Bonsoir,
meine erste große Fotoreise führte mich vor wenigen Wochen in mein Lieblingsland, nach Frankreich. Eigentlich hätte die Tour bereits im Juni stattfinden sollen, doch dann kam Corona und zwei meiner drei anvisierten Züge fuhren zu dem Zeitpunkt nicht. Der Coilzug nach St-Chély wurde durch LKWs ersetzt, wohlgemerkt ein Schwerlastwagen pro Coil und der ICN nach Rodez/Albi gestrichen.
Anfang Juli schien sich dann doch alles zum Guten zu wenden, denn beide Züge verkehrten wieder, wenngleich der ICN nur freitags und am Wochenende. Somit konnte ich beginnen, aus den vorhandenen Informationen einen Plan zu erstellen, sodass einer erfolgreichen Fototour nichts mehr im Wege stehen konnte. Doch bevor ich mich überhaupt um Motive und die Wege dorthin kümmern konnte, galt es, ein Gefährt zu finden. Der Risikogruppe Jungfahrer sei Dank, erhielt ich kein Angebot mit Vollkasko für unter 700 Euronen. Nun musste ich mich damit abfinden, dass ich wohl oder übel die Tour mit meinem geliebten Drahtesel unternehmen müsse. Im Elsass ist das ganze relativ unproblematisch (siehe
Radtour Ligne 9), im Massif central gestaltet sich das Ganze, auch wegen den großen Distanzen zwischen den Motiven als deutlich schwieriger. Immerhin habe ich als Jungspund die Möglichkeit, die Sommeraktion der SNCF, den Passe Jeunes TER in Anspruch zu nehmen. Dabei kann man im Juli und August für jeweils 29€, einen Monat lang alle TER in ganz Frankreich (mit einigen wenigen Ausnahmen) benutzen.
23.7.
Nach intensiver Planung war es dann soweit. Bestückt mit zwei Satteltaschen, Isomatte und Zelt mache ich mich am 23. Juli auf den Weg nach Frankreich. Nach dem ersten Kilometer auf dem Fahrrad, an den Bahnhof von Böhl-Iggelheim, vergeht mir dort direkt die Lust auf die Reise. Denn nicht nur, dass das Einzelticket nach Strasbourg mehr kostete, als einen Monat Bahnfahren in Frankreich, nämlich 33,50€, sondern auch, dass mein Ticket klatschnass und klebrig war, denn irgendwelche @#$%& hatten in das Ausgabebecken Cola geschüttet. Nach einem kurzen Treffen mit einem Eisenbahnerfreund in Landau und einer erheiterten Diskussion mit einem „Aluhut“ auf der Fahrt nach Offenburg, hatte sich meine Laune bis Strasbourg wieder gebessert, wo ich die Nacht in der Bushaltestelle vor dem Bahnhof verbrachte. Ausgestattet mit dem freien WLAN der Stadt, danke EU *grins*, hielt mich die ganze Nacht die Staffel „Haus des Geldes“ auf Netflix, vom Schlafen ab. Ich wollte auf Nummer sicher gehen, denn Strasbourg hat gerade nachts nicht den besten Ruf und es nicht riskieren, schlafend ausgeraubt zu werden. Doch entgegen meiner Befürchtungen sah ich während den ganzen fünf Stunden keine Handvoll Menschen. Ohne Schlaf und dementsprechend müde, machte ich mich mit dem ersten Zug Richtung Basel auf zu meinem Endziel Albi.
24.7.
Im Steuerwagen des TER200 nach Basel durfte ich erstmals mein Fahrrad an die Wand hängen. 6 Haken in der Wand sind dafür vorgesehen. Anders als in Deutschland handelt es sich hierbei um reine Fahrradabteile. Warum diese zwischen 6 und 8:30 Uhr und 16 und 18:30 Uhr gesperrt sind, bleibt mir ein Rätsel. Vielleicht wird der Platz für das riesige Gepäck der Pendler gebraucht. Beim Bahnhofsbäcker von Mulhouse versorgte ich mich mit Baguette und Croissants für die weitere Fahrt. In Belfort dann, merkte ich zum ersten Mal, was mir die nächsten knapp zwei Wochen fehlen würde – Aufzüge. Gar nicht so leicht war es, mein 17 kg schweres Fahrrad plus noch 15 Kilo Gepäck die Treppen runter und wieder hinauf zu tragen. Umso angenehmer war hingegen die Fahrt im Régiolis nach Lyon. Zugegeben, viel bekam ich von der Fahrt sowieso nicht mit, denn ich hatte ja noch einiges an Schlaf nachzuholen. Als ich knappe vier Stunden später in Lyon aus dem Zug falle, erwartet mich dort das pure Chaos. Das Bahnhofsviertel wird umgebaut, inklusive Bahnhof. Die Ferienreisezeit, verbunden mit Freitagmittag, tat ihr übriges. So war auch der Bahnsteig rappelvoll, denn es wollten viele mit dem TER nach Avignon fahren. Zur allgemeinen Verwunderung fuhr ein einzelner Z23500, ein zweiteiliger Doppelstocktriebzug ein. Als einer der ersten konnte ich mir einen Platz im Fahrradabteil ergattern, doch bereits wenige Minuten später wurden alle Fahrradfahrer des Zuges verwiesen. So bleiben neben mir noch fünf weitere Gleichgesinnte und ein paar Dutzend anderer Fahrgäste am Bahnsteig zurück. Nun warteten wir eben auf den TER, der eine Stunde später verkehrte. Dieser fuhr immerhin als dreiteiliger Z24500, doch auch darin wurde es proppenvoll. So stand ich mit zwei anderen Fahrgästen ziemlich unbequem im Gang, aber in Le Péage-de-Roussillon stiegen drei andere Radfahrer aus und so konnten wir unsere Räder endlich ordnungsgemäß verstauen.
