Links zu allen fertigen Teilen:
Teil 1: Fribourg – Bulle
Teil 2: Neuchâtel – Jura
Teil 3: Delémont – St-Ursanne – Jura
Teil 4: Murten – Ste-Croix – Yverdon – Orbe
Teil 4A: Fahrzeugrundschau TPF in Bulle
Teil 5: Château de Chillon – Rochers-de-Naye
Teil 6: Lausanne – Aigle
Teil 7: Leysin – Les Diablerets – Villars-sur-Ollon – Gryon – Bex
Teil 8: Champéry – Bouveret – Martigny
Teil 9: Chamonix – Orsières
Teil 10: Sion – Bière - Apples - L’Isle
Teil 11: Zweisimmen - Lenk - Brig - St-Pierre-de-Clages
Teil 12: Les Pléiades – Blonay/Chamby – Bercher
Teil 13: Aigle – Genève
Teil 14: La Cure –Le Brassus – Genève
Quasi als Anhang gibt es noch zwei Teile eines Besuchs bei den Appenzeller Bahnen im November 2014: (zweiter Teil folgt demnächst)
Besuch bei den Appenzeller Bahnen (Teil 1 von 2)
Tag 15: 12.8.: Genève - Furka - Oberalp - Buchs
Heute Früh ist es wieder kühl: 13°C. Aber schon in der Früh sieht man die Sonne. Nur: es soll regnerisch bleiben im Bergland, konnte ich im Fernsehen hören und sehen. Das Frühstück genießen wir wieder. Die Heimfahrt ist natürlich genauestens geplant, denn wir werden heute mit einem Museumszug der „Dampfbahn Furka Bergstrecke“ über den Furkapass fahren. Also eine Heimfahrt über zwei Pässe (Furka und Oberalp) und mit zwei Schmalspurbahnen (Matterhorn-Gotthard-Bahn und Rhätische Bahn). Überrascht bin ich, dass diese Variante gar nicht kürzer ist als über Olten und Zürich, sondern im Gegenteil um rund 25 km länger. Dabei sieht es auf der Karte wie eine Direttissima aus. Den ersten Teil der Fahrt, die 206 km bis Brig, legen wir in einem IR-Zug zurück, das ist also sozusagen schon Routine und da gibt es nichts zu berichten. Wir vertreiben uns eben die Zeit mit Sudoku oder ähnlichem.
Matterhorn-Gotthard-Bahn nach Oberwald
In Brig haben wir rund 20 Minuten Zeit bis zur Abfahrt unseres Schmalspurzuges, daher kann ich mich ein wenig umsehen und Bilder machen. Der Bahnhofsvorplatz sieht noch immer ähnlich wie früher aus, allerdings ist der Schmalspurbahnhof kein Kopfbahnhof mehr. Für mich ist die gesamte Strecke von Brig bis Andermatt eine Erstbefahrung. Als ich 1981 mit einer Netzkarte für Graubünden über den Oberalppass nach Andermatt fuhr, habe ich überlegt, ob ich nicht die Chance nutzen sollte, im letzten Sommer vor der Eröffnung des Furka-Basistunnels und somit letztmalig mit der FO (Furka-Oberalp-Bahn) über den Furkapass nach Brig zu fahren (und zurück). Aber der Fahrpreis von umgerechnet etwa 500 Schilling war mir damals einfach zu hoch, sodass ich schweren Herzens verzichtete. Ich bin zwar auch noch nie durch den Basistunnel gefahren, aber dass ich nun doch noch einmal (nach 34 Jahren) die Chance haben würde, über den Furkapass zu fahren, hätte ich mir nicht träumen lassen.
