Hallo liebe Eisenbahnfreunde,
nach der überaus erfolgreichen Auftaktveranstaltung im vergangenen Jahr [
www.drehscheibe-online.de] setzte die PRESS an diesem Wochenende die Sommertournee der 86 1333-3 gemeinsam mit der 112 708-3 mit dem Einsatz von Sonderzügen auf der Hafenbahn von Greifswald zum Hafen Ladebow fort.
Das alljährliche Fischerfest "Gaffelrigg" im Ortsteil Wieck lockte wiederum zahlreiche Greifswalder und ihre Gäste in die Sonderzüge. Die Auslastung der Züge konnte sich mehr als sehen lassen.
Ich war gestern vor Ort und habe Euch eine Fotostrecke mitgebracht.
Der Bahnhof Greifswald ist Ausgangspunkt für die Züge zum Hafengelände in Ladebow. Der Bahnhof verfügt heute nur noch über 3 Gleise, die von den Sonderzügen wechselnd genutzt wurden. Hier steht die V 100 auf Gleis 2 abfahrbereit. Am gestrigen Samstag verkehrten 8 Züge vom Bahnhof zum Hafen, heute einer weniger.
Ausfahrt frei für einen der Sonderzüge, diesmal vom Gleis 3, das planmäßig nur unregelmäßig genutzt wird. Der Bahnhof wurde nicht nur gleisseitig völlig umgebaut, sondern auch modernisiert und mit einer Straßenunterführung untertunnelt. Alle Fahrten zum Hafen Ladebow verkehren ab Bahnhof zunächst als Rangierfahrt, fahren also nicht auf Hauptsignal, sondern auf Ra 12 aus dem Bahnhof aus.
Lokführer Matthias über die Schulter geschaut, blicken wir in Höhe des ehemaligen Bahnübergangs der Grimmer Straße (heute nur noch eine Fußgängerunterführung) auf die Hauptstrecke nach Stralsund und die rechts abzweigende Hafenbahn nach Ladebow. Als nicht modernisierte V 100 besitzt 112 708-3 das klassische Führerpult der DR-V 100, ergänzt um einige moderne Zutaten.
Verlief die ursprüngliche Greifswalder Hafenbahn links auf der Wiese am Südufer des Ryck weiter, überquerte der Anschluss zum ehemaligen Fliegerhorst den Ryck diagonal auf einer Betonbrücke. Die heutige Brücke kam im Zuge der Reaktivierung der Hafenbahn 2013 zum Einbau. Zur Geschichte der Strecke klickt bitte den Beitrag aus dem vergangenen Jahr (oben verlinkt) an.
Der folgende Gleisabschnitt nach der Kreuzung der Stralsunder Straße ist heute Flaniermeile und Museumshafen mit wunderschönem maritimem Flair am Nordufer des Ryck. Leider parkten dort gestern Autos und ein zur Sanierung auf Land gehobenes Boot versperrte die freie Sicht.
Unmittelbar nach Verlassen des Museumshafens wendet sich das Gleis nördlich vom Ryckufer ab und erreicht nach wenigen Metern die Ladebower Chaussee, die stark befahrene Zufahrt zu den Ortsteilen nördlich des Ryck. Der Bahnübergang muss nach Halt jedes Zuges per Flagge gesperrt werden. In direkter Verlängerung erblickt man den Turm des Dom St. Nicolai, der Greifswalder Hauptkirche.
Während die zuvor am Bahnübergang aufgehaltene Autoschlange den Zug begleitet, hat dieser einige Zufahrten zu einer Kleingartenkolonie gegenüber der Yachtwerft vorsichtig zu überqueren. Da hier nur unregelmäßig Zugverkehr stattfindet, sind die Laubenpieper nicht an ihn gewöhnt.
Ein als Allee gestalteter Radweg begleitet nun Straße und Bahn auf den nächsten Kilometern. Auf halbem Wege gibt es ein langes Gleis der ehemaligen Wagenübergabestelle. Es wird heute zum Abstellen von Zugteilen genutzt, für die im Hafenbereich der Platz nicht ausreicht. Einstmals holte die Werklok der NVA von dort die zugestellten Wagen, meist Tankwagen mit Treibstoff für die Marineschiffe ab, der in großen Tanks gelagert werden konnte.
