Dober dan!
Nachdem Teil 1 vorwiegend in Österreich stattfand, bleiben wir nun für zwei volle Tage an der Transalpina im Abschnitt zwischen Wocheineralpen und Prvačina, Ausgangspunkt der Karstrampe.
TAG 4, Mittwoch, 28.7.2021
Morgens starteten wir in Solkan in Richtung Norden. Der Tag war anders als viele andere Tage der Tour durchgeplant, Spontanität an der Strecke wenig empfehlenswert ohne Auto. Das erste Ziel war Podmelec. Während auf den ersten Kilometern die Fahrt noch nicht so eindrucksvoll war, wir saßen auf der linken Seite und sahen auf unserer Seite in erster Linie Sträucher, setzt der Zug hinter Kanal ob Soči über den Fluss. Die Strecke wird nun auch tatsächlich wildromantischer, die Flüsse klar, nackter Fels ragt zwischen Wäldern heraus, direkt darüber tiefhängende Wolkenfetzen unter blauem Himmel.
In Podmelec stiegen wir aus. Die Bahnanlagen wirkten gepflegt, trotz einzelner Schmierereien im Wartebereich. Ähnlich der Eindruck von der umliegenden Bebauung. Der Lack blättert zwar ab, aber in vielen Fenstersimsen waren Blumenkörbe in voller Blüte, der Rasen gemäht und alles recht aufgeräumt. Wären doch nur die Nahverkehrstriebwagen nicht so beschmiert! Das Foto erspare ich euch. Wir überlegten ein wenig, ob wir am Bahnhof auf den Güterzug warten oder gleich zum Tunnelportal gehen sollten. Leider überlegten wir ein bisschen zu lange und vor allem ich hielt mich mit Fotos der schönen Umgebung auf.
Bild 1: Blumen am Bača-Stauwerk unterhalb des Bahnhofs.
Bild 2: Ein seltsames Motorengeräusch wurde lauter. Konnte das der Fahrverschub sein? Balázs rannte zum Tunnelportal hoch und erwischte ihn in allerletzter Sekunde.
Bild 3: Ich stand unten, unterließ aber den Notschuss. Leider hatte ich bereits vor der Tour eine dicke Blase an der Ferse und sprintete daher nicht mit dem ganzen Gepäck die Straße hoch. Bald kam aber der nächste Nahverkehrszug, aus spitzem Winkel vergleichsweise unbeschmiert.
Bild 4: Nächster Programmpunkt war der Avtovlak nach Süden, den wir auf der anderen Seite des kurzen Tunnels fotografierten, leider in ziemlichem Gegenlicht, was in natura aber besser aussah. Im Nachhinein fiel mir erst auf, dass Jan das Motiv bei besserem Licht in seinem Bericht gezeigt hat.
Bild 5: Die meiste Zeit warteten wir bei Sonnenschein auf die Rückleistung, aber die Bewölkung nahm zu. Mit viel Bearbeitung entstand dieses Bild, aber der Ärger über den ersten Wolkenschaden des Tages war durchaus gegeben. Im Nachhinein umso ärgerlicher für mich, den Güterzug verpasst zu haben.
Bild 6: An einer Art natürlichem Pool ruhten wir aus.
Bild 7: Unser Zug zurück hat an der Front ebenfalls relativ wenig Graffiti.
Für die nächste Südfahrt des Avtovlak schien der Idricija-Viadukt in Most na Soči der geeignetste Fotostandpunkt. Dort pausierten wir zunächst ein wenig am gepflegten, großen Bahnhof, architektonisch sehr alpin und urig, mit Bahnhofsgaststätte, an der auch Getränke zum Mitnehmen und Eis gekauft werden können. Hier hatten wir mal den Eindruck, dass Slowenien touristisch frequentiert wird, vor allem Fahrradfahrer in Sportkleidung waren zugegen.
Bild 7: Etwas früher als erwartet schon vor 14 Uhr kam der Fahrverschub nach Süden zurück.
Bild 8: Selbstverständlich spielten die Wolken auch beim zweiten Hauptmotiv des Tages nicht so wirklich mit.
Bild 9: Am Bahnhof bekam der Avtovlak dann den erhofften Sonnenschein.
Bild 10 – 12: Besonderes Glück hatten wir dann mit einer Sonderleistung. Eine 643 stellt einen Schotterwagen zu. Ich habe auf Bilder verzichtet, bei denen die Arbeiter allzu gut zu erkennen sind. Der Standpunkt an der Laderampe dürfte aber legal sein, da kommt man ohne Verbotsschilder von der Straße aus hin. Man sollte natürlich nicht auf den Holzstapeln rumturnen. Für mich als alten SNCF-Fan der Jahre um 2000 war die 643 in der alten Farbgebung eine große Freude. Ich hatte gar keine allzu große Hoffnung, dass wir gelungene Bilder von dieser Baureihe machen würden.
Bild 13: Kurzer Exkurs: Balázs erwischte bei der Hinfahrt beim Umsteigen vom SEV auf den Zug in Jesenice bereits eine 643 mit mehreren Schotterwagen.
