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 04 - Historisches Forum 

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Dies ist KEIN Museumsbahnforum! Bilder, Meldungen und Fragen zu aktuellen Sonderfahrten bitte in die entsprechenden Foren stellen.
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Hallo HiFo-Freunde,

bei diesem Beitrag handelt es sich um die Neuauflage meines HiFo-Beitrages vom 01.09.2006,
zu dem mir der Eisenbahnfreund Dr. Schneider vom Forschungszentrum Karlsruhe freundlicherweise
noch zwei weitere Fotos zur Verfügung gestellt hat. Dieses wertvolle Bildmaterial möchte ich
Euch nicht vorenthalten.


Wochenendgrüße von

Klaus aus Bonn


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Mit einem Sondertransport der Bundesbahn trafen am 20. Juli 1959 in Leopoldshafen bei Karlsruhe
zehn Kunststoffrohre für die Abwasserleitungen des Kernforschungszentrums Karlsruhe ein.
Das längste dieser Rohre, die von Höhn im Westerwald kamen, hatte eine Länge von 158 Metern.
Die Rohre wurden im Kernforschungszentrum zum Ableiten der chemischen Abwässer benötigt.
Sie wurden an den Reaktor selbst sowie an sechs Institute angeschlossen.

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Das Foto zeigt Arbeiter am Bahnhof Leopoldshafen beim Abladen der langen schwarzen Rohrschlangen
(bis zu 158 m, Durchmesser 160 mm). Die Rohre wurden in solchen Längen geliefert, um für die zusammen
1.500 Meter lange Abwasserleitung aus Sicherheitsgründen möglichst wenig Ansatzstellen zu haben.

http://img49.imageshack.us/img49/5893/sf0400329anm9.jpg

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Der folgende Bild- und Textbeitrag stammt vom Eisenbahnfreund Dr. Schneider

Das Forschungszentrum Karlsruhe ist übrigens die Nachfolgeorganisation des Kernforschungszentrums,
vormals Gesellschaft für Kernforschung, vormals Kernreaktor Bau- und Betriebsgesellschaft.
(Die Geschichte kann man hier etwas nachlesen: [www.fzk.de]

Sinn der Rohre war der Bau von sicheren Abwasserleitungen für verschiedene Abwassernetze mit möglichst
wenig Fügestellen. Die Abwässer waren z.b. vollentsalztes Wasser, chemisch belastetes Wasser, radioaktiv
belastetes Wasser, Regenwasser, Fäkalwasser, normales Abwasser. Die ersten drei wurden und werden wegen
der Aggressivität oder der Sicherheitsauflagen in Netzen aus eben jenen Kunststoffröhren abgeführt.
Dafür muß es aber bedeutend mehr als nur ein paar Transporte gegeben haben, da ich das Gelände
auf ca. 3 - 4 km² schätze.

Die beiden Fotos sind mit dem Vermerk "Nachbarschaftshilfe durch Landwirte der Standortgemeinde, die beim
Transport von Kunststoffröhren vom Bahnhof Leopoldshafen zum Zentrum beschriftet.

http://img517.imageshack.us/img517/8819/rohreabladen1hh6.jpg

"Transport der Röhren zum damaligen Kernforschungszentrum Karlsruhe. Quelle: Forschungszentrum Karlsruhe"


http://img517.imageshack.us/img517/2355/rohreabladen2hh1.jpg

"Transport der Röhren zum damaligen Kernforschungszentrum Karlsruhe. Quelle: Forschungszentrum Karlsruhe"

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Holla, sehr interessant !
Tolles Bild des Bahnhofs Leopoldshafen, hat dort nicht einer ( vor dem Lieferwagen ) eine Filmkamera in der Hand ?
Danke an Euch beide für Bilder und Infos.

viele Grüße
Frank ( arbeite in Eggenstein-Leopoldshafen, aber nicht im FZK )

Und so sieht es heute dort aus:

geschrieben von: tram

Datum: 28.09.08 12:27

Etwas nach unten scrollen auf Hartbahn:

[verkehrsrelikte.uue.org]

Noch Fragen Kienzle?

