Hallo Eisenbahnfreunde,
zuerst einmal Euch ein Frohes, Neues Jahr!
Neulich war ich mal wieder am Askanischen Platz und habe mir bei dieser Gelegenheit das Portikus-Denkmal beziehungsweise das Relikt vom früheren Anhalter Bahnhof angeschaut und dabei einige Dinge entdeckt, von denen ich Euch gerne schreiben mag.
Am Askanischen Platz führt dieser zum Verweilen einladende Weg direkt zum Denkmal. Der in den Jahren 1875 bis 1880 entstandene, von Franz Schwechten (1841- 1924) entworfene Anhalter Bahnhof war einst der repräsentativste Berliner Kopfbahnhof und ein recht bedeutendes Wahrzeichen der früheren Reichshauptstadt. Ende der 1950er Jahre wurde das imposante Gebäude bis auf den Portikus vom Senat gesprengt und abgetragen.
Das Betrachten des Denkmals ist für mich nicht immer ein durchweg positives Erlebnis, denn der heutige Ort ist mit einer Art Verlusterfahrung konnotiert. Das Fragment kann vor dem Hintergrund des früheren Geschehens (Reisekultur, Fernweh, Betrieb etc.) auch mit Leere/Stillstand in Verbindung gebracht werden. Das würdevolle, etwas aus der Zeit gefallene Denkmal wird am Askanischen Platz direkt von unserer Zeit, der der Automobilität nachwievor allerhöchste Priorität einräumt, aus dieser Perspektive regelrecht eingeholt und verstellt.
Komischerweise fielen mir erst letztens die vielen Einschusslöcher an diesem Sockel auf. Diese Spuren dürften noch von den schweren Kämpfen der letzten Kriegstage herrühren. Kurz nach dem Krieg entstandene Luftaufnahmen belegen, dass um den Anhalter Bahnhof herum nur noch Gebäudetrümmer standen, was man sich heutzutage wegen der restlosen Beseitigung jener Kriegsschäden und in Anbetracht vieler Neubauten nur noch schwer vorstellen kann.
Mittlerweile befinden sich an der Ruine auch solche Graffitis, die wiederum Zeichen der Zeit sind und vergleichbar mit den vorher gezeigten Einschusslöchern Spuren am Denkmal darstellen. Sie sorgen aufgrund ihrer Vulgarität und ihrer mittlerweile massiven Verbreitung im öffentlichen Raum bei vielen für Empörung und sind als zeitgenössische Realitätsfragmente zu dokumentieren und in diesem Kontext meiner Ansicht nach auch bildwürdig.
Bemerkenswert sind am Portikusfragment auch diese beiden Stelen von denen die hintere, aus dem Jahre 2008 stammende, an die vom Anhalter Bahnhof ausgehenden Judendeportationen erinnert. Die davor aufgestellte Stele (rechts), auf der die Schauseite des Bahnhofs zu erkennen ist, dürfte neueren Datum (Ende 2019?) sein und informiert über die Gesamtgeschichte des Bauwerks. Beachtlich finde ich die weit auseinanderliegenden Aufstellungsdaten der Stelen und damit auch die sich im Laufe der Zeit ändernden Erinnerungsprioritäten vor Ort!
Beide Stelen wurden vom Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg aufgestellt, die erste in Zusammenarbeit mit dem damals Regierenden Bürgermeister von Berlin und der Senatskanzlei für Kulturelle Angelegenheiten, die zweite zusammen mit der Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin.
Mit Blick auf das neu entstandene Berliner Stadtschloss bin ich gespannt, was sich am Portikus in den nächsten Jahren noch so tun wird, wer weiß, wer weiß…
Viele Grüße,
Marc