Weiter ging die Reise nach Grahovo. Drittes Viadukt, dritter Wolkenschaden? Der Bahnhof wirkt mit seiner cremigen Farbe wiederum etwas weniger urig-alpin, sondern er hat eher das typische Antlitz vieler Bahnbauten im ehemaligen Österreich-Ungarn auch abseits der Alpen. Östlich des Bahnhofs ragt ein Laubwald an einem Hang steil empor, die Landschaft wirkt eng und gleichzeitig zumindest im Sommer keineswegs düster.
Bild 14: Die Bewölkung nahm leider wieder zu. Für das Bild der Kirche der Heiligen Anna war das Spotlicht noch angenehm.
Der Fotostandpunkt in Grahovo ist, das sei für alle Nachahmer gesagt, am ehesten unterhalb des Friedhofs am Rande einer Wiese zu erreichen. Man sollte hier sicherlich sowohl auf Zecken aufpassen, als auch darauf, dem Landwirt die Wiese nicht zu zertreten und so betraten wir nur einen bereits eher platten Randstreifen der Wiese, immer knapp neben dem elektrischen Zaun.
Bild 15: Die Kirche von unten betrachtet. Das Licht wird dramatischer.
Den Nachschuss auf den zugesprayten Triebwagen erspare ich euch. Selbstverständlich ging sich auch das dritte Topmotiv nicht mit Sonne aus. Ich schnitt daher bewusst oben ab, denn ohne hellen Himmel lässt sich aus solch einer Situation noch am ehesten etwas mit Bearbeitung herausholen.
Bild 16: Avtovlak auf dem Viadukt in Grahovo, im Hintergrund die Wocheineralpen im Regen.
Bild 17: Bahnhof Grahovo.
Bild 18: Einfahrt unseres Zuges, nun wieder bei Sonne und wenigstens erneut an der Front graffitifrei.
Etwas enttäuscht fuhren wir zurück nach Nova Gorica, wo abends erneut ein Unwetter über uns hinwegzog und wir trotz der Überdachung unseres Hotelrestaurants kurz nach dem Essen nach drinnen fliehen mussten. Während der Rückfahrt hatte die meiste Zeit über die Sonne geschienen. Wie zufrieden konnten wir also mit dem Tag sein? Gemessen an der pessimistischeren Wettervorhersage hatten wir Glück, dass wir nicht irgendwo draußen in ein Unwetter gerieten. Angesichts des vielen Sonnenscheins waren dann aber die drei Wolkenschäden an den Hauptmotiven bitter. So etwas kann passieren, umso mehr ein Ärgernis, dass wir bei der geringen Zugdichte und den vielen zugesprühten Triebwagen im Grunde nur einen Versuch pro Motiv hatten, von Podmelec abgesehen. Es hatten sich die erwarteten Nachteile der Bahnstrecke als vollumfänglich zutreffend erwiesen. Letztes Jahr hätte ich die Bahnstrecke wohl auch nur Balázs zuliebe in die Planung aufgenommen, dieses Jahr hatte ich sie der Motive und des Erlebnisses rund um die Bahnstrecke wegen auch aus eigenem Antrieb in die Planung integriert. Die schöne Landschaft, die Ruhe, die klaren Flüsse, die gute Luft, all dies waren noch mehr als die gelungenen Bahnhofsbilder Gründe gar nicht mal so schlecht gelaunt den Tag abzuschließen. Es geht bei Fototouren eben doch nicht nur darum, noch mehr Galeriebilder zu machen und Motive abzuhaken, die vor einem schon hunderte andere fotografiert haben. Positiv überrascht hat uns aber, dass wir überhaupt Güterzüge fotografieren konnten. Was die Fahrzeugtypen angeht, war die 643 für mich wichtiger als die 664 und letztendlich konnte bei beiden ein Haken gesetzt werden, bei der 664 ja bereits am Ankunftstag. Die Motive würden wir am Folgetag nicht wiederholen, den beiden Baureihen würden wir aber noch begegnen und unsere Ausbeute steigern können.
TAG 5, Donnerstag, 29.07.2021
Die Sonne brannte bereits wieder intensiv vom Himmel, als wir das Hotel um kurz nach 8 verließen. Wir spazierten in Richtung Nova Gorica. Dort sahen wir eine 664 mit E-Wagen den Bahnhof in Richtung Norden verlassen. Wir fuhren heute aber in die entgegengesetzte Richtung. Nachdem ich den gestrigen Tag durchgeplant hatte, war heute für Balázs der wichtige Programmpunk „alte Stellwerkstechnik in Prvačina“ angesagt.
Bild 19: Kaum angekommen begegneten wir einer 664, die den Bahnhof unter Aufsicht der freundlichen Fahrdienstleiterin nach Norden verließ. Im Hintergrund die Cerkev Brezmadežne Device Marije (Kirche der Unbefleckten Jungfrau Maria) in Gradišče nad Prvačino.
