Hallo zusammen,
willkommen zum vierten Teil unserer Reise nach und durch Montenegro. Im
dritten Teil waren wir von Sutomore über die Gebirgszüge des Balkans nach Belgrad gefahren.
Den letzten Teil des Reiseberichts widmen wir nun der Fahrt von Belgrad über Budapest nach Hause an den Bodensee.
Tag 7: Belgrad - Budapest
Wir haben in Belgrad übernachtet und machen uns am Morgen auf den Weg zum Bahnhof Belgrad Centar. Seit den 1960er-Jahren arbeitet man an einer Umgestaltung des Bahnknotens Belgrad, hierzu gehört ein neuer Hauptbahnhof als Durchgangsbahnhof. Nach den ursprünglichen Planungen hätte der neue Bahnhof 1979 eröffnet werden sollen. Seither gab es mehrfach Umplanungen und Baustopps, so dass der erste Bauabschnitt mit nur knapp 40 Jahren Verzögerung 2016 dem Verkehr übergeben wurde.
Im Juli 2018 wurde der historische Hauptbahnhof von Belgrad schließlich abgelöst und der Verkehr vom neuen Bahnhof Centar oder auch Prokop übernommen. Der neue Bahnhof liegt in einem Flusstal, die Gleise von und zum Bahnhof verlaufen teilweise in Tunneln unter dem Stadtbiet.
Der neue Bahnhof liegt in einem Entwicklungsgebiet, in dem ein neues Stadtquartier entstehen soll. Während unseres Besuchs besteht das Bauwerk im Wesentlichen aus den Gleisen und Bahnsteigen sowie einer 40.000 Quadratmeter großen Betonplatte. Die Fläche soll noch überbaut werden, bis dahin besteht der Zugang zum neuen Zentralbahnhof nur aus einem Treppenabgang mit provisorischer Überdachung.
Bei der Konzeption hatte man die Vision von Hochgeschwindigkeitsverbindungen, allein 35 internationale Züge sollte der Bahnknoten aufnehmen. Nun, die Realität weicht noch etwas davon ab, das Zugangebot des Hauptstadtbahnhofs passt auf einen Aushang.
Es gibt tagsüber zwei Direktverbindungen nach Budapest, wir haben uns für die frühe Variante mit dem IC/EC 344 „Avala“ entschieden. Dieser Zug verkehrt sogar bis Wien, wir haben die Zwischenübernachtung aber auf Budapest gelegt.
Der Zug ist aus ungarischen Wagen gebildet, bis zur Grenze bespannt eine Lok der Reihe 441 der serbischen Bahn Železnice Srbije (ŽS) den Zug. Wegen Bauarbeiten ist die Abfahrtszeit um 20 Minuten nach vorne verlegt – gut, wenn man sich im Ausland nicht auf den Fahrplan der DB verlässt, sondern vorsorglich auch die Internetseite der jeweiligen Bahngesellschaft checkt.
Kurz nach der Ausfahrt aus dem Bahnhof queren wir die Save. Der Fluss entspringt in den Julischen Alpen nahe der Grenze zwischen Österreich und Slowenien, er mündet in Belgrad in die Donau, die Mündung liegt hinter der nächsten Flussbiegung. Tja, und dann beginnt eine langweilige Fahrt quer durch Serbien.
Wobei – eine kleine Abwechslung gibt es doch. Wegen der Bauarbeiten fährt der Zug zwischen Stara Pazova und Inđija in ein Gleisdreieck bis zum Bahnhof Golubinci, dort umfährt die Lok den Zug und dann geht es in der anderen Richtung wieder raus auf die Strecke.
Landschaftliche Highlights darf man auf der Strecke nicht erwarten, sie führt überwiegend über flaches Land. Hier präsentiert sich die Landschaft gerade etwas lieblicher, dies sind die Ausläufer des Mittelgebirges Fruška Gora. Wir sind jetzt in der Region Syrmien, die zwischen Donau und Save liegt.
Die Bahnstrecke zwischen Belgrad und Budapest ist eigentlich eine wichtige internationale Verbindung zwischen Südost- und Mitteleuropa. Dennoch wurde sie lange vernachlässigt, Kriege und Sanktionen setzten der Verbindung ebenfalls zu. Mit chinesischem und russischem Engagement wird die Strecke nun modernisiert und für Geschwindigkeiten bis 200 Stundenkilometer ausgebaut, teilweise auch als Neubaustrecke.
