Die Aufarbeitung der 97 501 durch die Freunde der Zahnradbahn Honau – Lichtenstein e. V. (ZHL)in Reutlingen
Hallo 97 501-Freunde
da wir ja bis zur Inbetriebnahme der Lok am 20. Oktober 2012 über 26 Jahre dranrumschraubten und ich selber bereits Mitte der 70er einen Restaurierungsversuch machte, möchte ich euch in nächster Zeit immer mal wieder ein bisschen davon Berichten
Schon die Übernahme der 97 501 in den Vereinsbesitz mit der Überführung von Obernzell (Bay.) ins württembergische Tübingen wäre eine Erzählung wert, möchte mich jetzt aber zunächst der Aufarbeitung widmen.
Da wir in Reutlingen von der Stadtverwaltung „nur“ eine leere Lagerhalle ohne Arbeitsgrube im Gleis zur Nutzung als Lokwerkstatt überlassen bekamen fanden wir 1986 eine, zunächst bezahlbare, Bleibe in meiner ehem. Dienststelle, dem Bw Tübingen.
Da die 97 501 seit 1962 nur für wenige Jahre unter Dach stand, war ihr Zustand recht desolat. Fast alle Blechteile unter 3mm Stärke konnten nur noch als Schnittmuster zu einer Neuanfertigung dienen. Auch die Siederohre im Kessel konnten teilweise mit dem Finger „durchbohrt“ werden.
So fassten wir schon sehr bald den "folgenschweren" Entschluss, die 97 501 in alle ihre Bestandteile zu zerlegen und jedes Teil von Grund auf bestmöglich Aufzuarbeiten. Das ganze sollte jedoch so weit als irgend möglich in Eigenleistung erfolgen, denn die Vereinskasse enthielt nur ein paar hundert Mark – da war an ein "Aufarbeiten lassen" nicht mal im Ansatz zu denken.
Glücklicherweise hatte mir ein unserem vorhaben wohlgesonnener Maschinenamts-Mitarbeiter eine DB-Aufarbeitungsvorschrift (DV946) zeitweilig zum kopieren überlassen und ein eisenbahnfreundlicher Druckereibesitzer seinen Kopierer zur Verfügung gestellt, so dass uns von der Seite „Lokinstandsetzung“ her (fast) keine Frage offen blieb – musste nur tagelang kopieren.
Bei der Zerlegung gingen wir mit größter Vorsicht zu Werke, um alle Bauteile auch wieder instand setzen zu können. Recht schnell waren Kohlenkasten, Führerstandsboden und linke Führerhauswand abgebaut
und gaben den Blick auf den in diesem Bereich dramatisch zerfressenen Rahmen, von den Bodenblechen ganz zu schweigen, preis. Ein unterm Führerstands-Boden liegender Hilfsluftbehälter sah eher einem Stück Baumstamm mit grober Rinde ähnlich.
Als nächstes musste der Kessel abgehoben werden. Er war jedoch im Komplettzustand zu schwer für die beiden in der Halle vorhandenen Kranbrücken, so dass die ganze Kessel-Grob- und Feinausrüstung einschließlich der Rauch- und Siederohre demontiert werden musste.
Jede Schraube und Mutter musste bis zur Weißglut erhitzt oder gar abgebrannt werden, bevor irgend ein Teil abgenommen werden konnte. Am schnellsten ging das noch mit den 24 Überhitzerelementen. Die Rauch- und Siederohre brannten wir dann lagenweise mit dem Schneidbrenner an der Feuerbüchsrohrwand kesselseitig ab, eine äußerst beengte und (kalk-) staubige Angelegenheit. Von der Rauchkammer aus wurden die Rohre dann mit dem Brenner eingeschnitten damit sich die Aufweitung zusammenziehen kann. Wir schweißten dann an jeden Rohrüberstand vorne einen Bügel an um es dann mit dem Kettenzug über die Aufweitung hinweg herausziehen zu können.
Nachdem alle 152 Rohre gezogen waren, mussten nur noch etwa 10 Schubkarren Kalk aus dem Langkessel geschaufelt und gesaugt werden.
Der jetzt leere Kessel konnte nun problemlos mit den vorhandenen Kranbrücken vom Rahmen gehoben werden.
Das wars mal für heute, Fragen beantworte ich gerne
Gruß aus Lichtenstein (Württ.)
Michael
Zur nächsten Folge: [
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