Vor ein paar Tagen erhielt ich von Hans-Joachim Knupfer eine Mail, die meine Ausführungen zu der Rollbockanlage (in Amstetten) korrigiert und ergänzt. Ich hatte geschrieben: "Durch die spezielle Form der Normalspurgleise werden die Wagen aus den Aufnahmegabeln der Rollböcke gehoben. Jetzt können die Gabeln vom Personal manuell weggeklappt werden."
Hans-Joachim schreibt dazu: “Diesem Irrtum bin ich früher auch aufgesessen. Er wird auch durch die HOe-/HOm-Modellanlagen (Rollbockgrube) von Bemo gefördert, weil dort das Prinzip tatsächlich so abläuft (deshalb ist die Bemo-Grube bzw. der dortige Höhenunterschied auch viel zu hoch, das geht dort halt nur so). Aber das Vorbild funktioniert anders:
Außen zwischen den beiden Rädern hat der Rollbock konkave Aufnahmetaschen für die Räder des Normalspurwagens. Durch den kaum wahrnehmbaren Höhenunterschied auf dem letzen Stück der Rollbockgrube vor deren Ende senkt sich der Radsatz des Normalspurwagens auf diesem Absatz in die besagte Tasche. Die Gabeln der Rollböcke dienen nur
a) dem Mitnehmen des Rollbocks während des Aufbockvorgangs durch die Achse des Vollspurwagens bis zum besagten Absatz (damit der Rangierer nicht jeden Rollbock einzeln parallel zur Verschubbewegung des Vollspurwagens unter diesem von Hand bewegen muss). Ab dem Absatz sitzt der Vollspurwagen ja bereits mit seinem Gewicht auf dem Rollbock und bewegt diesen dann dadurch fort.
Anders gesagt:
1. Vollspurwagen wird auf Grube geschoben
2. Rangierer schiebt einen Rollbock pro Radsatz unter den Vollspurwagen und klappt die Gabeln hoch
3. Vollspurwagen wird weiter Richtung schmalspurseitigem Grubenende geschoben. Rollböcke laufen durch Führung der Gabeln lose unter dem Vollspurwagen mit bis zum Absatz
4. Auf dem Absatz senkt sich der Vollspurradsatz mit den Rädern in die Rollbocktasche (jetzt könnte man theoretisch die Gabeln wieder herunterklappen!)
b) dienen die Gabeln als zusätzliche Sicherheit während der Fahrt, damit der Rollbock nicht durch heftige Fahrtbewegungen unter dem Vollspurwagen herausgezogen wird. Aber die Achse des Vollspurwagens sitzt nie in den Gabeln auf, sie liegt höher und wird nur seitlich von den Gabeln (lose) umschlossen.
Damit die Wagen beim Abbocken von der Grube herunter aufs Vollspurgleis finden, ohne den Rollbock über das vollspurseitige Grubenende mitzureißen, werden vorher (nachdem der Vollspurwagen bereits im Bereich der Grube wieder auf der Vollspurschiene sitzt) die Gabeln von Hand abgeklappt. Das ganze beim Aufbocken in umgekehrter Reihenfolge.
Das alles gilt für die Rollböcke nach dem Patent Langbein, erbaut durch Esslingen und wohl auch andere Hersteller in Lizenz. Das erklärt, warum es Esslinger Rollböcke gibt, bei denen die Gabeln außen kurz vor dem Vollspurrad sitzen, und solche, bei denen die Gabeln sehr weit innen fast nebeneinander sitzen. Für den Sitz des Vollspurradsatzes ist das ohne Bedeutung.
Rollböcke anderer Hersteller (namentlich Görlitz) wurden jedoch tatsächlich so gebaut, dass das Vollspurrad in der Gabel aufsitzt. Die Gabel wurde entsprechend breit ausgebildet. Dadurch wurde das ME-Patent umgangen. Diese Bauart war jedoch wesentlich weniger verbreitet und kam später auf den Markt.