Mit der Zeit packte mich der Hunger und so verspeiste ich in Avignon zwei sehr leckere Crêpes. Auf der Fahrt nach Narbonne standen wir vor Nîmes eine Viertelstunde in der Pampa und ich bekam schon feuchte Hände, sah ich vor meinem geistigen Auge den Anschluss in Narbonne schon vor meiner Nase wegfahren. Aber der Fahrplan hatte wohl einiges an Puffer, sodass wir in Narbonne letztendlich mit nur sieben Minuten Verspätung eintrafen und ich gemütlich meinen Anschluss nach Toulouse erwischte. Fahrradfahrer scheinen zumindest in den Zügen keine relativ hohe Stellung zu haben, denn die Fahrradplatzblockierer weigerten sich partout, sich woanders hinzusetzen. So stand ich eben bis Toulouse im Gang. Dort angekommen brauchte ich noch ein Abendessen, also ging es in den Subway, denn dieser befindet sich direkt gegenüber des Bahnhofs. Bei der Bestellung konnte ich gleich noch mein Lebensmittelvokabular auffrischen.
Pünktlich um halb elf erreichte ich endlich Albi, wo ich im Hôtel Brasserie du Parc sofort einschlief.
25.7.
Lange jedoch konnte ich nicht schlafen, denn am nächsten Morgen stand der Intercités de Nuit auf dem Plan. Um halb sieben quälte mich der Wecker aus dem Bett und nach einer kurzen Dusche stand ich eine Stunde später auf der Brücke über den Tarn. Im schönsten Morgenlicht fuhr, zum Glockenschlag um acht, der ICN 3755 (Paris Austerlitz – Albi-Ville), angeführt von der BB 67424 und 589, über die Tarn und hat noch die letzten Meter seiner knapp zehnstündigen Reise vor sich.
Danach musste ich mich beeilen, denn ich wollte den TER nach Rodez erwischen, um dort den Leerzug zu fotografieren. Zehn Minuten vor Abfahrt traf ich endlich im Bahnhof von Albi Madeleine ein.
Nach wenigen Metern bereits hasste ich Rodez. Denn Rodez liegt auf einem Berg. Somit ging es erst den ganzen Berg hoch, um ihn dann am Ende wieder hinunterzufahren. Nach einer knappen halben Stunde traf ich dann endlich am Viaduc de la Gascaire ein, wo ich den W erwartete. Knappe 60 Minuten später konnte ich den W 778488 mit BB 67589 und 424 auf den Chip bannen.
Zurück am Bahnhof hatte ich noch etwas Zeit bis zur Abfahrt des Zuges nach Toulouse, weshalb ich in einem Taco-Restaurant am Bahnhof einen Taco verspeiste.
Auf der Rückfahrt fiel mir ein Viadukt auf, welcher von einer Wiese aus gut mit dem Stadtbild von Rodez umzusetzen sein müsste. Diese Stelle merkte ich mir und ich sollte sie am nächsten Tag auch ausprobieren. In Albi wurden die Gegenzüge nach Rodez mit 120 und 90 Minuten Verspätung angezeigt. Ein Blick in die SNCF-App verriet, dass in Toulouse ein herrenloses Gepäckstück gefunden wurde. In Frankreich ist man bei solchen Sachen sehr sensibel. Zum Glück lief wieder alles planmäßig und so kam ich in Toulouse mit lediglich 5 Minuten Verspätung an. Dort hat sich die SNCF für Fahrradfahrer etwas Besonderes ausgedacht. Dort gibt es zwar Aufzüge, allerdings sind diese s klein, dass man sie nur als Rollstuhlfahrer nutzen kann. Also wieder die Treppe benutzen.
Um kurz nach sieben kam dann endlich das Ziel in Sicht. Kurz hinter Narbonne durchfährt der Zug auf einem Damm die Lagunen und Salzseen, in denen jede Menge Flamingos standen. Mit dem Fahrrad fuhr ich dann fix vom Bahnhof Port-la-Nouvelle Richtung Süden zum Étang de la Palme. Eigentlich hatte ich eine andere Stelle im Kopf, aber als ich die Horde von Flamingos erblickte, verweilte ich dort. Vorsichtig platzierte ich mich dort, damit ich die Tiere nicht verjagen würde. Mit fliegender Begleitung konnte ich die BB7281 mit dem ICN 3730 (Cerbère - Paris Austeritz) aufnehmen.
Danach genoss ich noch kurz die Sonne, die die Pyrenäen in ein magisches Licht hüllte, bevor ich weiter zum Roc de Saint Antoine aufmachte.
Auf ein Abendessen hatte ich weder Lust noch Hunger, weshalb ich Port-la-Nouvelle ohne Zwischenstopp passierte. Um auf die Île Sainte-Lucie zu gelangen, muss man einen Kanal auf einer Schleuse überqueren. Der Übergang ist allerdings zu schmal für die Fahrradtaschen, weshalb zuerst mein Gepäck und dann das Fahrrad auf die Insel wanderten.
