Hallo zusammen,
von Mitte Mai bis Anfang Juli 2016 gab es von der schweizerischen Post Tageskarten und 2-Tages-Karten für die Schweiz. Ich hatte mich damals für vier Tage eingedeckt, davon hatte ich einen Tag für die
kürzlich eingestellte Reise durch das Engadin nach Landeck verbraten. Der Busfahrer im österreichischen Postbus hatte zwar etwas komisch geschaut („Wos hosch denn da?“), aber das hat dann auch gepasst, denn das GA gilt bis Landeck.
Aber jetzt zu den drei übrigen Tagen. Ich habe die Karten für drei voneinander unabhängige Tagestouren eingesetzt, bin aber zu faul, um drei Landkarten zu erstellen und werde die drei Touren deshalb unter dem gemeinsamen Beitragstitel einstellen. Ich denke ich habe eine ganz gute Mischung gefunden aus bekannten Touristenstrecken wie Voralpen-Express, Rigi Bahnen oder Oberalp Openair Express sowie Strecken und Bahnen, von denen man hier im Forum äußerst selten etwas sieht und die Leuten außerhalb der Schweiz wohl recht unbekannt sind wie Sihltalbahn, Seetalbahn, BDWM, Suhrentalbahn oder Bipperlisi.
Die Touren fanden an unterschiedlichen Tagen im Juni und Juli 2016 statt, dabei konnte ich die Touren flexibel an den Wetterbericht anpassen, so dass ich diesmal nur Schönwetterbilder im Angebot habe.
Tour eins führt uns von Konstanz über Schaffhausen nach Zürich zur Sihltalbahn, dann weiter nach Lenzburg und über die Seetalbahn nach Luzern. Von dort geht es mit dem Voralpen-Express nach St. Gallen und zurück an den Bodensee.
Die zweite Tour beginnt mit einer Busfahrt und der Erkundung der Bahnstrecke Etzwilen-Winterthur, dann steht die BDWM nach Bremgarten auf dem Programm, später die Meterspurstrecke der Aare Seeland mobil nach Solothurn und der Regionalverkehr Bern–Solothurn, bevor es dann auf direktem Wege von Bern nach Hause geht.
Bei der dritten Tour wird es dann touristisch, im Fokus stehen die beiden Rigi-Bahnen, dann weiter via Gotthard- und Schöllenenbahn nach Andermatt zum Oberalp Openair Express, mit der RhB nach Chur und zum Streckensammeln über Umwege nach Hause.
Die Reihe besteht aus sechs Teilen, wobei ich diese nicht von 1-6 durchnummeriert habe, sondern nach Tagen, also 1a+b, 2a+b und 3a+b.
Tag 1: Konstanz – Kreuzlingen – Schaffhausen – Marthalen – Winterthur – Zürich – Langnau-Gattikon – Sihlwald – Zürich – Lenzburg – Beinwil am See – Luzern – St. Gallen – Konstanz
Ich war diesmal zwar allein unterwegs, aber irgendwie gefällt mir die Formulierung mit dem „wir“ besser – auch im Sinne der werten Leserschaft, die im Nachgang an der Tour teilnimmt. Ich bitte das nicht als Pluralis Majestatis auszulegen, sondern vielmehr als Pluralis Modestiae. Jedenfalls beginnen wir die Tour also am Bahnhof in Konstanz und fahren mit der S 14 hinüber ins schweizerische Kreuzlingen, dort steigen wir gleich um auf die S 8 nach Schaffhausen. Beides GTW von Thurbo.
Auf dem Ostteil der Seelinie von Kreuzlingen nach Schaffhausen bin ich recht selten unterwegs, da diese Strecke im Schatten meiner üblichen Reiserouten liegt. Die Strecke führt landschaftlich reizvoll am Ufer des Untersees des Bodensees und dann des Rheins. Hier geht der Blick über den Rhein zur Insel Reichenau, weiter geht die Fahrt am Untersee.
Schließlich verengt sich der Untersee und geht in den Hochrhein über, das gegenüberliegende Ufer mit dem Ort Öhningen ist deutsch. Die Bahnlinie verlässt nun für einige Kilometer den Rhein...
...dann kommt der Klassiker: der Blick von der Rheinbrücke Feuerthalen auf Schaffhausen mit der Festung Munot. Jetzt geht es noch durch den Emmersbergtunnel, dann ist der Bahnhof von Schaffhausen erreicht.
Bis zur Weiterfahrt bleiben 20 Minuten Zeit für einen kurzen Abstecher in die Altstadt von Schaffhausen, hier der Fronwagplatz mit dem Landsknechtbrunnen. Unweit davon das für seine Freskomalereien bekannte Haus zum Ritter aus dem Jahr 1492.
Die 20 Minuten sind um, wir sitzen wieder im Zug, diesmal in der S 33 Richtung Winterthur. Auch dies ist wieder ein Thurbo-GTW. Die Strecke trägt den Namen Rheinfallbahn – hier das zum Namen passende Bild. Knapp oberhalb des Rheinfalls überquert die Strecke den Rhein, weiter geht es durch das Zürcher Weinland.
Ich hatte bei der letzten Tour schon von der Liste der schönsten Ortschaften der Schweiz aus dem via-Magazin berichtet, die uns damals nach Guarda geführt hatte. Mit Marthalen besuchen wir nun einen weiteren Ort von jener Liste.
Marthalen hat knapp 2.000 Einwohner und liegt im Herzen des Zürcher Weinlands, bekannt ist das Dorf für sein intaktes Ortsbild mit den weiß-roten Fachwerkhäusern, in der Schweiz Riegelhäuser genannt.
