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 15 - Museumsbahn-Forum 

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Dieses Forum dient dem Erfahrungsaustausch über den Erhalt und Betrieb historischer Fahrzeuge. Dazu zählen auch Beiträge zu Bahnen, die planmäßig Dampfbetrieb anbieten, sowie Touristikbahnen, die nicht der Definition von Museumsbahnen im strengeren Sinne entsprechen.
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Moderatoren: Klaus Habermann - JensMerte - TCB
Liebi Ysebahfründ,

nachdem manche Museumsbahn die Corona-Fahrpause schon für Berichte über Gleisbaumaßnahmen genutzt hat, möchten wir uns noch mit einer Instandhaltungsmaßnahme beteiligen.

Gleise richten - eine Daueraufgabe bei der Sauschwänzlebahn

Eine Daueraufgabe ist dies deshalb, weil bereits beim Bau der militärstrategischen Bahnstrecke klar war, dass das Gelände eigentlich nicht für den Bahnbau geeignet war. In August von Würthenaus Baubericht von 1890 ist eines der meist verwendeten Wörter "Rutschung". Die Geologischen Verhältnisse, auf die man sich einzulassen hatte, kannte man bestens und unternahm viel, um das Problem zu bändigen.

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Ganz gelungen ist es beim Bahnbau dennoch nicht und es kam immer mal wieder zum Nachgeben von Einschnitten und Dämmen.

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Mit diesem Thema haben wir auch heute noch zu tun und es gibt eine Reihe von Stellen, an denen ein bis zweimal im Jahr der Oberbau wieder in seine Solllage zu bringen ist. Die Betriebsdienstmitarbeiter kennen diese und in der SbV (Sammlung betrieblicher Vorschriften) der Bahnbetriebe Blumberg wird man zusätzlich aufgefordert, Gleislagefehler umgehend zu melden. Eine solche Meldung erreichte mich im Spätsommer 2020 und dies wurde prompt in einen La-Eintrag (La = Verzeichnis der Langsamfahrstellen und Besonderheiten) umgewandelt: Rund um das Biesenbachviadukt 20 km/h !

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Nun weiß also jeder Lokführer, dass er hier seine Fahrt zügeln muss. Von 50 auf 20 km/h und danach wieder auf 50 Km/h mit einem 219 t schweren Zug im reichlich überhöhten Bogen und bei einer langen 10-Promille-Steigung, da kommt beim Lokpersonal unserer Dampflok keine Freude auf.
Was schnell gemeldet und in Papier umgesetzt war, forderte auch eine augenscheinliche Begutachtung des Eisenbahnbetriebsleiter. Der muss ohnehin seine 62 km Gesamtinfrastruktur einmal je Jahr mit prüfendem Blick und Notizblock in der Hand ablaufen. Und so war der Rutschungsschaden beim Streckenbegang schnell als "Prio. 1" eingestuft. Die bogeninnere Schiene macht einen richtigen Sack im Anschluss an die feste Auflage auf der Flügelmauer des Biesenbachviadukts - mehr, als die gewollte Überhöhung es vorgibt.

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Heißt also, der La-Eintrag " b. a. w. " in der Spalte "außer Kraft ab" sollte nicht überreizt werden. Das Warten bis zum nächsten Einsatz einer Stopfmaschine wäre also nicht zu tolerieren. Da aufgrund des bundesweit einmaligen Winterbefahrungsverbots einer öffentlichen Eisenbahnstrecke wegen ruhender Fledermäuse diese normalerweise ab Ende Dezember ohnehin Rost ansetzt und 2020 coronabedingt sogar schon Ende Oktober der letzte Zug sein markantes Pfeifen im Wutachtal hinterließ, blieb also doch noch etwas Karenz, bis die Truppe der Bahnbetriebe Blumberg anrückte.

Im Februar war es dann soweit - noch bei leichten Minusgraden, die die Mannschaft auf 750 m Höhe über dem Meer gut gewöhnt ist, setzte sich nach Einrichtung der Strecke als Baugleis der Zweiwegebagger in Bewegung und diente als Lasttaxi für das Arbeitsgerät. Dieselaggregat, Stopfhämmer, Schottergabeln - alles, was des Oberbauers Herz begehrt.

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Gleich gehts weiter.
Nun ist es so, dass das Gleis sich ja im Bogen befindet und überhöht ist. Die Überhöhung ist der Betrag in mm, um den die bogenäußere Schiene höher ist als die Bogeninnere. Die ist jedoch abgerutscht und muss wieder hoch - aber um wieviel? Es soll natürlich die Sollgradiente wieder hergestellt werden. Die findet man in einem Absteckverzeichnis bzw. in einem Gleishöhenplan.