Bevor unser Zug (von Visp) ankommt, fährt noch der Glacier-Express, für den man eine Platzreservierung benötigt hätte. Außerdem hätten wir dadurch keinen Zeitgewinn gehabt. So warten wir, bis kurz danach der stündliche Regionalzug einfährt, in dem wir ohne Probleme Platz finden. Während des Wartens kann man im blauen Abschnitt Näheres über die vor uns liegende Bahnlinie erfahren:
Die Bahnlinie Brig – Furka – Andermatt (142)
Nach der Gründung der Aktiengesellschaft der Furkabahn Brig-Furka-Disentis im Jahr 1910 wurde mit dem Bau begonnen und der erste Abschnitt zwischen Brig und Gletsch 1915 dem Verkehr übergeben. Die Meterspurbahn ist auf Teilstrecken mit Zahnstange System Abt versehen. Wegen des Ersten Weltkriegs zogen sich die französischen Geldgeber und die italienischen Bauarbeiter zurück und es konnte gerade noch der Furka-Scheiteltunnel durchstochen werden, dann stand der Bau still und 1923 erfolgte der Konkurs der Gesellschaft. Der Betrieb wurde nur durch öffentliche Hilfe aufrecht erhalten. Die Kantone an der geplanten Strecke und die benachbarten Schmalspurbahnen schlossen sich zusammen und verwirklichten die Fortsetzung und Vollendung des Bahnbaus. 1926 konnte der Bergabschnitt von Gletsch über den Furkapass nach Realp und weiter über Andermatt und den Oberalppass bis Disentis/Mustér von der neuen Gesellschaft FO (Furka-Oberalp-Bahn) eröffnet werden. Der Anschluss zur Gotthardbahn durch die Schöllenenbahn war schon seit 1917 in Betrieb, die Anschlussstrecke von Brig nach Visp zur Visp-Zermatt-Bahn wurde 1930 eröffnet. Dadurch wurde die durchgehende Führung von Zügen zwischen Zermatt und St. Moritz (Glacier-Express) ermöglicht. 1940 begann die Elektrifizierung mit 11 kV 16⅔ Hertz, die 1942 mit dem letzten Stück (Bergstrecke Oberwald-Realp) abgeschlossen wurde. Die Schöllenenbahn wurde 1941 von Gleichstrom auf dieses System umgestellt. 1961 wurde die Schöllenenbahn von der FO übernommen. Während die Strecke über den Oberalppass schon im Zweiten Weltkrieg wintersicher ausgebaut wurde, musste die Strecke über den Furkapass wegen der Lawinengefahr über den Winter eingestellt werden. Die Oberleitung musste abgebaut und eine Brücke zusammengeklappt werden. 1973 begann daher der Bau des Furka-Basistunnels. Die Bergstrecke wurde 1981 vor dem Winter endgültig eingestellt, nach Eröffnung des Basistunnels 1982 sollte die Bergstrecke abgebaut werden, doch konnte das von Eisenbahnfreunden verhindert werden, die die Bergstrecke wieder revitalisieren wollten. Von Realp aus konnte die Strecke im Laufe der folgenden 18 Jahre abschnittsweise wiedereröffnet werden: 1992 bis Tiefenbach (km 3,7), 1993 bis Furka (km 7), 2000 bis Gletsch (km 12,9), 2010 bis Oberwald (km 17,8).
Da die Brig-Visp-Zermatt Bahn (BVZ) unabhängig von der Furkabahn war, und daher in Brig sowieso ein Lokwechsel durchgeführt wurde, störte der Kopfbahnhof in Brig den Betriebsablauf nicht. Mit der Fusion der beiden Gesellschaften BVZ und FO zur Matterhorn-Gotthard-Bahn (MGB) im Jahr 2003 änderte sich die Situation. Nun war es erwünscht, nebst den Wagen auch die Triebfahrzeuge in Brig durchfahren zu lassen, um auf den zeitaufwändigen Lokwechsel verzichten zu können. Bis dahin führte die Strecke Richtung Oberwald zunächst nach Westen, nach einer 180°-Kurve mit der Brücke über die Rhône nördlich der normalspurigen Bahnanlagen Richtung Osten, um den Ort Naters anzubinden. 2007 wurde die neue Ostausfahrt in Betrieb genommen, Naters ist seither ohne Bahnanschluss.
Die Strecke steigt von Brig bis Oberwald auf 41 km Länge von 672 auf 1366 m Seehöhe, abschnittsweise ist Zahnstange nach System Abt verlegt. In Oberwald beginnt der 15,4 km lange Basistunnel, der bis 1999 der längste Schmalspurtunnel der Welt war. Im Tunnel liegt der Scheitelpunkt der Strecke auf 1555 Meter Seehöhe. Nach dem Tunnel wird nach 8 Kilometern Andermatt (1436 m) erreicht, wo die Strecke nach Göschenen abzweigt. Die Bergstrecke, die bis 1981 in Betrieb war, ist 18 km lang und größtenteils mit Zahnstange ausgerüstet. Der höchste Punkt mit 2163 Meter wird im Bahnhof Furka bei der Ausfahrt aus dem Scheiteltunnel erreicht.
Im Fahrplan 1978 (noch über den Furkapass) verkehrten vier Regionalzüge von Brig nach Andermatt, von denen zwei bis Göschenen weiterfuhren. Fünf weitere Züge verkehrten bis Oberwald (41 km), vier bis Fiesch (17 km). Dazu kamen zwei Schnellzüge Brig-Göschenen, ein Schnellzug Brig-Chur und ein Schnellzug Brig-Disentis. Schließlich noch der Paradezug „Glacier-Express“ von Zermatt nach Chur, im Sommer nach St. Moritz. Die kürzeste Fahrzeit Brig-Disentis betrug 3½ Stunden.
