Schienenbieger, einerseits schaue ich nur sporadisch auf DSO vorbei, andererseits wäre
der Ort für die Kritik an WikiReal dortselbst. Wer dortige Inhalte für korrekturbedürftig hält, kann das auch dort einbringen. Die Nachtzug-Diskussion würde auf die Diskussionsseite gehören zu: [
wikireal.org]
Im Folgenden zu Ihrer Kritik an der Berechnung des Nachtverkehrs. Ich werde verschiedentlich auf die folgenden zwei Dokumente verweisen:
[
www.rp-stuttgart.de] mein
Nachforderungskatalog aus der Anhörung zu PFA 1.3, im Folgenden kurz (Nachf.).
[
wikireal.org]
Fachartikel Engelhardt, Eisenbahn-Revue 01/2015, S21-Leistungsfähigkeit, im Folgenden kurz (ERI)
Die Beantwortung des Nachforderungskatalogs wurde in der Anhörung beschlossen als Preis des Abbruchs der Anhörung ohne Klärung der offenen Fragen. Mit dem Regierungspräsidium (RP) war eine Beantwortung bis Februar 2015 vereinbart gewesen. Bis heute gibt es
keine Antwort der Bahn, was nicht für argumentative Stärke spricht und was als ein weiteres Beispiel für effektive Aushebelung der Bürgerbeteiligung gesehen werden kann. Die wesentlichen Punkte der Auseinandersetzung sind in meinem ERI-Artikel zusammengefasst und bis heute ohne Widerspruch in der Öffentlichkeit oder Fachwelt. In dem beim RP für Berechtigte erhältlichen Protokoll der Anhörung (Prot.) finden sich die Aussagen zur Anhörung belegt.
Nun im Einzelnen zu Deiner Rechnung, insbesondere Deinem Anfangspost und dem vom 22.05. 20:41 Uhr:
1. Es ist nicht zutreffend, dass für die
Kapazitätsauslastung alleine die
Ankünfte maßgeblich wären (Ihr Post vom 23.05. 10:09 Uhr ohne Quellenangabe für die Behauptung). Es ist sicher so, dass sich der
Bedarf und ein entsprechendes Angebotskonzept in
Ankünften und Abfahrten bemisst. Diesen kann man mit mehr oder weniger Leerfahrten realisieren. Das ist eine Frage der Wirtschaftlichkeit, da kann es unwirtschaftlich sein, Züge entgegen dem Bedarf durchzubinden und leer ins Land fahren zu lassen, und sehr viel wirtschaftlicher sein, sie auf kurzem Weg abzustellen. Wesentlich ist aber: Ein Bahnsteiggleis wird von einem endenden, bereitgestellten und weiterfahrenden Zug gleichermaßen für die Zeit der Einfahrt, des Halts und der Ausfahrt belegt und ist für andere Züge nicht mehr nutzbar. Ingulf Leuschel hat genau so die Zählung der Züge erläutert. Es ist nicht zulässig, einen Zug mit einer Leerfahrt bei der Kapazität nur halb zu zählen. Hierfür gibt es keine bahnwissenschaftliche Begründung. Versucht man, anders zu argumentieren sollte man zunächst (Nachf. S. 11 ff Antr. 16-25) beantworten.
2. Das in der Berechnung der Nachtzüge eingesetzte Szenario
BVWP 2003 hat sehr wohl mit dem Szenario A von 1997 zu tun. Und zwar genau in der Art, in der es eingeführt wurde. Man darf nur nicht (mittels unvollständiger Zitierung) die
Fußnote übergehen. Im fraglichen Abschnitt hatte ich bei (Nachf. S. 33 erster Spiegelstrich Fußnote 58) exakt angegeben, wie der Zusammenhang ist: Die 856 Züge (Zugfahrten) beschreiben das "Angebot" (bzw. den Bedarf, also Ankünfte und Abfahrten) des BVWP 2003. Im Finanzierungsvertrag waren in Punkt 2 der Anlage 3.2a Anhang 1 die 856 Züge als "Leistungsmenge" also als Angebot/Bedarf bezeichnet worden. Hinzu kommen die 204 Abstellfahrten aus (PFB 1.1 S. 154). Wir sind also tatsächlich bei 1.060 Zugfahrten, d.h. 530 physikalischen Zughalten oder physikalischen "Zügen" im Bahnhof. In der Fußnote hatte ich auch klargestellt, dass der BVWP 2003 eine Obergrenze für das tatsächlich 1997 geltende Betriebsszenario angibt, da mit BVWP 2003 der Bedarf noch einmal gesenkt wurde. Mir sind die exakten Zahlen der früheren Szenarien in der Detaillierung Ankünfte, Abfahrten und Leerfahrten bzw. der zahl der physikalischen Züge nicht bekannt. Wenn Dir diese Zahlen zur Verfügung stehen, steht es Dir frei, das hier mit Quellenangabe zu veröffentlichen. Bis dahin musste man sich mit der von mir vorgetragenen Argumentation behelfen. Das BVWP 2003 bedeutet selbst in Ankünften und Abfahrten lediglich eine Steigerung von 39 % ggü. 1996, obwohl für das Projekt 80 % Plus im Regionalverkehr und 50 % Plus im Fernverkehr versprochen waren.
