Hallo HiFo- Freunde
Ab heute möchte ich in 5 Folgen mit über 80 Bildern und Scans von einem Großereignis des Jahres 1971 berichten. Ich beginne mit der Vorgeschichte, bevor in Teil 2 die Sache richtig losgeht.
Als wir in der Silvesternacht 1970 das Neue Jahr begrüßten, konnte ich noch nicht ahnen, dass das Jahr 1971 in Sachen Eisenbahnhobby für mich ein absolut großer Wurf werden sollte.
Eine Ankündigung in der >Moderne Eisenbahn< (heute Eisenbahn Magazin) Anfang 1971 ließ meinen Vater die Augenbrauen hochziehen: >1971 sollte der 18.MOROP Kongress in Dresden stattfinden<. Was wäre das ein Ding, wenn man da mit dabei sein könnte !!
Es wurde gemunkelt, dass aus dem kapitalistischen Teil Deutschlands nur 100 Personen teilnehmen dürften. Also, wie kommen wir an die Sache ran, war die alles beherrschende Frage der nächsten Tage.
Mein Vater war damals Mitglied bei den Frankfurter Eisenbahn- und Nahverkehrsfreunden. Dort erfuhr man, dass die Eisenbahnvereine Kartenkontingente bekommen sollten, die man dann auslosen konnte. Als mein Vater allerdings durch losen auf Platz 16 gelangte, war die Enttäuschung erst einmal groß. Mit einem Schlag rückte die Umsetzung dieses Vorhabens in unerreichbare Ferne.
In den folgenden Wochen und Monate verschwand das Thema von der Tagesordnung.
Im Mai fand der BDEF- Bundesverbandstag in Saarlouis statt. Leider war es für mich mit der Schule nicht vereinbar (Samstagsunterricht), an diesem Ereignis teilzunehmen. Meine Eltern fuhren dort alleine hin und ich blieb zu Hause bei der Oma.
In Saarlouis gab es natürlich einige Leckerbissen. Fahrzeugausstellung mit 23er, 94er, SNCF 141R und noch einigem modernen Kram. Mit einem Sonderzug kam u.a. 01 199 und bei einer großen Rundfahrt kam auch 86 521 zu Zugehren. Siehe folgende Bilder. Wo das Bild der 86er entstand, entzieht sich meiner Kenntnis, vielleicht kann mich jemand aufklären !
Mitten im Geschehen lief meinem Vater der Vorsitzende des Frankfurter Vereins, Walter Patzke, über den Weg und sagte: >Hans, ich habe eine MOROP- Karte für dich !!<
Ha, ein Sechser im Lotto ! Soweit, so gut, aber wir brauchten 2 Karten.
Bei dem Gedanken, dass nur 100 Leute aus dem Westen dahin durften, war der Griff nach 2 Karten schon sehr verwegen.
Jetzt wurde sich informiert, telefoniert und diskutiert. So lange, bis plötzlich jemand auf der Bildfläche erschien, der seine Karte abgeben wollte, da er aus organisatorischen Gründen zu dem betreffenden Zeitpunkt dem Ereignis nicht beiwohnen konnte.
Jetzt hatten wir 2 Karten, jetzt waren wir die Kings. Jetzt konnte es losgehen.
Mittlerweile war es schon Mitte Juni geworden. Die Zeit wurde knapp. Schnelle Kontaktaufnahme mit dem BDEF, Teilnahme angemeldet und bestätigt.
Keiner der jüngeren unter uns kann sich auch nur im Entferntesten heute vorstellen, was es bedeutete, 1971 eine offizielle Gelegenheit zu bekommen, in das >Schlaraffenland der alten Eisenbahnen< reisen zu dürfen. Und das für einen 13jährigen.
Ich versuchte, aus den Kursbuchstreckenkarten herauszulesen, wo es was Interessantes zu sehen geben könnte. Ich hatte bis dato keinerlei Ahnung.
Mitte Juli rappelte es am Briefkasten. Post vom BDEF.
Tage später kam zur Kenntnisnahme die Kopie eines Schreibens auf der wir erfuhren, dass es offensichtlich noch Probleme mit meinem Visum gab. Bange Tage vergingen.
Am 26. Juli kam dann ein Telegramm, dessen Inhalt mich zwar einerseits beruhigte, andererseits aber trotzdem bis zum Grenzübertritt in Atem hielt.
Jetzt wurden die Reiseutensilien besorgt: Filme, Filme und noch mehr Filme. Alles andere war Nebensache.
Die Zollerklärung zur Einreise wurde sorgsam ausgefüllt.
Mittlerweile waren Sommerferien und die Spannung wuchs ins Unermessliche.
Moment mal, etwas fehlte immer noch. Meine Fahrkarte. Die kam doch glatt in quasi letzter Minute, nämlich 2 Tage vor Abfahrt.
Der Wecker klingelte früh, aber ich war schon längst wach. Um Punkt halb 6 stand Opa auf der Matte und fuhr uns zum Bahnhof nach Bad Homburg. Kurz vor 6 saßen wir im Zug.
Das Abenteuer >Eisenbahn in der DDR< begann.
Nach diesem Einstieg folgt der Reisebericht demnächst auf diesem Bildschirm.
Viele Grüße
Michael Fischbach