DREHSCHEIBE-Online 

Anzeige

HIER KLICKEN!

 21 - Stuttgart 21 

  Neu bei Drehscheibe Online? Hier registrieren! Zum Ausprobieren und Üben bitte das Testforum aufsuchen!
In dieses Forum gehören alle Diskussionen und News zum Thema "Stuttgart 21". - Eine dringende Bitte an alle Beitragsverfasser: Sachlich bleiben - ganz gleich, ob man für oder gegen dieses Projekt ist. Beleidigungen und Verleumdungen sind auch in diesem Forum NICHT gestattet!

"Tage der offenen Baustelle"

geschrieben von: Trevithick

Datum: 06.01.17 17:24

Der Verein "Bahnprojekt Stuttgart-Ulm e.V." lädt von 6. bis 8. Januar 2017 zur Besichtigung der S21-Baustelle am Hauptbahnhof ein. Weitere Informationen unter [www.s21erleben.de].

Trotz eisiger Kälte fand sich am Freitag nachmittag eine stattliche Anzahl von Besuchern auf dem Baustellengelände ein, um sich über den Stand der Bauarbeiten zu informieren. Auffällig waren der vergleichsweise geringe Baufortschritt am eigentlichen Bahnhofstrog und die verhaltene Auskunftsfreudigkeit der Bahn-Ingenieure ("Bin eigentlich gar nicht zuständig für den Tiefbau"; "fragen sie mal da hinten die Kollegen vom Projektmanagement"). Der zu besichtigende, in offener Bauweise erstellte SSB-Tunnel "Staatsgalerie" versprühte mit seinen feuchten Betonwänden (Grundwasser?) eher den Charme einer Tiefgarage.

Im Betonrelief der Baugrube 16 zeichnen sich mittlerweile die Gleislagen und die Bahnsteige ab. Die deutlich sichtbaren Fundamente der Kelchstützen lassen erahnen, welch geringe Durchgangsbreite zwischen Stützpfeilern und Bahnsteigkante verbleiben wird. Auch wenn ein Bahnmitarbeiter redlich zu betonen bemüht war, dass "die Bahnsteige später breiter würden", lässt der Torso des Bahnhofstrogs jegliche Weitläufigkeit eines Großstadtbahnhofes vermissen.

Ein DB-Jungingenieur verkaufte die vermeintlichen Kapazitätsengpässe im Gleisvorfeld des bestehenden Kopfbahnhofes als wesentliches Argument für den Bahnhofsneubau. Auf die Rückfrage, warum sich die Deutsche Bahn die Beseitigung dieses relativ übersichtlichen Schienenengpasses mehrere Milliarden Euro kosten ließe, folgten zwei entwaffnende Antworten: 1.) Das Projekt Stuttgart 21 verfolge mit der Schaffung neuer Siedlungsflächen im Rosensteinviertel vor allem eine politische, weniger jedoch eine verkehrliche Zielsetzung. 2.) Der tatsächliche Finanzierungsanteil der Deutschen Bahn an S21 läge bei etwa 20 Prozent des GWU. Zu Mehrzahlungen für das politische Städtebauprojekt S21 sei die Bahn aus wirtschaftlichen Gründen keinesfalls bereit, weshalb sie ja auch aktuell eine Klage eingereicht hätte.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2017:01:06:20:14:46.

Re: "Tage der offenen Baustelle"

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 06.01.17 17:45

Trevithick schrieb:
2.) Der tatsächliche Finanzierungsanteil der Deutschen Bahn an S21 läge bei etwa 20 Prozent des GWU. Zu Mehrzahlungen für das politische Städtebauprojekt S21 sei die Bahn aus wirtschaftlichen Gründen keinesfalls bereit, weshalb sie ja auch aktuell eine Klage eingereicht hätte.


wie verstrahlt muss man eigentlich sein um für diesen Haufen so zu schwafeln?

Re: "Tage der offenen Baustelle"

geschrieben von: Wolf le Breton

Datum: 06.01.17 18:37

monza30 schrieb:

wie verstrahlt muss man eigentlich sein um für diesen Haufen so zu schwafeln?

Könnte es sein, dass er, angesichts dieser 0815-Antwort, zufällig an @Micha geraten ist? Wer weiss ...

Re: "Tage der offenen Baustelle"

geschrieben von: graetz

Datum: 06.01.17 19:19

Trevithick schrieb:
2.) Der tatsächliche Finanzierungsanteil der Deutschen Bahn an S21 läge bei etwa 20 Prozent des GWU.

Da hat der sicher was verwechselt. Letztendlich darf die Bahn eher 80% der Kosten des neuen Bahnknoten Stuttgarts stemmen. Mindestens.