Nach dem Zusammenschluss der Bahnen verkehren im Fahrplan 2014 (durch den Furka-Basistunnel) stündliche Regionalzüge durchgebunden von Visp über Brig bis Andermatt (14 Züge), davon fahren 10 bis Göschenen weiter. Zusätzlich gibt es ein paar Einlagezüge auf Abschnitten. Es gibt nur mehr einen Schnellzug (Glacier-Express von Zermatt nach St. Moritz), im Sommer zwei (in Gegenrichtung drei). Die kürzeste Fahrzeit Brig-Disentis beträgt heute knapp über 2½ Stunden.
Der Glacier-Express fährt ein: Lok ist die HGe 4/4 II Nr. 104 (ex FO).
Hier passt nun das Bild der HGe 4/4 II Nr. 3 dazu, das ich auf der Rundfahrt über MOB und Lötschberg in Brig machen konnte. Diese Lok war ursprünglich bei der BVZ beheimatet.
Ein kleiner Rückblick auf 1988 sei hier gestattet: HGe 4/4 Nr. 14 von BVZ (beschriftet noch als VZ) in Brig.
1987 war dieser FO-Traktor im Verschub in Brig tätig: Te 2/2 4926.
Vor dem Depot in Brig stand 1988 die HGe 4/4 I Nr. der FO (Furka-Oberalp-Bahn).
Schließlich kommt unser Zug: gezogen vom Deh 4/4 53.
Unser Zug wird vom Gepäcktriebwagen Deh 4/4 53 gezogen und hat mehrere Wagen, darunter auch einen niederflurigen, angehängt. Der Triebwagen gehörte früher zur FO (Baujahr 1972). Es verkehren aber auch ehemalige BVZ-Triebwagen über die gesamte Strecke. Heute kann man also ohne Lokwechsel und ohne Richtungswechsel von Visp gleich weiterfahren Richtung Andermatt. Wir fahren in ein wunderschönes Tal hinein und ich staune, wie viele Fahrgäste hier in den kleinen Ortschaften ein- oder aussteigen. Je weiter wir in das Tal des Rotten (die Rhône heißt hier auf Deutsch so) hineinfahren, umso schöner wird die Landschaft und es gibt einige steile Streckenstücke, die wir mit Hilfe der Zahnstange erklimmen. Bei Grengiols gibt es auch einen Kehrtunnel! Nach Fiesch gewinnt die Strecke an Höhe durch eine Serpentinenfahrt. Ich staune immer wieder über die Dörfer und Kirchen, die manchmal so abseits gelegen sind. Kurz vor Oberwald fällt mir auf, dass eine neue Strecke neben er alten errichtet wird, die wohl in Kürze fertiggestellt sein wird.
Unterwegs gibt es eine Zugskreuzung: ein neuer niederfluriger Regiotriebwagen ist hier unterwegs, den ich noch nicht kenne: ABDeh 4/8 2025, genannt „Komet“.
Blick aus dem Fenster auf unseren Zug: der weiße niederflurige Wagen in Zugmitte ist hier gut erkennbar.
Blick zurück von der Ausfahrt aus dem Kehrtunnel auf Grengiols (wenn ich nicht irre).
Abseits der Bahnstrecke auf der anderen Talseite gibt es auch Ortschaften.
Und wieder ein Blick aus dem Fenster auf unseren Zug.
Das dürfte Fiesch sein.
In Fiesch gibt es eine Zugskreuzung: der Gegenzug hat zwei Steuerwagen und der Triebwagen befindet sich in der Mitte des Zuges.
Nach Niederwald wird das Tal wieder breiter und flacher.
Hier wird eine neue Trasse gebaut. Warum, weiß ich natürlich nicht. Sie verläuft fast immer parallel zu unserer Strecke.
Wir nähern uns dem Talschluss: bald sind wir in Oberwald.
