Von Irkutsk bis Wladiwostok
Teil 1/6: Irkutsk und seine Straßenbahn
Teil 2/6: hier
Hallo zusammen,
im zweiten Teil des Sommerreiseberichts geht es nun an den Baikalsee. Zur Anfahrt wählten wir den gleichen Weg wie ein Jahr zuvor User 403 002 „Hansestadt Lübeck“, dessen Bericht ihr
hier findet – von Irkutsk über Sljudjanka und die Baikalbahn. Wir haben uns jedoch für den regulären Nahverkehr entschieden. Im Gegensatz zum Touristenzug bedeutete das kürzere Aufenthalte und Diesel- statt Dampftraktion. Ich war mir auch garnicht sicher, ob der Touristenzug angesichts der Corona-Situation überhaupt fahren sollte. Im Anschluss blieben wir eine Weile in Listwjanka und fuhren dann mit dem Schnellboot zurück nach Irkutsk, von wo es weiter in Richtung Osten ging.
05.07.2020: Anschluss-Krimi in Sljudjanka
Los ging es am Sonntagmorgen mit dem Taxi zum Irkutsker Bahnhof. Die Tram war nach wie vor außer Betrieb und mit dem ganzen Gepäck hatten wir keine Lust auf den Bus. Wir hatten den Hotelkollegen schonmal vorgewarnt, dass wir „früh“ um kurz nach 8 aufbrechen wollten. Der war dann auch tatsächlich wach. Am Bahnhof blieb noch genug Zeit für Besorgungen. Die Frau am Schalter hatte uns am Vortag schon geraten, die spätere Elektritschka um 9:57 nach Sljudjanka zu nehmen, da die um 9:17 gewöhnlich ziemlich voll sei. Mit der blieben uns nach knapp über drei Stunden Fahrt immerhin noch 45 Minuten Aufenthalt in Sludjanka, so zumindest die Theorie. Von dort sollte es dann mit dem nur dreimal die Woche verkehrenden Nahverkehrszug 6201 nach Port Baikal gehen.
Die Elektritschka war tatsächlich recht moderat besetzt. Nachdem das Stadtgebiet verlassen war, ging es durch die sibirische Waldlandschaft, vorbei an kleinen Dörfern immer weiter den Bergen entgegen.
Nach und nach stiegen die meisten Fahrgäste aus und wir hatten eine Zeit lang sogar den ganzen Wagen für uns allein. Je weiter wir ins Gebirge kamen, desto schlechter wurde das Wetter. Als es schon wieder bergab in Richtung Baikalsee ging, hatte es dann völlig zugezogen. Bald nachdem schließlich aus der Höhe zum ersten Mal der See zu sehen war, brach das Gewitter los. In weiten Schleifen verläuft die Strecke hier wie eine Gebirgsbahn hinunter nach Sludjanka.
Schon in Sichtweite der Stadt, etwa 15 Minuten vor der planmäßigen Ankunft, blieb die Elektritschka im Gewitterregen stehen. Nach einigen Minuten kam die Durchsage, dass sich die Weiterfahrt auf unbestimmte Zeit verzögert. Kurz darauf legte jemand vom Personal einen Hemmschuh unter den Triebzug, wir befanden uns ja in einem ziemlichen Gefälle.
Dieser Anblick bot sich in die andere Richtung. Nach einer Viertelstunde wurde ich langsam etwas unruhig. Wir fragten beim Personal nach, ob der Zug nach Port Baikal den Anschluss abwarten würde. Nein, das sei nicht vorgesehen. Im Zweifel sollten wir zurück nach Irkutsk fahren und von dort den Bus nehmen. Na toll, das wäre nun wirklich der Reinfall schlechthin gewesen. Nach einiger Zeit hatte ich kaum noch damit gerechnet, heute noch in den Genuss der Baikalbahn zu kommen, da setzte sich die Elektritschka nach gut 45 Minuten wieder in Bewegung. Da es allerdings nicht besonders schnell ging, hatte ich zunächst wenig Hoffnung.