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110 mm sind in der Spalte "Überhöh." über das gesamte Bisenbachviadukt angegeben. Die bogeninnere Schiene muss also so lange angehoben werden, bis sie 110 mm unter dem bogenäußeren Schiene liegt.

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Die Stelle ist markiert, von wo es nun losgeht mit den 110 mm Sollage. Was an Überhöhung durch das Abrutschen zu viel entstanden ist, wird auf die Schwellen geschrieben, so dass ein Anhaltspunkt da ist, wie kräftig die bogeninnere Schiene angehoben werden muss. Gemessen muss dann ohnehin ständig. Man kann das Gleisjoch nur anheben, nicht senken. Wenn zu wenig Überhöhung vorhanden ist, wird also die bogenäußere Scheine angehoben und eben wie hier bei zu viel Überhöhung die Bogeninnere.

Wie wird nun gemessen?

Das Spurmaß enthält eine kleine Wasserwaage, die über einen Drehknopf innerhalb des Spurmaßes gekippt werden kann.

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Jetzt wird nun am Drehknopf so lange gedreht, bis die Libelle der Wasserwaage Ihre 0-Stellung erreicht hat. Dann kann man auf einer Skale, die sich beim Drehen des Drehknopfes mit bewegt hat, die aktuelle Überhöhung ablesen.

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Zum Erreichen der gewollten Überhöhung kan man natürlich auch den gewünschten Wert - hier also 110 mm - einstellen und die Schiene so lange heben, bis die Libelle in die 0-Stellung kommt.

Nun zum Heben der Schiene:

Auch nach dem Genuss des typischen Schwarzwälder Frühstücks - geriebene Kartoffel vom Vortag in einer Pfanne mit reichlich Fett - braucht man die Schiene nicht von Hand heben, sondern es gibt dafür Winden, mit denen das ziemlich einfach geht. Das fand ich beim ersten Mal schon ganz schön beeindruckend, was man alles von Hand schafft. Erst eimal ist unter der Schiene Platz zu schaffen für den gelben Bengel. Das kann man natürlich auch mit einer Schottergabel machen.

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Gleich gehts weiter
Eine ganze Reihe von Winden ist erforderlich, um nun möglichst gleichmäßig die untere Schiene so zu heben, dass die 110 mm Überhöhung erreicht werden.

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Wenn dann die bogeninnere Schiene in die Sollage gehoben ist, fehlt natürlich unter den Schwellen Gleisschotter. Der muss nun seitlich unter die Schwellen gedrückt werden, damit diese in der Solllage liegen bleiben und nicht wieder runter ins Loch fallen, was beim Anheben unter ihnen entstanden ist. Jetzt kommen also die elektrischen Stopfpickel zum Einsatz.

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Das ist nun richtige Sch.....-Arbeit. Die beiden Stellen am Biesenbachviadukt - jeweils so ca. 40 m lang haben zwei Mann einen ganzen tag beschäftigt. Wir haben es im fliegenden Wechsel zu viert gemacht, damit immer zwei eine Pause machen können bzw. einer nachmessen kann. Danach braucht sich keine Ehefrau am Abend sorgen, dass ihr Mann noch allzuviel Aufmerksamkeit von ihr braucht.

Erheblich einfacher wirds, wenn man für seinen Zweiwegebagger ein Stopfaggregat als Anbaugerät besitzt. Bei unserem O&K-Auslaufmodell gibts das aber leider nicht.

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Was an Schotter unter die Schwellen gedrückt wurde, muss wieder ergänzt werden - entweder händisch vom seitlichen Schottervorrat an der Flanke oder mit Hilfe des Baggers von kleinen Haufen, die hier und dort beim Einschottern übrig geblieben sind.

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Und nun liegt das Gleis für einige Zeit wieder gut und die La kann aufgehoben werden.

Sauschwänzlebahn-Saison 2021, Du kannst kommen!


Herzlichst,

Christian Brinkmann
Bahnbetriebe Blumberg GmbH & Co. KG

P. S. von unseren Mitarbeitern liegt die Einverständniserklärung vor, dass sie gezeigt werden dürfen :-)

Re: Gleise richten bei der Sauschwänzlebahn - Teil 3

geschrieben von: Weinertfan

Datum: 20.04.21 19:39

Hallo Christian,

danke für diesen äußerst sinnreichen Beitrag. Auch die Fotos veranschaulichen sehr gut diese harte Arbeit.

Fahrt Frei.

Gruß Knut.

Re: Gleise richten bei der Sauschwänzlebahn - Teil 1

geschrieben von: E10 444

Datum: 21.04.21 08:34

Sehr interessanter Bericht!

Vielen Dank fürs Zeigen!

E10 444
Ja, das ist eine Sch... Arbeit, das kenn ich zur Genüge.

Sehr schön dargestellt und bebildert.

Gerald