Umsteigen in Oberwald
Nach der Ankunft in Oberwald muss ich mit der Reservierungsbestätigung zum Schalter im Bahnhof gehen und unsere Fahrkarten abholen und bezahlen. Wie bei der Buchung schon bestätigt, bekommen wir mit unserem Swiss-Pass eine 20%ige Ermäßigung und bezahlen anstelle von 73 Franken nur 58,40. Das ist zwar auch ein stolzer Preis, aber man gönnt sich so etwas ja auch nicht jedes Jahr! Da ich aus Sicherheitsgründen eine frühere Zugsverbindung ab Genf (und somit auch ab Brig) gewählt habe, haben wir nun etwas mehr als eine Stunde Zeit, uns umzuschauen und auch etwas für den Magen zu tun, denn mittlerweile ist es ja Mittag geworden. Neben dem Bahnhof gibt es eine kleine Gaststätte, in der man auch Kleinigkeiten bekommt. Ich kaufe mir dort eine Käsesemmel und ein „Appenzeller Bärli“ (etwas Süßes, natürlich), bevor ich mich zum Zug begebe, um die Lok und die Wagen zu inspizieren und zu fotografieren. Es gibt eine Weichenverbindung von der MGB-Strecke zur Museumsbahn. Der Betrieb läuft jedoch völlig eigenständig. Die Furka-Dampfbahn hat eine Konzession, jedoch sind die Mitarbeiter (Lokführer und Schaffner und so weiter) alles Freiwillige, die nicht bezahlt werden. Unsere Reservierungen sind mit selbstklebenden Namensschildern (lautend auf meinen Namen) an die Holzsitze geklebt. Wir sitzen im letzten Wagen, was den Vorteil hat, dass wir auch auf die (letzte) Plattform hinausgehen können, wenn wir wollen. Jeder Wagen hat einen eigenen Schaffner. Die Lokomotive ist eine originale Furka-Dampflok Baujahr 1913, die nach der Elektrifizierung nach Vietnam gekommen war. 1990 wurde sie von dort zurückgekauft, nachdem man sie dort wieder entdeckt hatte. Sie wurde aufgearbeitet und in den Originalzustand gebracht und ist seit 1993 wieder im Einsatz. Unser Wagen 4229 stammt von der LSE und wurde von dort als Geschenk (ohne Drehgestelle) übergeben. Natürlich hat der Wagen aber jetzt Drehgestelle...!
Bei der Bahnhofseinfahrt blicken wir zurück und sehen abgestellte (alte?) Autotransportwagen für den Furka-Basistunnel.
Unser Zug fährt in Richtung Furka-Basistunnel weiter. Dieser beginnt erst ein paar hundert Meter hinter diesem Tunnel (Umgehungstunnel: 673 m lang). Rechts ist der Dampfzug zu sehen, links ein Steuerwagen des Autoverlads.
Die Tm 2/2 4971 versieht den Verschub in Oberwald.
Unser Wagen ist der letzte. Wir sitzen ganz nah bei der Plattformtüre und können häufig auf die Plattform hinausgehen.
Die Lokomotive HG 3/4 Nr. 1 zieht unseren Zug. Sie wurde 1913 gebaut.
Der nächste Regio mit Triebwagen in Zugmitte kommt aus dem Tunnel (mit Deh 4/4 II Nr. 96). Rechts dahinter erkennt man die Trasse der Zahnradbahn und das Verbindungsgleis.
Und ein Autoverladezug kommt ebenfalls an. Die Lokomotive steht dabei noch im Tunnel.
Die HGe 4/4 II 108 zieht den nächsten Zug: Glacier-Express nach Zermatt.
Noch während der Ausfahrt des Glacier-Express fährt schon der ABDe 4/8 2025 ein. Den Zug haben wir bei einer Kreuzung schon gesehen, nun war er in Brig und hat uns wieder eingeholt. Immerhin innerhalb von einer Stunde nicht weniger als 5 Zugsbewegungen (unser Dampfzug nicht mitgerechnet).
Das Wetter ist entgegen den Zeitungsprognosen prächtig! Und wir haben besonderes Glück damit, denn morgen und an den nächsten Tagen wird das 100 Jahr-Jubiläum der Furka-Bergstrecke Brig-Oberwald-Gletsch gefeiert und aus diesem Grund gibt es viele Sonderfahrten. Wie wir später erfahren, waren die Tage vollkommen verregnet. Wir haben also heute besonderes Glück mit dem Wetter!
Furka-Dampfbahn über den Furka-Pass
Die Fahrt beginnt steil, hinter uns fährt uns ein Stück weit die Diesellokomotive HGm 4/4 61 (der MGB) mit einem offenen Güterwagen nach, auf dem Löschwasser mitgeführt wird, das auf dem Wagen befindliche Arbeiter im Bedarfsfall verspritzen, um Böschungsbrände schnell zu löschen, die von der Dampflok vielleicht angefacht werden. Warum? War das vielleicht 1914 auch schon so? Natürlich nicht. Zu Dampfzeiten waren die Böschungen alle ohne Pflanzen, aber nach der Elektrifizierung ist die Vegetation natürlich wieder bis zu den Gleisen nachgewachsen, und daher muss man auf den ersten paar Kilometern, wo noch viele Pflanzen die Strecke säumen, vorsichtig sein. Weiter oben gibt es nur mehr Steine, da ist dann der Löschzug nicht mehr notwendig.