Im Stadtgebiet von Novi Sad quert der Zug auf der Žeželjev-Brücke die Donau. Die kombinierte Straßen- und Eisenbahnbrücke wurde 1999 bei NATO-Luftangriffen gegen Serbien zerstört, 2018 wurde ein Neubau der Brücke eröffnet. Daneben steht noch die eingleisige Behelfsbrücke, über die der Bahnverkehr in der Zwischenzeit abgewickelt wurde.
Belgrad und Novi Sad sind die beiden bevölkerungsreichsten Städte Serbiens, die Fahrzeit auf der 75 Kilometer langen Strecke soll sich mit der Modernisierung auf 40 Minuten verkürzen – wir haben für die Etappe noch knapp zwei Stunden benötigt.
Aber es geht noch langsamer: zwischen Novi Sad und der Grenze bei Subotica gibt es nun Entschleunigung pur: der Zug schaukelt mit teilweise nur 30 bis 40 Stundenkilometern über eine eingleisige Strecke. Unterwegs wird auch gerne mal länger angehalten, bis zur Grenze ergibt sich eine Verspätung von einer Dreiviertelstunde.
Die Strecke führt durch schier unendliche Maisfelder, manchmal auch Sonnenblumen- und Getreidefelder. Zwischendurch kleine Dörfer und ländliche Siedlungen.
Wir fahren durch die autonome Provinz Vojvodina, die Region ist für fruchtbare Böden bekannt, die Landwirtschaft ist hier ein bedeutender Wirtschaftszweig.
Schließlich erreichen wir den Bahnhof Subotica an der serbisch-ungarischen Grenze, er liegt auf der serbischen Seite. Der Zug hält zunächst für den Fahrgastwechsel im Bahnhof, anschließend wird er für die Grenzkontrolle ein Stück vorgezogen. Hier beginnen nun die Ungarn mit ihrer peniblen Kontrolle; während ein Trupp mit Werkzeug im Zug unterwegs ist und Hohlräume hinter Verkleidungen kontrolliert, arbeitet sich parallel ein zweiter Trupp von außen am und unter dem Zug voran. Und nach der Grenzpolizei kontrolliert dann auch noch der Zoll. Mit einer ungarischen Lok geht es nun weiter.
Nach etwa fünf Kilometern erreicht der Zug die ungarische Grenze. Im Zuge der Flüchtlingskrise errichtete Ungarn 2015 einen 175 Kilometer langen Zaun an der Grenze zu Serbien. Für die Durchfahrt des Zugs wird ein bewachtes Tor geöffnet.
Landschaftlich ändert sich auf der ungarischen Seite nicht viel, wir fahren nun durch die Große Ungarische Tiefebene (Alföld). Allerdings ist die Region nicht so stark landwirtschaftlich geprägt, anstelle von Maisfeldern ziehen nun auch Steppenlandschaften sowie kleinteilige Obst- und Weinbauflächen am Zugfenster vorbei. Ich finde den ungarischen Abschnitt dadurch etwas interessanter und freundlicher.
Auch die Art der Reise ändert sich auf der ungarischen Seite. Die Geschwindigkeiten sind deutlich höher, erstmals sind auch Durchsagen zu hören. Gleichzeitig übernimmt der Zug in dieser Region Ungarns aber auch die Aufgabe einer Regionalbahn, im 10-Minuten-Rhythmus halten wir an kleinen und großen Stationen. Hier in Soltvadkert gibt es immerhin ein Bahnhofsgebäude, teilweise hält der Zug aber auch an Wald- und Wiesenhaltepunkten.
Irgendwie schon ein heftiger Kontrast: während wir am Vortag stundenlang auf der spektakulären Strecke von Montenegro durch die Gebirge des Balkans nach Belgrad gefahren sind, fahren wir heute fast endlos über schnurgerade Strecken und schier unendliche Weiten.
Aber auch das hat irgendwann doch ein Ende und wir erreichen das Stadtgebiet von Budapest.
Laut Fahrplan hätte die Fahrt von Belgrad nach Budapest 8 Stunden 44 Minuten dauern sollen, bei uns kommen noch 45 Minuten obendrauf, bis wir am Bahnhof Budapest Keleti angekommen sind. Bei einer Streckenlänge von 341 Kilometern ist da noch Luft nach oben. Es gibt Planspiele, dass die Strecke von Belgrad nach Budapest nach dem Vollausbau in 2,4 Stunden zurückgelegt werden könnte – mal schauen, was daraus wird.