Re: "Tage der offenen Baustelle"

geschrieben von: Trevithick

Datum: 06.01.17 19:37

monza30 schrieb:

Trevithick schrieb:
2.) Der tatsächliche Finanzierungsanteil der Deutschen Bahn an S21 läge bei etwa 20 Prozent des GWU. Zu Mehrzahlungen für das politische Städtebauprojekt S21 sei die Bahn aus wirtschaftlichen Gründen keinesfalls bereit, weshalb sie ja auch aktuell eine Klage eingereicht hätte.

wie verstrahlt muss man eigentlich sein um für diesen Haufen so zu schwafeln?
Ich höre da etwas anderes heraus:

Besagter Jungingenieur sagte zunächst sein Sprüchlein von der Kapazitätssteigerung auf, um den schönen Schein der Zukunftsfähigkeit zu wahren. Auf eine kritische Rückfrage hin fiel sein Argumentationsgebäude allerdings in sich zusammen. Darauf folgte eine Aussage mit folgendem Tenor: Die Deutsche Bahn führt mit S21 lediglich aus, was die Stuttgarter Projektpartner vorgeben und was diese finanziell fördern.

Die Aussage verdeutlicht, dass die DB-Mitarbeiter mittlerweile müde sind, ihren Kopf für ein politisch motiviertes Bahnhofsprojekt hinzuhalten, welches sie in dieser Form weder brauchen noch wollen. Nach mehreren Gesprächen anlässlich des "Tags der offenen Baustelle" gehe ich davon aus, dass es sich hierbei weniger um eine Einzelmeinung, als vielmehr um ein sich ausbreitendes Phänomen innerhalb der PSU bzw. der Deutschen Bahn handelt. Nicht zuletzt haben die PSU-Geschäftsführer Manfred Leger und Peter Sturm unlängst gegenüber OB Fritz Kuhn in dieser Angelegenheit eine deutliche Position bezogen: "Mit dem Projekt Stuttgart 21 ist nicht primär eine Optimierung der Eisenbahninfrastruktur im Interesse der DB bezweckt, sondern werden städtebauliche sowie verkehrs- und wirtschaftspolitische Ziele von BW, LHS und den anderen beiden Projektpartnern verfolgt." (Vgl. ausführliche Beiträge unter [www.drehscheibe-online.de].)

Die aktuelle DB-Strategie birgt eine erhebliche Brisanz: Sollten Land und Stadt ihren (in diversen Geheimverträgen vereinbarten) Finanzierungsverpflichtungen nicht nachkommen, so sieht die Deutsche Bahn ihrerseits keine Notwendigkeit und keine Verpflichtung, den "Luxusbahnhof" fertigzustellen. Angesichts einer möglichen Ruinenlandschaft im Herzen Stuttgarts hat die Bahn eine wirkungsvolle Drohkulisse gegenüber ihren S21-Projektpartnern aufgebaut. Darüber täuscht die außerordentlich fröhliche Stimmung des Herrn Dr. Grube anlässlich diverser Grundsteinlegungen und Tunnelfeiern nicht hinweg.

Die Projektpartner Land, Stadt und VRS befinden sich hingegen in der misslichen Lage, die dreifache Rolle der Protagonisten, der Finanziers und der Genehmigungsbehörden von S21 wahrnehmen zu müssen. Dabei sind inhärente Interessenskonflikte nicht auszuschließen, die eine "konstruktiv-kritische Projektbegleitung" erschweren. Um ihr Gesicht zu wahren, bleibt den Politikern nur noch eine möglichst geräuschlose Projektförderung zu Lasten Dritter - d. h. der Steuerzahler kommt für Fehlinvestitionen auf. Diese Zwangslage lässt sich am opportunistischen Verhalten von MP Kretschmann, VM Hermann oder OB Kuhn feststellen. Würden sie eine Modifikation oder gar einen Abbruch von S21 erwägen, so müssten sie erhebliche "sunken costs" verantworten. Dies erscheint der Öffentlichkeit aber nicht vermittelbar …



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2017:01:06:23:14:11.

Re: "Tage der offenen Baustelle"

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 06.01.17 20:07

Trevithick schrieb:
Die Aussage verdeutlicht, dass die DB-Mitarbeiter mittlerweile müde sind, ihren Kopf für ein politisch motiviertes Bahnhofsprojekt hinzuhalten, welches sie in dieser Form weder brauchen noch wollen. Nach mehreren Gesprächen anlässlich des "Tags der offenen Baustelle" gehe ich davon aus, dass es sich hierbei weniger um eine Einzelmeinung, als vielmehr um ein sich ausbreitendes Phänomen innerhalb der PSU bzw. der Deutschen Bahn handelt.



oder soll das die Vorbereitung der Öffentlichkeit bzw. deren Meinung auf doch ziemlich erhebliche Nachzahlungen sein? Oder anders ausgedrückt: eine Strategie der Bahn in diese Richtung, die ja auch sicherlich von dem ein oder anderen Käseblatt verbreitet wird und somit auch den Richtern zu Ohren/Augen kommt. Wer viel trommelt wird auch viel gehört....
Wie man in diesem Forum ja alleine feststellen kann, reicht der Arm des Propagandabüros ja ziemlich weit. Und zu schade ist man sich in diesem Büro ja für nichts.... auch nicht für handfeste Lügen. Und mit "totschwafeln" kennt man sich ja bestens aus - siehe hier....