Da fiel mir ein, dass es ja den Halt Sljudjanka-2 gab, der vor Sludjanka-1 kommen sollte. Dort sollte auch der Zug der Baikalbahn halten, diese Verbindung war mir in der Fahrplanauskunft ebenfalls angezeigt worden. Dadurch sollten sich etwa zehn Minuten sparen lassen. Meine Freundin ging nochmal zur Schaffnerin und fragte, ob man nicht das Personal des anderen Zugs informieren könne. Und siehe da, sie gab tatsächlich die Information durch, dass da jemand in Sljudjanka-2 zusteigen wolle. Sie sagte uns allerdings, dass der Haltepunkt an der Baikalbahn ein paar Gehminuten entfernt sei. Auf Yandex Maps war das nicht zu erkennen. Nun, wir hatten nichts zu verlieren, von Sljudjankja-2 konnten wir genauso gut nach Irkutsk zurück fahren, wenn es schief gehen sollte.
Als wir dann schließlich in Sljudjanka-2 hielten, waren es noch etwa drei Minuten bis zur planmäßigen Abfahrt des Zugs. Wo der andere Haltepunkt sein sollte, hatten wir nicht die geringste Ahnung, auch ein anderer Fahrgast konnte nicht weiterhelfen.
Ausgestiegen wurde schließlich ins Schotterbett, der kurze Bahnsteig war ein paar Wagen weiter vorne. Wer genau hinschaut, kann es zwischen den Büschen erahnen: Während ich so mein Telefon wieder in die Hosentasche steckte, sah ich aus der Gegenrichtung einen Rangierhobel mit einem einzelnen Personenwagen heranfahren. Das konnte eigentlich nur unser Zug sein. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis sich unsere Elektritschka mal wieder in Bewegung gesetzt hatte und den Weg übers Gleis frei gab. Bis es so weit war, war der andere Zug genau auf unserer Höhe und schon wieder am Beschleunigen. Wir winkten und riefen und – das hätte ich nun echt nicht für möglich gehalten – der Lokführer hielt tatsächlich nochmal an. Der Zug kam natürlich fernab jedes Bahnsteigs zum stehen und wir rannten mit Rucksack und Koffer durch den Schotter. Das war knapp!
Der Zug bestand aus einer TEM2UM und einem recht neuen Plazkartny, der schon fast voll besetzt war war. Davon, dass der Zug auch als mobiler Lebensmittelladen für die Anrainerdörfer dient, war nichts zu sehen. Dagegen wurden hier und da Pakete aus- und eingeladen. Ein guter Teil der Reisenden waren ebenfalls Touristen. Bei uns saß etwa eine Gruppe Jugendlicher aus Moskau, die per Anhalter nach Sibirien gekommen waren und in der Nähe von Port Baikal zelten wollten. Ebenfalls aus Moskau kam ein Alleinreisender, der zuvor schon das andere Ufer des Baikalsees in Burjatien abgegrast hatte. Nach dem Stress in Sljudjanka hatten wir nun fünf Stunden gemächliche Fahrt entlang des Seeufers vor uns. Das Wetter besserte sich langsam.
Nach knapp eineinhalb Stunden war der Bahnhof Scharyschalgaj erreicht, wo ein fünfminütiger Halt anstand. Den nutzten viele der Fahrgäste für einen kurzen Gang nach draußen.
Es reichte aus, den Zug auch noch von der anderen Seite zu fotografieren.
Der nächste längere Halt war in Marituj, wo die Kreuzung mit dem Gegenzug 6204 anstand. Ich hatte erst gedacht, das müsste wohl der Touristenzug sein, aber laut Fahrplan ist es ein regulärer Nahverkehrszug Port Baikal–Sljudjanka. Während des Wartens kamen wir mit dem Lokführer ins Gespräch, der uns dann bestätigte, dass er angefunkt worden war. Sonst hätte er auch nicht auf freier Strecke gehalten.
Der Gegenzug kam dann mit ein paar Minuten Verspätung in Form dieses RA-2. Die Verspätung sorgte dafür, dass der dritte längere Halt in Ulanowo auf eine Minute eingekürzt wurde. Deshalb gibt es von dort leider keine Fotos. Im Zug wurde es langsam etwas heiß und stickig.
Nach fünf Stunden Fahrt kamen wir schließlich um 18:43 im Bahnhof Baikal an. Dort stand die von vielen Fotos bekannte Garnitur aus einer TEM2 und einer Elektritschka abgestellt.
