süd hat inzwischen seinen Güterverkehr verloren, in Do-Brackel und Do-Asseln wurden die letzten Anschlussgleise sowie in Do-Brackel die Nebengleise durch Ausbau der Weichen gekappt. Erhalten geblieben ist bis heute das dritte Gleis in Asseln (alte Bahnhofslage), das aber nur noch zum Abstellen defekter Züge oder zur Wende bei Betriebsstörungen benötigt wird. An historischen Bauten entlang der S4 sind nur Bahnhof und Güterschuppen in Königsborn und der Posten 6 verblieben, dazu zählen kann man, wenn man mag, zwei mit Bruchstein ausgemauerte Rundbogenunterführungen in Körne und Asseln, eine zugemauerte Straßenunterführung und zwei alte Bruchstein-Stützmauern entlang zweier Straßen jeweils in Asseln.
So, Leute, bis hierhin und nicht weiter; das muss jetzt erst einmal sacken, soviel Text und Abbildungen gibt es von mir so schnell nicht wieder.
In diesem Sinne,
es grüßt
Frank
10-mal bearbeitet. Zuletzt am 2016:01:11:19:43:39.