Die Einfahrt in den Bahnhof Ladebow war bis zur Wende für Eisenbahnfreunde unerreichbar, lag sie doch hinter dem Postenhäuschen im militärischen Sperrbereich. Parallel zur heutigen Friedrich von Hagenow-Straße endeten die Sonderzüge an einem eigens provisorisch aus Betonplatten angelegten Zustieg.
Ein maritimes Fest in der Nähe zwingt uns geradezu zu einem Blick über den Deich, der zwischen Hafen und neuem Sperrwerk das Fischerdorf Wieck (heute Ortsteil der Universitäts- und Hansestadt Greifswald) als Fußweg ausgebaut ist.
Die Schonerbrigg "Greif", Eigentum der Stadt Greifswald und im Hafen Wieck beheimatet, überholt das historische Fahrgastschiff "Stubnitz". Die "Greif" wurde 1951 auf der Warnow-Werft in Warnemünde zu Ehren des 75. Geburtstags des damaligen Präsidenten der DDR erbaut und auf dessen Namen "Wilhelm Pieck" getauft. Das Schiff war zu DDR-Zeiten als Schulschiff für die Gesellschaft für Sport und Technik eingesetzt, ist heute ein allgemein genutztes und beliebtes Schulschiff. Die "Greif" dient als ständiger Werbeträger des Norddeutschen Rundfunks und weist auf einem heckseitig angebrachten Transparent seit Jahren auf den Heimatsender des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern hin. Das Fahrgastschiff "Stubnitz" entstand 1900 - 1910 auf der Oderwerft Stettin und war zunächst im Revier um Stralsund, heute von Greifswald aus im Fahrgastverkehr unterwegs.
Es wird Zeit für die Dampflok. Heizer Thomas heizt dem Kessel der 86 ordentlich ein...
...während Lokführer Marco routiniert Regler und Steuerung bedient. Angesichts der Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h und der geringen Zuglast muss sich die Lok aber nicht verausgaben. Die Diesellok läuft mit abgeschaltetem Motor am Schluss mit, so dass 86 1333-3 doch noch einige hörbare Schnaufer in den Himmel prustet.
Zufällig hält bei Ladebow gerade ein einheimischer Wartburg 1.3 am Bahnübergang, dessen Fahrer sich gern fotografieren ließ und der an einem weiteren Bahnübergang noch einmal in Szene gesetzt werden konnte. Dort habe ich mein Foto leider verdorben.
Es gibt auf den nächsten Kilometern einige nette Fotopunkte, von denen ich einige aufgesucht habe. Der langsame Zug ließ eine entspannte Verfolgung mit dem PKW zu und auch die anwesenden Eisenbahnfreunde verhielten sich rücksichtsvoll. So kamen alle auf ihre Kosten.
Der Wagenpark aus zwei Bmh-Wagen und einem BDom der PRESS war sehr gut besetzt und die herablassbaren Fenster hielten kaum einen auf seinem Sitz. Der Schweriner Zug passt natürlich besser zur Dampflok, aber die komfortablen und gepflegten Wagen wurden vom Publikum hervorragend angenommen.
Halt vor der Ladebower Chaussee. Der Posten wird den Autoverkehr aufhalten und der Sonderzug kann in den Museumshafen rollen. Viele Gäste verließen hier die Züge. Der fehlende Bahnsteig wurde an jedem Einstieg durch tragbare Aluminiumtritte ersetzt, so dass ein leichter Zustieg möglich war. Hunger und Durst konnte an den vertäuten Kuttern gestillt werden, die sowohl das schnelle Fischbrötchen, als auch das kulinarische Menü anbieten. Jeder Zug hatte hier 5 Minuten Aufenthalt. Für die Fotografen Zeit genug, sich neue Motive zu suchen.
Aus Lokführersicht ergibt sich dieser Blick auf Straße und Dom.
Ein kleines Wehr staut den Ryckgraben am Zulauf zum schiffbaren Ryck auf und bildet ein begehbares Podest für mehrere Foto- und Videoobjektive, die sich auf die Ryckbrücke von der anderen Seite ausrichten. Die Züge müssen am Stadtrand entlang nach einer langen Gerade einen Viertelkreis auf dem Weg zum Bahnhof befahren.