Eventuell würde ein Güterzug nach Süden kommen, aber für Balázs war die Stellwerkstechnik auch ohne Zug wichtig. Ich suchte südlich des Bahnhofs nach einer Fotostelle, fand aber vor allem Blicke zur Kirche des Heiligen Andreas. Die Hitze war enorm, verwunderlich dass sich viele Menschen das jedes Jahr freiwillig antun. Aber das südeuropäische Flair mit dem vielen Oleander und anderen typischen Gewächsen, dem Dauerlärm durch Zikaden und Grillen, der anderen Architektur und lauschigen Plätzen im Schatten gefiel mir während der gesamten Tour durchaus.
Bild 20: Die römisch-katholische Kirche des Sv. Andrej.
Bild 21: Kurz vor Ankunft unseres Zuges zurück nach Nova Gorica war dann wieder eine 664 als Lokzug von Norden angekommen, folgte unserem Zug aber zurück nach Nova Gorica. Muss man nicht verstehen.
Bild 22: Am Bahnhof begegnete uns ein interessantes Bahndienstfahrzeug, wegen des Licht leider in Schwarz-Weiß und ohne das fotogene Gelb.
Wir stärkten uns im Hotel. Zum Putenschnitzel mit Tomate und Mozzarella gab es angebratene Teigtaschen mit einer Art milden Feta. Dies schien dann doch mal speziell slowenisch zu sein. Ist diese Speise jemandem näher bekannt? Natürlich tat auch der Schatten gut. Danach würden wir wieder genügend Hitze tanken, denn am frühen Nachmittag sollte der Zementzug aus Anhovo über de Solkanski-Most rollen.
Bild 23-24: Ich stand seitlich, Balázs auf meinen Tipp hin, wiederum von Martin Gold angeregt, am Friedhof. Der Blick von der Straßenbrücke gefiel mir zu gut und die Sorge, den Zug zu verpassen, war zu groß, als dass ich zum Friedhof hatte wechseln wollen, doch der Blick von Balázs hatte den Vorteil, dass die Lok besser zur Geltung kommt. Das ist dann bei der erwartbar unauffälligen Farbgebung auch im Nachhinein durchaus von Vorteil, zumal die für mich schönere 643 überraschend den Zug bespannte. Um zum Ausgleich für das Pech vom Vortag das Maximum herauszuholen, verdeckte ich drei Häuser und ein Verkehrsschild digital durch Laub und bearbeitete die Lok mit einem Pinsel.
Für die vielen im LokReport genannten Güterzüge am späten Nachmittag und frühen Abend fiel uns nichts Besseres ein, als noch einmal das Tunnelportal südlich des Bahnhofs von Nova Gorica aufzusuchen. Während Balázs noch ein wenig bezüglich der Stellwerkstechnik herumwanderte, schonte ich meine Füße, bestaunte Eidechsen, genoss den Schatten und war rechtzeitig für die vielen Zugfahrten am Fotostandpunkt.
Bild 25: Die Entfernung der Graffiti an den D345 ist mir aktuell zu aufwendig, daher als erstes Bild die InRail S.p.A.-Vossloh-G1000, die den Schrottzug 48711 zu den Stahlwerken in Udine und Monfalcone abzuholen gedachte. Sie hatten wir vorgestern hier nicht erblickt. Wer auf der Suche nach Fotos der D345 auf den Beitrag gestoßen ist und nun enttäuscht, Bilder schicke ich gerne per Mail. Aber ich will den Sprayern hier nicht mehr Forum bieten, als nötig.
Bild 26: Wenige Minuten später verließ der Zementzug um kurz nach 18 Uhr den Bahnhof.
Bild 27: Mit mehr Brennweite rückt die Bazilika Svetogorske Matere Božje (Basilika Unserer Lieben Frau vom Berg Athos?) stärker in den Blick.
Bild 28: Weniger Brennweite betont dafür die mediterrane Bebauung und Flora.
Bild 29: Eidechsen waren schwer zu fotografieren. Oft fokussierte meine Kamera die Steine knapp neben dem Kopf, hier hat es einmal geklappt.
Trotz meiner Blasen wollte ich mir den Gang auf den Hügel von Kostojnica und zum dortigen Franziskanerkloster nicht nehmen lassen. Das Abendlicht war auch einfach zu schön, um schon wieder im Hotelrestaurant zu entspannen.
Bild 30-32: Mit Blicken von Slowenien hinüber nach Italien und zu den Hügeln am Ausgang des Soča-Tales ließen wir den Abend fotografisch entspannt ausklingen, kulinarisch ging es dann mit Melone und Schinken im Hotel weiter.
Im nächsten Teil verlassen wir dann das Land der Eidechsen und des Oleanders, der Weinberge, türkiser und durchsichtiger Flüsse, und fahren an die breiten, trüben Gestade von Sava und Savinja, in eine Gegend des Bieres und der Torten, dunkler Wälder und Burgen und an einen Bahnknotenpunkt, an dem gefühlt mehr Bachstelzen als Menschen wohnen.
Bis dahin.
Viele Grüße,
Lennart