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[CH][ZVV] Die S-Bahn boomt, doch reicht das aus?

geschrieben von: Ernani

Datum: 06.08.07 18:19

Montag, 06. August 2007, 18:16:17 Uhr, NZZ Online

Die S-Bahn boomt, doch reicht das aus?

Die Datenlage zum Verhältnis zwischen Bahn und Auto ist dünn


sho. Seit 17 Jahren schreibt der Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) eine Erfolgsgeschichte. Jahr für Jahr wird das Angebot an Bahn, Bus und Tram verbessert. Die Fahrgastzahlen steigen stetig an. 2006 legte der öffentliche Verkehr gegenüber dem Vorjahr um vier Prozent zu, wie aus dem neusten ZVV-Geschäftsbericht hervorgeht. Seit Inbetriebnahme der S-Bahn 1990 hat sich die Anzahl Passagiere, die täglich im Zug die Stadtgrenze von Zürich überquert, mehr als verdoppelt. Trotzdem hat der Verkehr auf der Strasse nicht abgenommen, im Gegenteil. Welchen Stellenwert hat der Zuwachs beim öffentlichen Verkehr im Rahmen des ganzen Verkehrssystems? Im Gesamtverkehrskonzept für den Kanton Zürich, das die Regierung im September 2006 verabschiedet hat, ist als Ziel formuliert, der öffentliche Verkehr solle mindestens die Hälfte des künftigen Verkehrszuwachses übernehmen. Ist der Kanton mit den neusten Erfolgsmeldungen des ZVV also auf Kurs?

Ein hilfsbereiter Informationsbeauftragter der Volkswirtschaftsdirektion antwortet mit einer rekordverdächtig langen Mail. Die wichtigste Auskunft lautet allerdings, die Datenlage sei nach Auskunft der Verkehrsplaner dünn. Das erstaunt eigentlich, denn erst seit Mai, noch druckfrisch, liegt der alle fünf Jahre erhobene «Mikrozensus» vor, eine 100-seitige Studie der Bundesämter für Statistik und Raumentwicklung zur Mobilität in der Schweiz. In der Tat erhält man dort auf die gestellte Frage keine schlüssige Antwort. Eindeutig ist die allerdings nicht neue Erkenntnis, dass in Zürich dem öffentlichen Verkehr im Vergleich zu anderen Grossräumen eine höhere Bedeutung zukommt. Genauer kennt man das Pendlerverhalten, vor allem aus den Volkszählungen. Demnach hat in den neunziger Jahren der öffentliche Verkehr in den meisten Regionen der Schweiz Anteile verloren. Im Kanton Zürich konnte er dank der S-Bahn zulegen. Trotzdem ist auch hier der Prozentsatz der Autopendler leicht gestiegen. Das ist kein Widerspruch, wie aus einer Studie des kantonalen Statistischen Amtes von 2005 hervorgeht: Sowohl der öffentliche Verkehr wie auch der motorisierte Individualverkehr haben zugelegt, auf Kosten jener Pendler, die zu Fuss gehen oder das Velo nehmen. Nicht weil die Zürcher Bevölkerung faul wird, sondern weil sich der Grossraum Zürich ausdehnt, die Spezialisierung in der Berufswelt zunimmt, die Arbeitswege länger werden. Pendler jedoch verursachen nur etwa einen Viertel des Gesamtverkehrs. Fast die Hälfte entfällt auf den Freizeitverkehr, doch darüber weiss man herzlich wenig. Die griffigste Antwort auf die Frage, ob der Kanton verkehrspolitisch auf Kurs sei, ist eine Faustregel aus dem kantonalen Amt für Verkehr. Soll der öffentliche Verkehr mindestens die Hälfte des Mehrverkehrs auffangen, so benötigt er etwa dreimal so hohe Zuwachsraten wie der motorisierte Individualverkehr.

Das ist ein ehrgeiziges Vorhaben und angesichts überfüllter S-Bahnen nicht ohne einen kräftigen Ausbau der Infrastruktur zu realisieren. Der Kanton will es etwas genauer wissen. Bis Ende Jahr werden die Daten aus dem Mikrozensus des Bundes für die zürcherischen Bedürfnisse weiter ausgewertet. Ziel ist es, die Entwicklung des Verhältnisses zwischen öffentlichem und motorisiertem Verkehr in aktuellen Zeitreihen darzustellen, was bisher fehlt. Wenigstens abschätzen lassen sollte sich dann, welche Investitionen notwendig sind, um das angepeilte Ziel tatsächlich zu erreichen.

Bello è affrontar la morte
Gridando libertà!
Amor di patria impavido
Mieta i sanguigni allori,
Poi terga i bei sudori
E i pianti la pietà.

Vincenzo Bellini, "I Puritani"