Übrigens ist die Bezeichnung Rollbock zumindest im Dienstgebrauch der württ. Staatsbahn, der DRB und der DB und auch bei den Eisenbahnern völlig unbekannt. Es war immer nur von Rollschemeln die Rede, unabhängig davon, ob es sich um Rollwagen (fahrbare Rahmen) oder nur Rollböcke handelte. Die Unterscheidung Rollwagen und Rollbock ist wohl nur von der Industrie (und den Modellbahnern) eingeführt worden.“
Vielen Dank für diese ausführliche Ergänzung!
Heute geht es mit der inzwischen abgebauten Strecke weiter:
Hinter
Oppingen näherte sich die Strecke der Straße von Oppingen nach Nellingen und verlief dann parallel zu dieser bis zum Ortsanfang von
Nellingen. Hier führte die Bahn in einem Linksbogen über die Straße in den Bahnhof.
Kurz vor Nellingen hatte die Strecke wieder einen etwas fotogeneren Abstand zur Straße:
Hier hat T 30 WNB mit den beiden Beiwagen 6 WEG und 7 WEG am 30.1.1978 gerade Nellingen in Richtung Oppingen - Amstetten verlassen. Wie Spielzeug wirken die beiden Beiwagen mit dem offenen Übergang.
An ungefähr derselben Stelle rumpelt VT 31 WEG mit zwei Normalspur-Güterwagen am 14.9.1984 nach Amstetten.
„spanish train“ fotografierte hier den VT 30 WEG am 5. 6. 85
Die Kurve vor dem Straßenübergang vor dem Nellinger Bahnhof war ein beliebtes Fotomotiv:
VT 31 WEG am 30.12.1981
VT 30 WEG am 31.3.1984
VT 31 WEG am 30.1.1985, Foto: „spanish train“
Der Bahnhof
Nellingen (693,9 m ü.M.) besaß als einzige Zwischenstation ein zweistöckiges Empfangsgebäude. Anfangs gab es auch hier - wie auf allen Bahnhöfen der Bahn - ein normalspuriges Ladegleis mit Rollbockgrube. Diese Normalspur-Ladegleise wurden bereits Mitte der 1920er-Jahre wieder entfernt. vermutlich waren dann ausreichend Rollböcke vorhanden, so daß sich das Abschemeln nicht mehr lohnte.
„spanish train“ fotografierte hier eine Zugkreuzung mit VT 31 WEG und VT 30 WEG am 30.1.1985
Vierzehn Jahre vorher wurde hier T 34 WEG als Zug 16 nach Laichingen für die Nachwelt dokumentiert. (4.1.1971)
Am 24.8.1977 rangierte T 30 WNB vor dem imposanten Lagerhaus. Dieses besaß ein beidseitig angeschlossenes Anschlußgleis.
Nach den Osterferien folgt Teil 11
Gruß Stefan
Literatur
Hans-Joachim Knupfer: Schmalspurig nach Laichingen - Die Geschichte der Alb-Bahn Amstetten - Laichingen, H&L-Publikationen-Verlag Wolfgang Bleiweis Schweinfurt 2002
Ludger Kenning: Die Schmalspurbahn Amstetten - Laichingen, Verlag Kenning Nordhorn 2001
leider in Bezug auf diese Bahn sehr fehlerhaft, die Bildqualität ist auch enttäuschend:
Hermann Bürnheim: Württembergische Eisenbahn-Gesellschaft - Die Geschichte einer bedeutenden Privatbahn, Motorbuch-Verlag Stuttgart 1986
weitere Quellen:
Gerd Wolff: Deutsche Klein- und Privatbahnen, Teil 5: Baden-Württemberg, Zeunert-Verlag Gifhorn 1977
Michael Kochems: Privatbahntriebwagen in Deutschland von 1990 bis heute, Drehscheibe-Sonderheft 21, Köln 2001
Lok-Report, diverse Hefte
DB-Kursbücher
eigene Aufzeichnungen (auch der Co-Autoren)
Links
Folgende Beiträge über WNB/WEG-Bahnen habe ich hier schon gezeigt:
Strohgäubahn (Korntal - Weissach): Teile
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Härtsfeldbahn (Aalen - Neresheim - Dillingen): Teile
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Reutlingen - Gönningen: Teile
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Amstetten - Gerstetten: Teile
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Vaihingen-Enzweihingen – Zu dieser Strecke gibt es auch eine Website von
Hans-von-E94
Amstetten - Laichingen: Teile
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