Den Abend verbringen wir in Budapest, hier blicken wir vom Burgberg über die Donau auf Pest, links das Parlamentsgebäude. Das Burgviertel und das Donaupanorama stehen seit 1987 auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes, dazu gehört auch die Matthiaskirche.
Nach Einbruch der Dunkelheit drehen wir noch eine zweite Runde, hier der Blick über die Donau zur Kettenbrücke, links der Burgberg. Das nächste Bild zeigt das Palais Sándor oben im Burgviertel, es ist Sitz des ungarischen Staatspräsidenten.
Und mit dem Blick hinüber zum Parlamentsgebäude beenden wir diesen Reisetag, am nächsten Tag müssen wir nämlich wieder früh los.
Tag 8: Budapest – Zürich - Konstanz
Der letzte Reisetag ist nun wieder von vertrauten Zügen und Strecken geprägt. Dies ist der dritte Tag in Folge, an dem wir mehr oder weniger von morgens bis abends zugfahren. Wir verlassen das Hotel ohne Frühstück und machen uns auf den Weg zum Bahnhof Budapest Keleti pályaudvar (Ostbahnhof).
Auch heute haben wir uns wieder einen Langläufer ausgesucht, mit dem Railjet fahren wir den kompletten Laufweg von Budapest bis Zürich. Bisher hatten wir den Zug immer nur auf Teilstrecken genutzt, diesmal sind wir von Anfang bis Ende an Bord.
Wir beginnen die Fahrt mit einem Frühstück im Bordrestaurant. Da das Geschirr ausgegangen ist, gibt es den Kaffee nur im Pappbecher. Wir sehen das „Aktiv Frühstück“ (gegenüber) und das „Wiener Frühstück“.
Im Morgendunst wollen noch keine guten Bilder gelingen. Hier fahren wir gerne zwischen Tatabánya und Győr an der Donau entlang. Die Donau ist hier Grenzfluss, die Hafenkräne am gegenüberliegenden Ufer gehören zur slowakischen Stadt Komárno.
Wir wechseln nun vom Bordrestaurant in die First Class. Ich hatte eigentlich mit dem Gedanken gespielt, für die Langstrecke Business Class zu reservieren, dort waren jedoch für die Gesamtstrecke keine beieinander liegenden Plätze mehr frei.
Wir fahren von Budapest in Ost-West-Richtung quer durch Österreich, insgesamt queren wir fünf Länder, erst Ungarn und Österreich, dann im Transit über das Deutsche Eck bei Rosenheim, später noch durch Liechtenstein und schließlich die Schweiz. Im Gegensatz zum Vortag sind die Geschwindigkeiten deutlich höher und wir machen auch mehr Kilometer. Allein in Luftlinie sind es zwischen Budapest und Zürich rund 790 Kilometer, um die Streckenkilometer zusammenzurechnen bin ich zu faul. Hat zufällig gerade jemand einen Reisebegleiter der Verbindung mit Kilometerangaben zur Hand?
Weiter führt die Strecke über Wien und die Westbahn. Landschaftlich interessant wird es dann weiter westlich, hier sind wir bei Straßwalchen im Flachgau. Beim nächsten Bild fahren wir durch Deutschland, und zwar sind wir dort in Vachendorf in Oberbayern.
Die Strecke folgt nun dem Unterinntal, bei Innsbruck queren wir den Fluss. Anschließend geht es hinauf auf die Arlbergstrecke.
Na, merkt Ihr was? Unterwegs wurde offensichtlich Geschirr nachgeliefert, der Nachmittagskaffee wird wieder in Porzellan serviert. Dazu gibt’s mit Kaiserschmarrn noch einen Klassiker der österreichischen Süßspeisen. Beim nächsten Bild haben wir den Arlberg überwunden und sind auf Talfahrt in Vorarlberg.
Jetzt kommen noch die zwei Seen, erst der Walensee, dann der Zürichsee. Nach 10 Stunden 40 Minuten erreichen wir anschließend den Hauptbahnhof Zürich.
Nun schließt sich der Kreis, vor sieben Tagen waren wir auf der Anreise nach Italien schon einmal in Zürich, jetzt besteigen wir hier wieder den InterRegio nach Konstanz.
Und mit einem Blick vom Seerücken auf den heimischen Bodensee sind wir am Ende dieses Reiseberichts angelangt.
Ich bedanke mich fürs Mitkommen und die Rückmeldungen zu den bisherigen Teilen.
Viele Grüße
Tobias
PS: meine bisherigen Reiseberichte gibt’s unter
http://www.bahnreiseberichte.de.