Neben der Strecke sieht man immer wieder die Straße, die sich in zahlreichen Serpentinen nach oben windet. Der Schaffner kommt immer wieder vorbei und erzählt uns etwas und erklärt uns was, zum Beispiel, dass man den Rhônegletscher heute nicht mehr sehen kann, weil die Gletscher zurückgegangen sind. Unterwegs sehen wir Streckenarbeiter, die entlang der Gleise diverse Arbeiten verrichten – wie uns der Schaffner erklärt: alles Freiwillige. Es muss tatsächlich viele Enthusiasten geben. Unser Schaffner wohnt z.B. in der Nähe von Zürich und kommt jeden Sommer her und arbeitet hier einige Wochen umsonst – einfach weil es sein Hobby ist. Es gibt auch Leute aus dem Ausland oder Schweizer, die im Ausland leben und im Sommer hierherkommen, um mitzuhelfen.
Die Natur ist wunderschön: ein wilder Bach mit Wasserfällen, Ausblicke auf die Berge, und man kann aus dem offenen Fenster schauen oder auf die Plattform hinausgehen. Unser Wagen ist natürlich voll. Es sind ganz vermischte Fahrgäste, Schweizer und Ausländer.
Die Fahrt beginnt.
Die HGm 4/4 61 der MGB fährt aus dem Stockgleis aus und wird uns bald folgen.
Freiwillige Arbeiter an der Strecke - und im Hintergrund erkennt man den Löschzug.
wie nicht anders zu erwarten, ist die Landschaft wunderschön (Blick zurück).
Nach dem Gletsch-Kehrtunnel bietet sich dieser Blick zurück auf Straße und Tal.
Der Blick hinauf zur Grimsel-Passstraße ist nicht minder beeindruckend.
In nächster Nähe an einem Wildbach entlang. - Was heißt an einem? Es ist der Rotten, also die Rhône!!!
Vor uns liegt - äh - lag einmal der Rhônegletscher. Heute hat er sich soweit zurückgezogen, dass er von der Bahn aus nicht mehr zu sehen ist.
Ankunft in Gletsch. Im Hintergrund ist die Furka-Passstraße zu sehen.
Der kleine Bahnhof ist von den Bahnsteigen durch eine Brücke getrennt - äh verbunden.
Was macht die HGe 4/4 Nr. 16 in Gletsch? Wozu hat die DFB diese Lok 2007 übernommen?
Noch ein Blick auf Gletsch. Im Hintergrund die Grimselpass-Straße
Gletsch und der unsichtbare Rhôngletscher
Traumhaft schön ist die Station Gletsch. Sie liegt in 1762 Meter Seehöhe und ist nicht nur wegen der schönen Steinbauten bemerkenswert, sondern weil zwischen Bahnhofsgebäude und Bahnsteigen eine Brücke überquert werden muss. Außer dem Bahnhof gibt es im Wesentlichen nur noch ein Hotel sowie einige Nebengebäude. Die Siedlung ist nur im Sommer für etwa dreieinhalb Monate bewohnt, weil im Winter nicht nur die Bahnstrecke, sondern auch die Passstraßen zum Furkapass und Grimselpass gesperrt sind. Im Bahnhof steht eine HGe 4/4 (Nr. 16), die von der BVZ übernommen worden ist. Was die Dampfbahn mit dieser Lok anfangen will, ist mir nicht erklärlich, weil ja die Bergstrecke nicht elektrifiziert ist. Bei der Weiterfahrt staunt man über die Anlage der Passstraße, die sich in vielen Windungen mit vielen Kunstbauten wie Brücken und Mauern immer mehr in die Höhe schraubt, während unser Zug vergleichsweise im „Tal“ bleibt.
Ein letzter Blick auf die Rhône bzw. den Rotten, außerdem auf die Fläche, über die einst der Rhône-Gletscher herunterreichte
Es geht weiter bergauf, vorne ist die Furkapass-Straße zu sehen.
Von dieser Station der Furkapass-Straße gibt es offenbar einen Touristen-Weg über den Bergrücken zum Rhône-Gletscher.
Wir blicken noch einmal zurück nach Gletsch.
Nach diesem diesem Bahnübergang beginnt der nächste Zahnstangenabschnitt. Er reicht bis zum Furkatunnel.
Vor dem Scheiteltunnel ist eine kleine Station, in der ein Rangiertraktor Tm 2/2 auf uns wartet. Er hängt sich hinten an und wird uns im Tunnel anschieben, weil im Tunnel keine Zahnstange verlegt ist und die Dampflok eventuell die Wagen nicht mehr ziehen könnte (im Tunnel sind die Schienen feucht). Zur Sicherheit also schiebt im Tunnel dieser Tm mit. Klar, dass man im Tunnel die Fenster schließen muss, denn der Rauch der Lok im 1874 Meter langen Tunnel wäre sehr unangenehm. Auf der anderen Seite des Tunnels befinden wir uns im Kanton Uri. Aus dem Tunnel raucht es noch lange Zeit heraus.