3. Die
Zugzahlen für 1996 sind nicht "mit Sicherheit falsch" (was Sie auch nicht für den Fahrplan dieses Jahres nachweisen). Vielmehr wurden die Zugzählungen im Nachforderungskatalog ab S. 90 in der Anhörung zu PFA 1.3 von den Bahn-Vertretern ausdrücklich nicht grundsätzlich angezweifelt sondern sogar bestätigt (Anhörungsprotokoll). Die Zählungen wurden im Detail mit den Fahrplänen dokumentiert und wer sich diesen Ergebnissen verweigert muss anhand dieser Fahrpläne das Gegenteil beweisen. Das ist nicht geschehen. Gerne kann die Tageszugzahl auch weiter diskutiert werden, wie in diesem Forum schon begonnen: [
www.drehscheibe-online.de] Der zugrunde liegende Fahrplan wurde hier veröffentlicht: [
www.drehscheibe-online.de] und die Auswertung ist hier öffentlich zugänglich: [
docs.google.com] Zur Kontrolle siehe den Reiter "Gleisbelegung 1996 werktags", vielleicht kann noch die ein oder andere Bahnsteigwende korrigiert werden.
4. Schienenbieger, Deine Auswertung der
29,5 Züge pro Stunde der Hauptverkehrszeit ist wegen der Ausblendung der Leerfahrten falsch. Tatsächlich sind es
32 physikalische Züge pro Stunde der Hauptverkehrszeit, laut Heimerl 1997 Anl. 21-24, siehe auch [
wikireal.org] S. 4. Deine Auszählung auf S. 52 des Heimerl-Gutachtens von 1997 [
www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de] beinhaltet natürlich wieder nur das "Angebot", d.h. Züge im Sinne von Ankünften und Abfahrten. Anl. 21-24 finden sich auf Blatt 115 f dieser Datei. In Anlage 41 auf Blatt 131/132 dieser Datei kann man die jeweils 32 physikalischen Züge abzählen. Die 32 Züge/h hat die Bahn außerdem schon ausdrücklich als "Fahrplanvorgabe" bestätigt (Stern 44/2012, "Das falsche Versprechen", S. 55).
5. Damit ist im Ergebnis die
Berechnung zu Heimerls Nachtverkehr in keinem einzigen Punkt entkräftet. Vielmehr machst Du, Schienenbieger, Dich selbst ungenauer Zitierung und bahnwissenschaftlich unhaltbarer Argumentation schuldig.
Du kannst gerne eine
neue Zählmethode für den Kapazitätsverbrauch durch Züge in einer Infrastruktur vorschlagen. Mache das aber zunächst in einer
Fachpublikation, damit die Fachwelt über die Sinnhaftigkeit diskutieren kann. Bisher gibt es keine Zweifel an der Zählung der Züge für den Kapazitätsverbrauch, da insbesondere auch Prof. Schwanhäußer und Martin, sofern sie "Züge" zählten, Leerfahrten dabei berücksichtigten, z.B. Schwanhäußer 1997 S. 45: Die 37,75 Belegungen pro Stunde entsprechen exakt dem Durchschnitt, Martin 2005 S. 38: Die Fahrt zum Wartungsbahnhof wird als "Zug" gezählt, siehe aber vor allem: (Nachf. S. 11 ff Antr. 16-25).
Schienenbieger, ich darf Dich
bitten, Dich zu entschuldigen für die massiven Anwürfe "Blödsinn", die WikiReal-"Methoden" und die "bei Engelhardt sehr beliebte Methode des falschen Zitierens." Erinnere Dich bitte an die Regeln dieses Forums. Gestehe ein, dass Du ungenau zitiert hast, als Du die entscheidende Fußnote übergingst, und unzulässig den betrieblich notwendigen und auch für S21 geplanten Bedarf an Leerfahrten, der ebenfalls Kapazität der Bahnsteiggleisanlage beansprucht, systematisch ausgeblendet hast.
Eine Fortsetzung Deiner "WikiReal-Methoden"-Reihe in dieser Qualität und diesem verleumderischen Tonfall ist nicht zu tolerieren und fordert möglicherweise das
Eingreifen der Administratoren.
Christoph Engelhardt