An geplanter Stelle angekommen, packte ich meine Isomatte und Schlafsack aus, und schlief, begleitet vom Schnattern der Flamingos, unter einem atemberaubenden Sternenhimmel ein.
26.7.
Am nächsten Morgen dämmerte es bereits, als ich aufwachte. Nachdem meine Utensilien wieder verstaut waren, genoss ich den malerischen Sonnenaufgang.
Dann stand aber wieder die Eisenbahn im Fokus, denn der ICN 3731 nach Port Bou sollte verewigt werden. Pünktlich wird er wieder von einer béton-7200 durch die Seenlandschaft gezogen.
Wenn man schon am Meer ist, kann man wenigstens seine Beine ins Meer hängen und so fuhr ich an den Strand von Port-la-Nouvelle und entspannte noch kurz, denn das Folgeprogramm würde heftig sein.
Noch kurz kaufte ich Bananen am Obststand, für die folgende Nacht und in der Boulangerie Baguette und Croissant als Frühstück, bevor ich wieder am Bahnhof eintraf. Dort gibt es nur eine Überführung und dementsprechend viele Treppenstufen. In diesen Momenten hasst man dann auch einmal die SNCF. Nach meinem Frühstück am Bahnsteig fuhr der Zug nach Toulouse ein.
Angekommen in Rodez ging ich erneut ins Taco-Restaurant und tätigte eine Vorbestellung, denn ich hatte nicht viel Zeit. Als ich an der anvisierten Wiese ankam, herrschte Ernüchterung, denn diese war nur über einen zehn Meter hohen Steilhang erreichbar. Also kletterte ich diesen vorsichtig hoch und postierte mich auf der Wiese. Die Wolken sorgten für einen erhöhten Adrenalinspiegel, denn als ich den Pfiff des Leerzuges am Tunnelausgang hörte, lag der Viaduc de la Mouline noch komplett im Schatten. 30 Sekunden später, bei der Vorbeifahrt hatte sich die Wolke verzogen. 18:03 zeigte die Uhr, als der W 778487 mit der BB 67437 und 589 an mir vorbeifuhren.
Jetzt war Eile geboten. Zwischen mir und dem Bahnhof lagen 5,4km und 290 Höhenmeter und ich hatte noch 41 Minuten Zeit.
18:05 Uhr hatte ich mein Fotoequipment fertig abgebaut, 18:10 Uhr war ich vom Abhang hinunter, 18:13 Uhr hatte ich meine Ausrüstung verstaut und machte mich auf den Weg. Um 18:30 Uhr erreichte ich das Restaurant und um 18:31 Uhr erhielt ich mein Essen. Um 18:36 stieg ich dann im Zug ein, welcher um 18:44 abfuhr. 48 Minuten nach dem Foto fuhr ich dann über den gleichen Viadukt.
In Albi wiederum konnte ich es wesentlich gelassener angehen. So blieben zwischen Eintreffen an der Fotostelle und der Durchfahrt des Zuges eine knappe halbe Stunde. Die Sonne war schon fast weg, als das Pielstick-Doppel sich mit dem ICN 3754 auf den Weg in die Stadt der Liebe macht. Im Hintergrund thront majestätisch die Cathédrale Sainte-Cécile.
26./27.7.
Nun war sie gekommen, die Monsteretappe nach Brugeilles. Guter Dinge machte ich mich auf den Weg, doch bereits nach 50 Kilometern musste ich feststellen, dass ich dem zusätzlichen Gewicht und der Orthographie, Tribut zollen muss und ich es wohl nicht bis nach Brugeilles schaffen werde. Nachts um halb zwei flog mir eine Fledermaus ins Gesicht und auch eine Clique, die am Straßenrand feierte, wunderten sich über den @#$%&, der nachts durch das französische Niemandsland fährt. Morgens, nach knapp 200 Kilometern, brauchte ich eine Pause und kaufte in einer Bäckerei ordentlich Backwaren ein. Danach machte ich mich auf den Weg nach Neussargues. Dort stand schon der Coilzug nach St.-Chély und nach einem kurzen Gespräch mit dem Vorsteher standen sowohl Fahrzeiten als auch die Tage für die kommende Woche fest. Anstatt Donnerstag fuhr er diese Woche Freitag. Dann fuhr ich den Berg hoch, denn ich wollte in Talizat noch ein Foto des Zuges machen. Leider war ich zwei Minuten zu spät und so konnte ich dem Zug nur noch hinterherschauen. Nach der Nacht war meine Stimmung natürlich entsprechend im Keller. So fuhr ich frustriert weiter nach Andelat. Die Temperaturen lagen um die Mittagszeit knapp um die 40°C. So wartete ich knappe vier Stunden auf die Rückfahrt nach Neussargues. Doch sie kam und kam nicht. Der Hunger zwang mich um 16 Uhr zum Aufgeben und so fuhr ich nach Saint-Flour, wo ich mich im Supermarkt neu eindeckte. Mein letztes Motiv war nun der Viaduc de Garabit. 1884 fertiggestellt, überspannt der, von Gustave Eiffel gebaute Viadukt, auf einer Länge von fast 565 Meter und 122 Metern Höhe, das Tal der Truyère. Auf dem Weg zur Fotostelle sah ich die zweite Fuhre über das imposante Bauwerk rumpeln. Dabei wurde mir klar, warum sich die Rückfahrt so verspätete. Eine Lok hatte sich verabschiedet und es dauerte scheinbar etwas, bis man diese wenigstens wieder rollbereit machen konnte. Deshalb war es nur die BB 67460 in der schicken Fret-Lackierung, welche sich nochmals nach St-Chély aufmachte. Ein frisch geschehener Waldbrand, nach Information der Elektriker, welche die Leitungen überprüften, gerade drei Tage alt, sorgte dafür, dass ich einen unglaublichen Blick auf den Viadukt hatte. Mit reichlich Verspätung und deshalb im schönsten Abendlicht fuhr die BB 67460 mit dem Leerzug nach Clermont-Ferrand über den Touristenmagneten. So war mit einem Bild der ganze Tag gerettet.