Kleine Station und Tunneleingang zum Furka-Tunnel.
Tm 2/2 506 wird uns zur Not anschieben.
Pause in der Station Furka (2163 Meter)
Bei der kleinen Station, die zu den früheren Zeiten wohl nur für Wanderer Bedeutung hatte, sind viele Zelte aufgebaut, um für die Touristen etwas anbieten zu können. Es gibt regionale Produkte, es gibt „Wienerli“ oder Käsekuchen, es gibt Käse zu kaufen (und zu verkosten), es gibt etwas zu trinken und natürlich Souvenirs usw. Die Sonne scheint noch immer und es ist gar nicht kalt, obwohl wir so hoch in den Bergen sind. Wir haben längeren Aufenthalt und können also warten, bis man den Zug halbwegs ohne Menschenmassen fotografieren kann. Man kann sogar in die Lok hinaufsteigen und ich mache auf diese Weise ein Bild vom Führerstand, obwohl mich Dampfloks ja nicht wirklich interessieren. Auch einen Marillen-Topfenkuchen leiste ich mir. Die Käseverkostung ist besonders spannend und ich werde noch zum Liebhaber diverser Schweizer Käsesorten (ja, ich kaufe mir seither öfter einen Schweize Käse im Fachhandel).
Wir sind an der anderen Seite des Lochs angekommen.
Überblick über die Station. Furka. Aus dem Tunnel raucht es noch sehr lange heraus.
Einer der raren Momente, die Lok ohne Massen aufzunehmen.
Nach einer längeren Pause geht es weiter - nun wieder talabwärts.
Auf der Weiterfahrt komme ich mit einem Schweizer ins Gespräch, den ich um das Wappen von St. Gallen befrage, dessen Symbole ich ja nicht kenne und daher nicht deuten kann. Wir plaudern auch über die diversen Dialekte und ich muss ja auch sagen, dass ich im Waggon mehrere schweizerische Dialekte höre und manche besser und manche schlechter verstehe.
Die Weiterfahrt führt durch ein anderes Landschaftsbild, es ist wie ein schmales Tal mit vielen Kurven, unterwegs kommen wir auch zu der Brücke, die im Winter wegen der Lawinengefahr zusammengeklappt wird.
Die Gegend sieht etwas anders aus als westlich des Furkatunnels.
Zeitweise fahren wir fast am Talboden.
Dann wieder gräbt sich der Bahn ein tieferes Bett ins Tal.
Das dürfte die berühmte Brücke sein, die jedes Jahr über den Winter zusammengeklappt wird.
Immer wieder versuche ich mir vorzustellen, wie die Strecke zur Zeit der Elektrifizierung ausgesehen haben mag.
Wir sind knapp vor Realp.
Umsteigen in Realp
Vor der Einfahrt in den Bahnhof Realp sehen wir das schmucklose Portal des Furka-Basistunnels zu unserer Rechten, dann erreicht unser Zug die Station Realp, wo die Dampfbahn einen eigenen „Bahnhof“ betreibt, inklusive Lokschuppen und Abstellgleisen, auf denen viele Zweiachser in dunkelroter Farbgebung herumstehen. Vermutlich wurde diese Station, die etwas oberhalb der Einfahrtsgleise in den Tunnel liegt, auf dem Gelände angelegt, weil die MGB diese Betriebsgleise nicht mehr benötigt. Schließlich gibt es nur 8 km entfernt in Andermatt jede Menge an Wagenhallen und Abstellgleisen. Von der DFB-Station zum MGB-Bahnhof Realp muss man eine kleine Wegstrecke zurücklegen. Wir sehen auch eine weitere Dampflok (Nr. 4) und andere Fahrzeuge. Ich begebe mich recht schnell zum Ort, der in 1538 Meter Seehöhe liegt, und dort zum Bahnhof. Hier kann ich einen der neuen Niederflurtriebwagen fotografieren, der Richtung Visp unterwegs ist, außerdem auch den Zug für die Autoschleuse Oberwald-Realp. Obwohl es bei der MGB zwei Ge 4/4-Lokomotiven gibt, die für die Tunnelstrecke genügen würden, ist eine HGe 4/4 (mit Zahnrad) vorgespannt, was mich wundert. Die Abfahrtsstelle für den „Autoverlad“, wie man dazu in der Schweiz sagt, befindet sich zwischen Tunneleinfahrt und Bahnhof. Ein Verbindungsgleis zwischen Bergstrecke und MGB-Bahnhof gibt es natürlich auch.