Im Gedenken: Ulrich Kienzle *09.03.36 +16.04.20
Der Lieferwagen scheint ein Unimog zu sein..?
Grüße
S&B
Toll wie man sich früher zu helfen wusste.
Der ziehende LKW hatte wohl nicht mehr als 130 oder
max 168 PS.
Lieber Klaus, sehr geehrter Herr Dr. Schneider,

vielen Dank für das Einstellen dieser Bilder! Von 1976 bis 1980 durfte ich als Wahl-Eggensteiner, liegt südlich von Leopoldshafen, den Betrieb der einmal täglich verkehrenden „Atom-Köf“ miterleben. In den Ferien hautnah, in der Schulzeit nur als Pfeifgeräusch. Das war eine Köf III mit einem Laabs, bei Bedarf weitere Güterwagen.
Hier nun Bilder zu finden, die die Umgebung des Haltepunkts Leopoldshafen in der Zeit des Siedlungsbaues zeigen - also lange vor "meiner" Zeit - freut mich sehr.
Das erste Bild ist im Haltepunkt selbst entstanden, rechts liegt der Bahnsteig, Blickrichtung nach Norden, gen Graben-Neudorf. Alle Rohren wurden erst einmal von Hand abgeladen und neben dem Feldweg abgeglegt. Dann alles wieder in die Hand nehmen und auf die Straßenfuhrwerke laden. Was „lesen“ wir daraus? Damals zählten weder Personalkosten noch Zeit.
Auf dem zweiten Foto zieht ein Benz-Rundhauber, höchstwahrscheinlich auf der Straße von Leopoldshafen nach Friedrichstal/Blankenloch, welche ja das Forschungszentrum im Süden passiert, diese bemerkenswerte „Rohrschlange“. Ist im Hintergrund rechts neben der Straße die charakteristische Dacharchitektur des Empfangsgebäudes zu erkennen? Hier auf dem Monitor schemenhaft.
Das dritte Bild hier zeigt eindeutig einen Unimog der frühesten Produktion als Zugfahrzeug. Die Fahrt geht in Richtung Leopoldshafen. Das Rollgeräusch dieser Fuhre muss ohrenbetäubend gewesen sein. Vielleicht 300 m Fahrtstrecke und man hat die B 36 erreicht. Heute liegt vor dieser Straße das Gleis der S 1/11; die neue B 36 zieht weit östlich an Leopoldshafen vorbei.