Auf dem Rückweg nach Andelat, wo ich die Nacht mit meiner Isomatte am Parkplatz der Burg verbrachte, wollte ich in Saint-Flour noch etwas essen. Chez-Greco aß ich eine formidable Pasta mit Bleu d'Auvergne, Blauschimmelkäse, eben typiquement français.
28.7.
Am nächsten Morgen machte ich mich auf die Suche nach einem Motiv und probierte es am Wasserfall von Babory. Dort war es zwar idyllisch, einen Blick auf die Bahnstrecke konnte man dort allerdings nicht erhaschen.
Also positionierte ich mich an einem bereits am Vortage erspähten Bahnwärterhäuschen, denn dort hatte man einen schönen Blick auf ein Viadukt. Eine Nachfrage bei der freundlichen Bewohnerin bestätigte, dass der Zug heute noch nicht fuhr und somit, wie bereits vom Stationsvorsteher angekündigt, in der späten Zeitlage unterwegs war. Pünktlich um kurz nach zwölf passierte der Zug zu meinem Erstaunen, mit der en voyage-67621 den viaduc de Blaud à Roffiac.
Durch die anschließende Kurve konnte ich die Fuhre wenige Sekunden später erneut ablichten.
Zufrieden machte ich mich auf den Weg nach Sévérac, ein typisches Dorf in der Auvergne. Ganz charakteristisch dabei sind die Steinhäuser. Während der Wartezeit kam ich mit einem Bauer ins Gespräch. Er lebt dort schon immer und klärte mich auf, dass dort keine Züge fahren. Normalerweise hat er ja Recht damit, der letzte Personenzug fuhr im Januar, doch heute fuhr eben der Coilzug. Es dauerte jedoch über zwei Stunden, bis die Rückfahrt endlich in Sévérac aufkreuzte. Auch dieses Mal ging das Wolkenlotto zu meinen Gunsten aus.
Meine inzwischen leere Wasserflasche füllte ich im Dorfbrunnen auf, bevor ich mich auf den Weg zum Bahnhof von Neussargues machte. Dabei passierte ich einen Bahnübergang. Eigentlich keine besondere Stelle, aber da ich ja sowieso noch Zeit bis zur Abfahrt des TER hatte, blieb ich dort und wartete auf den Zug. Plötzlich näherte sich ein Auto mit einem Fahrer in SNCF-Warnweste. Es war ein ehemaliger Bahnbediensteter, der ebenfalls auf den Coilzug wartete. Wir tauschten noch kurz Nummern aus und dann war in der Ferne schon das Brummen der BB 67621 zu hören, die sich mit dem Zug die 25 Promille steile Strecke hinaufquält. Dabei sind die Motoren so laut, dass die Lokführer Gehörschutz trugen.
Nach dem Foto gab er mir noch den Tipp, dass ein Bauzug in Kürze in Neussargues am Bahnhof eintreffen sollte. Und tatsächlich, kaum war ich am Bahnhof angekommen, fuhren die BB 69314 und 268 mit Schotter und Schwellen nach Saint-Flour ein.
Um nun den Wasserzug nach La Bourboule zu erwischen, nahm ich den TER nach Clermont-Ferrand.
In Clermont-Ferrand angekommen sah ich, dass am IC nach Paris überraschend keine Sybic, sondern eine Nez-Cassé, in Form von BB 22330. Beim schönen Abendlicht und der livrée-béton, durfte das Schmankerl natürlich gerne auf den Chip wandern.
Dann bekam ich von meiner neuen Bekanntschaft die Information, dass der Wasserzug ausfällt, der Bauzug jedoch weiter nach Saint-Flour fährt. Was tun also?
Da ich den Mittwoch nicht verschwenden wollte, kaufte ich mir im Bahnhof einen Salat als Abendessen und setzte mich wieder in den nächsten Zug nach Neussargues.
Endlich durfte ich einmal in einem Blauwal mitfahren. Endlich? JA, denn in Frankreich ist der Blauwal (X73900) sehr komfortabel und zudem kann man dem Fahrer, dank Glasscheiben, über die Schulter schauen. Gerade bei diesem Streckenverlauf ist das höchst interessant. In Issoire hielten wir kurz nach dem Bahnhof wieder an. Das Signal zeigte das Ersatzsignal. Blöd nur, dass das darauffolgende Signal 5 Kilometer entfernt ist, und man dadurch automatisch fünf Minuten Verspätung hat. Dies war allerdings kein einmaliges Problem, denn jeder Zug aus Richtung Clermont-Ferrand wurde in Neussargues mit ebendiesen fünf Minuten Verspätung angezeigt. Ab Arvant wird die Strecke richtig interessant (ein Bild dazu folgt später) doch die einsetzende Dunkelheit hatte kein Erbarmen. Im weiteren Verlauf blinkte plötzlich das Handy des Lokführers wie wild. Scheinbar ist das ein Alarmsignal, denn er führte eine Schnellbremsung aus. Nun standen wir erst einmal und nach kurzer Zeit setzten wir langsam die Fahrt fort. Schlussendlich kamen wir mit 21 Minuten Verspätung in Neussargues an, die größte während meiner gesamten Reise. Auf dem Bahnsteig füllte ich meine Trinkflaschen am Trinkwasserbrunnen auf und fuhr noch bis zum Bahnhof in Talizat. Dieser wird nicht mehr genutzt und so legte ich mich auf meiner Isomatte zur Ruhe.