Der Bahnhof von Marthalen wurde unlängst verlegt und rund 400 Meter näher an das Dorf gerückt. Die Bahnsteige mit gläsernem Windschutz sind bereits für den Einsatz längerer Züge vorbereitet.
Mit der nächsten S 33 fahren wir weiter durch das Zürcher Weinland. Die Rheinfallbahn wurde 1857 eröffnet und sollte ursprünglich der Verbindung zwischen Zürich und Süddeutschland dienen. Nachdem 1897 aber die kürzere Strecke über Bülach eröffnet wurde, gibt es auf der Rheinfallbahn heute nur noch Nahverkehr, wobei zwischendurch auch der ICE Stuttgart-Zürich ein Gastspiel auf der Strecke hatte. Dann folgt die Thurbrücke bei Andelfingen und wir erreichen schließlich Winterthur.
Für eine kurze Etappe nutzen wir nun den Fernverkehr, mit einem ICN fahren wir von Winterthur nach Zürich.
Der interessanteste Abschnitt der kurzen Strecke ist die Fahrt durch das Stadtgebiet von Zürich über die Limmat und anschließend der Blick über die Gleise des Vorfelds des Hauptbahnhofs zu Füßen des Prime Towers. Das Gebäude war zeitweise das höchste Hochhaus der Schweiz.
Nachdem es vorhin in Winterthur nicht geklappt hatte, holen wir in Zürich das Außenbild des ICN nach, dann geht es durch den Bahnhof...
...zum unterirdischen Bahnhofsteil der SZU, der Sihltal-Zürich-Uetliberg-Bahn. Hier beginnen die beiden Bahnstrecken der SZU, die Sihltalbahn und die Uetlibergbahn. Auf dem Uetliberg war ich schon
(zum Reisebericht), heute steht nun die Sihltalbahn auf unserem Plan. Die Sihltalbahn ist als S 4 in das S-Bahn-Netz eingebunden, es verkehrt ein Doppelstockpendelzug im knallroten SZU-Farbkleid.
Die Sihltalbahn ist eine gut 18 Kilometer lange Strecke bis nach Sihlbrugg an der Strecke Zürich-Zug. Allerdings wird der letzte Streckenabschnitt planmäßig nicht mehr befahren, so dass der Endpunkt die Station Sihlwald ist. Die Strecke führt durch das Stadtgebiet von Zürich und folgt dabei dem Fluss Sihl.
Zwischen Zürich und Langnau-Gattikon besteht ein 20-Minuten-Takt, die weitere Strecke bis nach Sihlwald wird nur im Stundentakt bedient. Der Zug, mit dem wir unterwegs sind, endet in Langnau-Gattikon – und genau das gehört zum Plan. Denn 45 Minuten später fährt ein Zug von der Station Sihlwald ab, die 2,5 Streckenkilometer entfernt ist. Google berechnet den Fußweg dorthin mit 40 Minuten, so bekommen wir heute auch noch etwas Bewegung.
Allerdings bekomme ich jetzt erstmal einen Schrecken, denn auf dem Wegweiser in Langnau-Gattikon ist der Weg nach Sihlwald mit 50 Minuten angegeben, und das bringt den schönen Plan ins Wanken. In erhöhtem Lauftempo geht es nun also entlang der Gleise flussaufwärts. Vor den Toren der Großstadt Zürich erstreckt sich hier der naturbelassene Sihlwald.
Mit der Zeitangabe war Google Maps deutlich präziser und die Hektik umsonst: früher als erwartet ist der Bahnhof Sihlwald erreicht. Der Bahnhof liegt im Grünen und erschließt den Sihlwald als Naherholungsgebiet, es gibt hier auch einen Wildnispark mit Besucherzentrum.
Die Sihltalbahn wurde 1892 eröffnet, neben dem Personenverkehr war sie auch als Güterbahn für den Holztransport aus dem Sihlwald sowie als Zulaufstrecke zur Gotthardbahn konzipiert. Zuvor erfolgte der Holztransport durch Flößerei auf der Sihl. Um Fahrzeuge für eine Fahrplanverdichtung freizustellen, wurde der Personenverkehr zwischen Sihlwald und Sihlbrugg 2006 eingestellt. Die weitere Strecke durch das Sihltal ist weiterhin betriebsfähig, die Zürcher Museums-Bahn veranstaltet auf der Strecke Nostalgiefahrten.
Am Bahnhof Sihlwald hat auch das „Tigerli“ eine neu alte Heimat gefunden. Die Dampflok – ach, lest selbst:
Mit der S 4 geht es nun zurück nach Zürich, diesmal ist ein einstöckiger Steuerwagen am Zug. Die Fahrt bis zum Hauptbahnhof dauert 26 Minuten.
Die Sihltalbahn aber auch der Fluss selbst bieten auf der kurzen Strecke interessante Kontraste. Hier draußen beim Stadtforstamt führen beide idyllisch durch den urwüchsigen Wald, bevor die dicht bebaute Großstadt erreicht wird und die Stadtautobahn auf Betonpfeilern im Fluss steht, während die Bahn dann unterirdisch zum Hauptbahnhof führt.
Zurück am Hauptbahnhof von Zürich wechseln wir zu Gleis 15, wo der RegioExpress nach Lenzburg bereitsteht – aber dazu mehr demnächst im Teil 1b.
Viele Grüße und einen schönen Sonntag
Tobias