Teil 2
Teil 4
Quelle: [
de.wikipedia.org], Lizenz: CC BY-SA.
Die Württembergische Schwarzwaldbahn wurde 1872 fertiggestellt und verbindet Stuttgart mit Calw, wo Anschluss an die Nagoldtalbahn von Pforzheim nach Horb besteht. Während auf dem östlichen Abschnitt seit 1978 die S-Bahn verkehrt (S6 von Weil der Stadt nach Schwabstraße, mittlerweile im Viertelstundentakt), ist auf dem westlichen Abschnitt seit 1983 kein Personenverkehr mehr. Im Zuge von Reaktivierungsbemühungen laufen zur Zeit Bauarbeiten zur Wiederinbetriebnahme. Das geplante Verkehrskonzept zwischen Calw und Stuttgart ist auch hier im Forum regelmäßig Gegenstand von Diskussionen, ebenso wie in der Lokalpolitik der beiden beteiligten Landkreise Böblingen und Calw. Aktuelle Planungen gehen von einer Wiederinbetriebnahme 2023 aus.
Der letzte Bericht ist eine Weile her, im Januar dieses Jahres ist er entstanden. Die Bilder heute stammen aus zwei verschiedenen Begehungen: einmal Anfang Januar 2021, einmal im April 2021. Die Bilder sind entsprechend der Position an der Strecke zusammengestellt, weswegen teilweise Bilder mit und ohne Schnee durcheinandergehen. Man sehe es mir nach. Wie der
echte Railwalker auch, versuche ich, viele Details unterwegs mitzunehmen - deswegen sind es ziemlich viele Bilder geworden.
Ich habe irgendwie eine Begabung dafür, nur bei trübem Wetter unterwegs zu sein. Entsprechend ist die Bildqualität bestenfalls als dokumentarisch zu bezeichnen. Ich hoffe, trotzdem den einen oder anderen weiter mit auf die spannende Reise über diese Bahn nehmen zu können. Anders als viele anderen zu Fuß bereisbaren Bahnen, bei denen nur noch die Nostalgie eine Rolle spielt, wird hier fleißig an der Wiederinbetriebnahme gearbeitet. Es gibt jedenfalls noch eine Menge zu tun, bis hier wieder Züge fahren.
An einigen Stellen habe ich auf Firmenwebsites verlinkt. Ich habe mit den Firmen nichts zu tun, fand aber deren Darstellung teilweise ganz interessant.
Einige Informationen habe ich dem
Mitfahrvideo von 1982 entnommen.
Im letzten Teil war ich bis zum BÜ am Ortsausgang von Ostelsheim gekommen. Blick Richtung Calw:
Gleicher BÜ, aber Blick in die Gegenrichtung, also Richtung Weil der Stadt:
Von der Blinklichtanlage ist sogar noch ein Rest vorhanden. Es gab vier Blinklichter und je Straßenseite eine Halbschranke. Von den Schranken ist gar nichts mehr so sehen (oder war unter Bewuchs und Schnee versteckt), das Häuschen zur BÜ-Steuerung fehlt auch, aber ein Blinklicht hat überlebt. Es wird sicher im Rahmen der Sanierung noch ausgetauscht werden, zeitgemäß ist es jedenfalls nicht mehr.
Entweder um die Autofahrer nicht zu irritieren oder als Streich hat man das Blinklicht irgendwann umgedreht. In der Summe jedenfalls ein ziemlich seltsamer Anblick.
Auf Ostelsheimer Seite ist neben dem BÜ noch ein Fundament vorhanden. Darauf dürften Blinklicht und Schranke gestanden haben (das Häuschen für die BÜ-Technik war es jedenfalls nicht). Der Blick geht Richtung Ostelsheim und Weil der Stadt.
Auf diesen Fundamenten stand vermutlich das BÜ-Deckungssignal auf Calwer Seite. Auch hier wird man einiges erneuern müssen.
Ein Stückchen hinter dem BÜ findet sich diese Gleissperre. Die kann eigentlich nur aus der Zeit zwischen der Einstellung des PV 1983 und dem Ende des GV 1988 stammen. Für das recht überschaubare GV-Aufkommen war die Sicherungstechnik nicht unbedingt notwendig, da konnte man den BÜ bei anfallenden Fahrten auch von Hand sichern. Wikipedia spricht von 220 Wagen im Jahr, also vielleicht eine Fahrt pro Woche. Da auch die BÜ-Technik fehlt, vermute ich, dass man die benutzbaren Teile des BÜ an eine andere Strecke umgesetzt hat.
Der größte Teil der Strecke ist ja, wie vorher erwähnt, endlos verschweißt. Insofern ist der Schienenstoß hier durchaus erwähnenswert. In anderen Teilen der Welt wäre vermutlich eher eine durchgehende Schiene erwähnenswert gewesen. Aber hier, wie gesagt, muss der Zustand der Strecke bei Stilllegung verhältnismäßig gut gewesen sein.