29.7.
Am nächsten Morgen fuhr ich nach Talizat und bekam in der dortigen Bäckerei das leckerste und günstigste Frühstück. Danach verabredete ich mich mit meinem „Joker“, der Bekanntschaft vom gestrigen Tage. Wir trafen uns auf einer Wiese, welche ich am Vortag auf der Fahrradtour erspäht hatte. Und siehe da, Julian war auch schon dort [
Le train de coïls sur les Causses]. Schon lustig, was es für Zufälle gibt. Ich bekam das Angebot, im Auto mitzufahren, welches ich – natürlich mit Maske – gerne annahm. So schloss ich mein Fahrrad ab und versteckte es im Gebüsch. Sicher ist sicher. Zur Planzeit des Bauzuges hörte man zwei Pfiffe, an den unbeschrankten Bahnübergängen von Talizat. Nun sollte es noch zwei Minuten dauern – und tatsächlich, vor der beeindruckenden Bergkulisse des Massif central, sind die beiden BB 69000 von gestern mit ihrem Bauzug unterwegs nach Saint-Flour.
Für die Rückfahrt positionierten wir uns an der Burg von Sailhant, denn dort war der einzige Punkt, an dem noch ein wenig Sonne von vorne kam. Deshalb trafen dort bis zur Fahrt noch vier weitere Fotografen aus dem Süden Frankreichs ein. Die Hunde waren nicht begeistert von unserer Anwesenheit und gaben uns das auch mit einem Bellkonzert zu verstehen. Nach endlos erscheinenden 40 Minuten tauchten dann endlich die BB 69314 und 268 auf. Bemerkenswert ist hierbei auch die Konstruktion der Oberleitung, wie sie wohl nur auf der Ligne des Causses existiert.
Danach wollten wir die zweite Fahrt noch bei Talizat fotografieren, doch diese Leistung fiel einfach aus. Die Loks fuhren nach Clermont-Ferrand und die restlichen Waggons blieben in Neussargues stehen. Immerhin gab es erfreuliche Neuigkeiten zum Wasserzug, denn dieser sollte nun am Donnerstag verkehren. Also machte ich mich auf den Weg Richtung Volvic.
Dabei kam ich auch in den Genuss von Fernverkehr. Als IC gelistet, aber tariflich als TER unterwegs. Warum konnte mir nicht einmal die Zugbegleiterin im Blauwal erklären. Noch einmal konnte ich das malerische vallée de l'Alagnon genießen.
In Volvic angekommen erkundigte ich mich beim Fahrdienstleiter nach dem Wasserzug, doch seines Wissens nach sollte diese Woche gar keiner fahren. Mit etwas Bauchschmerzen machte ich mich auf den Weg nach Pontgibaud. Sollte der Wasserzug diese Woche tatsächlich ausfallen? Eine zweite Chance würde ich wahrscheinlich nicht noch einmal bekommen, denn Ende 2021 soll auch dieser Zug eingestellt werden. Nach einer Berg- und Talfahrt erreichte ich den Bahnhof von Pontgibaud. Julian hatte mich vorgewarnt, dass auf der Strecke in den letzten Jahren massiv abgebaut wurde, doch siehe da, die auf Google Maps erkannte Signalbrücke stand immer noch. Danach kehrte ich wieder ins Örtchen zurück, weil, wie so oft in Frankreich, auch dieser Bahnhof außerhalb der Ortschaft liegt. Im Restaurant bekam ich eine typische Spezialität der Auvergne serviert, nämlich gefüllter Schweinefuß mit Linsen.
Da ich wieder ein Bett und eine Dusche haben wollte, fragte ich gleich noch nach, ob ich ein Zimmer mieten kann. Leider war keines frei. Dann kam aber ein Stammgast an die Bar und bot an, dass ich bei ihm übernachten könnte. Dieses Angebot konnte ich nun wirklich nicht unterschlagen. Also probierten wir uns noch durch regionale Biersorten, ehe wir uns um Mitternacht auf den Weg zu seiner Wohnung machten. Das Fahrrad spannten wir auf das Dach seines alten Range Rovers. Durch die Dachluke kämpfte ich auf der holprigen Fahrt damit, dass ich mein Fahrrad nicht in Einzelteilen auf dem Grünstreifen einsammeln musste. Nach einer Viertelstunde erreichten wir endlich Bannières. Als erstes ging es unter die Dusche und zugegeben, ich hatte mich noch nie so darauf gefreut. Ebenso auf die Nacht im Bett, welche leider (wieder) viel zu früh zu Ende war.
30.7.