Interessant wie die Bilder ist auch die Geschichte der Bahn in und um Leopoldshafen. An dieser Stelle wage ich einfach den Versuch, wenn auch spät für das schnelllebige Internet, die Eisenbahngeschichte des Ortes der Handlung aufleben zu lassen.
Die Bahn Mannheim – Graben-Neudorf – Eggenstein – Karlsruhe, „Rheinbahn“ genannt, wurde am 4.8.1870 als Hauptbahn eröffnet. Sie mündete im Bahnhof Mühlburger Tor in die Maxauer-Bahn. Die Rheinbahn wurde durch die Stadt Mannheim erbaut und sollte vom Staat betrieben werden. Man einigte sich jedoch darauf, dass der Staat die Bahn mit Betriebseröffnung der Stadt Mannheim abkaufte. Die Maxauer-Bahn wurde von der Stadt Karlsruhe erbaut, von der Staatsbahn gegen Entgelt betrieben und besaß eine Schiffsbrücke über den Rhein. Sie wurde am 1.7.1905 vom Staat gekauft.
Leopoldshafen erhielt 1874 den in den Bildern gezeigten Haltepunkt, der östlich der Ortschaft errichtet wurde. Knapp 25 Jahre später wurde der Abschnitt Graben-Neudorf – Karlsruhe zur Nebenbahn, denn die neue Hauptstrecke Graben-Neudorf – Blankenloch – Karlsruhe wurde am 1.5.1895 dem Betrieb übergeben. Diese Strecke zählt nicht zur am gleichen Tag eröffneten „Strategischen Bahn“ Karlsruhe – Durmersheim – Rastatt – Wintersdorf – Roeschwoog, sie wurde vielmehr als Zufahrt zu dem ebenfalls an diesem Tag dem Betrieb übergebenen Rangierbahnhof gebaut, führte aber auch in den alten Hauptbahnhof.
Für die Leopoldshafener bedeutete die Eröffnung des neuen Karlsruher Hbf am 23.10.1913 vor allem eine Verlängerung der Reisezeit, denn die geradlinige Führung durch die (heutige) Erzbergerstraße und am Mühlburger Tor vorbei musste aufgegeben werden. Eine neue Trasse führte näher an Neureut entlang und mündete nun kurz vor Mühlburg, also wesentlich weiter westlich, in die Maxauer-Bahn. Diese längere Strecke bedeutete sicherlich auch eine Erhöhung der Fahrpreise.
Im Spätjahr 1938 wurde die Einmündung ein wenig weiter südlich in die neue Maxauer-Bahn, die mit fester Rheinbrücke, verschwenkt – so liegt sie noch heute.
Am 28.5.1967 wurde der Personenverkehr auf der Bahnlinie Graben-Neudorf – Eggenstein – Karlsruhe eingestellt. Fortan rollten Bahnbusse von Rußheim über Linkenheim und Leopoldshafen zur Karlsruher Hauptpost und manchmal auch bis zum Hauptbahnhof. Diese Linie hieß zuletzt 7040. Der Güterverkehr wurde am gleichen Tag zwischen Eggenstein und Graben-Neudorf eingestellt; Linkenheim jedoch als Anschluss von Eggenstein aus bedient. Das Gleis wurde von Linkenheim bis auf etwa 1 km vor Graben-Neudorf abgebaut.
Aus diesem, von Süden nach Norden führenden Agl Linkenheim wurde 1969 dann nördlich von Leopoldshafen das nach Osten abbiegende Agl zum Forschungszentrum mit einer Weiche angeschlossen. Letzteres „gehört“ dem Forschungszentrum.
Anfang der siebziger Jahre gab man den Anschluss Linkenheim ab der Weiche zum Forschungszentrum auf und baute ihn ab, der Anschluss Forschungszentrum begann nun im Bahnhof Eggenstein.
Die SPNV-lose Zeit währte in Leopoldshafen indes 19 ½ Jahre: Seit dem 13.12.1986 fährt die Linie A (heute S 1/11) von Leopoldshafen Nord über Eggenstein und Neureut in die Karlsruher Innenstadt und weiter über Hbf nach Bad Herrenalb oder Ittersbach. Zwischen Bahnhof Eggenstein und Pfinzentlastungskanal, der südlich von Leopoldshafen fließt, baute man das Agl zur Stadtbahnstrecke um und legte vor dem Kanal eine Weiche für die neue Stadtbahnstrecke ein. Diese läuft westlich parallel des Agl, damit der Ort Leopoldshafen besser bedient werden kann.
Am 23.11.1987 schlossen AVG und Forschungszentrum einen Vertrag über Elektrifizierung des Agl und Personenbeförderung im Berufsverkehr mit Stadtbahnwagen ab. Ein neuer Gleisbogen sollte nördlich von Leopoldshafen aus der Stadtbahnstrecke in das bestehende, nach Osten führende Agl gebaut werden. Zur Eröffnung der Verlängerung der A von Leopoldshafen nach Hochstetten war der neue Gleisbogen noch nicht ganz fertig gestellt. Die AVG stellte aber über das Eröffnungswochenende, dem 3. und 4.6.1989, einen abgebügelten Stadtbahnzugverband als Anschauungsobjekt auf dem bereits verlegten Gleis des neuen Gleisbogens aus.
Ein halbes Jahr später, am 8.12.1989, fuhren die ersten Stadtbahnen dann im Berufsverkehr aus der Innenstadt direkt in das Forschungszentrum. Hier wurde ein neuer Kopfbahnhof mit zwei Gleisen angelegt.
Da die Stadtbahnstrecke durch Leopoldshafen von den Güterzügen zunächst nicht befahren werden durfte, musste das alte Agl (Nord-Süd) mit einer Weiche an den neuen Gleisbogen (Richtung Osten stumpf befahren) angeschlossen werden. So fuhren die Personenzüge durch Leopoldshafen, die Güterzüge weiterhin östlich dran vorbei – es bestanden also gleichzeitig zwei parallellaufende Eisenbahnstrecken!
Doch die Bedenken, welche es auch immer waren, konnten gehoben werden, so dass seit dem 2.7.1990 der Weg für die Güterzüge auf der Personenzugstrecke frei ist. Das alte Agl (Nord-Süd), an dem der Hp Leopoldshafen lag, wurde abgebaut und teilweise in einen Radweg umgewandelt.

Dann hatte ich die Idee mit der Karte. Die ist genauso chaotisch wie der Werdegang, dafür ist sie bunt ...

Plan_GN-Ka2.jpg

Soweit meine Ausführungen zum Hp Leopoldshafen und Anschluss Forschungszentrum. In der Hoffnung, den Sachverhalt verständlich dargestellt zu haben, verbliebe ich

mit vielen Grüßen
Ulrich

P.S.: Die Blockstelle Neureut -von Eisenbahnrelikte- war keine, hier wohnte der Bahnwärter, der von 1870 bis 1913 den Bahnübergang Mitteltorstraße sicherte. Ab Mitte/Ende der 1890er Jahre wurde seine Dienststelle in einen Hp umgewandelt.
.

Hallo lieber Ulrich,

hab herzlichen Dank für Deinen exzellenten Beitrag,
der mich regelrecht umgehauen hat. Die Fülle der
Informationen ist einfach beeindruckend.

Viele Grüße aus Bonn

Klaus Wedde





1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2008:10:02:09:49:37.
Hallo Klaus,

vielen Dank für Dein dickes Lob!

Von der Fülle war ich am Ende selbst etwas überrascht, gerade
weil es ja nicht nach viel Material aussah (Staatsbahn, Anschluss, Stadtbahn).
Aber dann diese ollen Details, ts ts.
Das Salz in der Suppe.

Viele Grüße von der Höhe
aus Freudenstadt
(wo man langsam die Schneeschieber entmoost)

Ulrich