Hallo zusammen,
willkommen zum dritten Teil unserer kleinen Rundfahrt durch die Alpen. Im
zweiten Teil hatten wir in Udine die FUC besucht und waren am Abend in Gorizia angekommen.
Tag 3: Gorizia – Nova Gorica – Jesenice – Villach – Wien – Amstetten – Waidhofen/Ybbs – Gstadt - Waidhofen/Ybbs
Wir haben im italienischen Teil von Gorizia übernachtet und machen uns nun zu Fuß auf den Weg zur slowenischen Grenze. Über der Cattedrale dei Santi Ilario e Taziano strahlt blauer Himmel – sollten wir heute mal nicht nass werden? Ich bin skeptisch.
Gorizia hat rund 35.000 Einwohner, die Stadt war früher österreichisch und hieß damals Görz. Die Stadt war von alters her dreisprachig (italienisch, slowenisch und deutsch). Im Ersten Weltkrieg war die Stadt umkämpft und ging schließlich an Italien. Zum Ende des Zweiten Weltkriegs besetzten jugoslawische Partisanen den Bahnhof an der Wocheinerbahn und erhoben Anspruch auf die Stadt. 1946 wurde die Staatsgrenze zwischen Italien und Jugoslawien neu gezogen und die Stadt dabei geteilt. Der östliche Teil der Stadt kam zu Jugoslawien und heißt seither Nova Gorica, er ist heute slowenisch.
Hier sind wir am Grenzübergang angekommen. Seit dem Beitritt von Slowenien zum Schengen-Abkommen ist die Grenze offen und die Kontrollposten am ehemals Eisernen Vorhang sind verwaist. Noch ein paar Schritte...
...und wir sind in Slowenien.
Besonders geschichtsträchtig ist die Piazza Transalpina, das ist der Platz vor dem Bahnhof von Nova Gorica. Für dieses Foto des slowenischen Bahnhofs an der Wocheinerbahn bin ich nochmals ein paar Schritte nach Italien gegangen. Früher war der Bahnhofsplatz ein Symbol für die geteilte Stadt, da die Staatsgrenze mitten über den Platz verläuft.
Heute ist die Grenze am Bahnhofsvorplatz offen, der Grenzverlauf ist nur im Straßenpflaster dargestellt. Eine eingelassene Plakette erinnert an das Jahr 2004, als hier der Beitritt Sloweniens zur EU gefeiert wurde.
Die Wocheinerbahn wurde vom kaiserlichen Österreich bis 1906 erbaut zur Anbindung Westösterreichs und Süddeutschlands an den Hafen von Triest. Der heutige Bahnhof von Nova Gorica wurde damals als Görzer Staatsbahnhof eröffnet.
Ein Dieseltriebwagen der Reihe SŽ 813/814 wartet zur Fahrt nach Jesenice. Die Dieseltriebwagen wurden zwischen 1973 und 1976 von FIAT bzw. als Lizenzbauten hergestellt. Grundsätzlich gilt für Reisen in Slowenien: nicht vom mitunter durch Graffiti verunstalteten Äußeren abschrecken lassen, Innen sind die Züge meist in gutem Zustand.
Die Wocheinerbahn ist eine landschaftlich wunderschöne Strecke, ich hoffe, dass ich trotz des wolkenverhangenen Himmels einige Eindrücke vermitteln kann. Schon kurz nach Nova Gorica führt die Strecke über die Salcanobrücke, sie gilt als größte gemauerte Eisenbahn-Bogenbrücke der Welt.
Auch die Bahnhöfe an der Strecke sind nett anzusehen, hier der Bahnhof von Kanal. Das nächste Bild zeigt den zugehörigen Ort Kanal ob Soči mit der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt (cerkev Marijinega vnebovzetja).
Die Bahnstrecke folgt landschaftlich reizvoll dem Tal des Flusses Soča bis zum Stausee bei Most na Soči, dann führt die Strecke nicht minder interessant entlang den Flüssen Idrijca und Bača durch die Region Primorska.
Am Bahnhof von Podbrdo sieht man das Portal des Wocheiner Tunnels. Der Tunnel ist mit über 6 Kilometer der längste Eisenbahntunnel in Slowenien und unterquert den Berg Kobla. Durch den Tunnel pendelt auch ein Autozug.
Auf der anderen Seite des Tunnels in Bohinjska Bistrica begegnet uns dieser Autozug. Die Strecke führt nun weiter vorbei am Bleder See nach Jesenice. Ich bin diese Strecke 2016 bei schönerem Wetter schon einmal gefahren,
hier geht’s zum damaligen Reisebericht.
In Jesenice trifft die Wocheinerbahn auf die Bahnstrecke von Ljubljana nach Österreich. Nun geht es für uns im Fernverkehr weiter, mit dem EC 212 fahren wir auf der Rosentalbahn durch den Karawankentunnel.
Nach dem Ausflug durch Italien und Slowenien sind wir jetzt wieder zurück in Österreich, dieses Bild entstand bei Finkenstein in der Nähe des Faaker Sees. Der nächste Halt ist Villach, dort waren wir am Vortag ja schon einmal. Um unser heutiges Tagesziel zu erreichen, hätten wir auch über Salzburg fahren können, ich wollte aber gerne mal wieder über die Semmeringstrecke fahren, so dass wir nun in den nächsten Railjet nach Wien steigen.
Ach schade, bei besserem Wetter wäre die Fahrt bestimmt schöner gewesen. Hier fällt der Blick auf Burg Hochosterwitz, die Felsenburg auf einem Dolomitfelsen bei St. Veit an der Glan entstand um das Jahr 860. Auch über dem Murtal hängen die Wolken tief.