Nach einem typisch französischen Frühstück (Baguette und Früchte) radelte ich wieder zurück nach Pontgibaud, wo ich um kurz nach neun eintraf. Erstmal tat sich nichts. Doch um halb zwölf schreckte ich auf. In der Ferne hörte ich einen Pfiff. War der Zug also in der frühen Zeitlage unterwegs gewesen? Nein, denn um die Ecke bog ein Baufahrzeug von SNCF Réseaux. Auch nicht schlecht, so konnte ich gleich noch das „Stellwerk“ des Bahnhofs festhalten.
Dann wartete ich wieder anderthalb Stunden. Es kam – nichts. Die geplante Durchfahrtszeit verstrich und nichts kam. Doch dann, mit viertelstündiger Verspätung, vernahm ich wieder einen Pfiff – diesmal aus der richtigen Richtung. Und tatsächlich, keine zwei Minuten später, erschien der ersehnte Zug, mit 67460 und 621. Bevor Diskussionen ob meines Standortes aufkommen, meine Kamera stand auf dem Stativ und ich löste in sicherem Abstand per Funk aus.
Nun musste ich mich beeilen, denn ich wollte in Laqueuille die Ausfahrt des zweiten Zugteils erwischen. Zwischen mir und dort lagen 33 Kilometer und 424 Höhenmeter – nur bergauf wohlgemerkt. Dafür hatte ich knappe zweieinhalb Stunden Zeit. Trotz des strammen Zeitplans konnte ich es mir nicht nehmen lassen, unterwegs kurz anzuhalten und die atemberaubende Aussicht zu genießen.
Den Bahnübergang 292 erreichte ich um viertel vor vier. Nach einer kleinen Kletterpartie durch den Stacheldrahtzaun langte es gerade für das Foto, denn zehn Minuten später machte sich die zweite Ladung nach La Bourboule auf den Weg.
An einem Obststand im Industriegebiet kaufte ich mir mein gesundes Mittagessen, bevor ich mich auf den Weg zu meiner anvisierten Fotostelle. Diese lag an einem Bahnübergang. Über den Bergen im Hintergrund entluden sich bei fast 40 Grad Celsius heftige Hitzegewitter. In Laqueuille hingegen herrschte strahlender Sonnenschein, als ich die Rückfahrt vor den Füßen des Puy de Sancy, mit 1885 Metern, der höchste Gipfel des Massif central, ablichten konnte.
Da die Bahnhofssiedlung über keinen Supermarkt verfügt, befüllte mir der freundliche Mitarbeiter der Autowerkstatt meine Flasche. Danach wartete ich auf den Bus nach Clermont-Ferrand. Diese nehmen laut Fahrplan 3 Fahrräder mit. Leider waren schon zwei im Bus, weshalb es etwas nach Tetris anmutete, bis mein Fahrrad verstaut war. Die zwei Fahrräder gehörten übrigens zu den zwei anderen Fahrgästen, welche im Bus saßen. 3 Fahrgäste – 3 Fahrräder.
In Clermont-Ferrand aß ich eine Pizza, selbst dort bekommt man selbstverständlich eine Karaffe gestellt. Die Nacht verbrachte ich dann, unter Aufsicht vom Wachpersonal, vor dem Bahnhof. Jäh beendet wurde meine Nacht um fünf Uhr durch die laute Musik zweier Besoffenen. Nach zwei Minuten war das Konzert beendet, das Wachpersonal fand es nämlich nicht lustig. Immerhin dauerte es nicht mehr lange bis zur Abfahrt meines Zuges.
31.7.
Als ich in Arvant aus dem Zug falle, kann ich es kaum glauben. Nach 8 Tagen dauerhaft über 20 Grad, zeigt das Thermometer 15 Grad an. Dazu zeigt sich die Natur von seiner ganzen Schönheit. Für solch einen Sonnenaufgang lohnen sich alle Strapazen.
Im weiteren Verlauf führt die Straße entlang der Alagon. Das Plätschern des Flusses hat schon etwas Melancholisches. Nach einer guten Stunde erreichte ich Brugeilles. Direkt am verschlafenen Auvergnedörfchen führt die Bahnlinie vorbei. Von einem Felsen hat man eine schöne Aussicht auf das Dörfchen. Dorthin gelangt man auf zwei Wege. Erstens am Bahndamm entlang und der zweitens durchs Gestrüpp mit Klettern. Ich entschied mich für letzteres, sechs Monate französische Gardinen wollte ich bei ersterem Weg nicht riskieren. Entgegen der Wettervorhersage zog vom Süden eine Wolkenfront auf. Gerade noch rechtzeitig vorm Wolkenschaden passieren die BB 67460 und 563 mit dem Stahlzug die Stelle. Murphy war wohl dies Woche auch im Urlaub.
Rasch radelte ich nach Massiac, denn es stand eine lange Reise an.
In Aurillac konnte ich endlich Frühstücken. Neben der Bahnbrücke hängte ich meine Füße in den Bach und genoss neben dem Schatten der Bäume auch die französische Backkunst. Der Südwind fühlte sich an, wie ein Fön und so brach ich rasch wieder zum Bahnhof auf.
Der folgende Bahnabschnitt bis St-Denis-près-Martel führte durch einsamstes Frankreich. So war es kein Wunder, dass ich der einzige Fahrgast auf dem gesamten Stück war. Julian erwähnte diesen Bahnhof einmal für seine zahlreichen Formsignale, das Stellpult sagt alles. Hart wird die Arbeit dann, wenn im Winter die Temperaturen auf unter minus 20 Grad fallen.