Kurz vor dem Halt fahren wir an einem Depot vorbei, in dem die Lok Nr. 4 unter Dampf steht.
Das Tunnelportal des Furka-Basistunnels in Realp.
Zu Fuß geht es von der DFB-Station zur MGB-Station Realp.
Der Autoverlad-Zug kommt aus Oberwald an. Zuglok ist die HGe 4/4 II 107.
Und wieder ein alter Bekannter, diesmal in Realp: ABDeh 4/8 2025.
Umsteigen in Andermatt und Fahrt über den Oberalppass
Nach insgesamt 50 Minuten Übergangszeit besteigen wir den nächsten Zug nach Andermatt (der nach Göschenen weiterfährt) und fahren die lediglich noch 8,6 Kilometer in 15 Minuten bis Andermatt. Ein Bahnhof, der mich immer fasziniert hat, weil man dort viel sieht. Außerdem ist der ganze Bahnhofsbereich von der Oberalp-Passstrecke aus wunderschön aus der Vogelperspektive zu sehen. Natürlich wäre auch eine Fahrt durch die Schöllenenschlucht nach Göschenen interessant, allerdings bin ich da schon mehr als einmal gefahren und heute geht sich das sowieso nicht aus.
Die wenigen Kilometer zwischen Realp und Andermatt sind unspektakulär. Die Trasse verläuft zumeist neben der Straße.
Nach 17 Minuten geht es weiter mit einem Regio nach Disentis/Mustér. Für die 29 Kilometer benötigen wir eine Stunde, denn es geht unter Zuhilfenahme der Zahnstange von 1436 Metern Höhe (Andermatt) steil bergauf in mehreren Serpentinen bis zum Oberalppass (2033 Meter). Es ist eine der eindrucksvollsten Bahnfahrten in der Schweiz, die ich kenne. Der Ausblick hinunter nach Andermatt ist einfach nur phantastisch! Am Christtag 2011 entgleiste ein bergwärts fahrender Zug auf dieser Strecke, als abrutschender Schnee die Gleise verschüttet hatte und der Zug in die Wächte fuhr. Verletzt wurde damals niemand. Oben auf der Passhöhe fährt man dann längere Zeit an einem See vorbei, überhaupt ist die ganze Landschaft hier erstens völlig anders als beim Furkapass und zweitens hochinteressant und landschaftlich reizvoll. Auffallend sind die Ansagen in diesem Regio-Zug: Sie erfolgen nämlich bei Abfahrt von Andermatt und bei der Ankunft in Disentis auf DE/RM/FR/EN, unterwegs aber nur auf Deutsch.
Der berühmte Blick von den Serpentinen zum Oberalppass hinunter zum Bahhof Andermatt.
Der Bahhof aus der Nähe: rechts geht es nach Göschenen, unten beginnt die Oberalp-Strecke, nach hinten links geht es Richtung Furka-Basistunnel.
Unser Zug wird vom Triebwagen Deh 4/4 24 geschoben. Er stammt von der früheren BVZ.
Entlang des Oberalpsees.
Dann geht es bergab nach Disentis, das auf rätoromanisch Mustér (gesprochen: Muschteer mit geschlossenem ee) heißt. Berühmt ist Disentis durch die barocke Benediktinerabtei, die schon von weitem sichtbar ist. Der Bahnhofsname in zwei Sprachen kommt natürlich nicht von ungefähr: Hier gibt es tatsächlich noch große Bevölkerungsteile, die rätoromanisch sprechen. Diese westliche Ecke (Bezirk Surselva) des Kantons Graubünden ist fast zu 100% rätoromanisch! Überall sonst im Kanton ist die rätoromanische Bevölkerung geringer. Rätoromanisch heißt auf Romanisch „Rumantsch“ und es gibt immer wieder Diskussionen, ob die Sprache mit Ladinisch und Friulanisch zusammen eine Sprachgruppe bildet oder etwas Eigenständiges ist.
Es bergab Richtung Disentis. Unterwegs kann man interessant angelegte Ortschaften finden.
Die Benediktinerabtei dominiert den Ort Disentis/Mustér.
Unser Zug wird gleich nach der Ankunft woanders hin verschoben. Deh 4/4 24.
Unser Zug für die Weiterfahrt steht schon bereit. Unsere Lok ist die Ge 4/4 625. Hinten erkennt man eine Fahne zum RhB-Jubiläum.
Das letzte Bild des Urlaubs (später wurde es zu dunkel): Fünfsprachiges Schild in Disentis. Wer die letzte Zeile nicht lesen kann: senro o yokogitte wa ikemasen.