Von den kommenden Bauarbeiten zeugen zahllose Vermessungpunkte entlang der Strecke, die alle gleich aussehen:
Hektometersteine sind an dieser Strecke, anders als Telegrafenmasten, ein verhältnismäßig rares Gut. Hier hatte wohl jemand bei der Vermessung Orientierungsbedarf und hat kurzerhand improvisiert. Kannte ich so auch noch nicht:
Wir hähern uns dem im Hintergrund sichtbaren Althengstetter Tunnel. Während die Straße über den Berg geht, nimmt die Bahn den Weg durch den Tunnel. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie viele Menschen hier vor und nach dem Deutsch-Französischen Krieg geschuftet haben, um weitgehend von Hand diesen Einschnitt und den Tunnel zu erstellen. Vermutlich gab es eine kleine Feldbahn zum Abtransport des anfallenden Gerölls, aber Bagger waren noch weitgehend unbekannt. Der ganze Einschnitt wurde also faktisch mit reiner Muskelkraft in Erdreich und Felsen getrieben. Ich habe allen Respekt vor unseren Vorvätern, die sich das angetan haben. Mein Urgroßvater hätte theoretisch dabei sein können, wenn er nicht 1871 in das neuerdings deutsche Elsass ausgewandert wäre, aber das ist eine ganz andere Geschichte und hat nichts mit der Bahn zu tun.
Ich vermute, dass der Hangrutsch, der Hangrutsch 1988 zur endgültigen Verkehrseinstellung führte, an dieser Stelle war.
In den Einschnitten ist es reichlich feucht, an vielen Stellen kommt Wasser aus der Erde. Das scheinen auch einige Amphibien für sich entdeckt zu haben, jedenfalls sind im Bild oben Krötenzäune zu sehen, die auch an anderen Teilen der Strecke zu sehen sind. Die oben liegende Straße macht es sich einfach und entwässert auf die Bahnlinie:
Das Mauerwerk am Fuß der Böschung sieht nicht sehr vertrauenerweckend aus. An einigen Stellen muss aber in jüngerer Zeit ausgebessert worden sein. Naturstein war sicher zu teuer, also hat man versucht, den Farbton mit den Klinkern zu treffen. Das Ergebnis ist eigenwillig:
Nochmal Blickrichtung Calw. Links der Strecke hat man hässlich, aber effizient mit einer doppelten Leitplanke künftigen Erdrutschen Einhalt geboten. Das Mauerwerk hier sieht frisch saniert aus. Rechts ist der Hang dagegen mit Maschendraht gesichert, das nicht mehr taufrische Mauerwerk hat man gleich so mit gesichert. Dafür zeichnet die Firma Geobrugg
verantwortlich
Auch fast 35 Jahre nach Betriebseinstellung findet man dort noch bahnbezogene Dinge. Was das hier mal war, habe ich aber nicht herausbekommen. Rechts hängt ein Zettel dran, auf dem "UK" steht. Hat jemand eine Idee? Zur Not habe ich auch noch mehr Fotos davon.
Rechts neben dem Tunneleingang ist dieses Gebäude. Ich dachte erst an eine Art Wärterstellwerk, aber es ist wohl
ein Pumpenhaus.
Über die windschiefe Treppe und den darüber befindlichen Wasserabfluss haben wir dann übrigens den Einschnitt verlassen, was eine gewisse Kletterpartie war. Der Tunnel ist, wie unschwer zu sehen, verschlossen.
Die Vergitterung sieht ein bisschen so aus, als würde der Tunnel auch hier zwischen Bahn und Fledermäusen geteilt. Ich hatte die Berichterstattung mal so gelesen, als betreffe das nur den Calwer Tunnel, das stimmt aber wohl nicht.
Blick in den Tunnel. Der Tunnel selbst ist so gut wie leer, was die
Firma Reif bewerkstelligt hat. Unter den Abdeckungen rechts und links befinden sich die Entwässerungsschächte. An manchen Stellen der Schwarzwaldbahn hat man den Eindruck, es eher mit einem Wasserbau- als einen Schienenverkehrsprojekt zu tun zu haben.
Da wir anders als Fledermäuse nicht in den Tunnel fliegen können und wir auch nicht auf den nächsten Zug warten wollten, sind wir über den Berg gelaufen. Nach einem netten Spaziergang durch ein Wäldchen kommt man dann wieder oberhalb der Strecke heraus und hat einen ersten Blick aufs westliche Tunnelportal. Das Bild gibt noch einen weiteren Eindruck von den Dimensionen des Einschnitts.
Aus der Nähe sieht das dann so aus. Der Tunnel hat dieses Jahr übrigens 150. Geburtstag. Das Mauerwerk am Tunnelportal könnte etwas weniger Bewuchs vertragen, sieht aber für meinen Laienblick substanziell gut aus.