Ebenso interessant ist die analoge Abfahrtstafel im Bahnhofsinneren. Wer mag kann sich jetzt noch die Züge für einen Sonntag heraussuchen. Kleiner Tipp: Es sind nicht viele :-)
In Rodez genoss ich mein Abendessen - einen Döner. Nicht sonderlich regional, aber es musste eben schnell gehen.
Im Bahnhof stand bereits der Nachtzug nach Paris bereit. Nach einem kurzen Gespräch mit dem Rangierer, durfte ich auf den normalerweise gesperrten dritten Bahnsteig. Auch Rodez verfügt über eine, für die Region typische, Bahnhofshalle. Sie zeugt von Zeiten, als die Bahn noch einen ganz anderen Stellenwert hatte.
Angekommen in Albi Madeleine breitete ich neben dem Bahnsteig meine Isomatte aus und legte mich bis kurz vor die Abfahrt des ersten Zuges schlafen. Als Obdachloser wollte ich dann doch nicht wirken.
1.8.
Am nächsten Morgen machte ich mich zu einem unweit entfernten Bahnübergang auf. Diese Stelle war vom Licht her problematisch, doch zum Glück zeigte sich der Himmel zum einzigen Mal während meiner Tour bedeckt. Nun hoffte ich noch auf ausbleibenden Straßenverkehr, denn während meinen Passagen stand nie ein Auto vorm Bahnübergang. Doch heute kam zur Abfahrtszeit ein Bus angefahren. Ich hatte mein Foto schon geplatzt gesehen, doch zum Glück hatte der Nachtzug leichte Verspätung und die Schranken schlossen sich erst nach dem Bus. Als nächstes folgte ein akustisches Feuerwerk, als die BB 67610 mitsamt der 67445 den ICN durch die Häuserreihe in Albi zieht.
Während meiner Vorbeifahrten hatte ich eine freie Stelle an der Stelle bei Baraqueville erspäht. Zwischen Rodez und Albi ein Bild mit Seltenheitsfaktor. 95% der Strecke sind zugewuchert. Teilweise streift der Zug die Äste sogar. Dabei bekommt das Lichtraumprofil gleich eine ganz andere Bedeutung. Über ein Feld erreichte ich den Baum, von dem aus ich die Leerfahrt fotografieren wollte. Doch auf dem Baum Ernüchterung. Das Panorama war durch eine Baumreihe versperrt. Also fuhr ich mein Rohr aus und fotografierte den W, angeführt von der 67445, in dynamischer Kurvenlage. Dabei kommt die gefällige Multiservice-Lackierung gut zur Geltung.
Auf dem Rückweg kommt das Leid mit der SNCF auf dem „Land“ zum Vorschein. Für sechs Stunden fuhr kein Zug Richtung Albi, also radelte ich wohl oder übel. Vorbei am Viaduc du Viaur erreichte ich nach vier Stunden Albi. Dort checkte ich im Hotel vom vergangenen Samstag ein. Beim Blick in den Spiegel erschreckte ich. Denn ich hatte ordentlich abgenommen. Alles wenige Fett, das ich hatte, war komplett weg. Nach einer Dusche rief nun la ville rouge. Albi, fast komplett mit Backsteinen als Bausubstanz, begeistert.
Für jeden der dort war und die Kathedrale nicht besichtigt hat, der machte einen großen Fehler.
Nach einer ausgediegenen Besichtigung der Altstadt ging ich zurück ins Hotel, wo ich vorzüglich speiste.
Doch nun war ich fertig und im klimatisierten Hotelzimmer wartete ein Bett auf dessen Benutzung. Um acht Uhr legte ich mich hin und schlief fast 14 Stunden.
2.8.
Ausgeruht nahm ich das Frühstück ein, bevor ich mich auf den Weg zum Bahnhof machte.
Auf dem Weg dorthin klapperte ich noch den Supermarkt ab, denn bis zum nächsten Morgen gab es nur das zu Essen, was ich dabeihatte.
In Naucelle angekommen düste ich zum Viaduc du Viaur. Lustigerweise auf demselben Weg, wie auf der Rückfahrt gestern. Dort angekommen machte ich mich auf die Suche nach zwei geeigneten Fotostellen. Während die erste nach einer kleinen Klettertour schnell gefunden war, bedurfte es für die zweite etwas mehr Anstrengung. Über einen kleinen Wanderweg fand ich mich in einem Baum wieder. Von dort aus hatte man einen traumhaften Blick auf den abendlichen ICN. Doch auch heute war der Himmel wieder bedeckt und es fanden sich keine Lücken. Doch dann um halb sieben, kurz vor der Durchfahrt des Leerzuges, riss die Wolkendecke auf und sorgte für eine grandiose Lichtstimmung. Zehn Minuten später kam dann der erwartete Zug, elf Minuten später war die Sonne wieder verschwunden.
An der zweiten Stelle sollte der Nachtzug mit dem aufgehenden Vollmond aufgenommen werden. Letzterer zeigte sich. Der Nachtzug hatte leider 15 Minuten Verspätung, womit das Bild zu einer Pixelmatsche wurde, welche nicht vorzeigbar ist. Ärgerlich, aber es gibt ja auch noch ein nächstes Mal. Mein Moonshine-Dinner genoss ich mit Blick auf den Viadukt, bevor ich nach Albi radelte. Dort kam ich um halb eins an. Nach der ruhigen ersten Nacht am Bahnhof suchte ich diesen wieder auf.