Näheres zur eben befahrenen Strecke:
Die Bahnlinie Andermatt – Disentis (143)
Wie zuvor schon erwähnt, wurde die Strecke erst 1926 als Teil der nun fertiggestellten Verbindung Gletsch - Furkapass - Andermatt - Oberalppass - Disentis eröffnet. Größere Teile der Strecke sind mit Zahnstange (System Abt) versehen, vor allem die Auffahrt zum 2033 Meter hohen Oberalppass. 1940/41 wurde die Strecke elektrifiziert.
Die Strecke überwindet von Andermatt (1436 m) Richtung Oberalppass (2033 m) auf 8 Kilometern Länge einen Höhenunterschied von rund 600 Metern. Von dort nach Disentis fällt die Bahnstrecke wieder um 900 Meter.
Der Fahrplan 1978 verzeichnet außer den durchgehenden Schnellzügen nach Chur (siehe voriger Abschnitt) sechs Zugpaare zwischen Andermatt und Disentis, von denen einer bis Göschenen durchgebunden war. Heute gibt es auch auf dieser Strecke einen Stundentakt, verstärkt durch vier Schifahrerzüge von Andermatt zum Oberalppass-Schigebiet bei guten Schiwetter. Das ergibt neben den Glacier-Express-Zügen 12 Zugpaare.
Weiter mit der Rhätischen Bahn
Wir müssen jedenfalls in Disentis umsteigen, denn bis hierher sind Zahnrad-Triebfahrzeuge nötig, die Rhätische Bahn ist aber erstens eine eigenständige Bahngesellschaft und kommt zweitens auch ohne Zahnrad aus. Daher wird auch die Lok des durchgehenden Glacier-Express hier gewechselt. Andere durchgehende Züge gibt es nicht. Auf dem Bahnhof fallen gleich einmal die Fahnen und Tafeln zum Jubläum der RhB auf: 125 Jahre Viafer Retica bzw. Rhätische Bahn bzw. Ferrovia Retica. Die Schilder, die vor dem Überschreiten der Gleise warnen, haben hier sogar 5 Sprachen: RM/DE/IT/EN/JP. In dieser Reihenfolge. Die ersten drei sind die drei offiziellen Sprachen Graubündens.
Die Strecke bin ich zwar schon mehrmals gefahren, aber die Erinnerung an die ersten Kilometer der Strecke östlich von Disentis ist schon recht verblasst. Im Zug höre ich zwei Mädchen in einer fremden Sprache miteinander reden und identifiziere sie bald als Rätoromanisch. Die zwei reden tatsächlich in dieser Sprache – ich glaube ich habe das noch gar nie so bewusst gehört! Die Ansagen im Zug erfolgen auf DE/RM/EN, und zwar bei allen Stationen.
Schon um 19 Uhr wird es dunkel, das Wetter trübt sich ein. Bisher hatten wir schönstes Wetter den ganzen Tag! Vor der Endstation Chur verabschiedet sich die Rhätische Bahn von den Fahrgästen, die „Verabschiedung“ erfolgt allerdings nur mehr auf Deutsch und Englisch.
Über Buchs nach Feldkirch
Von Chur nach Buchs geht es nun in einem Regio-Express. Da es schon dunkel ist, gibt es keine Bilder. Es ist ein KISS der Baureihe RABe 511. Dieser RE wird als REX (Rheintal-Express) bezeichnet.
In Buchs holt uns meine Tante vom Bahnhof ab und bringt meine Freunde zunächst in deren Hotel. Ich bleibe bei meinen Verwandten. Die Reise durch die Suisse Romande ist nun zu Ende.
Am nächsten Tag haben wir noch St. Gallen und Appenzell besucht, da es aber regnete, gibt es keine Bilder.
Dafür konnte ich im November noch einmal die Ostschweiz besuchen, wobei ich die meisten Strecken, die zu den Appenzeller Bahnen gehören befahren und dokumentieren (und fotografieren) konnte.
Falls Interesse besteht, kann ich diese zwei Tage mit den Bahnstrecken St.Gallen-Speicher-Trogen, St.Gallen-Gais-Appenzell, Appenzell-Wasserauen, Gais-Altstätten, Rheineck-Walzenhausen, Rorschach-Heiden auch noch ins Forum stellen.
Danke für alle bisherigen Anmerkungen und Korrekturen und für das Interesse, an der Reise teilzunehmen.
Päne für Sommer 2015 gibt es ebenfalls schon: Niedersachsen (ja, ich fahre gerne dorthin, wo sonst keiner Urlaub macht).
LG Gustav
HIER sind meine Reiseberichte zu finden!
3-mal bearbeitet. Zuletzt am 2015:02:25:22:03:07.