Der Blick in den Tunnel ist auch von dieser Seite nicht viel spannender. Der linke Bereich wird nachher den Fledermäusen gehören, der rechte der Bahn. Am Boden erkennt man wieder die Entwässerung.
Diese endet rechts und links jeweils in einem solchen Schacht. Davon werden noch einige gesetzt werden, etwas weiter lag noch ein ganzer Stapel dieser Betonteile.
Der Fernsprecher am Tunneleingang ist leider nicht mehr zu retten. Oberhalb baumelt noch ein bisschen an Kabeln, das aber alles durchgetrennt ist. Ob die Bundesbahn selbst den Inhalt des Kastens entfernt hat, ob es Kupferdiebe waren oder schlicht Vandalismus? Wird sich nicht mehr herausfinden lassen, und der Kasten dürfte in absehbarer Zeit den Weg zum Schrott antreten.
Wir bleiben bei der Elektrik. Ein kleines Stückchen weiter steht auf der Seite dieser recht massiv wirkende Telegrafenmast. Vermutlich liegt der Eindruck daran, dass er an einer Seite einen massiven Kabelkanal hat, vermutlich, um die Kommunikationsleitungen durch den Tunnel zu führen. Bei diesem sind auch beide Abspannungen noch da. Das Kupfer dagegen fehlt wie an der ganzen Strecke.
Der Einschnitt wird wieder flacher, gleich ist Althengstett erreicht. Die Trasse ist breiter, als sie auf dem Bild wirkt: hier müsste Platz für zwei Gleise gewesen sein.
Die Amphibien mögen wohl auch diese Seite des Tunnels, obwohl es hier wesentlich trockener ist als im Einschnitt auf der anderen Seite. Vielleicht waren durchgehende Krötenzäune auch Genehmigungsauflage. Jedenfalls hat die Baufirma hier ganze Arbeit geleistet und massiv Krötenzäune spendiert. Ob sie dann auch jeden Abend rübergetragen werden? Keine Ahnung. Krötentunnel habe ich jedenfalls keine gesehen.
Das gelbe Gebäude im Hintergrund ist bereits der Bahnhof Althengstett.
Ein anständiger Bahnhof hat natürlich ein Einfahrsignal, das hier ist ja schließlich eine Hauptbahn. Das Signal ist Geschichte, das Fundament nicht. Die gleiche Bauform, halb in den Graben gestellt, gab es auch schon in Ostelsheim. Das hier war jedenfalls ein mechanisches Signal. Von den Seilzügen habe ich keine Spuren mehr gefunden.
Auf dem Fundament liegen einige Kleineisen herum, vermutlich von der Schienenbefestigung Typ K.
Einiges an Kleineisen liegt aber auch im Schotter herum. Wie auch an anderen Stellen der Bahn ist auch hier der Schotter wie neu. Ich habe keine Ahnung, wann hier zuletzt neu geschottert und gestopft wurde, aber allzu lange vor Betriebseinstellung kann es nicht gewesen sein. Natürlich war auch die Streckenbelastung seht überschaubar mit ein paar Schienenbussen am Tag und ein paar Güterwagen pro Woche.
Nun kommt etwas, was mindestens ich sehr spannend finde. Dieses Gebäude wurde erst nach 1982 aufgestellt, vielleicht stand es ja vorher beim eingangs gezeigten BÜ. Vermutlich hat man Althengstett nach Einstellung des PV auf Handweichen umgebaut und hier die zugehörigen Schlüssel aufbewahrt. Ich lasse mir aber gerne widersprechen.
Am Rand steht dann noch das hier. Das ist in mehrerer Hinsicht rätselhaft. Der Bahnhof Althengstett war wohl komplett mechanisch, und der BÜ war in die Signalsicherung des Bf einbezogen und hatte keine separate Überwachung. Wofür hier elektrische Sicherungstechnik gebraucht wurde, ist unklar, außer für den Magneten am Einfahrsignal. Das Firmenlogo konnte ich nicht entziffen. Hat jemand eine Idee?
Althengstett ist erreicht, Blick auf den BÜ am Bahnhofskopf.
Das Bahnhofsgebäude ist recht hübsch und mit seinen Holzschindeln auch durchaus lokaltypisch ausgeführt. Heute ist es der Sitz des örtlichen Krankenpflegevereins.
Der Bahnhof liegt, wie auch schon in Ostelsheim, ziemlich am Rand des Ortes. Ich bin gespannt, wie die HHB dort angenommen werden wird. Attraktiver als die Busfahrt ist sie allemal, dafür hält der Bus wesentlich zentraler.
Vielen Dank fürs weitere Mitkommen! Im kommenden Abschnitt geht es dann weiter bis Calw-Heumaden, dann gibt es auch noch Bilder der Gleisanlagen und des Bahnsteigs in Althengstett. Allerdings muss ich noch die Bilder sichten, abgelaufen bin ich die Strecke bereits.
Teil 4
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2021:04:24:16:05:25.