3.8.
Mit dem ersten Zug des Tages fuhr ich nach Toulouse und dort hatte ich tatsächlich etwas, was man als Anschluss bezeichnen kann. Zehn Minuten Umsteigezeit für den TER nach Carcassonne. Dieser fuhr trotz Elektrifizierung als baleine. In Carcassonne kam ich in den Genuss des südfranzösischen Dialekts. Zum Frühstück gab‘s also ein Baguettäh. Dann stand aber der Besuch der weltberühmten Cité an. Ziemich überlaufen und nur auf das Geld der Touristen aus. Schön ja – aber ich fand Albi schöner.
Im weiteren Verlauf meiner Rückreise ist mir Luxus vergönnt. Der TER von Avignon nach Lyon ist aus Corail-Waggons gebildet. Das Fahrradabteil befindet sich dabei in der ersten Klasse. Die Zugbegleiterin hatte nichts dagegen, dass ich mich dort niederließ. Alleine und ohne Coronasorgen genoss ich den Sonnenuntergang im malerischen Rhônetal.
Trotz des langen Aufenthalts in Lyon kam ich nicht dazu, mir dort etwas zu Essen zu holen. So hoffte ich, in Mâcon, meinem heutigen Ziel noch etwas zum Einkehren zu finden. Und tatsächlich, eine Pizzeria hatte noch geöffnet. So begab ich mich gut gesättigt zurück zum Bahnhof und bezog dort, auf einer Bank, mein Schlaflager. Dank Isomatte und Schlafsack war es so gemütlich, dass ich erst von meinem Wecker geweckt wurde.
4.8.
Wieder einmal mit dem ersten Zug des Tages, fuhr ich nach Dijon. Währenddessen erhielt ich die Information, dass eine CC 72000 im Anflug auf Châlons-en-Champagne sei. Also mit dem WLAN im Bahnhof eine Verbindung und eine Fotostelle ausgesucht und dann ging es los. Ich konnte meinen Augen kaum trauen, dass ich solch eine Zugbindung mitten in der Pampa hatte. In Culmont-Chalindrey änderte sich zwar die Zugnummer, nicht jedoch der Zug. Dort standen traurig die ehemaligen Stars der Ligne 4, die CC 72000. Ausgemustert und bereits ohne den Knick im Gehäuse. Kurz vor Chaumont fuhr der TER eine ganze Zeit lang Tempo 20. Ich bekam schon Panik, hatte ich doch nur zehn Minuten Umsteigezeit. Scheinbar ist diese Stelle jedoch planmäßig, denn wir erreichten pünktlich den Bahnhof von Chaumont. Grüße gehen raus an SNCF Réseaux :-).
In Mourmelon angekommen, fuhr ich schnell zum Motiv, einer Fabrik mitten im Nichts. Ich wartete keine halbe Stunde, als in der Ferne etwas Pinkes auftauchte. Ein Blick an den Himmel brachte Gewissheit, auch diesmal wird es kein Wolkenschaden. Begleitet von einem Makrokonzert düste die CC 72074 mit drei Rungenwagen an mir vorbei. Es war der perfekte Abschluss einer perfekten Reise.
Zum Frühstück musste ich noch einen Umweg über Mourmelon-le-Grand auf mich nehmen, denn der Bäcker hatte, um 14 Uhr leider geschlossen.
Zwischen Forbach und Saarbrücken befindet sich wohl die am schwierigsten buchbare Bahnstrecke. In der DB-App geht es ebenso wie in der SNCF-App nicht. Nun hat man 6 Minuten Umsteigezeit. Mit Fahrrad versuchte ich es erst gar nicht, vom Bahnsteig durch die Unterführung in das Bahnhofsgebäude zu kommen und fuhr dann eben schwarz (Schande über mein Haupt) nach Saarbrücken. Um 21:40 Uhr kam ich dann endlich in Böhl-Iggelheim an.
Während den zwölf Tagen meiner Reise nutzte ich 45 Züge und verbrachte 57 Stunden und 47 Minuten darin. Dazu saß ich 47 Stunden und dreizehn Minuten auf dem Fahrrad und absolvierte dabei 667,34 Kilometer und endlos viele Höhenmeter. Ich übernachtete ganze sechsmal an Bahnhöfen. Während meiner Reise lernte ich einige nette Menschen kennen. Murphy war diese zwölf Tage im Urlaub denn es regnete keinen Tropfen und ich hatte keinen einzigen Wolkenschaden. Vielleicht war es auch der Lohn für den Aufwand. Trotz der Strapazen war es eine unvergessliche Reise und Erfahrung.
In Anbetracht der aktuellen Coronasituation in Frankreich hatte ich mit meinem Reisedatum alles richtiggemacht.
Vielen Dank an alle, die bis hierhin durchgehalten haben und ich hoffe, der Reisebericht gefällt.
Und merci an Julian und Fredy für die Informationen.
Viele Grüße
Lennart
EDIT: Nachdem Olaf es ansprach, fiel es mir auch auf. Da mein ursprünglicher Hoster nicht verfügbar war, benutzte ich einen anderen. Deshalb waren die Bilder etwas klein. Nun habe ich die Bilder über "meinen" Hoster nochmal eingefügt, nun sollten die Bilder auch größer als Postkarte sein :-)
4-mal bearbeitet. Zuletzt am 2020:09:09:23:07:25.