Re: "Tage der offenen Baustelle"

geschrieben von: Paulson vom Dach

Datum: 06.01.17 20:11

Trevithick schrieb:


Die aktuelle DB-Strategie birgt eine erhebliche Brisanz: Sollten Land und Stadt ihren (in diversen Geheimverträgen vereinbarten) Finanzierungsverpflichtungen nicht nachkommen, so sieht die Deutsche Bahn ihrerseits keine Notwendigkeit und keine Verpflichtung, den "Luxusbahnhof" fertigzustellen. Angesichts einer möglichen Ruinenlandschaft im Herzen Stuttgarts hat die Bahn eine wirkungsvolle Drohkulisse gegenüber ihren S21-Projektpartnern aufgebaut. Darüber täuscht die außerordentlich fröhliche Stimmung des Herrn Dr. Grube anlässlich diverser Grundsteinlegungen und Tunnelfeiern nicht hinweg.



Das bischen Grube ist schnell zugeschüttet (also die Baugrube...) oder anderweitiger Nutzung zugeführt. Das meiste Geld steckt in den bisher gebohrten Tunneln - und die taugen kaum als Drohkulisse (und die Bevölkerung wäre glücklich, all diese Tunnelbaustellen mit all ihren Beeinträchtigungen des Lebens und des Verkehrs aus dem Stadtgebiet verschwinden zu sehen). Und sollte gar die Anhydrit-Problematik schneller offensichtlich werden als es die Bahn verbergen kann, sieht es mit der Drohkulisse vollends ganz lausig aus.....



4-mal bearbeitet. Zuletzt am 2017:01:06:20:36:01.

Re: "Tage der offenen Baustelle"

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 06.01.17 20:47

Paulson vom Dach schrieb:
Und sollte gar die Anhydrit-Problematik schneller offensichtlich werden als es die Bahn verbergen kann

ob es vielleicht schon zu ersten Quellungen kommt und die bahn kalte Füße bzw. das grosse Muffensausen kriegt? Denn entstehende Schäden (wie z.B. in Staufen) dürften alleine auf ihr Konto gehen....

Re: "Tage der offenen Baustelle"

geschrieben von: vielflieger

Datum: 06.01.17 21:18

So eine schöne Prosa hätte ich hier bei der Drehscheibe gar nicht erwartet ;)



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2017:01:06:21:23:39.

Re: "Tage der offenen Baustelle"

geschrieben von: Traumflug

Datum: 07.01.17 11:44

Paulson vom Dach schrieb:
Trevithick schrieb:
Die aktuelle DB-Strategie birgt eine erhebliche Brisanz: Sollten Land und Stadt ihren (in diversen Geheimverträgen vereinbarten) Finanzierungsverpflichtungen nicht nachkommen, so sieht die Deutsche Bahn ihrerseits keine Notwendigkeit und keine Verpflichtung, den "Luxusbahnhof" fertigzustellen. Angesichts einer möglichen Ruinenlandschaft im Herzen Stuttgarts hat die Bahn eine wirkungsvolle Drohkulisse gegenüber ihren S21-Projektpartnern aufgebaut. Darüber täuscht die außerordentlich fröhliche Stimmung des Herrn Dr. Grube anlässlich diverser Grundsteinlegungen und Tunnelfeiern nicht hinweg.
Das bischen Grube ist schnell zugeschüttet (also die Baugrube...) oder anderweitiger Nutzung zugeführt.
Wenn man sie zuschütten dürfte schon, das ist richtig. Nur: ausser der DB darf das niemand, denn sie hat Baurecht. Im Fall der Fälle genügt also ein Weiterbau in homöopathischen Dosen, um diese Kulisse aufrecht zu erhalten.

Gleichzeitig denke ich, dass die Kulisse nicht all zu bedrohlich ist. So, wie die meisten Stuttgarter Bürger die Baustelle schon jetzt weg-ignorieren, so werden sie das auch bei einem Quasi-Baustillstand tun. Bei diesem halbfertigen Turm in Fellbach(?) beschwert sich auch kaum jemand über die mit einer Bauruine verschandelte Landschaft. Zumindest die Zeitungen berichten vorwiegend über die (möglicherweise krummen) Geschäfte, die damit zusammen hängen. Dass Stuttgart 21 vor Allem mit politischem Theater zusammen hängt, auch das sind die Leute längst gewohnt. Ein prominentes Loch neben dem Bahnhof werden sie also gerne ertragen.