Und schon wieder Finkenstein: Der Caterer DoN setzt auf Easy Austrian Dining mit österreichischen Speisen. Heute gibt es Finkensteiner Spiralnudeln aus der ältesten Nudelfabrik Österreichs, 5 Bilder weiter oben hatten wir Finkenstein passiert.
Wir fahren nun auf der Semmering weiter nach Wien.
„Ein Bahnhof wird mehrfach durchfahren“, so warnt uns die Reiseauskunft. Aber das ist Absicht, da wir genügend Übergangszeit haben, steigen wir lieber am Hauptbahnhof in Wien um, anstatt so lange in Meidling zu warten. Mit dem nächsten Railjet geht es nun auf die Westbahn.
In Amstetten verlassen wir den Railjet und wechseln auf einen Cityjet (Desiro ML). Hier können wir nun Platz nehmen auf „Österreich-Sitzen“ so bezeichnen die ÖBB die auf Basis von Fahrgast-Befragungen gefertigten Komfortsitze.
Unser Ziel ist Waidhofen an der Ybbs, etwa zwanzig Minuten dauert die Fahrt von Amstetten auf der Rudolfsbahn durch das Mostviertel. Hier ein Blick auf die Klosteranlagen von Gleiß mit der denkmalgeschützten Basilika.
So, und das hier ist das eigentliche Ziel für heute: die Citybahn Waidhofen. An einem Schmalspurbahnsteig am Bahnhofsvorplatz von Waidhofen hatte einst die gut 70 Kilometer lange Ybbstalbahn ihren Ausgangspunkt. Heute wird von hier aus nur noch ein kurzes Rumpfstück befahren, unter dem Namen Citybahn verbindet die Linie den außerhalb gelegenen ÖBB-Bahnhof mit dem Stadtzentrum von Waidhofen.
Die Bahnstrecke ist in der sogenannten Bosnischen Spurweite von 760 mm ausgeführt. Zum Einsatz kommen Dieseltriebwagen, die ursprünglich bei der ÖBB als Reihe 5090 geführt wurden.
Die kurze Fahrt vom Bahnhof ins Zentrum von Waidhofen ist durchaus reizvoll und bietet beste Aussichten auf die Sehenswürdigkeiten der Stadt. Hier sehen wir das neugotische Stöckelgebäude mit Turm und die Stadtpfarrkirche.
Vom Schwarzbachviadukt gibt es einen Blick auf die Bürgerspitalkirche hl. Katharina, sie geht auf eine Stiftung aus dem Jahr 1274 zurück und lag früher außerhalb der Stadtmauer.
Um das Jahr 1870 war geplant, das Ybbstal mit einer normalspurigen Bahnlinie zu erschließen. Der Börsenkrach von 1873 bereitete dem Projekt jedoch ein Ende, so dass man sich vor Ort nach Alternativen umsah und schließlich den Bau einer Lokalbahn beschloss. Der erste Teilabschnitt wurde 1896 eröffnet, aus jenem Jahr stammt auch das Empfangsgebäude des Lokalbahnhofs. Wir steigen hier aus und laufen ins Stadtzentrum.
Waidhofen an der Ybbs hat rund 11.000 Einwohner und eine sehenswerte Altstadt mit mittelalterlichen Wurzeln. Wahrzeichen der Stadt ist der 50 Meter hohe Stadtturm. Eine der vier Uhren des Turms zeigt immer dreiviertel Zwölf – die Stunde eines historischen Siegs über die Türken im Jahr 1532. Die Innenstadt liegt am Ufer der Ybbs.
Nachdem wir das Gepäck ins Hotel gebracht haben, machen wir uns nochmals auf den Weg zum Lokalbahnhof. Wenn wir schon mal hier sind, wollen wir natürlich die komplette Strecke der Citybahn Waidhofen abfahren.
Die Ybbstalbahn verlief ursprünglich durch das Tal der Ybbs bis nach Lunz am See. Die sinkende wirtschaftliche Bedeutung der Strecke und Unwetterschäden führten zum Niedergang, im Jahr 2010 endete der Betrieb durch die ÖBB. Die Infrastruktur wurde vom Land übernommen und ist heute dreigeteilt. Auf dem kurzen Abschnitt von Waidhofen bis Gstadt fährt die Citybahn, der mittlere Abschnitt ist nicht mehr in Betrieb und auf der Bergstrecke gibt es einen Museumsbetrieb.
Die Citybahn Waidhofen wird von der Niederösterreichischen Verkehrsorganisationsgesellschaft (NÖVOG) im Stundentakt betrieben. Hierfür haben die Triebwagen ein eigenes Design bekommen.
Endstation der 5,5 Kilometer langen Strecke ist in Gstadt, wo ein großer Möbelhersteller seinen Sitz hat. So arg viel gibt es hier sonst nicht zu entdecken und da es mal wieder regnet und dies auch der letzte Kurs ist, fahren wir gleich wieder zurück. Wer die Strecke bis Gstadt auch befahren möchte, sollte besser nicht mehr allzu lange warten, die Strecke gilt als einstellungsgefährdet, auch eine Verkürzung ist in der Diskussion.
Entlang der Ybbs fahren wir zurück...
...nach Waidhofen.
An der Stelle des früheren Prangers auf dem Oberen Stadtplatz steht seit 1665 die barocke Mariensäule.
Und mit Einbruch der Dunkelheit endet unser dritter Reisetag – hier mit Blick zur Stadtpfarrkirche von Waidhofen.
In den nächsten Tagen folgt Teil 4 mit der Fahrt durch das Gesäuse und auf der Salzkammergutbahn an den Hallstättersee.
Viele Grüße
Tobias