Unsere Zuglok machte sich gleich ans Umsetzen. Hier im Hintergrund links führte die Strecke einst nach Irkutsk. Heute verschwindet die Trasse nach einigen Kilometern in der aufgestauten Angara.
Am Bahnhof steht die Denkmallok L-4657, gebaut 1953 in Woroschilowgrad, dem heutigen Luhansk.
Unsere Zuglok hatte sich nun an auf die andere Seite des Plazkartny gesetzt, das Personal machte Feierabend. Bis zur Abfahrt der Fähre nach Listwjanka war eineinhalb Stunden Zeit und wir schauten uns nach einem Vesper um.
Die Gelegenheit dazu gab es in diesem kleinen Laden. Die beiden E-Wagen der Firma Sibirskij Zement im Hintergrund verraten, dass es auf der Baikalbahn auch Güterverkehr gibt.
Vesper mit Seeblick.
Bald war dann das Fährschiff „Baikalskye Wody“, Baujahr 1974, bereit. Es bietet nur Platz für vier Autos, was zu einer längeren Diskussion führte, wer nun mitfahren durfte und wer bis zum nächsten Morgen warten musste. Meine Freundin hatte etwas Bedenken wegen des Zettels am Anleger, der besagte, dass maximal 20 Personen auf die Fähre dürfen. Wenn alle Leute hier wirklich mitfahren wollten, dann waren es auf jeden Fall mehr. Glücklicherweise hat es aber letztlich niemanden interessiert. Die Überfahrt dauerte etwa 15 Minuten und kostete 71 Rubel pro Person.
Am anderen Ufer wurden diverse Güter aufgeladen und noch bevor unser Taxi kam, legte die Fähre auch schon wieder ab. Unsere Unterkunft war in einem netten Holzhäuschen in der Ortsmitte, in dem drei recht spartanisch eingerichtete Zimmer vermietet wurden. Die Vermieterin hatte auf dem gleichen Grundstück ein Ferienhaus, lebte aber eigentlich in Angarsk. Wir konnten den Garten mitbenutzen und hatten eine Gemeinschaftsküche und ein Gemeinschaftsbad. Im Vergleich zu den Hotels und Pensionen am Ort war das recht preiswert und zudem obendrein sehr sympathisch. Bereg Baykala nannte sich die Unterkunft, kann ich sehr empfehlen.
Mehr als einen kleinen Gang entlang der Strandpromenade zum nächsten Lebensmittelladen unternahmen wir dann auch nicht mehr und setzten uns schließlich mit Bier und Fisch an den Gartentisch.
06.07.2020: Auf Tour in Listwjanka
Am Montag war erstmal Ausschlafen angesagt. Nach dem Frühstück ging es dann die Strandpromenade entlang, Souvenirläden abklappern und nach einer Bootstour Ausschau halten.
Der Ort erstreckt sich gut fünf Kilometer am Ufer des Baikalsees entlang sowie in einige Täler hinein. Die Promenade ist gesäumt von Läden, Imbissen und dem einen oder anderen Hotel.
Zahlreiche Holzhäuser sind im Ort zu finden, zudem diese kleine Kapelle.
Dieses Gebäude beherbergt die Post und die Sberbank.
Nebenan befindet sich das Gefallenendenkmal.
In diesem Lebensmittelladen hatten wir uns am Abend zuvor mit Trockenfisch und Bier vom Fass eingedeckt.
Auch ein wenig Sowjetarchitektur ist auf der Uliza Gorkogo, der Strandpromenade, zu finden.
Straßentechnisch ist der Ort von Irkutsk her eine Sackgasse. Weiter kommt man von hier nur mit dem Boot. Bei einem der vielen Anbieter buchten wir eine einstündige Bootsfahrt. Bis dahin hatten wir nun noch eine gute Stunde Zeit und suchten nach etwas zum Essen.
Am Ende der Straße wurden wir fündig und es gab eine Portion Plow auf der Terrasse einer Gartenwirtschaft. Von dort hatte man einen schönen Blick auf den Badestrand.
In der Nähe befindet sich auch das einzige größere Hotel, sichtbar jüngeren Datums. Nun ging es zum Bootsanleger, der wieder ein Stück weit in Richtung unserer Unterkunft lag. Mit dem Motorboot ging es dann erstmal zum Schamanenstein.
