Laub liess IC-Zug versauern
Ein Unglück kommt selten allein … Auf der Bahnstre-cke Frutigen–Brig herrschte gestern das Chaos: Erst brannte es in einem Tunnel, dann blieb ein IC-Zug wegen einer defekten Lok stehen, und ein Zweiter «versauerte» im Laub.
Die Pechsträhne für die Bahnreisenden und Bahnverantwortlichen nahm bereits am frühen Morgen in einem Tunnel auf der Lötschberg-Südrampe ih-ren Lauf: Im rund 1,3 Kilometer langen Tunnel bei Hohtenn war kurz nach 6 Uhr starker Rauch festgestellt worden. «Grund war ein Glimmbrand in einem Kabelkanal neben dem Geleise», teilte die BLS später mit. Der Brand führte zu einer Stellwerkstörung, dem Ausfall des Kundeninformationssystems sowie zu Zugsausfällen und langen Wartezeiten für die Bahnkunden. Die Brandursache war bis am Abend noch nicht geklärt.
Bahn stand 4 Stunden still
Zum Zeitpunkt des Brandes, der sich über eine Länge von rund zehn Metern erstreckte, habe sich kein Zug im Tunnel befunden, teilte die BLS weiter mit. Sie stellte den Bahnverkehr für rund vier Stunden ein, damit der Lösch- und Rettungszug aus Brig den Brand löschen konnte. Die InterCity-Züge (IC) aus Zürich/Basel–Bern fuhren nur bis Goppenstein und wurden dort gewendet. Zwischen Goppenstein und Brig verkehrten Ersatzbusse. Internationale Züge wurden umgeleitet. Nicht beeinträchtigt von der Sperrung war der Autoverlad zwischen Kandersteg und Goppenstein. Um 10 Uhr wurde eine Fahrspur wieder freigegeben. Bis zur Wiederaufnahme des Bahnbetriebes mussten die Reisenden beträchtliche Verspätungen in Kauf nehmen.
Defekt an Lokomotive
Was das konkret hiess, davon konnte unser Mitarbeiter Guido Lauper ein Liedchen singen: Er bestieg um 8.38 Uhr in Spiez den IC-Zug 810 und wollte nach Ausserberg fahren, um dort den schönen Herbsttag mit einer Wanderung auf der Lötschberg-Südrampe zu geniessen. Normalerweise dauert die Fahrt nach Ausserberg 1 Stunde und 4 Minuten. Gestern traf Lauper erst um 13.38 am Zielort ein. Grund für die rund vierstündige Verspätung war aber nicht der Brand, sondern ein Defekt an der Lokomotive. Der Zug blieb in der Nähe des Blausees plötzlich stehen. Er musste in der Folge von zwei Güterloks nach Kandersteg geschleppt werden. Was die Lokomotive stillgelegt hatte, wusste Thomas Furrer, Leiter Zugförderung bei der BLS AG, am Nachmittag noch nicht. Jedenfalls sorgte der Defekt für weiteres Ungemach auf der Bahnstrecke Frutigen–Kandersteg.
Und dann noch das Laub …
Denn aller (un)guten Dinge sind drei: Im Bereich Blausee blieb eine Stunde später auch der IC 861 stehen – oder fachmännisch ausgedrückt – der Zug «versauerte». So beschreibt Thomas Furrer das Phänomen, wenn ein Zug auf den mit Laub bedeckten Gleisen ins Spulen gerät und nicht mehr vom Fleck kommt. «Das passiert im Herbst oft», weiss Furrer zu berichten, «vor allem dann, wenn in der Nacht noch starke Winde das Laub in Massen von den Bäumen weht.» Betroffen seien nicht etwa nur die Bergstrecken wie jene am Lötschberg. «Im Jura blieb auch der TGV schon stehen, und heute Morgen konnte das Tram in Bern, mit welchem ich zur Arbeit fuhr, nur dank dem Einsatz von Sand anfahren und bremsen», klärt der Eisenbahnfachmann der BLS auf.
Sobald ein Lokführer auf der Lötschberg-Strecke feststelle, dass die Gleise mit Laub bedeckt seien, würden die folgenden Züge mit einer zweiten Lokomotive verstärkt, erklärt Furrer. Gestern sei diese Meldung im allgemeinen Chaos nach dem Brand aber offenbar untergegangen.
Kaffee für die Nerven
Ausser ein paar Reisenden, die ihren Flug in Mailand verpass-ten, hätten die Betroffenen das Chaos mit erstaunlicher Geduld und Humor ertragen, stellte Guido Lauper vor Ort fest. Auch er musste auf seine geplante Wanderung verzichten. «Die Angestellten haben uns mit Freundlichkeit sowie mit Essens- und Cafébons bei Laune gehalten», lobte er das Engagement der Bahn.
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