Unmittelbar vor der Bahnhofseinfahrt, in Sichtweite der Hauptstrecke stoppt ein rotes Signal die Fahrten aus Ladebow, muss sich der Lokführer beim Fahrdienstleiter im fernen Berlin (ESTW) anmelden, der den Zug als Rangierfahrt auf Signal Ra 12 in den Bahnhof einfahren lässt. Vorher muss noch ein Weg zu einer Gartenanlage überquert werden, vor dem die Dampfpfeife lautstark auf die Dampflok hinweisen muss. Kurz nach dem Signal verschwindet ein kurzes Schutzgleis im Gebüsch, verhindernd, dass eine Rangierfahrt dem Zugverkehr auf der Hauptbahn zu nahe kommt.
Am Karl-Marx-Platz (ja, den gibt's hier noch) erreicht der Sonderzug als Rangierfahrt den Bahnhof Greifswald und schlängelt sich in diesem Fall an den Bahnsteig 3.
Sauber und modern, aber eben nicht recht zur Dampflok passend, präsentiert sich der Bahnhof Greifswald heute. Einstmals war er nicht nur ein wichtiger Schnellzughalt und Tor zur Universitätsstadt, sondern auch Ausgangspunkt der regelspurigen Greifswald-Grimmener Eisenbahn (1945 Reparation) und der schmalspurigen (750 mm) Kleinbahn Greifswald-Wolgast (KGW) und Greifswald-Jarmener Kleinbahn (GJK, beide 1945 Reparation). Nach Errichtung des Kernkraftwerks im nahen Lubmin begannen hier ab 1969 auch die Züge der etwas südlich bei Schönwalde abzweigenden Strecke Greifswald - Lubmin, die bis 1995 vorrangig dem Werksverkehr des AKW diente und heute nur noch für Bedarfsgüterverkehr vorgehalten wird. Der Sonderzug steht diesmal am Bahnsteig 2.
Einer der abendlichen Züge hat die Ryckbrücke erreicht und passiert die ehemalige Bundesstraße 96. Die Signalisierung verrät etwas über die Betriebsform der Ladebower Hafenbahn. Wie erwähnt verlassen alle Bedienfahrten als Rangierfahrt den Bahnhof Greifswald. Diese Rangierfahrt endet spätestens an der Rangierhalttafel Ra 10 links auf der Brücke, haben alle Fahrten zu halten. Am gleichen Standort zwingt die Trapeztafel Ne 1 den Lok- bzw. Zugführer eine Fahranfrage beim Zugleiter der Regio-Infra Nordost zu stellen, der die Fahrerlaubnis für die Züge im Zugleitbetrieb bis Ladebow erteilt. Nun wird aus unserer Rangierabteilung also ein Zug. Gleichzeitig muss die Lichtzeichenanlage am Bahnübergang eingeschaltet werden und der Bahnübergang zusätzlich mit Flagge abgesperrt werden.
Trotz der vorangeschrittenen Zeit strahlt Schaffner Jonas beste Laune aus und winkt, genau wie viele Fahrgäste, dem Fotografen.
Abendstimmung in Ladebow. 86 1333-3 steht letztmals zur Abfahrt in die Stadt bereit und wird pünktlich um 20:45 Uhr zum Bahnhof aufbrechen. Das Fischerfest wird weitergehen. Die späten Fahrgäste übernimmt ausschließlich ein durch die Stadt Greifswald organisierter Busverkehr.
In der Nähe der Wagenübergabestelle beleuchtet die untergehende Sonne leider nicht mehr die ganze Lok. Für mich naht der Abschied für dieses Jahr. Der ungebrochene Zuspruch lässt auf eine Wiederholung hoffen.
Alle Fotos (15.7.2017): Achim Rickelt
Mein herzlicher Dank gilt allen beteiligten Eisenbahnern und der Geschäftsführung von PRESS und RüBB, die maßgeblich zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen haben.
Ich danke außerdem ganz ausdrücklich der Stadt Greifswald, Regio-Infra Nordost als EIU, DB-Netz und allen Eisenbahnern und Eisenbahnfreunden aus Greifswald und Umgebung, die wiederum mit ihrer Werbung zum Erfolg der Fahrten beigetragen haben.
Ich grüße alle vor Ort getroffenen Eisenbahnfreunde.
Viele Grüße
Euer Dampf-Achim Rickelt
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2017:07:17:19:11:31.