Das ist ein Fels an der Stelle, wo die Angara den See verlässt. Vor dem Bau des Damms ins Irkutsk soll er noch weiter aus dem Wasser geragt sein. Eine Sage, die man überall liest, besagt, dass der Baikal wütend war, dass seine Tocher Angara zu ihrem Geliebten Jenissej ausziehen wollte. Er habe daher im Zorn den Stein nach ihr geworfen, der dann hier liegen geblieben war. Unser Bootsmann erzählte dagegen eine andere Geschichte. Demnach habe man früher Leute, die eines schweren Verbrechens verdächtigt wurden, hier über Nacht auf dem Felsen ausgesetzt. Wenn sie am nächsten Tag noch am Leben waren, war es ein Zeichen ihrer Unschuld, wenn nicht, so hätten sie ihre gerechte Strafe erhalten.
Weiter ging es in Richtung Port Baikal, wo es nochmal einen guten Blick auf den Bahnhof mit der Denkmallok gab.
Entlang der Küste gab es immer wieder Aussicht auf die Bahnstrecke.
Listwjanka von der Seeseite aus. Nach der Bootstour war erstmal ein kurzes Bad im eiskalten See angesagt. Wirklich lang habe ich es nicht ausgehalten, aber reinspringen musste schon sein.
Abends holten wir uns bei einem der Stände geräucherten Omul, den Fisch, den es nur im Baikalsee gibt und den eigentlich nur die indigenen Völker fangen dürfen. Damit setzten wir uns an den Strand hinter dem Ortsende. Als dann langsam die Stechmücken aufzogen, zogen wir in den Garten um. Dort war es recht friedlich. Insgesamt fand ich es am Baikalsee recht unproblematisch, was Insekten angeht. Da sollten noch schlimmere Orte kommen. ;-)
07.07.2020: Wanderung auf den Kamen Tscherskogo
Am nächsten Tag wollten wir auf den Berg Kamen Tscherskogo wandern, der seinen Name von dem Geografen Iwan Tscherski hat. Der liegt am nordwestlichen Ortsrand unweit des Fähranlegers. Normalerweise führt auch ein Sessellift hinauf, doch der war wegen Corona noch außer Betrieb.
Auf dem Weg begegnete mir noch eine nette kleine Kapelle am Hang über dem Ufer.
Zunächst ging es die Strandpromenade entlang. Es fiel auf, dass der Strand an vielen Stellen voller Algen war. Die Leute vor Ort meinten, dass dies in diesem Jahr das erste Mal der Fall sei.
Sehr sympathisch waren mir die Schilder des Unternehmens Taxi Angaria mit dem Dackel. Mit denen waren wir auch von der Fähre zum Hotel unterwegs. In der Nähe des botanischen Gartens ging es dann den Berg hinauf. Der Weg ist recht gut ausgebaut. Unterwegs gab es hin und wieder Angriffe von Bremsen, die jedoch abgewehrt werden konnten. Nach etwa einer Stunde Anstieg war der Aussichtsfelsen erreicht.
Links des Felsens auf der anderen Seite der Angara ist Port Baikal mit seinem Bahnhof zu sehen. Wir hatten Glück, noch war es recht ruhig hier. Etwa eine Viertelstunde später standen die Leute fast schon Schlange, um sich auf dem Felsen fotografieren zu lassen.
In schamanischer Tradition war alles am Aussichtspunkt mit bunten Bändern verziert.
Auf der anderen Seite des Bergs öffnet sich der Blick auf endlos scheinende Wälder.
Nun ging es zurück in den Ort. Hier in der Bildmitte ist unsere Unterkunft zu sehen. Bevor es zum Bootsanleger ging, war noch Zeit für ein Besuch im Café Schaman, wo es Omul mit Pinienkernen gab, danach sprang ich noch einmal schnell in den See. Unsere Vermieterin hatte keine weiteren Gäste an diesem Tag erwartet und so konnten wir ohne Probleme spät auschecken. Mit dem Dackeltaxi ging es dann schließlich zum Anleger.
Nach einigen Minuten Warten wurde der Zugang aufgeschlossen und unser Tragflügelboot vom Typ „Woschod“ kam angefahren.
Mit diesem waren wir eine Stunde und zehn Minuten auf der angestauten Angara unterwegs.
Schon bald nach der Abfahrt begann es zu regnen und uns wurde bewusst, dass wir mit dem Wetter am Baikal echt Glück gehabt hatten.
In Irkutsk ging es dann mit dem Taxi vom Bootsanleger zum Bahnhof.
Da bis zur Abfahrt unseres Zuges noch weit über eine Stunde vergehen sollte, blieb noch Zeit für Straßenbahnfotos. Hier ist ein KTM-19 auf dem Bahnhofsvorplatz zu sehen. Da nun die Linie zum Studgorodok wieder in Betrieb war, war es eine gute Gelegenheit, dort noch schnell ein paar Bilder zu machen, auch wenn es schon merklich dunkel wurde.
Ich fuhr bis zur Haltestelle Uliza Gribojedowa, wie dieses Bild eines KTM-5 entstand. Von hier ging ich ein Stück die Gleise entlang.
Als nächstes kam der aus dem ersten Teil wohlbekannte Wagen 140 angefahren.
Mit Wagen 237 folgte wieder ein KTM-19 aus Richtung Bahnhof.
Und nach etwa zehn Minuten war er auch schon wieder zurück. Nach diesem Foto an der Haltestelle Uliza Schukowskogo stieg ich ein und fuhr zurück zum Bahnhof.
Mit dem mittlerweile gestrichenen Zug 100 EA ging es nun weiter nach Ulan-Ude. Zunächst einmal begannen am Bahnsteig Scherereien wegen meiner Tickets, die mich noch bis ans Ende der Reise begleiten sollten. Auslöser des Schlamassels war der Umstand, dass ich im Juni einen neuen Reisepass beantragt hatte. Ich war so naiv anzunehmen, dass der in der von der Deutschen Botschaft angegebenen Zeit auch eintreffen würde. Da ich wegen dem Corona-Chaos mein richtiges Visum noch nicht einmal im alten Pass hatte, hatte ich gehofft, das alles noch vor dem Urlaub regeln zu können. Also hatte ich alle Tickets auf die neue Passnummer gebucht, die man mir schon beim Beantragen gesagt hatte. Als ich dann ein paar Tage vor Abflug nach Irkutsk nicht mehr daran glaubte, den neuen Pass noch zubekommen, ging ich in Moskau zum Kasaner Bahnhof und schilderte das Problem. Gegen eine gewisse Gebühr konnte man mir dort die Passnummer in den Tickets ändern. Dabei muss allerdings irgend ein EDV-Fehler passiert sein, denn von nun an waren fast alle meine Tickets aus dem System geflogen. Die Provodniza in Irkutsk hatte mich schlicht nicht in ihrer Liste. Sie verschwand erstmal, sehr zur Freude der anderen Fahrgäste. Der Zugchef klärte es schließlich telefonisch irgendwie ab und es ging in Ordnung. Komischerweise hatte mir die Frau in Moskau für eine Fahrt ein Papierticket gegeben, mit dem war es kein Problem. Alle anderen Zugfahrten sollten erstmal mit Hektik beginnen.
Als das erledigt war, war ich vom Wagenmaterial erstaunt. Im langsameren Zug Moskau–Wladiwostok hatte ich nicht so nagelneue Wagen erwartet. Wir fuhren entgegen sonstiger Gepflogenheiten wegen der Corona-Situation lieber Kupe. Der Wagen erinnerte mich an die UIC-Schlafwagen aus dem Paris-Zug, es gab auch eine Dusche. Was den Sitzkomfort angeht, fand ich die Wagen zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, freundete mich aber im Laufe der weiteren Fahrten damit an. In den Fächern hinter den Kopfstützen gab es sogar einen Safe. Ich hab auf die Verwendung lieber verzichtet, da ich schon die Vision hatte, am Zielbahnhof den Zahlencode nicht mehr zu wissen. ;-) Mit uns fuhren zwei Typen aus Tschita, die uns beruhigen konnten, was die dortige Quarantänesituation anging. Anreise sollte problemlos möglich sein.
Jetzt sollte es aber erstmal nach Ulan-Ude gehen, der Hauptstadt der Republik Burjatien, die gerne als „asiatischste Stadt Russlands“ bezeichnet wird. Mehr dazu im nächsten Teil.
Schöne Grüße
Jiří
4-mal bearbeitet. Zuletzt am 2020:09:08:20:57:31.